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BAG, Urteil vom 09.12.2009, 4 AZR 841/08
Schlagworte: | TV-Ärzte, Oberarzt: Eingruppierung | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 4 AZR 841/08 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 09.12.2009 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.07.2007, 14 Ca 669/07 Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 8.08.2008, 9 Sa 1399/07 |
|
BUNDESARBEITSGERICHT 4 AZR 841/08 9 Sa 1399/07 Landesarbeitsgericht Düsseldorf |
|
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
9. Dezember 2009
URTEIL
Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2009 durch den Vorsitzenden Richter am
Bundesarbeitsgericht Prof. Bepler, den Richter am Bundesarbeitsgericht Creutzfeldt, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Winter, den ehrenamtlichen Richter Valentien und die ehrenamtliche Richterin Redeker für Recht erkannt:
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. August 2008 - 9 Sa 1399/07 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Tätigkeit des Klägers und um die Anrechnung einer Vorbeschäftigungszeit.
Der Kläger war seit dem 15. Juli 1997 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgänger zunächst befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen der Facharztanerkennung und danach als Facharzt für Herzchirurgie beschäftigt. Im Rahmen der weiteren ärztlichen Weiterbildung hat er am 10. Februar 2005 die Fachkunde Echokardiographie in Verbindung mit der Gebietsbezeichnung Herzchirurgie erworben und am 15. Dezember 2005 eine Zusatzausbildung auf dem Gebiet der speziellen herzchirurgischen Intensivmedizin in Verbindung mit der Gebietsbezeichnung Herzchirurgie erfolgreich abgeschlossen. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Auflösungsvertrag zum 31. Januar 2008 beendet.
Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war der Kläger in der chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums D tätig, das im Rahmen der Organisationsreform der Universitätskliniken in N als Anstalt des öffentlichen Rechts organisatorisch verselbständigt worden ist und im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit der Beklagten zusammenarbeitet. Die chirurgische
Klinik besteht aus mehreren Kliniken, denen je ein Direktor vorsteht. Diese erstellen gemeinsam die Stationsbesetzungspläne. Die Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie, in der der Kläger eingesetzt war, besteht aus mehreren Stationen. Der Kläger arbeitete vor dem 1. Mai 2006 auf der Intensivstation und der Intensiv-Überwachungsstation als Stationsarzt. Er übernahm dort ua. die Funktionsdiagnostik und war an Operationen beteiligt. Der ärztliche Stations-besetzungsplan für die Zeit ab dem 15. September 2006 weist den Kläger neben Herrn Prof. K als Oberarzt für die Station CH2B (Intensiv-Überwachungsstation) aus. Der ärztliche Stationsbesetzungsplan für die Zeit ab dem 15. März 2007 weist den Kläger neben Herrn Prof. F als Oberarzt für die Station CIA1B (Intensivstation) und neben Herrn Prof. K als Oberarzt für die Station CH2B aus. Der ärztliche Stationsbesetzungsplan ab dem 15. September 2007 weist den Kläger neben Herrn Prof. Ko als Oberarzt für die Station CB1 (Normalstation) aus. Der Kläger wurde auf Veranlassung der Klinikleitung seit dem 1. Mai 2006 auf den Arztbriefen, später auch in den Organisationsplänen der Klinik als Oberarzt bezeichnet.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand ab dem 1. November 2006 der zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem Marburger Bund vereinbarte Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte/TdL) vom 30. Oktober 2006 Anwendung.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2006 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte vergeblich auf, den Kläger gemäß der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 3 des TV-Ärzte/TdL seit dem 1. Juli 2006 zu vergüten.
