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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/237

Be­weis­last für Lohn­zah­lun­gen bei wi­der­sprüch­li­chem Sach­vor­trag des Ar­beit­neh­mers

Bar­geld lacht: Wi­der­sprüch­li­cher Sach­vor­trag wäh­rend ei­ner Lohn­kla­ge ist un­schäd­lich: Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 19.08.2010, 11 Sa 245/10
Hunderteuroscheine Geld hat man zu ha­ben
03.12.2010. Aus Ar­beits­ver­trä­gen, Be­rufs­aus­bil­dungs­ver­trä­gen und / oder Ta­rif­ver­trä­gen er­gibt sich der Lohn­an­spruch des Ar­beit­neh­mers ge­gen sei­nen Ar­beit­ge­ber. Da­her ist es ver­gleichs­wei­se ein­fach, rück­stän­di­ge Löh­ne ein­zu­kla­gen. Im We­sent­li­chen müs­sen zu­nächst ein­mal nur die­se Un­ter­la­gen vor­ge­legt und vor­ge­tra­gen wer­den, dass für be­reits ge­leis­te­te Ar­bei­ten Lohn­an­sprü­che ent­stan­den, fäl­lig ge­wor­den und doch nicht ge­zahlt wor­den.

Der Ar­beit­ge­ber muss dann als Schuld­ner der Lohn­an­sprü­che be­wei­sen, dass er die­se ge­mäß § 362 Abs. 1 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) ord­nungs­ge­mäß er­füllt hat. Das folgt (wie auch der not­wen­di­ge Vor­trag des Ar­beit­neh­mers) aus der all­ge­mei­nen Be­weis­last­re­gel, dass je­der be­wei­sen muss, was für ihn güns­tig ist. "Ord­nungs­ge­mäß er­füllt" be­deu­tet in die­sem Zu­sam­men­hang, dass ge­nau das Rich­ti­ge zum rich­ti­gen Zeit­punkt den rich­ti­gen Schuld­ner in der rich­ti­gen Wei­se zu­ge­gan­gen sein muss. Der Be­weis nur er­bracht, wenn das Ge­richt die vol­le Über­zeu­gung ge­winnt, dass die strei­ti­ge Tat­sa­chen­be­haup­tung (hier al­so die kor­rek­te Lohn­zah­lung) wahr ist (§ 286 ZPO).

In ei­nem kürz­lich vom Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Rhein­land-Pfalz ent­schie­de­nen Fall spiel­te die mit die­sen Re­geln ver­bun­de­ne Ri­si­ko­ver­tei­lung die zen­tra­le Rol­le. Das Ge­richt hat ihr Ge­le­gen­heit, zu der Fra­ge­stel­lung neh­men, ob und in­wie­weit wi­der­sprüch­li­ches oder Zö­gern das Par­tei­vor­brin­gen an der Be­weis­last et­was än­dern kann.

Ein Aus­zu­bil­den­der im Aus­bil­dungs­be­ruf des Kfz.Ser­vice­me­cha­ni­kers hat­te nach zwei Aus­bil­dungs­jah­ren be­strit­ten, in die­ser Zeit Zah­lun­gen bzw. sei­ne Aus­bil­dungs­ver­gü­tung er­hal­ten zu ha­ben. Im Lau­fe des von ihm ein­ge­lei­te­ten Zah­lungs­pro­zes­ses stell­te sich her­aus, dass die Steu­ern und So­zi­al­ab­ga­ben vom be­klag­ten Aus­bil­der ord­nungs­ge­mäß ent­rich­tet wur­den. Für die Zah­lung selbst führ­te er drei Zeu­gen ins Feld. Die­se konn­ten zwar an­ge­ben, dass das ist zwar tat­säch­lich Bar­zah­lun­gen gab. Sie konn­ten aber nichts da­zu sa­gen, wie oft, wann ge­nau und des­halb ist da­zu kam. In die­sem Zu­sam­men­hang gab der Klä­ger an, die Zah­lung hät­ten Zi­ga­ret­ten­geld und Rei­ni­gungs­geld, aber nicht den Ar­beits­lohn be­trof­fen.

