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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/127

Kein Lohn für Be­triebs­rats­ar­beit im Rest­man­dat

Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schei­det ge­gen Ver­gü­tungs­an­spruch pen­sio­nier­ter Be­triebs­rats­mit­glie­der im Rest­man­dat: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 05.05.2010, 7 AZR 728/08
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen Ver­gü­tungs­an­sprü­che im rest­man­da­tier­ten Be­triebs­rat?
02.07.2010. Die Tä­tig­keit des Be­triebs­rats im Rest­man­dat, d.h. nach Auf­lö­sung des Be­triebs in­fol­ge Still­le­gung, Spal­tung oder Zu­sam­men­le­gung, ist zwar ge­setz­lich an­er­kannt, näm­lich in § 21b Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG), doch ist die ih­re Be­zah­lung nicht ein­deu­tig ge­re­gelt und da­her um­strit­ten.

Nun­mehr hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) über den Fall ent­schie­den, dass zwei pen­sio­nier­te Be­triebs­rats­mit­glie­der nach Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­ver­hält­nis­ses um­fang­rei­che Tä­tig­kei­ten im Rest­man­dat ent­fal­te­ten und da­für vom Ar­beit­ge­ber Be­zah­lung ver­lang­ten: BAG, Ur­teil vom 05.05.2010, 7 AZR 728/08.

Die Tätig­keit des Be­triebs­rats im Rest­man­dat - und ih­re Be­zah­lung

Das Amt des Be­triebs­rats wird ge­gen­stands­los und fin­det da­her sein En­de, wenn der Be­trieb nicht mehr be­steht, al­so z.B. im Fal­le ei­ner Be­triebs­stil­le­gung. Al­ler­dings brau­chen die Ar­beit­neh­mer ge­ra­de im Zu­sam­men­hang mit der Auflösung bzw. Still­le­gung ei­nes Be­triebs ih­ren Be­triebs­rat, der z.B. ei­nen So­zia­plan ver­lan­gen kann und da­her oft auch über das En­de des Be­triebs hin­aus ab­sch­ließen­de Ar­bei­ten er­le­di­gen muss. § 21b Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) schreibt da­her im An­schluss an die schon zu­vor be­ste­hen­de Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) fol­gen­des vor: Geht ein Be­trieb durch Still­le­gung, Spal­tung oder Zu­sam­men­le­gung un­ter, so bleibt der Be­triebs­rat so lan­ge im Amt, wie dies zur Wahr­neh­mung der da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Mit­wir­kungs- und Mit­be­stim­mungs­rech­te er­for­der­lich ist. Ar­beits­recht­ler spre­chen hier vom „Rest­man­dat“ des Be­triebs­rats.

Ge­setz­lich nicht ein­deu­tig ge­re­gelt und da­her um­strit­ten ist die Fra­ge, ob Mit­glie­der des Be­triebs­rats für ih­re Tätig­keit im Rah­men ei­nes Rest­man­dats auch Be­zah­lung durch den Ar­beit­ge­ber ver­lan­gen können. Ei­ner­seits ist klar, dass die Ar­beit des Be­triebs­rats gemäß § 37 Abs. 1 Be­trVG „un­ent­gelt­lich als Eh­ren­amt“ aus­geübt wird. An­de­rer­seits schreibt das Ge­setz vor, dass Be­triebs­rats­mit­glie­der zur Wahr­neh­mung ih­rer Auf­ga­ben oh­ne Min­de­rung ih­rer Vergütung frei­zu­stel­len sind (§ 37 Abs. 2 Be­trVG). Außer­dem ha­ben sie An­spruch auf be­zahl­te Ar­beits­be­frei­ung, wenn die Be­triebs­ratstätig­keit außer­halb der Ar­beits­zeit ver­rich­tet wird; kann die Ar­beits­be­frei­ung aus be­triebs­be­ding­ten Gründen nicht vor Ab­lauf ei­nes Mo­nats gewährt wer­den, ist die für die Be­triebs­rats­ar­beit auf­ge­wen­de­te Zeit wie Mehr­ar­beit zu vergüten (§ 37 Abs. 3 Satz 3 Be­trVG).

Nun­mehr hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) zu der Fra­ge, ob Be­triebs­rats­mit­glie­der, de­ren Ar­beits­verhält­nis be­reits be­en­det ist und die im Rah­men ih­res Rest­man­dats Be­triebs­rats­ar­beit ver­rich­ten, un­ter Be­ru­fung auf § 37 Abs. 3 Satz 3 Be­trVG An­spruch auf Be­zah­lung ha­ben (Ur­teil vom 05.05.2010, 7 AZR 728/08). Das Ur­teil ist der­zeit nur auf­grund ei­ner Pres­se­mit­tei­lung be­kannt.

Alt aber kämp­fe­risch: Zwei pen­sio­nier­te Be­triebs­rats­mit­glie­der fech­ten mit dem Ar­beit­ge­ber ei­nen Strauß nach dem an­de­ren aus - und ver­lan­gen dafür Be­zah­lung

Im Zu­sam­men­hang mit der Sch­ließung ei­ner Nie­der­las­sung des be­klag­ten Ar­beit­ge­bers im Ja­nu­ar 2002 wur­den auch die Ar­beits­verhält­nis­se zwei­er Be­triebs­rats­mit­glie­der be­en­det. Der Kläger wur­de En­de 2001 und die Kläge­rin En­de 2002 in den Ru­he­stand ver­setzt.