Der Kläger, der sich darauf beruft, der Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie habe ihn am 1. Mai 2006 zum Oberarzt ernannt, hat behauptet, er habe seitdem die Funktionsdiagnostik als verantwortlicher Oberarzt durchgeführt. Zusätzlich sei ihm die Spezialfunktion der EKG- und Echokardiographie-Diagnostik zum 1. Mai 2006 übertragen worden. Der Klinikdirektor sei von der Beklagten auch bevollmächtigt worden, die medizinische Verantwortung für Teil- und Funktionsbereiche auf verantwortliche Oberärzte zu
übertragen. Diese habe er in der Intensivstation und der Intensiv-Überwachungsstation wahrgenommen. Da die Beklagte alle anderen Oberärzte der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie letztlich in die Entgeltgruppe Ä 3 des TV-Ärzte/TdL übergeleitet habe, habe er ferner aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf die Vergütung nach dieser Entgeltgruppe.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.200,00 Euro seit dem 1. November 2006 und aus jeweils 800,00 Euro seit dem 1. Dezember 2006 sowie dem 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007, 1. Mai 2007, 1. Juni 2007 und 1. Juli 2007 zu zahlen;
2. festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. November 2006 bis 31. Januar 2008 als Oberarzt in die Entgeltgruppe Ä 3 im Sinne des § 12 TV-Ärzte eingruppiert und seit dem 1. Juni 2006 bis zum 31. Januar 2008 als Oberarzt für die Beklagte seit dem 1. Mai 2006 als Oberarzt im Sinne des § 12 TV-Ärzte tätig war.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger sei lediglich als „Nennoberarzt“ anzusehen und nur als Facharzt tätig geworden. Zudem sei nur der Vorstand des Universitätsklinikums befugt, Entscheidungen über Fragen der Eingruppierung und tatsächlichen Beschäftigung von Ärzten zu treffen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klage weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.
A. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage nur teilweise für zulässig und in diesem Umfang für unbegründet gehalten. Ein Anspruch des Klägers sei weder nach den Vorgaben der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL noch nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungssatz gegeben. Die Tätigkeitsmerkmale der ersten Fallgruppe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL seien nicht erfüllt, weil eine gemeinschaftliche medizinische Verantwortung mehrerer Ärzte für einen Teil- oder Funktionsbereich nicht ausreiche. Die Tätigkeitsmerkmale der zweiten Fallgruppe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL und die Voraussetzungen des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungssatzes seien nicht substantiiert dargelegt worden.
B. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die gestellten Anträge zu Recht nur teilweise als zulässig angesehen.
1. Die Zulässigkeit des bezifferten Zahlungsantrags zu 1. ergibt sich aus § 253 ZPO.
2. Der Feststellungsantrag zu 2. ist demgegenüber größtenteils unzulässig, weil insoweit das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Dies ergibt sich hinsichtlich dessen ersten Teils, der sich auf die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL bezieht, für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30. Juni 2007 daraus, dass die Ansprüche für diesen Zeitraum schon mit dem Leistungsantrag verfolgt werden. Für eine Zulässigkeit als Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) ist insoweit nichts ersichtlich; soweit der Kläger in der Revision unsubstantiiert auf eventuelle Ansprüche aus Mehrarbeit, Nachtarbeit und ähnliches verweist, kann er solche mit Blick auf die Ausschlussfrist nach § 37 TV-Ärzte/TdL nicht mehr geltend machen. Lediglich für den verbleibenden Zeitraum 1. Juli 2007 bis 31. Januar 2008 besteht das vom Senat grundsätzlich anerkannte Feststellungsinteresse bei Eingruppierungsfeststellungsklagen.
Für den zweiten Teil des Antrags zu 2., mit dem festgestellt werden soll, dass der Kläger in der Zeit vom 1. November 2006 bis zum 31. Januar 2008 als Oberarzt iSd. § 12 TV-Ärzte/TdL tätig war, fehlt das Feststellungsinteresse insgesamt. Der Antrag ist in der Sache auf eine Sicherung der Anrechnung von Vorzeiten oberärztlicher Tätigkeit gerichtet und wird insbesondere vor dem Hintergrund von § 5 des Tarifvertrages zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TVÜ-Ärzte/TdL) sowie von § 16 Abs. 2 TV-Ärzte/TdL verständlich. Er wird vom Kläger in der Revisionsinstanz nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Möglichkeit einer Anrechnung oberärztlicher Vorbeschäftigungszeiten bei etwaigen späteren Beschäftigungen im Geltungsbereich des TV-Ärzte/TdL gerechtfertigt. Dies begründet indes kein schützenswertes Interesse an einer entsprechenden alsbaldigen Feststellung, zumal die Frage, ob ein späterer anderer Arbeitgeber Vorbeschäftigungszeiten des Klägers nach § 16 Abs. 2 TV-Ärzte/TdL anzuerkennen hat, nicht durch die gerichtliche Entscheidung eines Rechtsstreits zwischen dem Kläger und der Beklagten rechtskräftig beantwortet werden kann.
