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Nachweis der Arbeitsleistung vor Gericht
29.05.2019. Lohnklagen sollten keine allzu große arbeitsrechtliche Herausforderung darstellen. Es sollte für den klagenden Arbeitnehmer im Prinzip genügen zu sagen, für welche Zeiträume er welchen (Brutto-)Arbeitslohn haben möchte.
Nach der Rechtsprechung des Fünften BAG-Senats ist es aber erforderlich, Angaben zu den erbrachten Arbeitsleistungen zu machen.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eine vom BAG abweichende Position vertreten. Nach Ansicht des LAG liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, d.h. er muss ggf. nachweisen, dass der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat: LAG Köln, Urteil vom 14.03.2019,6 Sa 449/18.
- Gehört der Nachweis der Arbeitsleistung zum notwendigen Sachvortrag des Arbeitnehmers bei einer Lohnklage?
- Der Kölner Streitfall: IT-Firma zahlt ohne klare Begründung den letzten Monatslohn nicht
- LAG Köln: Klagt der Arbeitnehmer ein Festgehalt ein und wendet der Arbeitgeber die Nichterfüllung der Arbeitsleistung ein, trägt er dafür die Beweislast
Gehört der Nachweis der Arbeitsleistung zum notwendigen Sachvortrag des Arbeitnehmers bei einer Lohnklage?
Gemäß § 275 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der Anspruch auf eine vertraglich vereinbarte Leistung (wie z.B. die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers) ausgeschlossen, soweit diese Leistung für den Schuldner (den Arbeitnehmer) oder für jedermann unmöglich ist.
Da Arbeitnehmer zur regelmäßigen (täglichen, wöchentlichen oder monatlichen) Arbeitsleistung verpflichtet sind, wird die Arbeitsleistung allein durch Zeitablauf unmöglich, wenn der Arbeitnehmer zu den vertraglich vereinbarten Zeiten nicht arbeitet (Fixschuldcharakter der Arbeit). Eine Pflicht zur Nachleistung nicht erbrachter Arbeit besteht daher im Allgemeinen nicht. Erscheint der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit oder ist er zwar im Betrieb, bleibt dort aber (trotz ausreichender Arbeitsaufgaben) untätig, wird die Arbeitsleistung unmöglich.
In solchen Fällen ist der Arbeitgeber von seiner Pflicht zur Gegenleistung gemäß § 326 Abs.1 Satz 1 BGB befreit, d.h. der Anspruch auf Lohn und Gehalt entfällt. Das besagt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn.“ Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur in gesetzlich oder vertraglich festgelegten Fällen. Die wichtigsten Ausnahmefälle sind die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und der bezahlte Erholungsurlaub.
Nach der gesetzlichen Systematik liegt es nahe, dem Arbeitgeber bei einer Lohnklage die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzuerlegen, dass der Arbeitnehmer (angeblich) nicht gearbeitet hat. Denn der Wegfall der Lohnzahlungspflicht gemäß § 326 Abs.1 Satz 1 BGB bzw. gemäß dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn.“ ist eine für den Arbeitgeber günstige Einwendung.
Das heißt für den klagenden Arbeitnehmer: Für die Schlüssigkeit seiner Lohnklage genügt der Vortrag, dass für einen bestimmten Monat oder anderen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis und damit eine arbeitsvertragliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers bestand.
Abweichend von dieser gesetzlichen Systematik hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) allerdings vor einigen Jahren entschieden, dass der Arbeitnehmer seine Darlegungslast bei einer Lohnklage nur dann erfüllt, wenn er neben dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auch vorträgt, im streitigen Zeitraum gearbeitet zu haben (BAG, Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 347/11). In dieser Entscheidung heißt es (Rn.26):
„Verlangt der Arbeitnehmer gem. § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt (zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs.1, § 3 Abs.1 EntgeltFG, § 37 Abs.2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit in der Regel vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden (…).“
In dem hier vom BAG entschiedenen Fall ging es um die Bezahlung von Überstunden und damit um eine spezielle Lohnklage. In solchen Fällen (Überstunden) und bei der Vereinbarung einer stundenweisen Bezahlung (je nach wöchentlichen/monatlichen Arbeitsstunden) passt die Ansicht des BAG ganz gut.
Weniger überzeugend ist die Ansicht des Fünften BAG-Senats bei „normalen“ Lohnklagen, bei denen der klagende Arbeitnehmer ein verstetigtes Monatsgehalt einklagt. Denn hier ergibt sich die gleichbleibende Höhe des Lohns bzw. Gehalts bereits unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, d.h. auf die Arbeitsleistung in einem bestimmten Monat kommt es zunächst einmal weder rechtlich noch rechnerisch an.
In solchen Fällen wäre es unangemessen, wenn sich der Arbeitgeber vor Gericht darauf zurückziehen könnte, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistungen vortragen müsse.
Trotzdem verlangt das BAG vom Arbeitnehmer einen solchen Vortrag, jedenfalls im Prinzip.
