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LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.08.2010, 11 Sa 245/10
Schlagworte: | Lohnzahlung | |
Gericht: | Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz | |
Aktenzeichen: | 11 Sa 245/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 19.08.2010 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 11.03.2010, 10 Ca 1821/08 | |
Aktenzeichen:
11 Sa 245/10
10 Ca 1821/08
ArbG Koblenz
Entscheidung vom 19.08.2010
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.03.2010 - AZ: 10 Ca 1821/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ausbildungsvergütungsansprüche des Klägers.
Der Beklagte ist Inhaber einer Kfz-Reparaturwerkstatt. Der 1966 geborene Kläger war mit Wirkung ab 01.09.2006 Auszubildender im Ausbildungsberuf des Kfz-Servicemechanikers in dem Betrieb des Beklagten. In dem schriftlichen Berufsausbildungsvertrag vom 28.08.2006 (Bl. 4 d. A.) war u. a. eine Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr von 377,60 € brutto und im zweiten Ausbildungsjahr von 400,80 € brutto monatlich vereinbart. Der Kläger nahm im Juli 2008 ohne Erfolg an der Abschlussprüfung teil. Nach Ende Juni 2008 erschien er nicht mehr zur Ausbildung. Im vorliegenden Rechtstreit nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung der Ausbildungsvergütung für den gesamten Zeitraum des zwischen ihnen bestehenden Ausbildungsverhältnisses in Anspruch.
Der Kläger hat vorgetragen, trotz wiederholter Aufforderung an den Beklagten habe dieser keinen Lohn gezahlt. Wegen des streitigen Parteivorbringens des Klägers in erster Instanz wird im übrigen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.03.2010 (Bl. 305 f. d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 8.539,20 € brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2008;
den Beklagten zu verurteilen, an ihn für Juli 2008 weitere 480,00 € brutto als Ausbildungsvergütung nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des erstinstanzlichen streitigen Sachvortrages des Beklagten wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.03.2010 (Bl. 306 d.A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat Beweis erhoben über die Behauptung des Beklagten zur Zahlung der Ausbildungsvergütung an den Kläger für die Monate September 2006 bis Juni 2008 durch Vernehmung der Zeugen A., K. und Ak.. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der Sitzungsprotokolle vom 27.08.2009 (Bl. 229 ff. d. A.) und vom 11.03.2010 (Bl. 295 ff. d. A.) Bezug genommen. Weiterhin hat das Arbeitsgericht Koblenz eine schriftliche Auskunft der T. Krankenkasse eingeholt (Bl. 204 d. A.).
Mit Urteil vom 11.03.2010 hat es der Zahlungsklage in Höhe von 8.539,20 € brutto abzüglich 2.807,76 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 22.07.2008 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Diese Entscheidung hat es zusammengefasst im Wesentlichen damit begründet, die Zahlungsklage sei teilweise, nämlich wegen der für die Monate September 2006 bis Juni 2008 verfolgten Nettovergütungsansprüche, begründet und im Übrigen unbegründet. Die Abführung der Lohnsteueranteile habe der Kläger unstreitig werden lassen. Die Auskunft der T. Krankenkasse vom 02.06.2009 belege darüber hinaus die Entrichtung der Beiträge zur Sozialversicherung. Erfolglos bleibe die Klage schließlich wegen des vom Kläger zuletzt auch geltend gemachten Zahlungsanspruchs für Juli 2008, da der Kläger für die von ihm erhobene Behauptung, er habe in diesem Monat von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht, keinen Beweis angetreten habe. Demgegenüber habe der Kläger Anspruch auf Zahlung der Nettoverdienste für den Zeitraum September 2006 bis Juni 2008 in Höhe der Differenz