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Spätehenklauseln in der betrieblichen Altersversorgung
16.10.2013. Ob der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung anbietet oder nicht, kann er frei entscheiden.
Daher kann er auch den Umfang seiner Leistungen nach seinem Ermessen festlegen, also z.B. entscheiden, ob er neben Altersrenten auch weitere Leistungen wie Invaliditätsrenten oder Hinterbliebenenrenten ("Witwenrenten") anbietet oder nicht.
Steht aber einmal ein Betriebsrentensystem, muss es rechtlich korrekt sein, d.h. es darf kein Arbeitnehmer bei der Betriebsrente diskriminiert werden oder unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter als vergleichbare Kollegen gestellt werden.
Mit einem Urteil vom gestrigen Tage hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung bestätigt, der zufolge Spätehenklauseln rechtens sind. Das sind Klauseln, denen zufolge solche Ehepartner von Hinterbliebenenrenten ausgeschlossen werden, die den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer erst nach dessen Berentung ("spät") geheiratet haben: BAG, Urteil vom 15.10.2013, 3 AZR 294/11.
- Können Ehepartner von Arbeitnehmern von Hinterbliebenenrenten ausgeschlossen werden, wenn die Ehe erst nach Berentung des Arbeitnehmers eingegangen wurde?
- Der Streitfall: Arbeitnehmer lässt sich kurz vor Berentung scheiden, heiratet eine andere Partnerin und heiratet nach erneuter Scheidung seine Exfrau ein zweites Mal
- BAG: Spätehenklauseln in Versorgungsordnungen verstoßen nicht gegen den Schutz der Ehe und sind nicht diskriminierend
Können Ehepartner von Arbeitnehmern von Hinterbliebenenrenten ausgeschlossen werden, wenn die Ehe erst nach Berentung des Arbeitnehmers eingegangen wurde?
Wer auf seine alten Tage noch einmal heiratet, möglicherweise einen deutlich jüngeren Partner, kann den Gedanken schlecht verscheuchen, dass die Ehe voraussichtlich nicht Jahrzehnte lang bestehen wird. Wichtig ist daher die finanzielle Absicherung des frisch angeheirateten Partners für den Fall, dass der alte Ehepartner verstirbt.
Hier kommen Hinterbliebenenrenten ins Spiel: Wer eine Altersrente beanspruchen kann, hat damit im Falle seines Todes oft auch seinen hinterbliebenen Partner abgesichert, vorausgesetzt natürlich, es besteht eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft.
Für denjenigen, der solche Hinterbliebenenrenten zahlen muss, sind spät eingegangene Ehen ein Graus. Denn wer mit 70 Jahren eine 25-Jährige heiratet und kurz darauf stirbt, lässt die Rentenkasse bluten, denn diese müsste an die junge Witwe auf Jahrzehnte hin eine Witwenrente zahlen. Witwen- bzw. Witwerrenten sind aber auf der Grundlage des "Normalfalls" kalkuliert, und im "Normalfall" sind Rentenberechtigter und Hinterbliebener ungefähr gleich alt.
Daher sehen Versorgungsordnungen, die die Einzelheiten einer betrieblichen Altersversorgung regeln, in den meisten Fällen vor, dass Hinterbliebenenrenten nicht bei "Spätehen" gezahlt werden: Wer seinen Partner erst nach Eintritt in den Ruhestand ("spät") heiratet, hat diesen gemäß einer solchen Spätehenklausel nicht finanziell abgesichert.
Der finanzielle Sinn solcher Spätehenklauseln ist daher klar, aber sind sie auch rechtens? Dagegen könnte man einwenden, dass sie alten (Ex-)Arbeitnehmern das Heiraten verleiden. Denn während junge Arbeitnehmer bei der Heirat wissen, dass ihr Partner durch eine Hinterbliebenenrente abgesichert ist, haben alte Arbeitnehmer bzw. Betriebsrentner diese Aussicht nicht. Das könnte eine altersbedingte Diskriminierung älterer Menschen und/oder einer Verstoß gegen die Ehefreiheit (Art.6 Abs.1 Grundgesetz - GG) sein.
Und altersbedingte Benachteiligungen von Arbeitnehmern sind verboten, wenn es keine triftigen Sachgründe dafür gibt. Das folgt aus dem Europarecht und aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Der Streitfall: Arbeitnehmer lässt sich kurz vor Berentung scheiden, heiratet eine andere Partnerin und heiratet nach erneuter Scheidung seine Exfrau ein zweites Mal
Das deutsche Familienrecht sieht die Mehrehe (Polygamie) nicht vor, d.h. wer einen Ehepartner hat, muss sich mit diesem begnügen.
Was allerdings geht: Erst den einen heiraten, sich dann scheiden lassen, dann einen anderen heiraten und so fort. Eine solche zeitlich gestreckte, d.h. sukzessive Polygamie ist rechtlich möglich.
In dem vom BAG entschiedenen Streitfall ging es um einen Arbeitnehmer, der zum 01.01.1993 in den Ruhestand trat und sich noch im selben Jahr von seiner langjährigen Ehefrau scheiden ließ. Diese verzichtete auf einen Versorgungsausgleich, d.h. auf Übertragung von Rentenanwartschaften.
