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Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist vererblich
12.06.2014. Vor knapp drei Jahren hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht vererblich ist (BAG, Urteil vom 20.09.2011, 9 AZR 416/10 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/184 Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers?).
Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass der ersatzlose Untergang des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung im Todesfall gegen das Europarecht verstoßen würde.
Verstirbt ein Arbeitnehmer daher und steht ihm zum Zeitpunkt des Todes noch Resturlaub zu, können seine Erben vom Arbeitgeber Urlaubsabgeltung verlangen: EuGH, Urteil vom 12.06.2014, C-118/13 (Bollacke).
- Sollten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung vererblich sein?
- Der Vorlagefall: Schwerkranker Arbeitnehmer hat über 140 (!) offene Resturlaubstage, deren Abgeltung seine Witwe verlangt
- EuGH: Der finanzielle Ausgleich für nicht genommenen Urlaub muss beim Tod des Arbeitnehmers auf dessen Erben übergehen
Sollten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung vererblich sein?
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht vor, dass der Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen ist. Nur ausnahmsweise ist eine Übertragung des nicht genommenen Urlaubs auf das Folgejahr möglich (§ 7 Abs.3 BUrlG). Auch bei einer Übertragung ist der Urlaub dann aber spätestens bis zum 31. März des Folgejahres zu nehmen, sonst verfällt er.
Daraus hat das BAG in seiner früheren Rechtsprechung abgeleitet, dass langjährig erkrankte Arbeitnehmer ihren krankheitsbedingt nicht genommenen Vorjahresurlaub jeweils zum 31. März des Folgejahres verlieren. Diese Rechtsprechung musste das BAG aufgeben, nachdem der EuGH in seinem Grundsatzurteil vom 20.01.2009 (C-350/06 - Schultz-Hoff) klargestellt hat, dass krankheitsbedingt nicht genommener Urlaub bestehen bleiben muss (jedenfalls im Umfang des europarechtlich vorgeschriebenen Mindesturlaubs von vier Wochen).
Seit dem Schultz-Hoff-Urteil haben Ansprüche auf Urlaubsabgeltung an finanzieller Bedeutung gewonnen. Denn oft führt eine lange Krankheit zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass der über mehrere Jahre angesammelte Urlaub auszuzahlen ist. Immerhin verlangt der EuGH kein endloses Anwachsen von krankheitsbedingt nicht genommenen Urlaub, sondern lässt eine Aufrechterhaltung des Urlaubs für 15 Monate genügen, gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres (EuGH, Urteil vom 22.11.2011, C-214/10 - KHS, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 11/234 Urlaub und Krankheit: Krankheitsbedingt nicht genommener Urlaub kann nach 15 Monaten verfallen).
Eine andere Frage ist, ob der Abgeltungsanspruch ein reiner Geldanspruch ist, der beim Tod des Arbeitnehmers auf dessen Erben übergeht. Dagegen hat sich nicht nur das BAG in seinem o.g. Urteil vom 20.09.2011 (9 AZR 416/10) ausgesprochen, sondern indirekt auch der EuGH, indem er das jahrelange Ansammeln von Urlaub in Krankheitsfällen stets damit rechtfertigte, dass der Arbeitnehmer auch noch Jahre nach dem Entstehen des Urlaubsanspruchs ausreichend Geld zur (nachträglichen) Erholung haben soll. Stirbt der Arbeitnehmer, sind diese Ziele aber hinfällig.
Der Vorlagefall: Schwerkranker Arbeitnehmer hat über 140 (!) offene Resturlaubstage, deren Abgeltung seine Witwe verlangt
Im Streitfall heiratete Frau Gülay Bollacke am 17.11.2010 einen schwerkranken Arbeitnehmer, der zwei Tage später verstarb. Zum Zeitpunkt seines Todes standen über 140 offene Urlaubstage zu Buche, da der Arbeitnehmer über Jahre hinweg keinen Urlaub gemacht hatte und weil im Betrieb des Arbeitgebers in diesen Fällen ein jahrelanges Ansammeln von Resturlaub praktiziert wurde.