zwischen den erteilten und vom Kläger hingenommenen Abrechnungen mit dem Gesamtbruttobetrag von 8.539,20 € und dem Gesamtbetrag der steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Abzüge in Höhe von 2.807,76 € nebst Zinsen. Den dem Beklagten obliegenden Beweis der Erfüllung der Nettozahlungsansprüche des Klägers habe der Beklagte nach dem gesamten Ergebnis der Beweisaufnahme nicht geführt. Auch angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Erklärung beider Parteien sei keine Einschränkung der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten für die von ihm behaupteten Zahlungen durch etwaige Regeln über eine sogenannte sekundäre Darlegungslast gegeben. Eine prozessuale Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung abzulehnen. Einer ihm nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden sekundären Erklärungspflicht sei der Kläger, jedenfalls zuletzt, nachgekommen. Dem Beklagten werde auch keineswegs zugemutet, Umstände beweisen zu müssen, die seinem eigenen Einblick und Wahrnehmungsbereich entzogen seien. Keiner der vom Beklagten benannten Zeugen A., K., Ak. habe das Gericht von der Wahrheit des Vortrags des Beklagten zur Zahlung der Nettovergütung an den Kläger überzeugen können. Insbesondere habe der Zeuge A. in keinem einzigen Fall eine hinreichend bestimmte Aussage dazu machen können, weshalb denn nun eine konkrete Auszahlung und in welcher Höhe an den Kläger erfolgt sei. Nach seiner Aussage verbleibe es bei der Möglichkeit, dass der Kläger ohne eigens darüber erteilte Abrechnungen zusätzliche Arbeiten z. B. an Samstagen vergütet erhalten habe, wogegen die Parteien auch einer Absprache genügt haben könnten, wonach der Kläger zwar ausgebildet werde, aber keine Nettoausbildungsvergütung erhalten sollte. Auch der Zeuge K. habe Zahlungen an den Kläger zwar ausdrücklich bestätigt, gleichzeitig aber eingeräumt, er wisse nicht genau, wofür vom Beklagten Gelder an den Kläger gezahlt worden seien. Nach seiner Aussage bleibe nicht nur offen, in welcher Höhe diese Zahlungen geleistet wurden, sondern auch, weshalb es tatsächlich zur Zahlung gekommen sei und ob es sich dabei um die vom Beklagten abgerechnete Nettovergütung des Klägers gehandelt haben könne, da auch dieser Zeuge eine Abrede zur Nichtzahlung der Auszahlungsvergütung bestätigt habe. Ein anderes Ergebnis der Beweisaufnahme ergebe sich auch nicht nach der Vernehmung des Zeugen Ak., da auch dieser Zeuge nichts dazu sagen konnte, wie oft, wann genau und weshalb es zu Barzahlungen an den Kläger gekommen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 307 ff. d. A.) verwiesen.
Das Urteil vom 11.03.2010 ist dem Beklagten am 23.04.2010 zugestellt worden. Hiergegen hat er am 14.05.2010 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 23.06.2010, am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte den erstinstanzlichen Abweisungsantrag weiter und begründet dies nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 22.06.2010 (Bl. 350 ff. d. A.) im Wesentlichen damit, der Kläger habe erstinstanzlich zunächst erklärt, er habe niemals Zahlungen erhalten und zwar für überhaupt keine Forderung. Erst nachdem die Zeugen entsprechende Aussagen getätigt hätten, habe er nach und nach, sozusagen "scheibchenweise" eingeräumt, doch Barzahlungen erhalten zu haben. Er habe sodann lediglich bestritten, dass diese für Gehaltszahlungen gezahlt worden seien. Diese seien auf andere Forderungen geleistet worden. Insoweit werde der Kläger durch die Zeugenaussagen widerlegt. Diese hätten erklärt, dass dies nicht zutreffe und die Zahlungen zum Teil auf das Nettogehalt gezahlt worden seien. Deshalb sei im vorliegenden Fall zumindest von einer Beweislastumkehr auszugehen. Die Angaben des Beklagten, dass er die Zahlungen vollständig geleistet habe, seien vom Kläger nicht widerlegt worden.