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Mindestlohn für Zeitungszusteller
05.10.2015. Seit neun Monaten gilt in Deutschland der allgemeine Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG).
§ 1 Abs.1 MiLoG schreibt vor, dass alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestlohns haben. Und dieser beträgt, so § 1 Abs.2 MiLoG, ab Anfang 2015 pro Stunde 8,50 EUR brutto.
Doch es gibt Ausnahmen. So haben Zeitungszusteller gemäß § 24 Abs.2 MiLoG für eine Übergangszeit nur einen verringerten Mindestlohnanspruch
Unter welchen Voraussetzungen Zeitungszusteller doch den regulären Mindestlohn verlangen können, zeigt das Arbeitsgericht Nienburg: Arbeitsgericht Nienburg, Urteil vom 14.08.2015, 2 Ca 151/15.
- Wie weit reicht die Ausnahmeregelung für Zeitungsausträger beim Mindestlohn?
- Im Streit: Zeitungszusteller verteilt zusätzlich Werbeprospekte, die er per Hand in die Zeitungen einlegen muss
- Arbeitsgericht Nienburg: Zeitungsausträger, die Werbeprospekte per Hand in die Zeitungen einlegen und diese dann zustellen, können 8,50 EUR Mindestlohn verlangen
Wie weit reicht die Ausnahmeregelung für Zeitungsausträger beim Mindestlohn?
§ 24 Abs.2 MiLoG enthält eine Ausnahmeregelung vom Mindestlohn zulasten von Zeitungszustellern. Sie müssen sich für eine Übergangszeit von drei Jahren (Anfang 2015 bis Ende 2017) mit einem geringeren Lohn als 8,50 EUR zufrieden geben.
Der übergangsweise Mindestlohn beträgt
- im Jahr 2015 6,38 EUR (entspricht 75 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns)
- im Jahr 2016 7,23 EUR (entspricht 85 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns)
- im Jahr 2017 8,50 EUR (das entspricht 100 Prozent des derzeitigen gesetzlichen Mindestlohns, doch wird der Mindestlohn im Jahre 2017 voraussichtlich höher sein).
Nach der Begründung des Ausschusses für Arbeit und Soziales soll die Ausnahmeregelung dazu dienen, die Pressefreiheit (Art.5 Abs.1 Satz 2 Grundgesetz - GG) zu schützen.
Denn ohne Zeitungszustellung keine funktionierende freie Presse, so die offizielle Argumentation. Und da der Mindestlohn die Zustellung und damit die Zeitungen teurer macht, wäre die freie Presse in ländlichen und strukturschwachen Regionen durch den Mindestlohn von 8,50 EUR für Zeitungszusteller bedroht. Daher gibt es eine stufenweise Anhebung des Mindestlohns für die Zeitungszustellung, die 2015 zunächst nur 6,38 EUR brutto bekommen.
§ 24 Abs. 2 Satz 2 MiLoG stellt klar, wer unter diese Ausnahmeregelung fällt. Danach sind
"Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller [...] Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt."
Angesichts dieser Regelung fragt sich, was alles unter "Zustellen" fällt. Ist damit die reine Verteiltätigkeit gemeint oder fallen auch Hilfs- und Nebentätigkeiten wie das Beladen von Wagen usw. darunter?
Unklar ist auch, wann das Zustellen von Werbeprospekten von der Ausnahmeregel umfasst ist. Denn nach § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG gilt der verringerte Mindestlohn
- "ausschließlich"
- für das "Zustellen"
- von "periodischen Zeitungen und Zeitschriften" sowie
- von "Anzeigeblättern mit redaktionellem Inhalt".
Hier kann man argumentieren, dass das Zustellen von Werbeprospekten, die unselbständiger Teil einer "normalen" Zeitung sind, zum Zeitungszustellen dazugehört. Denn wenn sogar Anzeigeblätter (mit redaktionellem Teil) unter § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG fallen, sollte das erst Recht für Werbeprospekte gelten, die Bestandteil einer "normalen" Zeitung sind.
Aber wie steht es mit Werbeprospekten, die weder drucktechnisch als Bestandteil zu einer Zeitung gehören noch fest mit ihr verbunden sind (z.B. durch eine Verklammerung), sondern per Hand vom Zustellboten in die Zeitung eingelegt werden? Zu dieser Frage hat das Arbeitsgericht Nienburg Stellung genommen: Arbeitsgericht Nienburg, Urteil vom 14.08.2015, 2 Ca 151/15.