II. Die danach aufgrund des Antrags zu 1. und des zulässigen Teils des Antrags zu 2. allein zur Entscheidung anstehende Frage, ob der Kläger in der Zeit zwischen dem 1. Juli 2007 und dem 31. Januar 2008 als Oberarzt nach der Entgeltgruppe Ä 3 zu vergüten war, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht verneint. Die Revision des Klägers hat deshalb keinen Erfolg.
1. Für die Entscheidung über das Klagebegehren ist § 12 TV-Ärzte/TdL maßgeblich, der folgenden Wortlaut hat: „Eingruppierung
Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe | Bezeichnung |
Ä 1 | Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit |
Ä 2 |
Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit |
Ä 3 | Oberärztin/Oberarzt |
Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist. Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert. | |
Ä 4 |
Fachärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist. (Protokollerklärung: Ständiger Vertreter ist nur der Arzt, der den leitenden Arzt in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Klinik nur von einer Ärztin/einem Arzt erfüllt werden.)“ |
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger bereits deshalb nicht in die Entgeltgruppe Ä 3 erste Fallgr. TV-Ärzte/TdL eingruppiert ist, weil bei der ihm übertragenen Tätigkeit die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik/Abteilung im tariflichen Sinne nicht besteht. Eine mögliche „Ernennung“ zum Oberarzt - selbst wenn sie von einem dazu bevollmächtigten Chefarzt vorgenommen worden wäre - ist deshalb ohne Bedeutung.
a) Dabei kommt es auf den zeitlichen Zuschnitt von Einzeltätigkeiten innerhalb der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit iSd. Einleitungssatzes von § 12 TV-Ärzte/TdL nicht an, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum bei keinem denkbaren zeitlichen Zuschnitt der ihm übertragenen Tätigkeit das Tatbestandsmerkmal „medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung“ des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe Ä 3 erste Fallgr. TV-Ärzte/TdL erfüllt.
b) Die Eingruppierung eines Arztes (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden stets die männliche Form gewählt) als Oberarzt iSd. Entgeltgruppe Ä 3 erste Fallgr. TV-Ärzte/TdL setzt ua. voraus, dass dem Arzt die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung übertragen worden ist. Die Tarifvertragsparteien haben dabei von einer ausdrücklichen Bestimmung dessen, was unter medizinischer Verantwortung im tariflichen Sinne zu verstehen ist, abgesehen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, dass das Tätigkeitsmerkmal nur dann erfüllt werden kann, wenn dem Oberarzt ein Aufsichts- und - teilweise eingeschränktes - Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals zugewiesen worden ist. Dabei genügt es nicht, dass in dem Teilbereich Ärzte der Entgeltgruppe Ä 1 (Assistenzärzte und Ärzte in Weiterbildung) tätig sind. Ihm muss auch mindestens ein Facharzt der Entgeltgruppe Ä 2 unterstellt sein. Ferner ist idR erforderlich, dass die Verantwortung für den Bereich ungeteilt bei ihm liegt.
aa) Mit der Anforderung, dass sich die übertragene Verantwortung auf den medizinischen Bereich erstrecken muss, haben die Tarifvertragsparteien deutlich gemacht, dass es nicht ausreicht, wenn dem Arzt lediglich die organisatorische oder verwaltungstechnische Verantwortung für den Teil-/Funktionsbereich obliegt (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand April 2008 Teil IIa TV-Ärzte/TdL § 12 Rn. 57). Der Arzt muss noch als solcher tätig sein (Bruns/Biermann/Weis Anästhesiologie und Intensivmedizin Mai 2007 S. 1, 5), also mit dem Vorbeugen, dem Erkennen von Ursachen und Auswirkungen von Gesundheitsstörungen sowie ihrer Behandlung beschäftigt sein.
bb) Das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe Ä 3 stellt hinsichtlich der übertragenen Verantwortung maßgebend auf deren Reichweite ab. Diese muss sich in personeller Hinsicht auch auf Fachärzte und in organisatorischer Hinsicht als Alleinverantwortung auf den gesamten betreffenden Bereich der Klinik oder Abteilung beziehen. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser Entgeltgruppe innerhalb der durch die Vergütungsordnung gestalteten Hierarchie der Entgeltgruppen.
