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Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Freistellungsklausel
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, was man unter Freistellungsklausel versteht, warum es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers handelt und weshalb formularvertragliche Vorbehalte eines Rechts zur Freistellung ohne sachliche Einschränkungen nicht wirksam sind.
Außerdem erfahren Sie hier, worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Freistellungsklauseln achten sollten und warum das Urlaubsrecht bereits einige Fragen beantwortet, die mit Freistellungsklauseln geklärt werden sollen.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- Wozu dient eine Freistellungsklausel?
- Sind Freistellungsklauseln allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers?
- Wann sind Freistellungsklauseln wirksam?
- Sind Freistellungsvorbehalte bzw. Freistellungsklauseln für den Arbeitgeber überhaupt sinnvoll?
- Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Freistellungsklausel?
- Was können wir für Sie tun?
Wozu dient eine Freistellungsklausel?
Wenn Arbeitgeber einen Arbeitnehmer von der (Verpflichtung zur) Arbeit freistellen, ist die Arbeitspflicht für die Dauer der Freistellung aufgehoben. Dadurch verliert der freigestellte Arbeitnehmer aber nicht seinen Anspruch auf Bezahlung. Die Freistellung ist allein auf die Arbeitsleistung bezogen, d.h. sie hat erst einmal keinen weitergehenden Inhalt hat. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Freistellung, Suspendierung.
Da Arbeitnehmer zur Arbeit nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt sind, d.h. vertragsgemäße Beschäftigung verlangen können, hebt eine Freistellung auch den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers auf. Dieser Anspruch ist eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag. Bedeutung Nähere Informationen dazu finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsanspruch.
Vor diesem Hintergrund sind Arbeitgeber nicht ohne weiteres zur Freistellung berechtigt, und zwar auch dann nicht, wenn die Freistellung dem (selbstverständlichen) Hinweis verbunden wird, dass sie „unter Fortzahlung der Vergütung“ erfolgt bzw. „den Vergütungsanspruch unberührt“ lässt.
Ein solcher Hinweis beantwortet nicht die Frage, ob die (bezahlte) Freistellung überhaupt rechtens ist.
Hier setzen im Arbeitsvertrag enthaltene Freistellungsklauseln an. Sie sollen dem Arbeitgeber das Recht geben, den Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freizustellen.
Sind Freistellungsklauseln allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers?
Gemäß § 305 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB):
- vorformulierte Vertragsbedingungen,
- die für eine Vielzahl von Verträgen ausgearbeitet wurden, und
- die eine Vertragspartei, der AGB-Verwender, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
Diese Definition zeigt, worum des beim Thema AGB geht, nämlich um das „Kleingedruckte“ eines Vertrags. AGB werden bei Arbeitsverträgen oft verwendet, wobei der Arbeitgeber derjenige ist, der die AGB zur Vertragsausgestaltung in seinem Interesse entwirft und dem Arbeitnehmer zur Annahme stellt. Vertragsbestimmungen sind keine AGB, wenn sie individuell ausgehandelt sind, was bei Arbeitsverträgen meist nur bei Hauptleistungspflichten wie z.B. beim Arbeitslohn oder bei der wöchentlichen Arbeitszeit der Fall ist (wenn überhaupt, da auch Arbeitszeiten und Bezahlung in vielen Fällen einseitig und per Formularvertrag vom Arbeitgeber vorgegeben werden). Nähere Informationen dazu finden Sie unter Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).
Freistellungsklauseln sind praktisch immer AGB. Sie betreffen zwar die Hauptpflicht des Arbeitgebers zur vertragsgemäßen Beschäftigung und dementsprechend einen (Hauptleistungs-)Anspruch des Arbeitnehmers, doch dürfte diese juristische Einordnung des Beschäftigungsanspruchs kein vernünftiger Grund für Arbeitnehmer sein, sich Freistellungsklauseln genau anzusehen, geschweige denn, deren Einzelheiten mit dem Arbeitgeber auszuhandeln.
