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Verfall von Resturlaub bei tariflicher Ausschlussfrist
24.03.2011. Ende 2006 leitete das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf mit einem Vorabentscheidungsersuchen eine wichtige Änderung im deutschen Urlaubsrecht ein.
Es hatte damals dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sinngemäß die Frage vorgelegt, ob die jahrzehntelange Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Verfall von Urlaubsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit mit Europarecht vereinbar ist.
Das BAG war seit mehr als 25 Jahren der Auffassung, dass der Jahresurlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der seinen Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen konnte, endgültig verfiel, wenn er auch im nächsten Jahr während der ersten drei Monate weiterhin arbeitsunfähig krank war.
Hintergrund dieser Auffassung des BAG war das im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) angelegte "Fristenregime", nach dem der Urlaub im Kalenderjahr gewährt werden muss und nur ausnahmsweise auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden kann - aber selbst das nur beschränkt auf das erste Quartal (§ 7 Abs.1, 3 BUrlG).
Der EuGH hielt diese Beschränkung für europarechtswidrig (Urteil vom 20.01.2009, C-350/06 und C-520/06 - Schultz-Hoff). Der europarechtlich gewährte Mindesturlaub von 4 Wochen darf - jedenfalls bei Arbeitsunfähigkeit - nicht verfallen. Das Bundesarbeitsgericht beugte sich dieser Einschätzung und änderte seine Rechtsprechung (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/126 Kein Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge von Krankheit seit dem 02.08.2006 und in Arbeitsrecht aktuell: 09/057: Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH).
Urlaub kann aufgrund dieses EuGH-Urteils aufgrund anhaltender Arbeitsunfähigkeit nicht (mehr) verfallen und wandelt sich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses in einen Urlaubsabgeltungsanspruch um (vgl. § 7 Abs.4 BUrlG), der schnell eine beträchtliche Höhe haben kann.
Vor diesem Hintergrund stellen sich viele rechtliche Folge-Fragen im Urlausbrecht. So hat das BAG vor kurzem klargestellt, dass die Tarifparteien den krankheitsbedingten Verfall von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche abweichend von dem Schultz-Hoff-Urteil regeln können, wenn diese Regelungen für den tariflichen Mehrurlaub gelten, d.h. wenn sie für Urlausansprüche gelten, die den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigen. Dabei müssen sie jedoch zwischen dem gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaubsanspruch deutlich unterscheiden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/065 Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX).
Wird Urlaub nur teilweise gewährt, kann Streit über die Frage entstehen, ob der Arbeitgeber damit den "stärkeren" gesetzlichen Mindesturlaub oder den "schwächeren" tariflichen Mehrurlaub gewährt hat.
So war es auch in einem aktuellen, vom LAG Düsseldorf entschiedenen Fall (Urteil vom 30.09.2010, 5 Sa 353/10). Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt der "Manteltarifvertrag für das Installateur- und Heizungsbauer-, Klempner-, Behälter- und Apparatebauer-Handwerk im Land Nordrhein-Westfalen" (MTV) vom 01.07.2007, in dem nach Auffassung des LAG deutlich zwischen Mehr- und Mindesturlaub unterschieden wurde.
Danach standen der lange Zeit arbeitsunfähigen Klägerin insgesamt 30 Urlaubstage zu, von denen sie 15 Urlaubstage erhalten hatte. Für den Rest wollte sie nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Abgeltung.
Fraglich war nun unter anderem, ob die verbliebenen Urlaubstage verfallen waren oder nicht. Die Klägerin hatte sie jedenfalls nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht. Entscheidend war daher, ob mit den bereits gewährten Urlaubstagen der tarifliche oder der gesetzliche Teil des Urlaubsanspruchs gewährt worden war.
Das LAG Düsseldorf entschied zu Gunsten der Klägerin. Es wendete dabei den Rechtsgedanken des § 366 Abs.2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an. Nach dieser Vorschrift wird bei fehlender Tilgungsbestimmung zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.
In diesem Sinne ist der tarifliche Mehrurlaub unsicherer als der gesetzliche Urlaubsanspruch und wird damit bei einer nur teilweisen Urlaubsgewährung vorrangig bedient, so das Gericht. Es blieb damit nur noch der "sichere" Mindesturlaub am Ende des Arbeitsverhältnisses übrig.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom LAG zugelassene Revision ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 9 AZR 760/10 anhängig.
Fazit: Mit seiner Auffassung wendet sich das LAG Düsseldorf gegen das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 05.09.2002, 9 AZR 244/01, Urteil vom 24.10.1989, 8 AZR 6/89) und gegen andere Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.12.2009, 17 Sa 621/09; Hessisches LAG, Urteil vom 26.04.2010, 17 Sa 1772/09), die alle im Ergebnis zunächst den gesetzlichen Urlaub als gewährt ansehen. Auch wenn das LAG Düsseldorf seine Rechtsauffassung nachvollziehbar begründet hat, ist es daher fraglich, ob die Entscheidung vor dem Bundesarbeitsgericht Bestand haben wird.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.09.2010, 5 Sa 353/10
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 05.09.2002, 9 AZR 244/01
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.10.1989, 8 AZR 6/89
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 02.12.2009, 17 Sa 621/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
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- Arbeitsrecht aktuell: 16/080 Urlaub bei Eintritt in der zweiten Jahreshälfte
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- Arbeitsrecht aktuell: 10/145 können Kranke bedingt angesammelte Urlaubsansprüche verfallen?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/065 Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach dem SGB IX
- Arbeitsrecht aktuell: 09/126 Kein Verfall von Resturlaubsansprüchen infolge von Krankheit seit dem 02.08.2006
Hinweis: Mittlerweile hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Fall entschieden, das Urteil des LAG Düsseldorf auf die Revision des beklagten Arbeitgebers aufgehoben und die Berufung abgewiesen. Informationen über das Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 4. Juni 2019
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