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Mindestlohn - Anrechnung von Lohnbestandteilen
10.04.2015. Seit Anfang 2015 können Arbeitnehmer in Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto pro Stunde verlangen.
Da das Mindestlohngesetz (MiLoG) nicht definiert, welche Lohnbestandteile zum Mindeststundenlohn von 8,50 EUR gehören und welche nicht, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber Einmalzahlungen (Gratifikationen) wie ein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld rechnerisch auf den Stundenlohn umlegen kann.
Nein, so das Arbeitsgericht Berlin, und zwar auch dann nicht, wenn die Vertragsänderung mit einer Änderungskündigung herbeigeführt werden soll: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 04.03.2015, 54 Ca 14420/14.
- Welche Vergütungsbestandteile können auf den Mindestlohn angerechnet werden?
- Der Fall des Arbeitsgerichts Berlin: Arbeitgeber möchte per Änderungskündigung Leistungszulagen, Urlaubsgeld und Sonderzahlung auf den Mindestlohn anrechnen
- Arbeitsgericht Berlin: Änderungskündigung ist unwirksam
Welche Vergütungsbestandteile können auf den Mindestlohn angerechnet werden?
Aus Sicht des Arbeitgebers besteht am Ende des Jahres kein großer Unterschied zwischen regulär gezahlten Stundelöhnen, Lohnzuschlägen für Nachtschichten, Sonntags- oder Feiertagsarbeit und Gratifikationen wie einem Weihnachtsgeld, einem 13. Gehalt oder einem Urlaubsgeld. Denn wenn der Arbeitgeber zusammenrechnet, kostet ihn die Beschäftigung des Arbeitnehmers pro Jahr einen mehr oder weniger großen Gesamtbetrag.
Komplizierter wird die Angelegenheit allerdings dann, wenn der Arbeitgeber einen Mindestlohn zahlen muss, sei es auf der Grundlage von Branchen-Mindestlohntarifen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) oder seit Anfang 2015 aufgrund des MiLoG. Denn dann stellt sich die Frage, welche Lohnbestandteile den Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung des Mindestlohns erfüllen und welche unabhängig vom Mindestlohn zu zahlen sind, d.h. über diesen hinaus.
Konkret fragt sich, welche auf den Stundenlohn geschlagenen Zulagen auf den Mindestlohn angerechnet werden können und ob vielleicht auch ein Weihnachtsgeld als Teil der Vergütung angesehen werden kann, mit der der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns erfüllt.
Der Fall des Arbeitsgerichts Berlin: Arbeitgeber möchte per Änderungskündigung Leistungszulagen, Urlaubsgeld und Sonderzahlung auf den Mindestlohn anrechnen
Im Streitfall erhielt eine über 18 Jahre lang beschäftigte Montagehelferin einen arbeitsvertraglich vereinbarten Grundlohn von 6,13 EUR brutto pro Stunde sowie eine sog. "Leistungszulage" von 0,31 EUR brutto, die der Arbeitgeber ständig zahlte, so dass der regulär abgerechnete Stundenlohn 6,44 EUR brutto betrug. Damit blieb er seit dem 01.01.2015 um 2,06 EUR brutto hinter dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto zurück. Außerdem zahlte der Arbeitgeber Schichtzuschläge für Spät- und Nachtschichten.
Über diese monatlich wiederkehrende Vergütung erhielten die Arbeitnehmer ein Urlaubsgeld von 50 Prozent ihres durchschnittlichen Stundenlohns sowie am Jahresende eine Sonderzahlung, die je nach Betriebszugehörigkeit zwischen 20 Prozent und 50 Prozent des durchschnittlichen Stundenlohns betrug.