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt er nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 27.07.2010 (Bl. 380 ff. d. A.) im Wesentlichen vor, es sei nicht zutreffend, dass der Kläger sich stets dahingehend geäußert habe, dass er zu keinem Zeitpunkt Geld- oder Lohnzahlungen von der Beklagten erhalten habe und dies auf Nachfrage betont haben solle. Entsprechend seiner am 11.03.2010 protokollierten Aussage habe der Kläger vielmehr angegeben, dass er vielleicht alle zwei bis vier Wochen einmal 20,00 €, aber nicht mehr, erhalten habe, damit er sich seine Klamotten waschen konnte. Auch habe er sich dahingehend eingelassen, dass er selten in Ausnahmefällen Bargeld erhalten habe, damit er sich am Automaten Zigaretten ziehen konnte. Der Kläger habe nicht "scheibchenweise" etwas eingestanden. Mit den früheren Einlassungen des Klägers sei vielmehr der
Streitgegenstand, die unterlassenen Lohnzahlungen, gemeint gewesen. Soweit in der Vorinstanz Zahlungen zugestanden worden seien, handele es sich lediglich um Zigarettengeld etc., nicht um Lohnzahlungen. Der Kläger tritt einer Beweislastumkehr entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die Schriftsätze sowie die Niederschrift des Sitzungsprotokolls verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist statthaft, sie ist auch frist- und formgerecht eingelegt worden.
Insbesondere wahrt der fristgerecht eingelegte Berufungsschriftsatz vom 14.05.2010 die gesetzliche Form gemäß §§ 519, 130 ZPO, da aufgrund der eingeholten Auskunft in der Verhandlung vor der Berufungskammer am 19.08.2010 feststeht, dass einer der Sozien der Rechtsanwaltskanzlei S. pp. den Schriftsatz unterzeichnet und damit verantwortet hat. Die Übereinstimmung mit einer bereits früher im Verfahren vorliegenden Unterschrift auf einem Terminsverlegungsgesuch vom 02.10.2008 und mutmaßlich auch auf dem Schriftsatz vom 10.12.2008 (Bl. 32, 55 d. A.) hat die Kammer feststellen können.
Die danach insgesamt zulässige Berufung ist jedoch erfolglos.
II. Die Berufung hat keinen Erfolg, da der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Ausbildungsvergütung, wie beantragt, hat. Die Erfüllung der nach Grund und Höhe unstreitigen Forderung hat der Beklagte nicht bewiesen. Die Berufungskammer schließt sich in der Begründung wie auch im Ergebnis voll umfänglich der Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz an und stellt dies hiermit ausdrücklich fest.
Die Berufung gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
Nach Grund und Höhe unstreitig ist der Anspruch auf Ausbildungsvergütung für den in der Berufungsinstanz noch streitgegenständlichen Zeitraum September 2006 bis Juni 2008 entstanden, §§ 17 BBiG, 611 BGB.
Demgegenüber hat der Beklagte nicht bewiesen, dass diese Ansprüche durch Erfüllung voll oder auch nur in bestimmter Höhe teilweise erloschen sind, § 362 Abs. 1 BGB.
1. Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der Arbeitslohnforderung wie auch der Ausbildungsvergütung trifft den Schuldner dieser Forderung. Die Beweislastverteilung ist Ausdruck des Leistungsrisikos und entspricht allgemeinen beweisrechtlichen Erwägungen. Bei der Erfüllung handelt es sich um einen für den Schuldner, also den Beklagten, günstigen Tatbestand, aus dem er Rechte herleiten will. Dabei gilt die Beweislast des Schuldners nicht nur für die Leistung selbst sondern auch dafür, dass die Leistung vollständig war (zur grundsätzlichen Beweislast BAG v. 25.02.1981 - 5 AZR 1090/78 - zu II., 1. der Gründe, zitiert nach JURIS, vgl. BGH v. 17.01.2007 - VIII ZR 135/04 - BB 2007, 736 ff., LAG Hamm v. 29.08.2006 - 9 Sa 2273/05 - zitiert nach JURIS).