Noch nach der Be­triebs­sch­ließung streng­ten so­wohl der Ar­beit­ge­ber als auch der Be­triebs­rat zahl­rei­che ar­beits­ge­richt­li­che Be­schluss­ver­fah­ren an, die mit der Sch­ließung und der da­mit ein­her­ge­hen­den Ver­set­zung von Mit­ar­bei­tern in an­de­re Nie­der­las­sun­gen der Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang stan­den. In­fol­ge­des­sen wa­ren bei­de Be­triebs­rats­mit­glie­der noch nach Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses in er­heb­li­chem Um­fang mit der Wahr­neh­mung ih­res Rest­man­dats be­fasst.

Sie ver­lang­ten da­her un­ter Be­ru­fung auf § 37 Abs. 3 Satz 3 Be­trVG, der ih­rer Mei­nung nach auf Fälle wie die­sen sinn­gemäß („ana­log“) an­zu­wen­den sei, ei­ne Vergütung für ih­re Rest­man­datstätig­keit, und zwar in Höhe von je­weils über 30.000,00 EUR.

So­wohl das Ar­beits­ge­richt Saarbrücken (Ur­teil vom 08.06.2007, 64 Ca 110/07) als auch das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Saar­land (Ur­teil vom 14.05.2008, 2 Sa 100/07) wie­sen die Kla­ge ab.

Ge­gen die von den Klägern ver­tre­te­ne ana­lo­ge An­wen­dung des § 37 Abs. 3 Satz 3 Be­trVG als An­spruchs­grund­la­ge wand­te das LAG ein, dass sich die Kläger ja schon im Ru­he­stand be­fan­den und da­her kei­ne Ar­beits­zei­ten mehr ein­hal­ten muss­ten. In­fol­ge­des­sen, so das LAG, pas­se die­se Vor­schrift, die vom Be­ste­hen ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses aus­geht, nicht auf den vor­lie­gen­den Fall, d.h. die Fälle sei­en nicht ver­gleich­bar. Sch­ließlich ver­weist das LAG auf ei­nen sys­tem­wid­ri­gen Ef­fekt, den die Rechts­auf­fas­sung der Kläger hätte: Würde man die­ser Auf­fas­sung fol­gen, würde die Aus­nah­me, d.h. die Vergütung für Be­triebs­rats­ar­beit gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 Be­trVG, zur Re­gel ge­macht, wo­hin­ge­gen die Re­gel gemäß § 37 Abs. 1 Be­trVG eben dar­in be­steht, dass Be­triebsräte für ih­re eh­ren­amt­li­che Tätig­keit kei­ne Be­zah­lung er­hal­ten.

Bun­des­ar­beits­ge­richt: Nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne Be­zah­lung des Be­triebs­rats im Rest­man­dat

Das BAG bestätig­te die Klag­ab­wei­sung durch die Vor­in­stan­zen, d. h. auch das BAG lehn­te ei­nen An­spruch auf Be­zah­lung der be­reits im Ru­he­stand be­find­li­chen Be­triebs­rats­mit­glie­der ab. So­weit dies der der­zeit al­lein vor­lie­gen­den Pres­se­mit­tei­lung ent­nom­men wer­den kann, folgt das BAG nicht nur im Er­geb­nis, son­dern auch in der Be­gründung dem Ur­teil des LAG.

Ist das Ar­beits­verhält­nis des im Rest­man­dat täti­gen Be­triebs­rats­mit­glieds be­reits be­en­det, so kommt nach An­sicht des BAG ei­ne Be­frei­ung von der Ar­beits­leis­tung oder ein Frei­zeit­aus­gleich nicht mehr in Be­tracht: Es gibt ja be­reits von vorn­her­ein kei­ne Ar­beits­pflicht mehr. Gibt es aber we­der ei­ne Ar­beits­pflicht noch ei­nen An­spruch auf Frei­zeit­aus­gleich, kann es, so die Schluss­fol­ge­rung des BAG, auch kei­nen fi­nan­zi­el­len Er­satz dafür ge­ben.

Im Er­geb­nis heißt das, dass ein be­reits im Ru­he­stand be­find­li­cher Be­triebs­rat kei­ne Vergütung für sei­ne Frei­zei­top­fer ver­lan­gen kann, die er auf­grund sei­ner Be­triebs­ratstätig­keit im Rest­man­dat er­bracht hat. Ei­ne sol­che Be­zah­lung von Frei­zei­top­fern lie­fe, so das BAG, dem Eh­ren­amts­prin­zip zu­wi­der.

Fa­zit: Auf­grund die­ses BAG-Ur­teils ist nun­mehr klar, dass ein be­reits be­ren­te­tes Be­triebs­rats­mit­glied kei­ne Be­zah­lung für Rest­man­dats­ar­bei­ten ver­lan­gen kann. Noch nicht ein­deu­tig ent­schie­den ist da­mit aber, ob dies auch dann gilt, wenn sich das Be­triebs­rat­mit­glied - an­ders als die bei­den Kläger hier im Streit­fall - noch nicht im Ru­he­stand be­fin­det. 1982 hat­te das BAG hier­zu noch die An­sicht ver­tre­ten, dass ein rest­man­da­tier­tes Be­triebs­rat­mit­glied ei­ne Vergütung für die we­gen der Be­triebs­ratstätig­keit auf­ge­wand­ten Zeit ver­lan­gen kann (BAG Ur­teil vom 14.10.1982, 2 AZR 658/80). Ob das BAG an die­ser Auf­fas­sung auch heu­te noch festhält, wird man wohl erst auf der Grund­la­ge der der­zeit noch nicht vor­lie­gen­den Ur­teils­gründe wis­sen.

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Letzte Überarbeitung: 5. Oktober 2014

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