Als AGB müssen Freistellungsklauseln insbesondere folgende Anforderungen erfüllen:
- Sie dürfen nicht an versteckter Stelle in den Vertrag hineingemogelt werden (sonst sind sie als „überraschende Klauseln“ zu bewerten und werden nicht Vertragsbestandteil, § 305c Abs.1 BGB). Am besten werden Freistellungsklauseln unter einer eigenen Überschrift wie z.B. „Freistellung von der Arbeitspflicht“ oder „Freistellungsvorbehalt“ in den Vertrag aufgenommen.
- Freistellungsklauseln müssen für einen „durchschnittlichen“ Arbeitnehmer klar und verständlich sein (sonst sind sie nicht „transparent“ und haben aus diesem Grund keine Geltung, § 307 Abs.1 Satz 2 BGB).
- Freistellungsklauseln dürfen keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers enthalten (sonst haben sie aus diesem Grund keine Geltung, § 307 Abs.1 Satz 1, Abs.2 BGB).
Wann sind Freistellungsklauseln wirksam?
Ist im Arbeitsvertrag keine Freistellungsklausel enthalten, ist einseitige (bezahlte) Freistellung durch den Arbeitgeber grundsätzlich nur in Ausnahmefällen erlaubt.
Erforderlich ist nach der Rechtsprechung, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer - in der Regel kurzfristigen - Freistellung das Interesse des Arbeitnehmers an einer vertragsgemäßen Beschäftigung überwiegt.
Das ist z.B. anzunehmen,
- wenn es keine Einsatzmöglichkeit, z.B. aufgrund technischer Probeleme oder einer Betriebsveräußerung, oder
- wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien erheblich gestört ist, z.B. wegen des Verdachts strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers, oder
- wenn von dem Arbeitnehmer eine Gefahr für andere Arbeitnehmer oder Kunden ausgeht, etwa wegen ansteckender Krankheiten.
Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen steht auf seiten des Arbeitnehmers die Berufsfreiheit (Art.12 Grundgesetz - GG) und das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs.2 GG in Verb. mit Art. 1 Abs.1 GG).
Daher sollten arbeitsvertragliche Freistellungsklauseln Sachgründe und Begrenzungen der Freistellungsmöglichkeit vorsehen. Sie sollten daher z.B.
- für den Fall der Kündigung gelten, d.h. das bereits gekündigte und daher zur Abwicklung anstehende Arbeitsverhältnis betreffen (denn dann greift die Freistellung nur in zeitlich begrenztem Umfang in den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ein), und/oder
- die Freistellungsbefugnis des Arbeitgebers von sachlichen Voraussetzungen abhängig machen, also z.B. davon, dass das Vertrauensverhältnis gestört ist, und/oder
- den Hinweis enthalten, dass eine Freistellung nur unter Fortzahlung der Vergütung möglich ist (dieser Hinweis dient der Klarheit bzw. Transparenz der Klausel).
Folgende Klausel wäre eine „unangemessene Benachteiligung“ des Arbeitnehmers und daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam:
„Die Firma ist jederzeit berechtigt, den Mitarbeiter unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freizustellen.“
Wirksam ist dagegen folgende Klausel:
„Das Unternehmen ist nach Ausspruch einer Kündigung bei Vorliegen von sachlichen Gründen dazu berechtigt, den Mitarbeiter unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung offener Urlaubs- und Resturlaubsansprüche von der Arbeit freizustellen. Der Mitarbeiter kann der Freistellung unter Anrechnung von Urlaubs- und Resturlaubsansprüchen bei überwiegenden schutzwürdigen Interessen, insbesondere bei anderweitigen Urlaubsplanungen widersprechen. Sachliche Gründe für eine Freistellung liegen insbesondere vor, wenn dem Unternehmen die Beschäftigung infolge eines groben Pflichtverstoßes des Mitarbeiters oder eines diesbezüglichen dringenden Verdachts nicht zuzumuten ist oder wenn Beschäftigungsmöglichkeiten nicht vorhanden sind.“
Sind Freistellungsvorbehalte bzw. Freistellungsklauseln für den Arbeitgeber überhaupt sinnvoll?
