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Kündigung wegen Wiederverheiratung als Diskriminierung
05.08.2016. Kirchliche Arbeitgeber können von ihren Arbeitnehmern verlangen, dass sie die Moralverschriften der Kirche auch im Privatleben beachten.
Das gilt in besonderem Maße dann, wenn der Arbeitnehmer seinen kirchlichen Arbeitgeber als Führungskraft repräsentiert und/oder wenn er "verkündungsnahe" Aufgaben wahrnimmt.
Aber können kirchliche Einrichtungen den Angehörigen der eigenen Kirche strengere Loyalitätspflichten auferlegen als vergleichbaren Mitarbeitern, die einem anderen Glauben oder einer anderen Kirche angehören oder konfessionslos sind?
Um diese Frage geht es in einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), der deshalb den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen hat: BAG, Beschluss vom 28.07.2016, 2 AZR 746/14 (A) (Pressemeldung des Gerichts).
- Erhöhte Loyalitätspflichten katholischer leitender Kirchenmitarbeiter aufgrund der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche?
- Immer noch im Streit: Kündigung eines katholischen Chefarztes eines katholischen Krankenhauses anno 2009 wegen Wiederverheiratung unter Verstoß gegen das Kirchenrecht
- BAG bittet den EuGH um eine Stellungnahme zu Art.4 Abs.2 der Richtlinie 2000/78/EG
Erhöhte Loyalitätspflichten katholischer leitender Kirchenmitarbeiter aufgrund der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche?
In kirchlichen und in kirchlich gebundenen karitativen Einrichtungen richten sich die Arbeitsverhältnisse einerseits nach kirchlichen Grundsätzen der Lebensführung, andererseits nach dem "normalen" bzw. weltlichen Arbeitsrecht.
Zu den kirchlichen Grundsätzen gehören vor allem sog. Loyalitätspflichten, d.h. die Pflicht zur Beachtung kirchlicher Moralvorschriften. Sie sind nicht nur während des Dienstes, sondern auch im Privatleben zu beachten.
Dabei gilt die Regel, dass die Loyalitätsanforderungen umso höher sind, je mehr der Arbeitnehmer als Führungskraft seinen kirchlichen Arbeitgeber repräsentiert und/oder je mehr er in die Verkündigung des Glaubens eigebunden ist ("Verkündigungsnähe"). Der Verwaltungsleiter eines größeren diakonischen Werkes hat daher christliche Glaubens- und Moralvorstellungen strikter zu beachten als eine Sekretariatskraft.
Wird ein Arbeitnehmer von seinem kirchlichen Arbeitgeber wegen eines (angeblichen) Loyalitätsverstoßes gekündigt, kann er wie jeder Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben und sich auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen. Allerdings kann sich der kirchliche Arbeitgeber vor Gericht auf einen Verstoß gegen die kirchlichen Moralregeln als Kündigungsgrund berufen, und das unterscheidet solche Kündigungsschutzprozesse von den Klagen "normaler" Arbeitnehmer.
Die rechtliche Überprüfung der Kündigung durch die Arbeitsgerichte beschränkt sich dann im Wesentlichen auf die Überprüfung der kirchenrechtlichen Voraussetzungen einer Kündigung (lag wirklich ein Loyalitätsverstoß vor?) und der formalen Anforderungen, denen die Kündigung entsprechen muss, wie etwa die Beteiligung einer Mitarbeitervertretung und dgl.
Außerdem dürfen Kündigungen kirchlicher Arbeitgeber nicht gegen das weltliche Gesetzesrecht verstoßen, und dazu gehört auch der Diskriminierungsschutz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dieser Schutz beinhaltet unter anderem das Verbot einer Schlechterstellung wegen der Religion (§§ 1, 2 und 7 AGG). Eine solche Schlechterstellung wird allerdings vom AGG selbst in § 9 Abs.1 für zulässig erklärt, wenn nämlich
"eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt."
Tritt daher ein leitender Kirchenmitarbeiter mit wichtigen Repräsentationsaufgaben aus der Kirche aus oder missachtet er kirchliche Moralgebote, wäre eine daraufhin erklärte Kündigung zwar eine Schlechterstellung des gekündigten Mitarbeiters wegen der Religion, doch wäre diese Schlechterstellung nach § 9 Abs.1 AGG gerechtfertigt, wenn man die Religionszugehörigkeit bzw. die Beachtung der kirchlichen Moralgebote als "berufliche Anforderung" im Sinne dieser Vorschrift ansieht.