Eine Beweislastumkehr gegen diesen Grundsatz kommt auch nicht wegen Widersprüchen im Sachvortrag der klägerischen Partei in Betracht.
Dabei kann dahinstehen, ob die Einlassung des Klägers in der Berufung schlüssig ist, sein Vortrag, keine Zahlungen erhalten zu haben, habe sich allein auf die streitgegenständlichen Forderungen bezogen und nicht das Bestreiten jeglicher Leistung beinhaltet. Solche Unstimmigkeiten im Sachvortrag können gegebenenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden, sie rechtfertigen aber nicht die Umkehr der Beweislast (BAG v. 18.05.1999 - 9 AZR 444/98 - zitiert nach JURIS).
Die Verteilung der Beweislast regelt grundsätzlich die Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit von streitigen und entscheidungserheblichen Tatsachenbehauptungen geht, etwa wenn das Gericht trotz aller zur Verfügung stehenden Beweismittel keine Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit gewinnen kann. Die grundsätzliche Bestimmung gehört dem materiellen Recht an. Dabei handelt es sich um eine generalisierende Risikozuweisung. Sie kann daher nicht von richterlichem Ermessen oder im Einzelfall gegebenen Wahrscheinlichkeiten abhängig gemacht werden (Zöller/Greger, 28.Aufl., vor § 284 ZPO Rz. 17 m.w.N.). Vielmehr gibt der Gesetzgeber die Beweislastverteilung bei der Normsetzung, das heißt der gesetzlichen Regelung aufgrund von Gerechtigkeitserwägungen vor. Dies erfolgt teilweise ausdrücklich, teilweise durch die Systematik beziehungsweise die ungeschriebene Regel, dass der Anspruchsteller die Beweislast für rechtsbegründende, der Anspruchsgegner für rechtsvernichtende, rechtshinderne und rechtshemmende Tatbestandsmerkmale trägt. Die so bestimmten Beweislastregeln sind weder von der Parteirolle noch vom Parteiverhalten abhängig (Zöller/Greger a.a.O.).
Damit verbleibt es bei den eingangs genannten Grundsätzen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Erfüllungseinwandes gemäß § 362 Abs. 1 BGB.
2. Mit der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz ist die Berufungskammer gemäß § 286 ZPO nicht davon überzeugt, dass die streitigen Zahlungen an den Kläger tatsächlich in voller Höhe oder aber in bestimmter Teilhöhe geleistet worden sind.
Zunächst ist festzuhalten, dass auch nach dem unter Anwendung des Grundsatzes des sogenannten "überholten Parteivorbringens" im Zivilprozess zugrunde zu legenden letzten Sachvortrags des Klägers keinerlei Teilerfüllung unstreitig gestellt worden ist, da der Kläger nur die Leistung kleinerer Beträge zugestanden hat, die nicht der Erfüllung der streitgegenständlichen Forderung gedient hätten, sondern zur Kleidungswäsche oder damit er am Automaten Zigaretten ziehen konnte. Darüber hinaus habe er vom Beklagten Geld erhalten, damit Teile gekauft werden konnten, sodass hier von reinem Auslagenersatz auszugehen wäre.
Demgegenüber hat der Beklagte den Beweis, er habe die streitgegenständlichen Nettoausbildungsvergütungen in bar gezahlt, nicht geführt.
In zweiter Instanz ist gemäß § 529 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO die Tatsachenfeststellung des Gerichts des ersten Rechtszuges zugrunde zu legen. Eine eigene Tatsachenfeststellung war angesichts der nicht angegriffenen Feststellungen und Beweiswürdigungen des Arbeitsgerichts Koblenz weder veranlasst noch zulässig.
