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Betriebsrente - Anpassung durch IBM war unzureichend
21.06.2012. Arbeitgeber sind gemäß § 16 Abs.1 Betriebsrentengesestz (BetrAVG) dazu verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber "nach billigem Ermessen" zu entscheiden. Dabei sind einerseits die Belange der Betriebsrentner, die an einem möglichst vollständigen Inflationsausgleich interessiert sind, und zum anderen die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.
Das sind aber nur vage Eckpunkte, an denen sich Arbeitgeber praktisch kaum orientieren können. Daher nennt § 16 Abs.2 BetrAVG zwei leicht anzuwendende Anpassungsmöglichkeiten, mit denen der Arbeitgeber auf der sicheren Seite steht. Danach "gilt" die Anpassungspflicht als erfüllt, wenn die Betriebsrentenerhöhung "im Prüfungszeitraum" nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder als der Anstieg der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens.
Welche Zeitspanne das Gesetz mit "Prüfungszeitraum" meint, geht aus § 16 Abs.2 BetrAVG nicht eindeutig hervor. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist damit nicht etwa nur der Dreijahreszeitraum gemeint, der der turnusmäßigen Anpassungsprüfung vorausgeht, sondern die gesamte Zeit vom individuellen Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtat. Großunternehmen mit vielen Betriebsrentnern haben daher bei Anwendung von § 16 Abs.2 BetrAVG viele individuell verschiedene Prüfungszeiträume zu berücksichtigen.
An dieser BAG-Rechtsprechung hat ein bekanntes Großunternehmen mit vielen tausend Beschäftigten, nämlich IBM, in den letzten Jahren heftig gerüttelt. Das hatte keinen Erfolg, wie das BAG gestern entschied: BAG, Urteil vom 19.06.2012, 3 AZR 464/11.
- Anpassung der Betriebsrenten entsprechend der Reallohnentwicklung im Unternehmen - welche Jahre zählen?
- BAG: Prüfungszeitraum für die Ermittlung des Anpassungsbedarfs ist die Zeit vom individuellen Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag
Anpassung der Betriebsrenten entsprechend der Reallohnentwicklung im Unternehmen - welche Jahre zählen?
Wird über Betriebsrentenanpassungen gestritten, steht das BAG seit jeher auf der Seite der Betriebsrentner. Ideal wäre daher aus Sicht des BAG ein vollständiger Inflationsausgleich, d.h. ein effektiver Schutz der Betriebsrenten gegen den Kaufkraftverlust. Daher verlangt das BAG vom Arbeitgeber, bei der Anpassung von Betriebsrenten den gesamten Zeitraum vom Rentenbeginn an zu betrachten.
Denn würde man nur die letzten drei Jahre betrachten, könnte folgendes passieren: Der Arbeitgeber könnte in wirtschaftlich schlechten Zeiten eine Anpassung (zurecht) ablehnen und müsste diese "Renten-Nullrunde" später auch bei guter Wirtschaftslage nicht wieder ausgleichen, wenn es immer nur auf die letzten drei Jahre ankäme.
Mit einer solchen nachholenden Anpassung war allerdings der Gesetzgeber nicht einverstanden und nahm 1999 eine folgende klarstellende Regelung in § 16 Abs.4 Satz 1 BetrAVG auf: "Sind laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen (zu Recht unterbliebene Anpassung), ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen." Das heißt, dass rechtmäßige Nullrunden wegen schlechter wirtschaftlicher Lage später nicht ausgeglichen werden müssen, d.h. im Rentenverlauf zu Lasten des Betriebsrentners gehen.
Das BAG hat seine Rechtsprechung dieser Gesetzesänderung angepasst - soweit es eben musste. Aber trotzdem verlangt das BAG von Arbeitgebern weiterhin, bei jeder Rentenanpassung die gesamte Rentenzeit zu berücksichtigen. Das führt dazu, dass Arbeitgeber die Rechtmäßigkeit früherer Nullrunden beweisen müssen. Ob das richtig ist, ist allerdings vor dem Hintergrund von § 16 Abs.4 Satz 1 BetrAVG fraglich.