Eine andere Frage ist, ob kirchliche Arbeitgeber bei Kündigungen, die mit einer Loyalitätspflichtverletzung begründet werden, die Angehörigen der jeweils eigenen Kirche "härter anfassen" können als vergleichbare Mitarbeiter, die keiner oder einer anderen Religion oder einer anderen christlichen Kirche angehören. Denn aus Sicht eines kirchlichen Arbeitgebers wiegt die Missachtung kirchlicher Glaubens- und Moralvorstellungen durch einen Arbeitnehmer, der der eigenen Kirche angehört, schwerer als ein ähnliches (Fehl-)Verhalten durch einen Arbeitnehmer, der einen anderen oder gar keiner Kirche angehört.
Bei dieser Frage geht es um das richtige Verständnis von § 9 Abs.2 AGG, denn diese Vorschrift erkennt ausdrücklich das Recht von Religionsgemeinschaften und kirchlich gebundenen Einrichtungen an,
"von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können".
Da hinter dieser Vorschrift des AGG eine entsprechende Vorgabe der Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG steht, nämlich Art.4 Abs.2, 2. Halbsatz Richtlinie 2000/78/EG, stellt sich hier die Frage, ob Art.4 Abs.2, 2. Halbsatz Richtlinie 2000/78/EG die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern verschiedener Kirchen beim Thema Loyalitätsanforderungen erlaubt.
Immer noch im Streit: Kündigung eines katholischen Chefarztes eines katholischen Krankenhauses anno 2009 wegen Wiederverheiratung unter Verstoß gegen das Kirchenrecht
So manche Ehe hätte man im Nachhinein betrachtet besser nicht geschlossen, und das gilt auch für Arbeitsverhältnisse. Denn mittlerweile streiten die Parteien dieses Prozesses seit mehr als sieben Jahren über eine Kündigung aus dem Jahre 2009. Ein Ende ist nicht abzusehen.
Begonnen hatte alles im Jahre 2000 mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrags über die Tätigkeit als Chefarzt für die Abteilung Innere Medizin eines katholischen Krankenhauses.
Der Chefarzt, selbst Katholik, bestätigte damals per Arbeitsvertrag, dass ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung unter anderem ein Leben "in kirchlich ungültiger Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft“ wäre. Außerdem enthielt der Vertrag einen Verweis auf die Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22.09.1993, die ein solches Verhalten ebenfalls als schwerwiegenden Loyalitätsverstoß bewertete und außerdem eine Kündigung als Regelrechtsfolge anordnete, wenn ein leitend tätiger Mitarbeiter einen solchen Loyalitätsverstoß begehen sollte.
Im Jahre 2006 ließ sich der Chefarzt nach weltlichem Recht scheiden und lebte seitdem mit einer neuen Partnerin in eheähnlicher Gemeinschaft. Das wusste der Geschäftsführer des Arbeitgebers frühzeitig, ohne einen Versuch zu unternehmen, den Lebenswandel des Chefarztes im Sinne der Kirche zu beeinflussen. Im September 2008 heiratete der Arzt dann seine Lebensgefährtin standesamtlich.
Zu diesem Zeitpunkt bestand allerdings die erste Ehe noch nach dem Kirchenrecht, da sie bislang nicht annulliert worden. Einen solchen Antrag hatte der Chefarzt zwar gestellt, doch war über ihn zum Zeitpunkt der zweiten Heirat noch nicht entschieden. Somit war die zweite Ehe kirchenrechtlich unzulässig. Daher sprach der Arbeitgeber im März 2009 eine ordentliche Kündigung zum 30.09.2009 aus.
Andere Chefärzte desselben Krankenhauses mit vergleichbarem Lebenswandel (Wiederverheiratung, nichteheliche Lebensgemeinschaft) hatte der Krankenhausträger unbehelligt gelassen, d.h. sie waren weder abgemahnt noch gekündigt worden. Im Unterschied zu dem hier gekündigten Chefarzt gehörten sie allerdings nicht der katholischen Kirche an.
Die Kündigungsschutzklage des Chefarztes hatte in allen drei Instanzen Erfolg, zunächst vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 30.07.2009, 6 Ca 2377/09), dann in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 01.07.2010, 5 Sa 996/09 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 10/205 Zweite Heirat als Kündigungsgrund?) und zuletzt auch vor dem BAG (BAG, Urteil vom 08.09.2011, 2 AZR 543/10 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/177 Kündigung eines Chefarztes wegen Wiederverheiratung?).
