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Min­dest­lohn steigt in zwei Schrit­ten auf 9,35 EUR

Der ge­setz­li­che Min­dest­lohn soll zum 01.01.2019 auf 9,19 Eu­ro und zum 01.01.2020 auf 9,35 Eu­ro stei­gen: Be­schluss der Min­dest­lohn­kom­mis­si­on vom 26.06.2018
Mindestlohnerhöhung auf 9,19 zum Jahr 2019, Mindestlohnkommission

02.07.2018. An­fang 2015 wur­de der ge­setz­li­che Min­dest­lohn in Hö­he von 8,50 EUR brut­to pro St­un­de ein­ge­führt und wird seit­dem im Zwei-Jah­res-Rhyth­mus an­ge­passt. Die ers­te Er­hö­hung des Min­dest­lohns gab es im Jahr 2017 auf 8,84 EUR.

Am ver­gan­ge­nen Diens­tag hat die Min­dest­lohn­kom­mis­si­on ih­ren Be­schluss für die kom­men­de Min­dest­lohn­an­pas­sung ge­fasst. Dies­mal schlägt sie ei­ne Er­hö­hung auf 9,35 EUR pro Ar­beits­stun­de in zwei Schrit­ten vor. Zum kom­men­den Jahr soll die Lohn­un­ter­gren­ze erst ein­mal 9,19 EUR be­tra­gen.

Folgt die Bun­des­re­gie­rung dem An­he­bungs­vor­schlag per Rechts­ver­ord­nung, wird er ver­bind­lich. Dann wird der neue Min­dest­lohn zum 01.01.2019 um 35 Cent und zum 01.01.2020 noch­mals um 16 Cent er­höht: Be­schluss der Min­dest­lohn­kom­mis­si­on vom 26.06.2018.

Ge­setz­li­che Grund­la­ge für die Min­dest­lohn­an­pas­sung

Gemäß § 4 Abs.1 Min­dest­l­ohn­ge­setz (Mi­LoG) hat ei­ne ständi­ge Min­dest­lohn­kom­mis­si­on über die An­pas­sung der Höhe des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns zu be­fin­den. Sie be­steht aus sechs stimm­be­rech­tig­ten Mit­glie­dern, zwei be­ra­ten­den Mit­glie­dern oh­ne Stimm­recht und ei­nem Vor­sit­zen­den und wird al­le fünf Jah­re neu be­ru­fen.

Der Vor­sit­zen­de hat zwar auch ein Stimm­recht, übt die­ses bei der Be­schluss­fas­sung al­ler­dings nur aus, wenn kei­ne Stim­men­mehr­heit er­reicht wird und auch ein Ver­mitt­lungs­vor­schlag des Vor­sit­zen­den zu kei­ner Ei­ni­gung führt (§ 10 Abs.2 Mi­LoG). Die stimm­be­rech­tig­ten Mit­glie­der wer­den auf Vor­schlag der Spit­zen­or­ga­ni­sa­tio­nen der Ar­beit­neh­mer und Ar­beit­ge­ber von der Bun­des­re­gie­rung be­ru­fen.

Be­sch­ließt die Min­dest­lohn­kom­mis­si­on ei­nen An­pas­sungs­vor­schlag, kann er von der Bun­des­re­gie­rung durch Rechts­ver­ord­nung ver­bind­lich ge­macht wer­den (§ 11 Abs.1 Mi­LoG). Dem­nach steht es der Bun­des­re­gie­rung zwar frei, den Vor­schlag der Kom­mis­si­on um­zu­set­zen oder nicht. Die Höhe des Min­dest­lohns nach ei­ge­nem Er­mes­sen fest­le­gen kann sie aber nicht.

Ih­ren ers­ten Be­schluss über ei­ne Erhöhung des Min­dest­lohns fass­te die Kom­mis­si­on am 28.06.2016. Dem­zu­fol­ge soll­te der Min­dest­lohn zum 01.01.2017 von da­mals 8,50 EUR auf 8,84 EUR an­ge­ho­ben wer­den.

In ih­rem zwei­ten Be­schluss vom 26.06.2018 sprach sich die Min­dest­lohn­kom­mis­si­on nun­mehr für ei­ne Erhöhung in zwei Schrit­ten aus. Zum 01.01.2019 soll die ge­setz­li­che Lohn­un­ter­gren­ze auf 9,19 EUR pro St­un­de und zum 01.01.2020 noch­mals auf 9,35 EUR an­ge­ho­ben wer­den.