Von September 1996 bis August 2003 war der Ex-Arbeitnehmer bzw. Betriebsrentner dann mit einer anderen Frau verheiratet. Einige Jahre später (2008) heiratete er seine ehemalige (erste) Frau erneut.
Die Unterstützungskasse, die ihm Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährte, teilte ihm mit, dass seine neue und alte Ehefrau gemäß der für die Kasse geltenden Versorgungsordnung keinen Anspruch auf eine Witwenrente hätte. Denn nach den Vorschriften der Versorgungsordnung wird einem hinterbliebenen Ehepartner beim Tod eines Betriebsrentners nur dann eine Witwen- bzw. Witwerrente gewährt, wenn die Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalls (= Rentenbeginn, hier der 01.01.1993) geschlossen wurde und bis zum Tode des Rentners fortbestanden hat.
Der Rentner wollte sich damit nicht abfinden und klagte gegen die Unterstützungskasse auf Feststellung, dass sein Betriebsrentenanspruch gemäß der Versorgungsordnung der verklagten Kasse auch eine Witwenrente zugunsten seiner ihn überlebenden Ehefrau umfasst. Schließlich habe seine Ehe während seiner gesamten aktiven Zeit bis zur Berentung bestanden. Erst danach sei sie vorübergehend "unterbrochen" gewesen. Diesen speziellen Fall regele die Versorgungsordnung aber nicht.
Diese Klage wiesen das Arbeitsgericht München (Urteil vom 30.06.2010, 19 Ca 13895/09 ) und das Landesarbeitsgericht (LAG) München ab (LAG München, Urteil vom 01.10.2011, 6 Sa 1078/10) ab.
BAG: Spätehenklauseln in Versorgungsordnungen verstoßen nicht gegen den Schutz der Ehe und sind nicht diskriminierend
Auch das BAG entschied gegen den Betriebsrentner. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Nach der Versorgungsordnung besteht kein Anspruch auf eine Witwenrente, denn seine aktuelle Ehe hatte der Kläger erst nach Eintritt des Versorgungsfalls bzw. nach seiner Berentung geschlossen. Dass er schon während seines Arbeitsverhältnisses in erster Ehe mit seiner jetzigen Ehefrau verheiratet war, ist unerheblich, so das BAG.
Die in der Versorgungsordnung enthaltene Spätehenklausel ist nach Ansicht des BAG auch wirksam. Sie führt weder zu einer Altersdiskriminierung noch verstößt sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch eine "unangemessene Benachteiligung" des Arbeitnehmers im Sinne von § 307 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) konnten die Erfurter Richter nicht erkennen.
Fazit: Man sieht, dass es Spektakel gibt, wenn man sich durcheinander liebt (W. Busch). Hätte der Arbeitnehmer seine Ehe nicht zugunsten einer zwischenzeitlichen anderweitigen Ehe "unterbrochen", hätte seine Frau unzweifelhaft eine Anwartschaft auf eine Witwenrente gehabt.
Im übrigen hatte das BAG bereits im April 2010 entschieden, dass Betriebsrentenzusagen den Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente davon abhängig machen können, dass die Ehe vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geschlossen wurde. Eine solche Spätehenklausel widerspricht weder der Ehefreiheit (Art.6 Abs.1 GG) noch dem Verbot einer Diskriminierung wegen des Alters oder wegen des Geschlechts (BAG, Urteil vom 20.4.2010, 3 AZR 509/08).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.10.2013, 3 AZR 294/11 (Pressemitteilung des BAG)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.4.2010, 3 AZR 509/08
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 01.10.2011, 6 Sa 1078/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Arbeitsrecht aktuell: 19/173 Wirksamkeit von Spätehenklauseln
- Arbeitsrecht aktuell: 18/301 Kürzung von Witwenrenten bei großem Altersunterschied
- Arbeitsrecht aktuell: 18/046 Keine Witwenrente bei zu großem Altersunterschied
- Arbeitsrecht aktuell: 17/167 Betriebsrentenreform 2017 beschlossen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/113 Reine Beitragszusage als Form der betrieblichen Altersversorgung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/216 Witwenrente trotz später Ehe?
- Arbeitsrecht aktuell: 14/360 Betriebsrentenanpassung und Verwirkung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/142 Keine Betriebsrentenanpassung bei der Commerzbank
- Arbeitsrecht aktuell: 13/279 Altersdiskriminierung bei der betrieblichen Altersvorsorge
- Arbeitsrecht aktuell: 12/240 Betriebsrente - Anpassung durch IBM war unzureichend
- Arbeitsrecht aktuell: 09/018 Keine Hinterbliebenenrente für gleichgeschlechtliche Partner?
- Arbeitsrecht aktuell: 09/005 BAG stärkt Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers bei Betriebsrentenzusagen
- Arbeitsrecht aktuell: 08/108 EuGH distanziert sich erneut vom Mangold-Urteil
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 3. August 2020
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