Der Kölner Streitfall: IT-Firma zahlt ohne klare Begründung den letzten Monatslohn nicht
Im Streitfall hatte ein IT-Techniker seinen Arbeitgeber, eine kleine IT-Firma ohne eigene Betriebsstätte, auf rückständigen Arbeitslohn für den Monat Februar 2018 verklagt. Im Streit waren etwas mehr als 3.000,00 EUR brutto. Das Arbeitsverhältnis endete zu Ende Februar.
Zwischen den Parteien war vereinbart, dass der Kläger seine Arbeitsleistung grundsätzlich von seiner Wohnung aus erbringen und gegebenenfalls einzelne Außeneinsätze bei Kunden vornehmen sollte. Ein System der Arbeitszeiterfassung gab es im Betrieb des Arbeitgebers nicht.
Der Arbeitgeber behauptete, der Arbeitnehmer hätte im Februar 2018 nicht mehr ordnungsgemäß gearbeitet, insbesondere sei er bei zwei Kunden nicht erschienen. Der Arbeitnehmer verwies dagegen auf die erteilte Februar-Lohnabrechnung und klagte den darin ausgewiesenen Bruttobetrag ein.
Das Arbeitsgericht Bonn gab dem Arbeitnehmer recht (Urteil vom 24.05.2018, 3 Ca 620/18).
LAG Köln: Klagt der Arbeitnehmer ein Festgehalt ein und wendet der Arbeitgeber die Nichterfüllung der Arbeitsleistung ein, trägt er dafür die Beweislast
Auch in der Berufung vor dem LAG Köln hatte der Arbeitgeber kein Glück. Das LAG wies seine Berufung zurück.
Zur Begründung meint das LAG, dass Arbeitnehmer - entgegen der Ansicht des Fünften BAG-Senats - nicht dazu verpflichtet sind, im Rahmen einer Lohnklage von sich aus Angaben zu den erbrachten Arbeitsleistungen zu machen. Vielmehr hätte der Arbeitgeber hier im Streitfall darlegen und beweisen müssen, dass der klagende Arbeitnehmer im streitigen Monat Februar 2018 nicht gearbeitet hatte. Diesen Beweis hatte der Arbeitgeber nicht angeboten.
Hierzu heißt es in den Urteilsgründen (Rn.28):
„Die vom 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers im Entgeltprozess sind bei Fällen, in denen die Parteien ein verstetigtes Monatsbruttoeinkommen bei einer definierten regelmäßigen Arbeitszeit vereinbart haben, wenig überzeugend. Denn die Nichterfüllung der Arbeitspflicht ist gemäß § 275 Abs.1 BGB eine Einwendung, also eine Leistungsstörung, die gemäß § 326 Abs.1 BGB zum Wegfall des Anspruchs auf die Gegenleistung führt. Üblicherweise hat derjenige, der Rechte aus Tatsachen herleitet, die eine Einwendung begründen können, die Darlegungs- und Beweislast für diese Tatsachen zu tragen. Das gilt auch für denjenigen, der Rechte aus § 326 Abs.1 BGB geltend macht mit dem Vortrag, die Leistung des Schuldners sei unmöglich geworden (…). Das wäre hier also der Arbeitgeber, der die Tatsache darzulegen und zu beweisen hätte, dass die geschuldete Regelarbeitszeit nicht erbracht worden ist.“
Vorsichtshalber stützt sich das LAG Köln ergänzend bzw. hilfsweise auf die Vorgaben des Fünften BAG-Senats, die hier im Streitfall zum selben Ergebnis kommen (so jedenfalls das LAG Köln). Denn da es im Betrieb der Beklagten IT-Firma keine Arbeitszeiterfassung gab, und weil der Arbeitnehmer berechtigt und verpflichtet war, von seinem Home-Office aus zu arbeiten, genügte hier die allgemeine Behauptung des Klägers, er habe im Februar seine Arbeitsleistung vollständig erbracht.
„An diesen Grundsätzen gemessen, ist der pauschale Vortrag des Klägers, er habe im Februar 2018 vertragsgemäß von Zuhause aus gearbeitet, Kunden telefonisch betreut und Termine wahrgenommen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, ausreichend substantiiert.“ (Urteil, Rn.32)
Fazit: Das Urteil des LAG Köln überzeugt im Ergebnis und in seiner Begründung. Wer ein monatliches Festgehalt für bestimmte Zeiträume einklagt, wird durch die Beweislastregeln des Fünften BAG-Senats in unangemessener Weise belastet.
Oft vergehen nämlich zwischen den Zeiträumen, für die der Arbeitnehmer Lohn bzw. Gehalt einklagt, und einem arbeitsgerichtlichen Prozess Monate oder gar Jahre, so dass es dem Arbeitnehmer oft nicht möglich ist konkret zu sagen, an welchen Tagen er bei der Arbeit war (geschweige denn, welche Arbeiten er verrichtet hat).
In einer solchen prozessualen Situation ist die „gestufte Darlegungslast“ des BAG nur die zweitbeste Lösung. Überzeugender ist die vom LAG Köln vertretene Ansicht, die auch den gesetzlichen Vorschriften des BGB besser entspricht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.03.2019, 6 Sa 449/18
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 347/11
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Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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