Das Ausgangsgericht hat sich vielmehr ausführlich mit den protokollierten Aussagen der einzelnen Zeugen auseinandergesetzt. Danach waren die Zeugenaussagen bereits nicht ergiebig, da keiner der Zeugen die vollständige Leistung der streitgegenständlichen Ausbildungsvergütungen beobachtet hat, noch aber bekunden konnte, dass Ausbildungsvergütung in bestimmter Höhe tatsächlich geleistet worden ist. Soweit die Zeugen Zahlungen tatsächlich beobachtet haben, konnten sie vielmehr nicht bestätigen, dass diese sich auf die streitgegenständliche Forderung bezogen. Auf die ausführliche Würdigung der einzelnen Zeugenaussagen im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11.03.2010 (Bl. 311 f. d. A.) wird verwiesen.
Soweit in der Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO auch das gesamte prozessuale Verhalten der Parteien Berücksichtigung findet, rechtfertigt dies insgesamt nicht die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache. Der von der Beklagten vorgebrachte Widerspruch im Sachvortrag des Klägers ist zunächst so nicht aktenkundig, vielmehr hatte der Kläger in der Klageschrift vorgetragen: "Trotz wiederholter Aufforderung an den Dienstherrn (Beklagten), zahlte dieser keinen Lohn." Soweit der Kläger zuletzt vorgetragen und in seiner Anhörung bekundet hatte, er habe Zahlungen für Kleiderwäsche und Zigaretten sowie für Teile, nicht aber auf die Ausbildungsvergütungsforderung, erhalten, so liegt hierin kein echter Widerspruch, sondern allenfalls zögerndes Parteivorbringen. Aber selbst ein Widerspruch wäre nicht geeignet, die für den Erfüllungseinwand erforderliche Überzeugung des Gerichtes zu begründen. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist zu bedenken, dass die Vorschrift des § 286 ZPO nicht nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür verlangt, dass eine zu beweisende Tatsache zutrifft. Nicht einmal eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ist ausreichend. Das Gericht muss nach den Maßstäben des § 286 ZPO vielmehr die volle Überzeugung davon gewinnen, dass eine streitige Tatsachenbehauptung wahr ist. Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit reicht dabei für das Bewiesensein nicht aus: Ein bloßes Glauben, Wähnen oder für Wahrscheinlich halten berechtigt nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals. Andererseits ist mehr als die subjektive Überzeugung nicht gefordert. Eine absolute Gewissheit ist nicht erforderlich. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine persönliche Gewissheit des Gerichts, welche Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 286 ZPO RZ 18, 19 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben konnte auch die Berufungskammer die erforderliche Überzeugung nicht gewinnen. Vielmehr ist in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht Koblenz festzustellen, dass auch nach Durchführung der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen offen bleibt, in welcher Höhe überhaupt Zahlungen geleistet wurden und ob es sich um Erfüllungsleistungen auf die streitgegenständlichen Forderungen handelte oder um die Vergütung von zusätzlichen, nicht abgerechneten Leistungen. Letzteres würde das prozessuale Verhalten beider Parteien (zögerliche Angaben des Klägers zu erhaltenen Leistungen; Vernichtung des Büchleins, in dem alle Leistungen vermerkt worden sein sollen, jedenfalls für das Jahr 2008 noch während des laufenden Rechtsstreits durch den Beklagten) wegen des beiderseitigen Interesses der Verheimlichung erklären. Damit bleibt der Erfüllungseinwand unaufgeklärt und die Entscheidung folgt der materiellen Beweislast.
Danach hatte es bei der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der Hauptforderung nebst Verzugszinsen (§ 288, 286 BGB) in der Berufung zu verbleiben.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren dem unterliegenden Berufungskläger aufzuerlegen, §§ 91, 97 ZPO.
Die Revisionszulassung war nicht veranlasst, da keiner der gesetzlichen Gründe gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG gegeben ist.
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