Im Streit: Zeitungszusteller verteilt zusätzlich Werbeprospekte, die er per Hand in die Zeitungen einlegen muss
Der Kläger arbeitete seit April 2014 als Zeitungszusteller. Er teilte an sechs Tagen in der Woche Tageszeitungen und Anzeigeblätter aus. Die Werbeprospekte lagen dabei nicht immer in die Zeitung, wenn sie am Abladepunkt angeliefert wurden. Teilweise mussten der Kläger sie per Hand in die Zeitung einlegen.
Der Arbeitgeber zahlte unter Berufung auf den verminderten Mindestlohn gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 MiLoG pro Stunde 6,38 EUR. Außerdem erhielt der Zusteller für Werbekataloge einen Stücklohn von 0,06 EUR pro Katalog.
Der Kläger war der Meinung, dass die Ausnahmeregelung des § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG auf ihn nicht anzuwenden sei und klagte daher vor dem Arbeitsgericht Nienburg eine Lohnnachzahlung auf der Grundlage des Mindestlohns von 8,50 EUR ein.
Arbeitsgericht Nienburg: Zeitungsausträger, die Werbeprospekte per Hand in die Zeitungen einlegen und diese dann zustellen, können 8,50 EUR Mindestlohn verlangen
Das Arbeitsgericht Nienburg gab dem Zeitungsausträger Recht und verurteilte den Arbeitgeber zu einer Lohnnachzahlung von 619,90 EUR brutto für die Zeit von Januar bis Mai 2015. Dabei legte das Gericht einen Stundenlohn von 8,50 EUR brutto zugrunde, d.h. den normalen Mindestlohn.
Denn, so das Arbeitsgericht Nienburg: Zum "Zustellen" gehören zwar auch Hilfs- und Nebentätigkeiten wie das Bepacken des Wagens, nicht aber das Einsortieren von Werbeprospekten in die Zeitungen, die ausgetragen werden sollen. Dieses "Konfektionieren" kann nämlich vom Austragen getrennt und durch dritte Personen erledigt werden. Und da Ausnahmeregelungen wie § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG eng auszulegen sind, fällt das "händische" Einsortieren von Prospekten in die Zeitungen nicht mehr unter die Ausnahmevorschrift.
Ergänzend beruft sich das Arbeitsgericht auf den Zweck der Ausnahmeregelung. Mit § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG wollte der Gesetzgeber erreichen, dass aktuellen Presseprodukte die Leser rechtzeitig erreichen. Daher ist es sinnvoll, die Ausnahmeregelung nur auf solche Arbeiten zu erstrecken, die für die rechtzeitige Auslieferung der Zeitungen selbst erforderlich sind, und dazu gehört das Konfektionieren von Werbematerial nicht.
Fazit: Das Arbeitsgericht Nienburg betont, dass sich das Wörtchen "ausschließlich" in § 24 Abs.2 Satz 2 MiLoG sowohl auf die Arbeit des Zustellens als auch auf die auszutragenden Produkte bezieht. Zeitungszusteller sind dieser Lesart zufolge Arbeitnehmer, die
- ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften austragen (also z.B. keine Werbekataloge), und die dabei
- ausschließlich mit Arbeiten der Zustellung an Endkunden befasst sind (also z.B. nicht mit dem Einsortieren von Werbeprospekten in die Zeitungen).
Daher unterfällt auch das Verteilen von Zeitungen, in die Werbeprospekte bereits vorab maschinell eingeschossen sind, dem Mindestlohn. Denn solche Produkte bestehen nicht "ausschließlich" aus periodischen Zeitungen oder Zeitschriften und sie sind auch keine "Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt" im Sinne von § 24 Abs.2 Satz 2, 2. Halbsatz MiLoG.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Nienburg, Urteil vom 14.08.2015, 2 Ca 151/15
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss), vom 02.07.2014, Bundestag-Drucksache 18/2010
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 17/283 Mindestlohn und Leistungszulage
- Arbeitsrecht aktuell: 16/205 Mindestlohngesetz gilt auch für Bereitschaftsdienste
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Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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