(1) Die Tätigkeit als Arzt ist grundsätzlich mit einer spezifischen Verantwortung verbunden, die nicht auf andere Personen übertragen werden kann und darf. Nach § 11 Abs. 1, § 2 Abs. 3 der Muster-Berufsordnung für deutsche Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä 1997 idF vom 24. November 2006) ist jeder Arzt im Rahmen der Berufsausübung verpflichtet, seine Patienten gewissenhaft mit geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu versorgen sowie bei der Übernahme und Ausführung der Behandlung die gebotenen medizinischen Maßnahmen nach den Regeln der ärztlichen Kunst gewissenhaft auszuführen (Teil C Nr. 2 der Grundsätze ärztlicher Berufsausübung). Aus der Freiheit ärztlichen Handelns und der damit verbundenen selbstständigen Verantwortung eines jeden Arztes ergibt sich auch eine Begrenzung der Weisungsbefugnis, die sich selbst für einen Chefarzt in einer Klinik darauf beschränkt, den ihm unterstellten Ärzten bestimmte Tätigkeiten und Einzelaufgaben zur selbstständigen Erledigung verbindlich zu übertragen (MünchArbR/Richardi 3. Aufl. § 339 Rn. 20).
(2) Aus der Struktur der Regelung in § 12 TV-Ärzte/TdL folgt, dass die den 25
Oberärzten im Tarifsinne obliegende „medizinische“ Verantwortung über die allgemeine „ärztliche“ Verantwortung eines Assistenzarztes und eines Facharztes deutlich hinausgeht. Dabei wird an die tatsächliche krankenhausinterne Organisations- und Verantwortungsstruktur angeknüpft. Kliniken sind arbeitsteilig organisiert und weisen zahlreiche spezialisierte und fragmentierte Diagnose-, Behandlungs- und Pflegeabläufe mit einer abgestuften Verantwortungsstruktur der handelnden Personen auf (vgl. Genzel in Laufs Handbuch des Arztrechts 3. Aufl. S. 281; Deutsch NJW 2000, 1745, 1746). Dem entspricht die tarifliche Einordnung der medizinischen Verantwortung von Oberärzten, die in § 12 TV-Ärzte/TdL innerhalb der Struktur der Entgeltgruppen nach „unten“ und nach „oben“ in ein von den Tarifvertragsparteien als angemessen angesehenes Verhältnis gesetzt wird.
(a) Aus der Unterordnung unter den leitenden Arzt und seinen ständigen Vertreter, der in die Entgeltgruppe Ä 4 eingruppiert ist, ergibt sich, dass die von einem Oberarzt wahrzunehmende Verantwortung keine Allein- oder Letztver-
antwortung sein kann. Auch hier entspricht die tarifliche Regelung der krankenhausinternen Organisations- und Verantwortungsstruktur. Die medizinische Letztverantwortung liegt idR beim leitenden Arzt (Chefarzt) und seinem ständigen Vertreter, deren Weisungen der Oberarzt bei seiner Tätigkeit regelmäßig unterliegt (Wahlers PersV 2008, 204, 206; Bruns ArztRecht 2007, 60, 65). Wie sich aus der Systematik von § 12 TV-Ärzte/TdL ergibt, kann dieser Umstand einer Eingruppierung als Oberarzt nicht entgegenstehen. Oberärzte haben insofern eine demgegenüber beschränkte ärztliche Führungsverantwortung und weitgehend selbstständige Handlungsverantwortung (Genzel in Laufs/Uhlen-bruck Handbuch des Arztrechts 3. Aufl. § 90 Rn. 32).
