HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

HANDBUCH ARBEITSRECHT

Ober­arzt - Ein­grup­pie­rung

In­for­ma­tio­nen zum The­ma Ober­arzt - Ein­grup­pie­rung: Hen­sche Rechts­an­wäl­te, Kanz­lei für Ar­beits­recht
Arzt im Operationssaal

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen dar­über, wel­che Ta­rif­ver­trä­ge ei­ne be­son­de­re Ver­gü­tung für Ober­ärz­te vor­se­hen und wel­cher Arzt bzw. wel­che Ärz­tin als Ober­arzt bzw. Ober­ärz­tin im Sin­ne des Ta­rif­ver­trags für Ärz­tin­nen und Ärz­te an Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken ("TV-Ärz­te") so­wie im Sin­ne des Ta­rif­ver­trags für Ärz­tin­nen und Ärz­te an kom­mu­na­len Kran­ken­häu­sern ("TV-Ärz­te/VKA") an­zu­se­hen sind.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, über wel­che Fra­gen bei der Ein­grup­pie­rung von Ober­ärz­ten be­son­ders häu­fig ge­strit­ten wird und wel­che die­ser Streit­fra­gen durch das Grund­satz­ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) vom 09.12.2009 (4 AZR 841/08) ent­schie­den wor­den sind.

Wel­che Ta­rif­verträge se­hen ei­ne be­son­de­re Vergütung für Oberärz­te vor?

Der am 30.10.2006 vom Mar­bur­ger Bund ab­ge­schlos­se­ne Ta­rif­ver­trag für Ärz­tin­nen und Ärz­te an Uni­ver­sitätskli­ni­ken ("TV-Ärz­te") sieht - an­ders als die Ärz­te-Ta­rif­grup­pen des BAT und des TVöD - erst­mals ei­ne spe­zi­el­le Vergütungs­re­ge­lung für Oberärz­te vor. Da­nach können Oberärz­te ei­ne höhe­re Vergütung (Ent­gelt­grup­pe Ä3) als As­sis­tenzärz­te (Ent­gelt­grup­pe Ä1) und als Fachärz­te (Ent­gelt­grup­pe Ä2) be­an­spru­chen.

Ei­ne ei­ge­ne Ober­arzt-Ent­gelt­grup­pe sieht auch der vom Mar­bur­ger Bund aus­ge­han­del­te Ta­rif­ver­trag für Ärz­tin­nen und Ärz­te an kom­mu­na­len Kran­kenhäusern ("TV-Ärz­te/VKA") vor.

Wel­cher Arzt ist als "Ober­arzt" an­zu­se­hen bzw. ein­zu­grup­pie­ren?

"Ober­arzt" im Sin­ne des TV-Ärz­te ist man dann, wenn man ei­ne von zwei ta­rif­li­chen De­fi­ni­tio­nen (§ 12 TV-Ärz­te) erfüllt.

Die ers­te lau­tet: "Ober­arzt ist der­je­ni­ge Arzt, dem die me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung für Teil- oder Funk­ti­ons­be­rei­che der Kli­nik bzw. Ab­tei­lung vom Ar­beit­ge­ber über­tra­gen wor­den ist."

Die zwei­te ta­rif­li­che De­fi­ni­ti­on von "Ober­arzt" lau­tet: "Ober­arzt ist fer­ner der Fach­arzt in ei­ner vom Ar­beit­ge­ber über­tra­ge­nen Spe­zi­al­funk­ti­on, für die die­ser ei­ne er­folg­reich ab­ge­schlos­se­ne Schwer­punkt- oder Zu­satz­wei­ter­bil­dung nach der Wei­ter­bil­dungs­ord­nung for­dert."

Die­se im TV-Ärz­te ent­hal­te­nen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Vergütung als Ober­arzt sind ähn­lich auch TV-Ärz­te VKA fest­ge­schrie­ben, dort al­ler­dings in ei­ner verschärf­ten Form, da es hier heißt, daß die Ober­arzt­funk­ti­on vom Ar­beit­ge­ber „aus­drück­lich über­tra­gen wor­den“ sein muß (§ 16 TV-Ärz­te/VKA).