Frau Bollacke klagte vor dem Arbeitsgericht Bocholt auf Zahlung von über 14.000 EUR Urlaubsabgeltung, hatte dort aber kein Glück, denn das Arbeitsgericht wies die Klage unter Berufung auf das o.g. BAG-Urteil ab (Urteil vom 01.12.2011, 3 Ca 310/11).
Dagegen setzte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm das Verfahren aus und legte den Fall dem EuGH vor (LAG Hamm, Beschluss vom 14.02.2013, 16 Sa 1511/12). Dabei wollte das LAG Hamm wissen, ob das Europarecht den ersatzlosen Wegfall des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung im Todesfall zulässt.
EuGH: Der finanzielle Ausgleich für nicht genommenen Urlaub muss beim Tod des Arbeitnehmers auf dessen Erben übergehen
Der Gerichtshof entschied heute, dass das Europarecht nationalen Vorschriften entgegensteht, denen zufolge nicht genommener Urlaub ohne Ausgleich durch einen Urlaubsabgeltungsanspruch untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Dabei bezieht sich der EuGH auf Art.7 der Richtlinie 2003/88/EG, der allerdings keine ausdrückliche Regelung für den Todesfall enthält.
Zur Begründung beruft sich der Gerichtshof im Wesentlichen darauf, dass der vierwöchige Mindesturlaubsanspruch "ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union" sei, und zum anderen darauf, dass bei Nichtvererblichkeit des Abgeltungsanspruchs
"ein unwägbares, weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber beherrschbares Vorkommnis rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub selbst, wie er in Art. 7 der Richtlinie 2003/88 verankert ist, führen würde" (Rn.25)
Kritisch ist anzumerken, dass der Hinweis auf die sozialrechtliche "Bedeutsamkeit" des Mindesturlaubs die Frage nicht beantwortet, ob und warum dieser "bedeutsame" Anspruch im Todesfall den Erben zustehen sollte. Europarechtliche Vorschriften, aus denen sich eine Art Versorgungsfunktion der Urlaubsabgeltung zugunsten von Angehörigen des verstorbenen Arbeitnehmers ergeben könnte, führt der Gerichtshof nicht an.
Und dass der Tod als unwägbares Ereignis rückwirkend (?) zum vollständigen Verlust des Urlaubsanspruchs führen würde, wenn der Anspruch nicht in Form des Abgeltungsanspruchs auf die Erben übergehen würde, ist ein zirkuläres Scheinargument: Natürlich geht der Anspruch unter, wenn er nicht auf die Erben übergeht, aber die Frage ist ja gerade, warum das so sein sollte.
Das BAG hat seine bisherige gegenteilige Auffassung ziemlich spitzfindig und letztlich auch nicht überzeugend damit "begründet", dass der Abgeltungsanspruch unmittelbar mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht und daher nicht vererbt werden kann. Damit wird (ohne rechte Begründung) behauptet, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung höchstpersönlichen Charakter hat.
So gesehen ist die jetzt vom EuGH vertretene Meinung ebenso gut oder schlecht vertretbar wie die gegenteilige Ansicht des BAG.
Für den EuGH spricht immerhin, dass auch andere finanzielle Ansprüche, die bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses entstanden sind wie z.B. der Anspruch auf eine Abfindung, unstreitig vererbt werden können, obwohl sie dann nicht mehr die ihnen ursprünglich zugedachte Funktion erfüllen können: Eine Abfindung z.B. soll die Einkommensverluste des Arbeitnehmers bis zur Rente oder bis zum nächsten Arbeitsverhältnis überbrücken helfen, aber wenn der abfindungsberechtigte Arbeitnehmer stirbt, können diese Zwecke nicht mehr erreicht werden.
Fazit: Ansprüche auf Urlaubsabgeltung gehen auf die Erben über, wobei es keine Rolle spielt, ob der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses verstirbt oder erst danach.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 12.06.2014, C-118/13 (Bollacke)
- Europäischer Gerichtshof, Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit seinem Tod nicht unter (EuGH-Pressemeldung 83/14 vom 12.06.2014, C-118/13 (Bollacke)
- Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 14.02.2013, 16 Sa 1511/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.09.2011, 9 AZR 416/10
- Europäischer Gerichthof, Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 (Schultz-Hoff)
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
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Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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