Ende September 2014 bekam der Arbeitgeber angesichts der bevorstehenden Einführung des Mindestlohns kalte Füße und sprach eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung aus. Dem Änderungsangebot zufolge sollte die Arbeitnehmerin ab März 2015 einen Stundenlohn von 8,50 EUR brutto erhalten, zuzüglich der bisherigen Schichtzulagen, allerdings unter Wegfall der bisher gezahlten "Leistungszulage", des Urlaubsgeldes und der Jahressonderzahlung.
Da die Arbeitnehmerin aufgrund der langen Beschäftigungszeit und wegen der Betriebsgröße von über zehn Arbeitnehmern unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fiel, nahm sie das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Vertragsänderung an (§ 2 KSchG) an und erhob Änderungsschutzklage. Mit der Klage wollte sie festgestellt sehen, dass sie weiterhin ein Urlaubsgeld und eine Sonderzahlung beanspruchen konnte.
Arbeitsgericht Berlin: Änderungskündigung ist unwirksam
Das Arbeitsgericht Berlin kam zu dem Ergebnis, dass die Änderungskündigung unwirksam war, d.h. dass die Arbeitnehmerin weiterhin Urlaubsgeld und Sonderzahlung verlangen konnte, und zwar zusätzlich zu einem auf 8,50 EUR brutto erhöhten Stundenlohn.
Dabei berief sich das Arbeitsgericht auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), mit dem das BAG über einen vergleichbaren Streitfall zu entscheiden hatte, der einen Branchen-Mindestlohntarif nach dem AEntG betraf. In dieser Entscheidung macht das BAG deutlich, dass es bei der Frage, welche Zahlungen des Arbeitgebers auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen sind, um die Funktion dieser Zahlungen geht: Sollen sie die reguläre ("normale") Arbeit bezahlen, ist eine Anrechnung zulässig, stellen sie dagegen eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers dar, wäre eine Anrechnung nicht rechtens.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe kam das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die ständig gewährte "Leistungszulage" von 0,31 EUR brutto auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden konnte, denn diese Zulage zahlte der Arbeitgeber ständig, so dass er mit ihr die Normalleistung der Arbeitnehmerin vergütete. Anders dagegen waren das Urlaubsgeld und die jährliche Sonderzahlung zu bewerten. Denn diese Zahlungen waren keine reguläre Vergütung der Normalleistungen der Arbeitnehmerin, sondern sollten den Erholungszweck des Urlaubs unterstützen bzw. die Betriebstreue honorieren.
Vor diesem Hintergrund hatte die Arbeitnehmerin ab Januar 2015 einen Anspruch auf einen um 2,06 EUR erhöhten Stundenlohn zuzüglich ihrer bisherigen Ansprüche auf eine Urlaubsgeld und eine Sonderzahlung. Mit der beabsichtigten Streichung dieser Gratifikationen wollte der Arbeitgeber letztlich den Mindestlohnanspruch unterlaufen, und das war ein unzulässiges Ziel der Änderungskündigung. Die Änderung der Arbeitsbedingungen war daher unwirksam.
Fazit: Das MiLoG regelt nicht, welche Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn anrechenbar sind und welche nicht. Orientiert man sich an der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu Mindestlohntarifverträgen, die bereits vor Verabschiedung des MiLoG vorhanden war, ist es naheliegend, dass der Mindestlohn nach dem MiLoG nur die "normale" Arbeit vergüten soll.
Daraus folgt: Lohnbestandteile, mit denen das bezahlt werden soll, was der Arbeitnehmer "normalerweise" tun muss, sind auf den Mindestlohnanspruch anzurechnen. Alle übrigen Leistungen des Arbeitgebers dagegen nicht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 04.03.2015, 54 Ca 14420/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.04.2014, 4 AZR 802/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Anrechnungsvorbehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Gratifikation
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Änderungskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Weihnachtsgeld
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/021 Mindestlohn und Arbeitsvertrag
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/271 Ausnahmen vom Mindestlohngesetz
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) als Berufungsgericht über diesen Fall entschieden und das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt. Das Urteil des LAG im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 25. September 2018
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