Worüber wird bei der Ein­grup­pie­rung von Oberärz­ten be­son­ders häufig ge­strit­ten?

Seit Be­ginn der Um­set­zung des TV-Ärz­te bzw. des TV-Ärz­te VKA wird in vie­len Häusern über die Fra­ge ge­strit­ten, wel­che der seit vie­len Jah­ren als Ober­arzt täti­gen Ärz­te die ta­rif­lich de­fi­nier­ten Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne höhe­re Vergütung erfüllen.

Auf­grund der ein­engen­den Fas­sung der ta­rif­li­chen De­fi­ni­ti­on von "Ober­arzt" sind auch Oberärz­te mit langjähri­ger Be­rufs­pra­xis nicht oh­ne wei­te­res gemäß Vergütungs­grup­pe Ä3 ZU vergüten, son­dern nur dann, wenn dem Be­tref­fen­den die me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung als Ober­arzt (oder ei­ne gleich­wer­ti­ge Spe­zi­al­funk­ti­on) „vom Ar­beit­ge­ber über­tra­gen wor­den ist“ (§ 12 TV-Ärz­te).

Strei­tig ist in tatsächli­che Hin­sicht oft, ob der Arzt

  • über­haupt ei­ne (und wenn ja weit­rei­chen­de) me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung für Teil- oder Funk­ti­ons­be­rei­che der Kli­nik oder ei­ner ih­rer Ab­tei­lun­gen in­ne­hat,
  • ob ei­ne sol­che me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung ggf. vom Ar­beit­ge­ber "über­tra­gen" wor­den ist (wo­bei die Über­tra­gung ei­ner Funk­ti­on durch den Chef­arzt ei­ner Ab­tei­lung oft nicht für aus­rei­chend an­ge­se­hen wird, falls das Han­deln des Chef­arz­tes der Kli­nik­lei­tung nicht zu­zu­rech­nen ist).

Strei­tig ist bei der Klärung der o.g. Fra­gen in recht­li­cher Hin­sicht oft,

  • ob von ei­ner "me­di­zi­ni­schen Ver­ant­wor­tung" im Sin­ne der ta­rif­li­chen Ein­grup­pie­rungs­vor­schrif­ten nur die Re­de sein kann, wenn dem Ober­arzt min­des­tens (auch) ein Fach­arzt (oder so­gar zwei Fachärz­te) un­ter­stellt sei, und
  • ob ei­ne von Ärz­ten oft vor­ge­brach­te nicht aus­drück­li­che Ver­ant­wor­tungsüber­tra­gung (durch "schlüssi­ges Ver­hal­ten") aus­reicht oder ob nur ei­ne aus­drück­li­che Über­tra­gung recht­lich von Be­deu­tung sei (was in die­ser Form aber nur im TV-Ärz­te VKA, nicht aber im TV-Ärz­te steht), und
  • ob ein im Kli­nik­all­tag als Ober­arzt ein­ge­setz­ter Arzt auch dann die "me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung" für Teil- oder Funk­ti­ons­be­rei­che der Kli­nik oder ei­ner ih­rer Ab­tei­lun­gen in­ne­ha­ben kann, wenn er sich sei­ne oberärzt­li­che Auf­ga­ben mit ei­nem oder meh­re­ren an­de­ren Ober­arzt­kol­le­gen teilt.

Bei der zu­letzt ge­nann­ten Rechts­fra­ge ar­gu­men­tie­ren Ärz­te­ver­tre­ter, dass "Ver­ant­wor­tung" auch ge­mein­sam aus­geübt wer­den könne (Ver­ant­wor­tung heißt schließlich nicht Lei­tung), während Ar­beit­ge­ber­ver­tre­ter in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on ei­nen Be­leg dafür se­hen, dass es an ei­ner her­aus­ge­ho­be­nen, d.h. über die all­ge­mei­ne ärzt­li­che bzw. fachärzt­li­che Ver­ant­wor­tung hin­aus­ge­hen­den Ober­arzt-Ver­ant­wor­tung fehlt.

Wel­che Fra­gen hat das Ur­teil des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 09.12.2009 (4 AZR 841/08) geklärt?