BAG: Prüfungszeitraum für die Ermittlung des Anpassungsbedarfs ist die Zeit vom individuellen Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag
Der klagende Betriebsrentner war bis Ende 2005 im Konzern der IBM Deutschland beschäftigt und bezieht seit Anfang 2006 eine Betriebsrente. IBM prüft Rentenanpassungen einheitlich für alle Betriebsrentner jeweils zum 1. Juli eines jeden Kalenderjahres. Dabei erhöhte IBM die monatliche Betriebsrente des Klägers zum 01.07.2009 um 2,91 Prozent. Zur Begründung hieß es, in diesem Umfang hätten sich die Nettolöhne sämtlicher Mitarbeiter im IMB-Konzern in Deutschland (mit Ausnahme der sog. Executives) in den Jahren 2006, 2007 und 2008 erhöht.
Der Betriebsrentner war damit nicht einverstanden und klagte auf eine Rentenerhöhung von 6,04 Prozent, denn in dieser Höhe war von seinem Rentenbeginn bis Ende Juni 2009 ein Kaufkraftverlust eingetreten, wie sich aus dem Verbraucherpreisindex für Deutschland ergab. Das Arbeitsgericht München (Urteil vom 22.12.2010, 38 Ca 11541/10) und das Landesarbeitsgericht (LAG) München gaben dem Kläger recht (LAG München, Urteil vom 10.05.2011, 6 Sa 107/11).
Auch vor dem BAG zog IBM vorgestern den Kürzeren. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemitteilung des BAG:
Ob ein Anpassungsbedarf besteht, richtet sich nach dem Kaufkraftverlust seit Rentenbeginn. Begrenzt wird der Anpassungsbedarf gemäß § 16 Abs.2 Nr.1 BetrAVG durch die Nettolohnentwicklung der aktiven Arbeitnehmer. Da diese "reallohnbezogene Obergrenze" ebenso wie der Anpassungsbedarf die Belange der Versorgungsempfänger betrifft, gilt derselbe Prüfungszeitraum, so das BAG. Der Prüfungszeitraum reicht daher immer vom individuellen Rentenbeginn bis zum aktuellen Anpassungsstichtag.
Und hier hatte IBM gepatzt, denn die angebliche Nettolohnerhöhung von 2,91 Prozent bezog sich auf die drei Jahre 2006 bis 2008. Dieser Dreijahreszeitraum war somit kürzer als der individuell für den Kläger maßgebliche Prüfungszeitraum (01.01.2006 bis 30.06.2009).
Fazit: Ebenso wie das LAG München lässt das BAG in seiner Entscheidung offen, ob IBM überhaupt auf die Nettolohnentwicklung sämtlicher (!) Mitarbeiter im IMB-Konzern in Deutschland (ausgenommen Executives) abstellen durfte. Das ist fraglich, da § 16 Abs.2 Nr.1 BetrAVG von den Nettolöhnen "vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum" spricht, d.h. IBM hätte wohl genauer hinschauen und prüfen müssen, wie sich die Nettolöhne derjenigen Arbeitnehmergruppen entwickelt hatten, die ähnliche Aufgaben wie der Kläger hatten.
Im Ergebnis war klar, dass IBM mit seiner Art der Rentenanpassung auch vor dem BAG scheitern würde. Auch in vielen anderen, weit über 1.000 Klageverfahren, die 2010 und 2011 von IBM-Betriebsrentnern angestrengt worden waren, zog IBM den kürzeren. Da der Verstoß IBMs gegen die "geltende" Rechtsprechung zu § 16 BetrAVG offenkundig war, haben viele Beobachter darüber gerätselt, warum IBM jeden Einzelfall durchprozessiert, obwohl die Fälle doch vergleichbar sind. Möglicherweise liegt dem ein Kostenkalkül zugrunde, dem zufolge auch hohe Prozesskosten aufgrund vieler verlorener Prozesse immer noch günstiger sind als eine der Rechtsprechung folgende Rentenerhöhung zugunsten aller Betriebsrentner, d.h. auch derjenigen, die den Gang vor Gericht scheuen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2012, 3 AZR 464/11
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 10.05.2011, 6 Sa 107/11
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
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- Arbeitsrecht aktuell: 11/185 IBM-Betriebsrentenanpassung: Betriebsrentner lösen Klageflut aus
Letzte Überarbeitung: 5. Juni 2020
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