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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/003

An­spruch ei­nes frei­ge­stell­ten Per­so­nal­rats auf ei­ne Zu­la­ge als IT-Fach­be­treu­er

Ent­zug ei­ner Funk­ti­ons­zu­la­ge als Be­nach­tei­li­gung we­gen Per­so­nal­rats­tä­tig­keit: Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln, Ur­teil vom 07.06.2010, 5 Sa 116/09
Hunderteuroscheine Bei Geld hört die Freund­schaft be­kannt­lich auf ...
05.01.2011. Mit­glie­der von Be­triebs­rä­ten oder Per­so­nal­rä­ten ste­hen als In­ter­es­sen­ver­tre­ter der Be­schäf­tig­ten ih­rer Ein­rich­tung nicht sel­ten im Kon­flikt mit ih­rem Ar­beit­ge­ber. Das Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz und die Per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­set­ze von Bund und Län­dern be­inhal­ten da­her ei­ne Rei­he von Schutz­vor­schrif­ten. Aus­drück­lich ge­re­gelt ist da­bei je­weils der all­ge­mei­ne Grund­satz, dass die Mit­glie­der der je­wei­li­gen In­ter­es­sen­ver­tre­tung in der Aus­übung ih­rer Tä­tig­keit nicht ge­stört oder be­hin­dert wer­den dür­fen. Sie dür­fen ih­ret­we­gen nicht be­nach­tei­ligt oder be­güns­tigt wer­den. Dies gilt auch für ih­re be­ruf­li­che Ent­wick­lung (so bei­spiels­wei­se § 78 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz - Be­trVG - und § 8 Bun­des­per­so­nal­ver­tre­tungs­ge­setz - BPers­VG -).

Kon­kre­ti­siert wird die­ser Grund­satz un­ter an­de­rem durch Re­ge­lun­gen zur Lohn­fort­zah­lung. So ist in den §§ 46 BPers­VG, 37 Be­trVG ge­re­gelt, das die Mit­glie­der des je­wei­li­gen Ra­tes von ih­rer Tä­tig­keit im er­for­der­li­chen Um­fang frei­zu­stel­len sind und das Ar­beits­ent­gelt da­bei nicht ge­min­dert wer­den darf. Mit­glie­der von Be­triebs­rä­ten oder Per­so­nal­rä­ten ha­ben da­mit kraft Ge­set­zes ei­nen An­spruch auf den glei­chen Lohn, den sie er­hal­ten hät­ten, wenn sie ihr Eh­ren­amt nicht aus­üben wür­den. Ähn­lich wie bei der Ent­gelt­fort­zah­lung im Krank­heits­fall (§ 3 Ent­gelt­fort­zah­lungs­ge­setz - Ent­gFG) gilt da­mit das so ge­nann­te Lohn­aus­fall­prin­zip.

Zum fort­zu­zah­len­den Ent­gelt ge­hö­ren ne­ben der Grund­ver­gü­tung un­ter an­de­rem auch al­le Zu­schlä­ge und Zu­la­gen, die oh­ne Ar­beits­be­frei­ung ver­dient wor­den wä­ren. Nicht er­fasst sind Auf­wen­dungs­er­satz­leis­tun­gen wie bei­spiels­wei­se Rei­se- und Ver­pfle­gungs­kos­ten. Die­se sind näm­lich kei­ne Ge­gen­leis­tung für ge­leis­te­te Ar­beit, son­dern (nur) ein Aus­gleich für tat­säch­lich an­ge­fal­le­ne zu­sätz­li­che Be­las­tun­gen. An­spruchs­grund­la­ge ist in­so­weit nicht der Ar­beits­ver­trag, son­dern § 670 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch (BGB).

Im Ein­zel­fall kann die Ab­gren­zung zwi­schen Ar­beits­lohn und Auf­wen­dungs­er­satz schwie­rig sein, da die Be­zeich­nung ei­ner geld­wer­ten Leis­tung nicht un­be­dingt ih­rer tat­säch­li­chen Zu­ord­nung ent­spre­chen muss. Manch­mal ist die Si­tua­ti­on aber an­ge­nehm ein­deu­tig. So stritt ein Per­so­nal­rats­vor­sit­zen­der mit sei­nem Dienst­her­ren über die Fra­ge, ob er nach sei­ner voll­stän­di­gen Frei­stel­lung von der Ar­beit wei­ter ein Recht auf ei­ne Funk­ti­ons­zu­la­ge als IT-Fach­be­treu­er hat. Wie sich aus der Do­ku­men­ta­ti­on ei­nes Mit­ar­bei­ter­ge­sprächs mit ihm er­gab, wur­de ihm die ent­spre­chen­de Tä­tig­keit (und da­mit auch die Zu­la­ge) aus­drück­lich des­halb ent­zo­gen, weil er als Per­so­nal­rats­vor­sit­zen­der frei­ge­stellt und nicht mehr als Ar­beits­ver­mitt­ler tä­tig war.

Der Vor­sit­zen­de klag­te auf Zah­lung und hat­te hier­mit so­wohl vor dem Ar­beits­ge­richt Köln (Ur­teil vom 30.03.2009, 16 Ca 9340/08) als auch vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Köln (Ur­teil vom 07.06.2010, 5 Sa 116/09) Er­folg. Kei­nes der Ge­rich­te folg­te der we­nig nach­voll­zieh­ba­ren und durch kei­ner­lei Tat­sa­chen be­leg­ten Ar­gu­men­ta­ti­on des Dienst­herrn, die IT-Funk­ti­ons­zu­la­ge sei Er­satz für ei­nen be­son­de­ren Auf­wand. Es sei viel­mehr er­sicht­lich, so das LAG, dass mit der Zu­la­ge die zu­sätz­lich in­ner­halb der Haupt­tä­tig­keit über­nom­me­ne Funk­ti­on ab­ge­gol­ten wer­den sol­le. An­ders als sei­ne Vor­in­stanz fol­ger­te es den An­spruch des Per­so­nal­rats­vor­sit­zen­den nicht nur aus § 46 BPers­VG, son­dern so­gar un­mit­tel­bar aus dem Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des § 8 BPers­VG.

Auf An­re­gung des be­klag­ten Dienst­her­ren ließ das Ge­richt die Re­vi­si­on ge­gen sei­ne Ent­schei­dung zu, die nun beim Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) un­ter dem Ak­ten­zei­chen 7 AZR 458/10 an­hän­gig ist. Es ist mehr als wahr­schein­lich, dass das BAG sei­ne Vor­in­stan­zen kurz und knapp be­stä­ti­gen wird. Im­mer­hin wird ei­ne ent­spre­chen­de höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung Mit­glie­dern von Be­triebs­rä­ten und Per­so­nal­rä­ten mehr (Ent­gelt-)Si­cher­heit ver­schaf­fen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den sie hier:

An­mer­kung: in der Zwi­schen­zeit hat das BAG die Re­vi­si­on zu­rück­ge­wie­sen: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 16.11.2011, 7 AZR 458/10

Letzte Überarbeitung: 30. November 2020

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