Zu den oben erwähn­ten Rechts­fra­gen hat das BAG ent­schie­den, dass die oberärzt­li­che me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung ein Auf­sichts- und ein­ge­schränk­tes Wei­sungs­recht für das un­ter­stell­te me­di­zi­ni­sche Per­so­nal in dem zu­ge­wie­se­nen Teil­be­reich um­fas­sen muss. Da­bei sei im Hin­blick auf die all­ge­mei­ne ärzt­li­che Ver­ant­wor­tungs­struk­tur für ei­ne Ober­arz­t­ein­grup­pie­rung nötig, dass dem Ober­arzt in al­ler Re­gel min­des­tens (auch) ein Fach­arzt un­ter­stellt sei.

Wei­ter­hin ist nach An­sicht des BAG für die me­di­zi­ni­sche Ver­ant­wor­tung als Ober­arzt er­for­der­lich, dass der Ober­arzt - un­ge­ach­tet der Letzt­ver­ant­wor­tung des Chef­arz­tes - die al­lei­ni­ge Ver­ant­wor­tung für den von ihm be­treu­ten Be­reich trägt. Ei­ne Auf­tei­lung der Ober­arzt­ver­ant­wor­tung auf meh­re­re, ne­ben­ein­an­der täti­ge Oberärz­te kommt die­ser Sicht­wei­se zu­fol­ge nicht in Be­tracht.

Sch­ließlich liegt ei­ne dem Ar­beit­ge­ber zu­re­chen­ba­re „Über­tra­gung“ der Ober­arzt­ver­ant­wor­tung im Sin­ne des TV-Ärz­te nach An­sicht des BAG in der Re­gel nicht schon dar­in, dass ein Arzt vor In­kraft­tre­ten des TV-Ärz­te zum Ober­arzt er­nannt wur­de. Ei­ne sol­che Er­nen­nung al­lein hat dem BAG zu­fol­ge meist kei­ne Be­deu­tung für die ta­rif­ge­rech­te Ein­grup­pie­rung.

Im Er­geb­nis hat das BAG mit sei­ner Grund­satz­ent­schei­dung vom 09.12.2009 (4 AZR 841/08) die re­strik­ti­ven, d.h. die An­wend­bar­keit der Ober­arzt­ta­rif­grup­pe be­schränken­den Ten­den­zen der meis­ten zu die­sen Fra­gen er­gan­ge­nen Ur­tei­le bestätigt (wir be­rich­te­ten in: Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/002 Ein­grup­pie­rung als Ober­arzt).

Wo fin­den Sie mehr zum The­ma Ober­arzt - Ein­grup­pie­rung?

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen, die Sie im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Ober­arzt in­ter­es­sie­ren könn­ten, fin­den Sie hier:

Kom­men­ta­re un­se­res An­walts­teams zu ak­tu­el­len Fra­gen rund um das The­ma Ober­arzt fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 18. Juni 2021

Was können wir für Sie tun?

Wenn Sie mit der Kli­nik­lei­tung dar­über un­ei­nig sind, ob Sie die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Ein­grup­pie­rung in die Ober­arzt­ver­gü­tungs­grup­pe des auf Sie an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trags er­fül­len oder nicht, wenn Ih­nen ei­ne aus Ih­rer Sicht un­rich­ti­ge Ein­grup­pie­rung mit­ge­teilt wur­de oder wenn die Kli­nik­lei­tung plant, Ih­re bis­he­ri­ge Ein­grup­pie­rung zu än­dern, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne.

Soll­te Ih­nen be­reits ein kon­kre­ter Vor­schlag für ei­ne ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung vor­lie­gen, kön­nen Sie ein sol­che Re­ge­lung durch uns an­walt­lich be­wer­ten las­sen.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber bzw. mit Ver­tre­tern der Per­so­nal­ab­tei­lung.

Für ei­ne mög­lichst ra­sche und ef­fek­ti­ve Be­ra­tung be­nö­ti­gen wir fol­gen­de Un­ter­la­gen:

  • Ar­beits­ver­trag
  • Ge­halts­nach­wei­se
  • Schrift­ver­kehr über die Ein­grup­pie­rung (falls vor­han­den)

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
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Kontakt:
030 / 26 39 620
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