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IBM-Betriebsrentenanpassung: Betriebsrentner lösen Klageflut aus
Die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit stöhnt unter dieser Prozessflut, doch den Computerriesen lässt dieser Umstand scheinbar kalt - er prozessiert unbeirrt weiter durch alle Instanzen.
Allein beim Arbeitsgericht Stuttgart gingen in der ersten Jahreshälfte 2011 1.148 Klagen ein. In der zweiten Instanz, beim Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg, waren es immerhin noch 470 IBM-Verfahren. In der Summe handelt es sich dabei 15,2 Prozent aller Urteilsverfahren des Arbeitsgerichts und 35 Prozent aller Berufungsverfahren vor dem LAG.
- IBM rechnet Betriebsrentenanpassung klein und verstößt dabei gegen das Betriebsrentengesetz
- IBM auf Konfrontationskurs
IBM rechnet Betriebsrentenanpassung klein und verstößt dabei gegen das Betriebsrentengesetz
Gemäß § 16 Abs. 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) hat der Arbeitgeber alle drei Jahre „nach billigem Ermessen“ über eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu entscheiden. Die Anpassung ist immer rechtens, wenn sie nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG) oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens (§ 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG).
In den Jahren Jahre 2008 und 2009 orientierte sich IBM jedoch an dem Anstieg der Reallöhne aller seiner aktiv Beschäftigten. Das Unternehmen beachtete also nicht, dass allein die Nettolohnentwicklung „vergleichbarer Arbeitnehmergruppen“ maßgeblich ist. Es wurden Äpfel mit Birnen verglichen.
Außerdem legte IBM seiner Rentenanpassung die Durchschnittsgehälter der letzten drei Jahre zugrunde. Demgegenüber verlangt das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass die gesamte Zeit seit Rentenbeginn zu betrachten ist (BAG, Urteil vom 21.8.2001, 3 AZR 589/00 und Urteil vom 30.8.2005, 3 AZR 395/04).
IBM auf Konfrontationskurs
Aus diesen Gründen verliert IBM seit Monaten praktisch alle Betriebsrentenklagen, und auch die Abweisung einer von IBM eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein LAG-Urteil erklärt sich damit, dass die Rechtslage aus Sicht des BAG geklärt ist.
Das Unternehmen begründet seine Anpassungsentscheidung mit der angeblich schwierigen wirtschaftlichen Lage im Jahr 2007. Das überzeugt nicht, da IBM auf seiner eigenen Internetpräsenz von einem „insgesamt glänzenden Jahr“ spricht, in dem „Rekordzahlen erzielt wurden“. Nach eigenen Angaben konnte IBM im vierten Quartal ein Umsatzplus von 10 Prozent verzeichnen, im Jahresergebnis war der Gesamtumsatz um 8 Prozent gestiegen. Auf eine wirtschaftliche Notlage kann sich IBM angesichts dieser Zahlen kaum berufen.
Was IBM mit seinem Konfrontationskurs bezweckt, ist unklar. Ähnliche Rechtsstreitigkeiten werden in der Regel in einigen Pilotverfahren durchprozessiert und das Verfahrensergebnis dann für vergleichbare Fälle übernommen. Mit seiner derzeitigen Strategie dürfte sich das Unternehmen nur selbst schaden. Denn der Vertrauensverlust bei seinen Beschäftigten, bei Kunden und der Allgemeinheit, den eine solche „Betriebsrentenpolitik nach Gutsherrenart“ hervorruft, ist kaum zu überschätzen.
Fazit: Betriebsrentner erhalten alle drei Jahre eine Mitteilung über ihre Rentenanpassung. Ist sie unangemessen niedrig, müssen Betroffene ihr innerhalb von drei Monaten schriftlich widersprechen (§ 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG). Die Frist läuft nur, wenn der Arbeitgeber in der Anpassungsmitteilung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dargelegt und auf die Folgen eines nicht fristgemäßen Widerspruchs hingewiesen hat. Widerspricht der Betriebsrentner der Anpassung dann nicht fristgemäß, gilt die Anpassung als rechtens. IMB-Betriebsrentner sollten daher allen Anpassungsmitteilungen vorsorglich per Einschreiben/Rückschein schriftlich widersprechen und eine höhere Anpassung zu verlangen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
- „IBM-Ruheständler proben den Aufstand“ (Stuttgarter-Nachrichten.de)
- Arbeitsrecht aktuell: 14/360 Betriebsrentenanpassung und Verwirkung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/142 Keine Betriebsrentenanpassung bei der Commerzbank
- Arbeitsrecht aktuell: 12/240 Betriebsrente - Anpassung durch IBM war unzureichend
Letzte Überarbeitung: 21. September 2016
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