Ent­schei­dungs­gründe der Kom­mis­si­on

Als Grund­la­ge der Be­rech­nun­gen der Kom­mis­si­on dien­te ihr nach ei­ge­nen An­ga­ben der Ta­ri­f­in­dex des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes. Da­mit ori­en­tiert sich die Kom­mis­si­on bei ih­ren Vor­schlägen an der Ta­ri­fent­wick­lung.

Die ers­te Erhöhung zum 01.01.2019 um 35 Cent be­ruht auf der Ta­ri­fent­wick­lung der Jah­re 2016 und 2017. Für die zwei­te Stu­fe zum 01.01.2020, die ei­nen An­stieg um wei­te­re 16 Cent vor­sieht, wur­den auch Ta­rif­ab­schlüsse des ers­ten Halb­jah­res 2018 berück­sich­tigt. In die­sen Zeit­raum fal­len ins­be­son­de­re die Ab­schlüsse im öffent­li­chen Dienst und in der Me­tall­bran­che.

Im Er­geb­nis ent­spricht der Be­schluss der Kom­mis­si­on da­mit den Be­rech­nun­gen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes, das be­reits En­de Ja­nu­ar 2018 in ei­ner Pres­se­mit­tei­lung ei­nen neu­en Min­dest­lohn in Höhe von 9,19 EUR zum Jah­res­wech­sel pro­gnos­ti­ziert hat­te. Laut Be­schluss vom 26.06.2018 be­ste­hen aus Sicht der Kom­mis­si­on „kei­ne An­halts­punk­te dafür, dass ei­ne an der Ta­ri­fent­wick­lung ori­en­tier­te An­pas­sung zum der­zei­ti­gen Zeit­punkt nicht ge­eig­net ist, die im Ge­setz ge­nann­ten Kri­te­ri­en zu erfüllen“.

Aus­wir­kun­gen des Min­dest­lohns auf die Ver­dienst­ent­wick­lung

Ne­ben dem Be­schluss zur An­pas­sung ver­fass­te die Kom­mis­si­on ei­nen Be­richt über die Aus­wir­kun­gen des ge­setz­li­chen Min­dest­lohns. Da die Einführung des Min­dest­lohns nun­mehr drei Jah­re zurück­liegt, konn­ten ge­nug Da­ten zu­sam­men­ge­tra­gen wer­den, um ei­ne ers­te Einschätzung in Be­zug auf die Ver­dienst­ent­wick­lung vor­zu­neh­men.

Dem Be­richt zu­fol­ge hat sich der durch­schnitt­li­che St­un­den­lohn vor al­lem der­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer­grup­pen deut­lich erhöht, die vor der Einführung des Min­dest­lohns über­durch­schnitt­lich oft we­ni­ger als 8,50 EUR brut­to pro St­un­de ver­dien­ten. Zu die­sen Ar­beit­neh­mer­grup­pen zählen Per­so­nen oh­ne Be­rufs­aus­bil­dung, ge­ringfügig Beschäftig­te, Ar­beit­neh­mer in den neu­en Bun­desländern, Beschäftig­te in klei­ne­ren Un­ter­neh­men so­wie Frau­en.

Zu­dem konn­te auch in den Bran­chen, in de­nen die Beschäftig­ten zu­vor re­gelmäßig we­ni­ger als 8,50 EUR ver­dien­ten, ei­ne po­si­ti­ve Lohn­ent­wick­lung fest­ge­stellt wer­den. Als Bei­spie­le für die­se Bran­chen wer­den in dem Be­richt das Ta­xi­ge­wer­be, die Gas­tro­no­mie, der Ein­zel­han­del und 17 wei­te­re Wirt­schafts­zwei­ge ge­nannt.

Ei­ne wich­ti­ge Er­kennt­nis ist al­ler­dings auch, dass die Erhöhung der St­un­denlöhne nicht mit ei­ner eben­so er­heb­li­chen Stei­ge­rung der Mo­nats­ein­kom­men ein­her­geht. Den Er­geb­nis­sen zu­fol­ge hat­te die Einführung des Min­dest­lohns auf die Brut­to­mo­natslöhne ei­nen deut­lich ge­rin­ge­ren Ef­fekt. Das hängt laut Be­richt da­mit zu­sam­men, dass vie­le Ar­beit­ge­ber, die ih­ren Beschäftig­ten auf­grund des Mi­LoG ei­nen höhe­ren St­un­den­lohn zah­len muss­ten, im Ge­gen­zug die ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ar­beits­zei­ten re­du­ziert ha­ben.