(b) Auf der anderen Seite muss sich die Reichweite der Verantwortung aus derjenigen, die den Ärzten der unteren Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 TV-Ärzte/TdL übertragen worden ist, deutlich herausheben. Dem Oberarzt muss neben dem nichtärztlichen auch ärztliches Personal unterstellt sein. Nicht ausreichend ist dabei die Führungs- und Weisungsbefugnis gegenüber Assistenzärzten und Ärzten in der Weiterbildung. Die einem Oberarzt übertragene Verantwortung muss sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen Ä 2 und Ä 3 auch von der eines Facharztes qualitativ unterscheiden. Bezugspunkt dieser gesteigerten Verantwortung ist die mit der Übertragung verbundene organisatorische Kompetenz, die sich in einer gesteigerten Aufsichts- und Weisungsbefugnis niederschlägt. Ein in die Entgeltgruppe Ä 2 eingruppierter Facharzt übt seine Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den in seinem Bereich tätigen Assistenzärzten und Ärzten in der Weiterbildung aus. Eine Steigerung des quantitativen und qualitativen Maßes dieser Verantwortung ist nur dann gegeben, wenn sich die Verantwortung des Oberarztes nicht nur auf die Assistenzärzte, sondern auch auf mindestens einen Facharzt bezieht (Wahlers PersV 2008, 204, 206). Diese tarifliche Wertigkeit der Stellung und Tätigkeit eines Oberarztes findet in dem nicht unerheblichen Vergütungsabstand der Entgeltgruppe Ä 3 zu der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/TdL ihren Ausdruck. Die Tarifvertragsparteien haben für den ersten Tarifzeitraum mit der monatlichen Differenz von 1.100,00 Euro im Tarifgebiet Ost und 1.200,00 Euro im Tarifgebiet West deutlich gemacht, dass es sich mit der übertragenen
medizinischen Verantwortung im Tarifsinne um eine gewichtige Heraushebung gegenüber derjenigen des Facharztes nach Entgeltgruppe Ä 2 handelt.
(3) Die Verantwortung für den jeweiligen Teil-/Funktionsbereich muss darüber hinaus aber auch ungeteilt bestehen. Sie betrifft nicht lediglich einzelne zu erfüllende Aufgaben oder Aufgabenbereiche. Vielmehr geht es um eine auf einen arbeitsteilig organisierten Bereich bezogene Leitungs- und Verantwortungsstruktur. Die medizinische Verantwortung für einen Teilbereich im Tarifsinne kann daher nicht bei mehreren Ärzten liegen, ohne dass es hier auf eine Unterscheidung von Teil- oder Funktionsbereichen der Klinik oder der Abteilung ankommt. Das ergibt sich aus dem von den Tarifvertragsparteien gewählten bestimmten Artikel „die“, mit dem eine einheitliche Verantwortung bezeichnet ist, die innerhalb des zugewiesenen Bereichs einheitlich und allein wahrzunehmen ist. Eine geteilte medizinische Verantwortung innerhalb der organisatorischen Einheit ist regelmäßig nicht ausreichend für eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe Ä 3 erste Fallgr. TV-Ärzte/TdL. Etwas anderes mag in Betracht kommen, wenn es um eine echte Arbeitsplatzteilung (Jobsharing) geht. Eine solche liegt jedoch nicht vor, wenn in einer organisatorischen Einheit mehrere Titularoberärzte tätig sind, die nur teil- oder zeitweise, etwa bei den Hintergrunddiensten, jeweils allein verantwortlich sind.
Daraus, dass die Tarifvertragsparteien mit der Protokollerklärung zur Entgeltgruppe Ä 4, wonach dieses Tätigkeitsmerkmal eines ständigen Vertreters des Chefarztes innerhalb einer Klinik nur von einem Arzt erfüllt werden kann, ist nicht zu folgern, eine entsprechende Bestimmung für den Oberarzt nach der Entgeltgruppe Ä 3 habe in Bezug auf den Teilbereich einer Klinik oder Abteilung damit ausgeschlossen werden sollen. In der Protokollerklärung zur Entgeltgruppe Ä 4 wird der dort verwendete Begriff der ständigen Vertretung erläutert und sodann aus dieser Erläuterung gefolgert, dass nur jeweils ein Arzt für eine Klinik ständiger Vertreter sein könne. Das schließt nicht aus, dass eine sinngemäß ähnliche Folgerung für die Oberärzte nach Entgeltgruppe Ä 3 für den Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im Wege der Tarifauslegung aus dem Wortlaut der dort von den Tarifvertragsparteien bestimmten Entgelt-
gruppenbezeichnung entnommen wird. Die sich aus der konkreten Formulierung des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe Ä 4 ergebende Unklarheit, der die Tarifvertragsparteien mit der Protokollerklärung abhelfen wollten, ist in der Entgeltgruppenbezeichnung Ä 3 nach dem oben Dargelegten nicht gegeben.
