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Mindestlohn im Krankheitsfall und tarifliche Ausschlussfrist
22.06.2018. Der gesetzliche Mindestlohnanspruch von derzeit 8,84 EUR wäre erheblich entwertet, wenn er nicht auch im Krankheitsfall und als Urlaubsvergütung zu zahlen wäre.
Außerdem hat der Gesetzgeber in § 3 Mindestlohngesetz (MiLoG) die Unabdingbarkeit des Mindestlohnanspruchs geregelt, u.a. mit Blick auf Ausschlussfristen, die in vielen Arbeits- und Tarifverträgen geregelt sind und den Verfall von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis vorschreiben, wenn diese Ansprüche nicht innerhalb einer mehr oder weniger kurzen Frist nach Fälligkeit schriftlich und/oder gerichtlich geltend gemacht werden.
In einem vorgestern ergangenen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Vorrang des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs gegenüber „Vereinbarungen“, die die Geltendmachung des Mindestlohnanspruchs „beschränken oder ausschließen“ (§ 3 Satz 1 MiLoG), auch tarifvertragliche Ausschlussfristen-Regelungen betrifft: BAG, Urteil vom 20.06.2018, 5 AZR 377/17 (Pressemeldung des Gerichts).
- Wie weit reicht die rechtliche Absicherung des Mindestlohnanspruchs für rückständige Entgeltfortzahlung nach Ausscheiden des Arbeitnehmers?
- Der Fall des BAG: Bau-Arbeitnehmer klagt zweieinhalb Monate nach seinem Ausscheiden rückständige Entgeltfortzahlung ein
- BAG: Der Mindestlohnschutz nach dem MiLoG erfasst auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und wird durch tarifliche Ausschlussklauseln nicht beeinträchtigt
Wie weit reicht die rechtliche Absicherung des Mindestlohnanspruchs für rückständige Entgeltfortzahlung nach Ausscheiden des Arbeitnehmers?
Bereits im Mai 2015 stellte das BAG klar, dass der Mindestlohn als Untergrenze der Bezahlung auch für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und für die Urlaubsvergütung gilt (BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung). Obwohl diese Entscheidung auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des MiLoG bezogen war, d.h. auf die Branchen-Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), ist sie auf die Rechtslage nach dem MiLoG zu übertragen.
Nicht so klar ist die andere Frage, wie sich der Mindestlohnschutz im Ergebnis auswirkt, wenn tarifvertragliche Ausschlussfristen auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind. Denn tarifliche Ausschlussfristen können nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG auch unabdingbare gesetzliche Arbeitnehmerschutzrechte erfassen wie z.B. den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. So kann der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 3 Abs.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) trotz seiner Unabdingbarkeit (§ 12 EFZG) im Prinzip tariflichen Ausschlussfristen unterworfen werden.
Verlangt der Arbeitnehmer nach Ablauf einer solchen tariflichen Ausschlussfrist die ihm zustehende Entgeltfortzahlung, stellt sich daher die Frage, ob ihm dabei § 3 Abs.1 MiLoG hilft. Diese Vorschrift lautet:
„Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.“
Die Entscheidung des BAG vom August 2016 ist hier nicht einschlägig, denn sie betrifft das Verhältnis von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen und Mindestlohnansprüchen, wobei es damals vor allem um die Frage der Transparenz arbeitsvertraglicher Ausschlussklauseln ging (BAG, Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn). Tarifvertragliche Ausschlussregelungen unterliegen aber keiner Transparenzkontrolle gemäß §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Der Fall des BAG: Bau-Arbeitnehmer klagt zweieinhalb Monate nach seinem Ausscheiden rückständige Entgeltfortzahlung ein
Der Kläger war vom März 2012 bis Ende Oktober 2015 bei einem Bauunternehmen als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt, zuletzt für einen Stundenlohn von 13,00 EUR brutto.
Nachdem das Unternehmen mit Schreiben vom 17.09.2015 zum 31.10.2015 gekündigt hatte, meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank und legte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Daraufhin zahlte das Unternehmen zwar den Lohn für September 2015, verweigerte aber die Entgeltfortzahlung für Oktober.
Obwohl § 14 Abs.1 Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau) eine zweimonatige Ausschlussfrist für alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis vorsieht, erhob der gekündigte Arbeitnehmer erst Mitte Januar 2016 Klage auf die rückständige Entgeltfortzahlung. Auf diese tarifliche Ausschlussfrist berief sich der Arbeitgeber vor Gericht. Darüber hinaus war er der Ansicht, dass § 3 Satz 1 MiLoG mit „Vereinbarungen“ nur individualrechtliche bzw. arbeitsvertragliche Abreden meint, nicht aber allgemeinverbindliche Tarifverträge wie den BRTV-Bau.
BAG: Der Mindestlohnschutz nach dem MiLoG erfasst auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und wird durch tarifliche Ausschlussklauseln nicht beeinträchtigt
Auch vor dem BAG in Erfurt hatte das Bauunternehmen kein Glück. Die Erfurter Richter wiesen seine Revision zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Der streitige Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für Oktober 2015 folgt aus § 3 Abs.1 und § 4 Abs.1 EFZG, wonach das beklagte Unternehmen als Arbeitgeber dem Kläger für die Zeit seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit den Lohn zu zahlen hat, den er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.
Damit hat der Arbeitnehmer, so das BAG, auch während einer Erkrankung Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns. Wie das BAG bereits vor einigen Jahren klargestellt hat, folgt dieser Anspruch nicht aus § 1 MiLoG, weil der Mindestlohn nach dieser Vorschrift nur für tatsächlich geleistete Arbeit zu entrichten ist. Allerdings ist der Arbeitnehmer bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit so zu stellen ist, als hätte er gearbeitet, und daher bleibt ihm auch der Mindestlohn als untere Grenze des fortzuzahlenden Entgelts erhalten (so bereits BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung).
Außerdem folgt aus dem Schutzzweck des § 3 Satz 1 MiLoG, dass der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gesichert werden muss. Daher sind Vereinbarungen, die die Geltendmachung des Entgeltfortzahlungs-Mindestlohns im Sinne von § 3 Satz 1 MiLoG beschränken, insoweit unwirksam. Zu solchen „Vereinbarungen“ gehören nicht nur arbeitsvertragliche, sondern auch tarifliche Ausschlussfristen.
Fazit: Das BAG hält an seiner Rechtsprechung fest, dass auch unabdingbare Arbeitnehmerschutzvorschriften wie der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Abs.1 EFZG, § 12 EFZG) durch tarifvertragliche Ausschlussfristen verfallen können. Dieser Anspruchsverfall ist aber zugunsten des Arbeitnehmers in Höhe des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs ausgeschlossen, d.h. dem Arbeitnehmer verbleibt im Ergebnis immer der Mindestlohnsockel.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2018, 5 AZR 377/17 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 191/14
- Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 04.05.2017, 19 Sa 1172/16
- Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV-Bau), vom 04.07.2002
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Entsendung ausländischer Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/109 Klage gegen Versetzung und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/021 Mindestlohn und Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 17/283 Mindestlohn und Leistungszulage
- Arbeitsrecht aktuell: 17/244 Nachtzuschläge und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 17/003 Anwesenheitsprämien sind auf den Mindestlohn anzurechnen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 15/123 Mindestlohn und Entgeltfortzahlung
Letzte Überarbeitung: 4. Januar 2021
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