Der Ar­beit­ge­ber mein­te, in die­sem ver­än­der­ten Sach­vor­trag ein Wi­der­spruch zu er­ken­nen. Im­mer­hin ha­be der kla­gen­de Ar­beit­neh­mer ur­sprüng­lich be­haup­tet, über­haupt kei­ne Zah­lung er­hal­ten zu ha­ben. Er ar­gu­men­tier­te, des­halb und un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de müs­se hier aus­nahms­wei­se der Ar­beit­neh­mer die Be­weis­last tra­gen.

Da­mit fand er we­der vor dem Ar­beits­ge­richt Ko­blenz (Ur­teil vom 11.03.2010, 10 Ca 1821/08) noch im Rah­men sei­ner Be­ru­fung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt Rhein­land-Pfalz (Ur­teil vom 19.08.2010, 11 Sa 245/10) Ge­hör. Bei­de Ge­rich­te mein­ten, die Zeu­gen­aus­sa­gen sei­en un­er­gie­big ge­we­sen, da kei­ner der Zeu­gen die voll­stän­di­ge Leis­tung der um­strit­te­nen Aus­bil­dungs­ver­gü­tun­gen be­ob­ach­tet hat oder aber be­kun­den hät­te kön­nen, dass Aus­bil­dungs­ver­gü­tung in be­stimm­ter Hö­he tat­säch­lich ge­leis­tet wor­den ist. Bei den von ihm be­ob­ach­te­ten Zah­lun­gen konn­ten sie nicht be­stä­ti­gen, dass die­se sich auf die streit­ge­gen­ständ­li­che For­de­rung be­zo­gen. Der Ar­beit­ge­ber ha­be sei­ne Be­weis­last da­mit nicht er­füllt. Ei­ne Um­kehr die­ser Last sei auch nicht an­ge­zeigt. Das zu­erst nur zur Aus­bil­dungs­ver­gü­tung und dann zum Zi­ga­ret­ten­geld vor­ge­tra­gen wur­de, sei kein ech­ter Wi­der­spruch, son­dern al­len­falls ver­zö­ger­tes Par­tei­vor­brin­gen. Aber selbst ein ech­ter Wi­der­spruch hät­te an die­sem Er­geb­nis nichts ge­än­dert, so das LAG.

Die Ent­schei­dung ist rechts­kräf­tig.

Fa­zit: Die Ent­schei­dung zeigt sehr an­schau­lich, war­um in der un­ter­neh­me­ri­schen Pra­xis der Grund­satz "kei­ne Zah­lung oh­ne Quit­tung" herrscht. Auf die­se ha­ben üb­ri­gens Schuld­ner, die ih­re Leis­tun­gen er­brin­gen, ge­mäß § 368 BGB ei­nen Rechts­an­spruch. Ar­beit­neh­mer müs­sen al­so auf Ver­lan­gen Ih­rem Ar­beit­ge­ber den Lohn­emp­fang quit­tie­ren. Da­bei soll­ten Sie dar­auf ach­ten, dass sie tat­säch­lich nur den Er­halt ei­ner be­stimm­ten Sum­me Geld be­stä­ti­gen und nicht auch noch zu­gleich, dass da­mit "al­le An­sprü­che er­le­digt" oder auf Ein­wen­dun­gen ver­zich­tet wird. Denn denn dann hät­te der Ar­beit­neh­mer mehr ge­ge­ben, als er muss, näm­lich statt ei­ner blo­ßen Quit­tung je nach Fall­ge­stal­tung bei­spiels­wei­se ein ne­ga­ti­ves Schuld­an­er­kennt­nis, ei­nen ein­sei­ti­gen Ver­zicht oder sei­ne Zu­stim­mung zu ei­nem Ver­gleich.

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Letzte Überarbeitung: 3. Juni 2019

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