c) Danach scheitert die vom Kläger angestrebte Eingruppierung an der Nichterfüllung des Tatbestandsmerkmals der medizinischen Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche einer Klinik/Abteilung und dort schon daran, dass für die wechselnden Stationen, auf denen der Kläger im Streitzeitraum als „Oberarzt“ tätig war, nach den jeweiligen Organisationsplänen stets mindestens ein weiterer Oberarzt verantwortlich war. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass er gegenüber diesen weiteren Oberärzten Führungs- und Handlungsverantwortung innegehabt habe. Deshalb kommt es weder darauf an, ob und in welchem Umfang dem Kläger auf diesen Stationen als möglichen Teil- oder Funktionsbereichen im Tarifsinne Fachärzte unterstellt waren, noch darauf, ob die weiteren tariflichen Merkmale - Teil- oder Funktionsbereiche der Kli-nik/Abteilung sowie einer Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Arbeitgeber - erfüllt sind.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 zweite Fallgr. TV-Ärzte/TdL. Sein Vortrag lässt nicht erkennen, dass seine Tätigkeit für die Beklagte das tarifliche Merkmal des Facharztes in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert, erfüllt. Deshalb kann auch zu diesem Tätigkeitsmerkmal eine nähere Bestimmung des zeitlichen Zuschnitts von Einzeltätigkeiten innerhalb der auszuübenden Tätigkeit des Klägers iSd. Einleitungssatzes von § 12 TV-Ärzte/TdL dahinstehen.
a) Das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Fallgruppe nimmt Bezug auf die Vorgaben der Ärztekammern in den Weiterbildungsordnungen zum Erwerb von Kompetenzen, die Gegenstand der Schwerpunkt- und Zusatzweiterbildung und dazugehöriger Prüfung vor den Ärztekammern sind. Nur im Hinblick darauf
können mit einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion die Vorgaben der Entgeltgruppe Ä 3 zweite Fallgr. TV-Ärzte/TdL erfüllt werden.
b) Hierzu hat der Kläger - trotz richterlicher Hinweise in den Vorinstanzen - nicht dargelegt, welche Spezialfunktion, die die genannten Vorgaben erfüllt, ihm konkret, wann und wie übertragen worden sein soll. Auch wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, dass es sich bei den von ihm erworbenen Weiterbildungsabschlüssen - der Fachkunde Echokardiographie in Verbindung mit der Gebietsbezeichnung Herzchirurgie und der Zusatzausbildung auf dem Gebiet der speziellen herzchirurgischen Intensivmedizin in Verbindung mit der Gebietsbezeichnung Herzchirurgie - um solche im Rahmen der Vorgaben der Ärztekammern handelt, scheitert sein Eingruppierungsbegehren. Er hat nicht dargelegt, dass die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. So ist schon unklar geblieben, inwieweit seine Tätigkeit in der Funktionsdiagnostik auch als Spezialfunktion anzusehen ist. Er hat zwar die EKG- und Echokardiographie-Diagnostik als solche bezeichnet. Es fehlt jedoch jeglicher Vortrag dazu, dass dafür die von ihm absolvierten Weiterbildungen vom Arbeitgeber gefordert wurden. Ebenso ist zum Zeitpunkt und den Umständen der Übertragung nichts vorgetragen.
4. Der Kläger kann Vergütung in Höhe der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte/TdL nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beanspruchen. Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, hat ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Der Kläger hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine gleichheitswidrige Rechtsausübung der Beklagten ergibt. Insbesondere hat er nicht im Einzelnen zu Kollegen mit gleichartiger und gleichwertiger Tätigkeit vorgetragen, die - im Unterschied zu ihm - die begehrte Vergütung erhalten. Allein der Umstand, dass es sich insoweit auch um im Krankenhausalltag als Oberärzte bezeichnete Ärzte handelt, reicht hierfür nicht aus.
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Bepler Creutzfeldt Winter
Valentien Redeker
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