Drei Jahre später kam die kalte Dusche in Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob das BAG-Urteil auf und verwies den Prozess zurück zum BAG. Denn das BAG hatte eine ganz "normale" Interesseabwägung vorgenommen, nämlich zwischen dem Beendigungsinteresse des kirchlichen Arbeitgebers einerseits und dem Interesse des gekündigten Chefarztes am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses andererseits (BVerfG, Beschluss vom 22.10.2014, 2 BvR 661/12 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/388 Kündigung durch kirchliche Arbeitgeber aus sittlich-moralischen Gründen). Und bei dieser Abwägung hatte das BAG die Kündigungsinteressen des Arbeitgebers als nicht ausreichend stark gewichtet.
Hier hätte das BAG, so die Kritik des BVerfG, die Interessen des kirchlichen Arbeitgebers gar nicht selbst bewerten dürfen. Darin lag ein Verstoß gegen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht. Dem BAG hätte nur zugestanden, die Interessen des gekündigten Arbeitnehmers nach weltlichen Rechtsmaßstäben zu bewerten. Das hatte das BAG in seinem Urteil aber nur halbherzig getan, weil es bereits kein ausreichend starkes Kündigungsinteresse auf der Arbeitgeberseite anerkannt hatte.
Letztlich überließ das BVerfG aber seinen Erfurter Richterkollegen die Entscheidung und zeigte sogar ein Argument auf, um bei einer erneuten Abwägung der beteiligten Interessen dem Chefarzt möglicherweise erneut Recht zu geben: Weil das Leben in kirchlich ungültiger Ehe und das Leben in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Arbeitsvertrag des Chefarztes als gleich schwere Gründe für eine loyalitätsbedingte Kündigung genannt werden, konnte der Chefarzt möglicherweise darauf vertrauen, nicht wegen einer Wiederverheiratung gekündigt zu werden, nachdem seine eheähnliche Gemeinschaft keine Sanktion nach sich gezogen hatte, so die Karlsruher Richter.
Vor diesem Hintergrund hätte man eine endgültige Entscheidung des Prozesses durch das BAG erwartet, doch es kam anders.
BAG bittet den EuGH um eine Stellungnahme zu Art.4 Abs.2 der Richtlinie 2000/78/EG
Anstatt den Fall nunmehr abschließend für oder gegen den Chefarzt zu entscheiden, setzte das BAG das Verfahren aus und legte dem EuGH einige Auslegungsfragen zu Art.4 Abs.2, 2. Halbsatz Richtlinie 2000/78/EG vor. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es dazu:
Für das BAG war erheblich, ob die Kirchen nach dem EU-Recht bei Loyalitätsvorschriften, die sich an Arbeitnehmer in leitender Stellung richten, unterscheiden dürfen zwischen Arbeitnehmern, die der eigenen Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören.
Diese Frage stellt sich tatsächlich aufgrund der Umstände des Streitfalls, da dem Kläger nicht gekündigt worden wäre, wäre er kein Katholik. Unter anderem aus diesem Grund, d.h. wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hatte das LAG Düsseldorf pro Chefarzt entschieden (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell 10/205 Zweite Heirat als Kündigungsgrund?).
Im Einzelnen möchte das BAG, dass der EuGH folgende Fragen klärt:
"1. Ist Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) dahin auszulegen, dass die Kirche für eine Organisation wie die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören?
2. Sofern die erste Frage verneint wird:
a) Muss eine Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 9 Abs. 2 AGG, wonach eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit der Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirche gerechtfertigt ist, im vorliegenden Rechtsstreit unangewendet bleiben?
b) Welche Anforderungen gelten gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der RL 2000/78/EG für ein an die Arbeitnehmer einer Kirche oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten im Sinne des Ethos der Organisation?"
Diese Fragen hatte das BAG bereits in seinem Urteil vom 08.09.2011 (2 AZR 543/10) gestreift, aber nicht weiter vertieft, da es die Kündigung ja letztlich aus einem anderen Grund als unwirksam ansah, nämlich aufgrund des zu geringen Gewichts der dem Chefarzt vorgehaltenen Verfehlungen.
Angesichts der langen Verfahrensdauer fragt sich, warum das BAG den Fall nicht endgültig entschieden hat, sondern stattdessen den EuGH einbezogen hat. Entgegen dem ersten Anschein will sich der Zweite Senat jedenfalls nicht gegen das BVerfG stellen und dazu den EuGH zu Hilfe holen.