Die Kom­mis­si­on stellt in ih­rer Aus­wer­tung wei­ter­hin fest, dass die Zahl der Ar­beit­neh­mer, die trotz ih­rer Er­werbstätig­keit sog. Auf­sto­ckungs­leis­tun­gen in Form von Ar­beits­lo­sen­geld II in An­spruch neh­men, durch den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn nur in ge­ringfügi­gem Maße re­du­ziert wur­de. Grund dafür sind zum ei­nen die oft ge­rin­gen Wo­chen­ar­beits­zei­ten der Be­trof­fe­nen, zum an­de­ren die ho­hen Wohn­kos­ten ins­be­son­de­re in Bal­lungs­ge­bie­ten.

Die Aus­wir­kun­gen des Min­dest­lohns auf den Ar­beits­markt selbst sind dem Be­richt zu­fol­ge als ge­ring ein­zuschätzen. Ei­ni­ge Ana­ly­sen le­gen ei­nen leicht ne­ga­ti­ven Ef­fekt auf den Beschäfti­gungs­auf­bau na­he, al­ler­dings eher in Be­zug auf ge­ringfügi­ge Beschäfti­gungs­verhält­nis­se. Auf die Ar­beits­lo­sen­quo­te konn­ten dem­nach kei­ne sta­tis­tisch si­gni­fi­kan­ten Aus­wir­kun­gen fest­ge­stellt wer­den.

Stel­lung­nah­men zur Min­dest­loh­nerhöhung

Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Heil äußer­te sich zu­frie­den in Be­zug auf den Vor­schlag der Kom­mis­si­on. Der stei­gen­de Min­dest­lohn bil­det sei­ner Mei­nung nach die gu­te Wirt­schafts­la­ge und die ent­spre­chen­den Ta­rif­ab­schlüsse ab, so Heil in ei­ner Pres­se­mel­dung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Ar­beit und So­zia­le (BMAS) vom 26.06.2018. Dem Bun­des­ka­bi­nett ha­be er be­reits ei­ne ent­spre­chen­de Min­dest­lohn­an­pas­sungs­ver­ord­nung zur Zu­stim­mung vor­ge­legt.

Ste­fan Körzell, Vor­stands­mit­glied des Deut­schen Ge­werk­schafts­bunds (DGB) und Mit­glied der Min­dest­lohn­kom­mis­si­on, ist eben­falls der An­sicht, dass die Beschäftig­ten durch die Erhöhung an der Lohn­ent­wick­lung der letz­ten Jah­re teil­ha­ben. Al­ler­dings müsse die Ta­rif­bin­dung deut­lich gestärkt wer­den, da der Min­dest­lohn "nur ei­ne un­te­re Hal­t­el­i­nie" sei.

Für den So­zi­al­ver­band VdK ist die Erhöhung zu nied­rig aus­ge­fal­len. Man brau­che "ei­nen Min­dest­lohn, der über zwölf Eu­ro liegt, um Ar­mut wirk­sam zu bekämp­fen", wie VdK-Präsi­den­tin Ve­re­na Ben­te­le erklärte.

Auch der Präsi­dent des Deut­schen In­sti­tuts für Wirt­schafts­for­schung (DIW), Mar­cel Fratz­scher, be­wer­te­te die An­he­bung des Min­dest­lohns ge­genüber der Rhei­ni­schen Post als "mo­de­rat". Sie hätte auch stärker aus­fal­len können. Zu­dem ge­be es noch im­mer ei­nen mas­si­ven Miss­brauch im Be­reich Min­dest­lohn.

Im Rah­men der Anhörung der Ar­beit­neh­mer- und Ar­beit­ge­ber­or­ga­ni­sa­tio­nen durch die Min­dest­lohn­kom­mis­si­on warn­te der Deut­sche Ho­tel- und Gaststätten­ver­band e.V. (DE­HO­GA), dass der ge­setz­li­che Min­dest­lohn bis­her in ei­ne wirt­schaft­lich star­ke Pha­se ge­fal­len sei und nicht ab­zu­se­hen sei, ob ins­be­son­de­re klei­ne­re gast­ge­werb­li­che Be­trie­be dem Wett­be­werb auch im kon­junk­tu­rel­len Ab­schwung stand­hal­ten könn­ten (Anhörungs­be­richt, S. 89)

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Letzte Überarbeitung: 27. Oktober 2020

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