Ja, aber als Arbeitgeber können Sie auch mit einem Arbeitsvertrag "leben", der keine Freistellungsklausel enthält.
Denn ein Hauptanwendungsfall einer Freistellung ist das gekündigte Arbeitsverhältnis. Hier werden Arbeitnehmer oft zur unter Gewährung offenen (Rest-)Urlaubs freigestellt. Dieses Recht haben Arbeitgeber aber bereits auf der Grundlage des Urlaubsrechts bzw. des Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Denn im gekündigten Arbeitsverhältnis sollten offene Urlaubsansprüche möglichst weitgehend in Natur gewährt werden, d.h. die Urlaubsgewährung in Natur geht einer Urlaubsabgeltung vor.
Ist das Arbeitsverhältnis daher einmal (fristgemäß) gekündigt worden, sei es durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer, besteht oft auch ohne arbeitsvertragliche Freistellungsklausel ein Freistellungsrecht, und zwar aufgrund des Urlaubsrechts.
Allerdings berechtigt das Urlaubsrecht den Arbeitgeber im Allgemeinen nicht zu einer einseitigen Freistellung unter Gewährung von Resturlaub, wenn noch keine Kündigung ausgesprochen wurde. Für solche Fälle ist eine Freistellungsklausel sinnvoll.
Wo finden Sie mehr zum Thema Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Freistellungsklausel?
Weitere Informationen, die Sie im Zusammenhang mit dem Thema Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Freistellungsklausel interessieren könnten, finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Freistellung, Suspendierung
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Fragen rund um das Thema Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Freistellungsklausel finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 18/267 Einstweiliger Rechtsschutz gegen Freistellung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/102 LAG Hamburg stärkt Beschäftigungsanspruch
- Arbeitsrecht aktuell: 16/285 Urlaubsanspruch trotz Streit um Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/316 Wettbewerbsverbot ohne Gegenleistung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/041 Urlaub trotz fristloser Kündigung?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/118 Nutzungsausfallentschädigung für Entzug des Dienstwagens
- Arbeitsrecht aktuell: 11/099 Kündigung mit Freistellung unter Urlaubserteilung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/003 Anspruch eines freigestellten Personalrats auf eine Zulage als IT-Fachbetreuer
- Arbeitsrecht aktuell: 10/191 Recht auf Beschäftigung im Eilverfahren
- Arbeitsrecht aktuell: 10/141 Annahmeverzug des Betriebserwerbers nach Freistellung durch den Betriebsveräußerer
- Arbeitsrecht aktuell: 10/102 Höhe der Vergütung bei Annahmeverzug
- Arbeitsrecht aktuell: 10/075 Recht auf Freistellung des Arbeitnehmers
- Arbeitsrecht aktuell: 08/027 Mit der fristlosen Kündigung in den Urlaub?
- Arbeitsrecht aktuell: 08/023 Achtung bei Freistellung mit Gehaltsfortzahlungsklausel
- Arbeitsrecht aktuell: 07/28 LAG Berlin-Brandenburg: Zwischenverdienst bei Freistellung
Letzte Überarbeitung: 21. Juni 2022
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie als Arbeitgeber arbeitsvertragliche Freistellungsklauseln verwenden oder vorhandene Vertragsmuster zunächst nur prüfen lassen wollen, oder wenn man Ihnen als Arbeitnehmer oder als Geschäftsführer arbeits- bzw. dienstvertragliche Vereinbarungen mit Freistellungsvorbehalten vorschlägt, beraten wir Sie jederzeit gerne. Wir erstellen und überarbeiten auch vollständige Arbeitsverträge sowie ergänzende Vereinbarungen wie z.B. Arbeitnehmerdarlehensverträge, Dienstwagenregelungen, Provisionsregelungen, Rückzahlungsvereinbarungen oder Zielvereinbarungen. Je nach Lage des Falles und entsprechend Ihren Vorgaben beraten wir Sie nur intern oder verhandeln in Ihrem Namen mit der Gegenseite. Für eine möglichst rasche und effektive Beratung benötigen wir folgende Unterlagen:
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