Denn das BVerfG hatte in seinem Beschluss einen Hinweis dazu gegeben, dass und wie der Fall letztlich doch zugunsten des Chefarztes entschieden werden könnte, nämlich mit Blick auf das widersprüchliche Verhalten des Arbeitgebers. Denn der hatte ja auf die jahrelange "wilde Ehe" des Klägers trotz Kenntnis (!) nicht reagiert. Da somit ein Urteil pro Chefarzt mit Verweis auf die Treuwidrigkeit der Kündigung verfassungsrechtlich in Ordnung wäre, bräuchte das BAG kein EuGH-Urteil, um erneut pro Chefarzt zu entscheiden.
Folglich ist die EuGH-Vorlage ein Hinweis darauf, dass das BAG dazu tendiert, den Fall gegen den Chefarzt zu entscheiden. Denn nur in diesem Fall muss sich das BAG sicher sein, dass es europarechtlich in Ordnung ist, wenn ein katholischer Krankenhausträger von einem katholischen Chefarzt eine strengere Beachtung der katholischen Moralvorstellungen verlangt als von einem nicht-katholischen Chefarzt.
Fazit: Es ist den Parteien zu wünschen, dass sie nach so langer Verfahrensdauer doch noch zu einem Vergleich finden. Damit würden sie dem EuGH und dem BAG den Fall entziehen. Juristisch ist das Thema "Kündigung wegen Wiederverheiratung" für die katholische Kirche und ihre Arbeitnehmer ohnehin nicht mehr wichtig.
Denn eine kirchenrechtlich unzulässige erneute Heirat kann gemäß der 2015 reformierten Grundordnung des kirchlichen Dienstes nur noch bei verkündigungsnahen Arbeitnehmern eine Kündigung nach sich ziehen (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 15/141 Reform der Grundordnung für den kirchlichen Dienst). Das sind pastoral oder katechetisch tätige Arbeitnehmer sowie Mitarbeiter, die die missio canonica oder eine vergleichbare bischöfliche Beauftragung besitzen.
Den jetzt beim EuGH liegenden Kündigungsstreit hätte es nach der reformierten Grundordnung gar nicht gegeben, d.h. der Krankenhausträger hätte nach der reformierten Grundordnung gar nicht kündigen dürfen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2016, 2 AZR 746/14 (A) (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.07.2016, 2 AZR 746/14 (A)
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.10.2014, 2 BvR 661/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, 2 AZR 543/10
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2010, 5 Sa 996/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)
- Handbuch Arbeitsrecht: Chefarzt
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Religion oder Weltanschauung
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/049 BAG setzt Chefarzt-Urteil des EuGH um
- Arbeitsrecht aktuell: 18/262 Kirchen dürfen von Bewerbern keine Religionszugehörigkeit verlangen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/181 Gesteigerte Loyalitätspflichten christlicher Führungskräfte christlicher Arbeitgeber?
- Arbeitsrecht aktuell: 15/141 Reform der Grundordnung für den kirchlichen Dienst
- Arbeitsrecht aktuell: 14/388 Kündigung durch kirchliche Arbeitgeber aus sittlich-moralischen Gründen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/182 Außerordentliche Kündigung und Zweiwochenfrist
- Arbeitsrecht aktuell: 13/359 Kündigung wegen Ehebruchs
- Arbeitsrecht aktuell: 13/122 Kündigung nach Kirchenaustritt
- Arbeitsrecht aktuell: 12/235 Kündigung einer lesbischen Erzieherin
- Arbeitsrecht aktuell: 11/177 Kündigung eines Chefarztes wegen Wiederverheiratung?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/205 Zweite Heirat als Kündigungsgrund?
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Veröffentlichung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Den vollständig begründeten Beschluss des BAG finden Sie hier:
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Veröffentlichung dieses Artikels, hat sich der Generalanwalt beim EuGH Wathelet mit dem Fall befasst und seine Schlussanträge veröffentlicht. Eine Bewertung der Schlussanträge finden Sie hier:
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat der EuGH in dieser Sache entschieden und ist den Anträgen des Generalanwalts gefolgt. Das EuGH-Urteil und eine kurze Bewertung finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 09.11.2018, C-68/17
- Arbeitsrecht aktuell: 18/224 EuGH entscheidet im Düsseldorfer Chefarzt-Fall gegen die Caritas
Letzte Überarbeitung: 3. August 2020
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