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BAG, Ur­teil vom 30.08.2005, 3 AZR 395/04

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung: Anpassung, Betriebsrente: Anpassung
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 395/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 30.08.2005
   
Leitsätze: Auch nach der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung des § 16 BetrAVG reicht der für den Anpassungsbedarf und die reallohnbezogene Obergrenze maßgebliche Prüfungszeitraum vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 10.07.2003, 3 Ca 2174/02
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2004, 18 (5) Sa 1608/03
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

3 AZR 395/04
18 (5) Sa 1608/03
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Düssel­dorf

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

30. Au­gust 2005

UR­TEIL

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 30. Au­gust 2005 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Rei­ne­cke, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krem­hel­mer und Brein­lin­ger so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Of­fer­geld und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Freh­se für Recht er­kannt:


1. Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 11. Ju­ni 2004 - 18 (5) Sa 1608/03 - in­so­weit auf­ge­ho­ben, als die Kla­ge auf zusätz­li­che


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Dienst­zeit­ren­te ab­ge­wie­sen wur­de und der Kläge­rin die Kos­ten des Rechts­streits auf­er­legt wur­den. In­so­weit wird der Rechts­streit zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.


2. Im Übri­gen wird die Re­vi­si­on zurück­ge­wie­sen.


Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, in wel­chem Um­fang die Be­triebs­ren­ten der Kläge­rin zum 1. Ju­li 1999 und zum 1. Ju­li 2002 an­zu­pas­sen sind.


Die Kläge­rin war als lei­ten­de An­ge­stell­te bei der Be­klag­ten beschäftigt, die dem M-Kon­zern an­gehört. Nach den Ge­pflo­gen­hei­ten im Kon­zern sag­te die Be­klag­te der Kläge­rin ein „Ru­he­geld“ und außer­dem ei­ne „Dienst­zeit­ren­te“ zu. Bei der Einführung der „Dienst­zeit­ren­te“ wur­de den Mit­ar­bei­tern Fol­gen­des mit­ge­teilt:


„hier­mit stel­len wir Ih­nen ei­ne neue Leis­tung für Mit­ar­bei­ter un­se­rer Ge­sell­schaft vor:


Die Dienst­zeit­ren­te.

Ver­ein­facht dar­ge­stellt er­hal­ten Sie mit dem Über­tritt in den Ru­he­stand ei­ne zusätz­li­che Ren­te, de­ren Höhe vom Ar­beits­ent­gelt und der Dau­er der Dienst­zeit abhängig ist.

Sie beträgt 1/7 % des letz­ten Mo­nats­ge­hal­tes/-loh­nes mul­ti­pli­ziert mit der Zahl der hierfür zu rech­nen­den Dienst­jah­re. Wie hoch die­ser Teil der Dienst­jah­re ist, kann der Mit­ar­bei­ter selbst be­ein­flus­sen, in­dem er sich die Leis­tun­gen für Ju­biläen nicht aus­zah­len läßt, son­dern sie in ge­rin­ger ver­steu­er­te Dienst­zeit­ren­te um­wan­delt.

...

Die Dienst­zeit­ren­ten wer­den zusätz­lich zur nor­ma­len be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ge­zahlt.

...“

Die Kläge­rin trat am 1. Fe­bru­ar 1993 in den Ru­he­stand. Die Be­klag­te zahl­te ihr vom 1. Fe­bru­ar 1993 bis ein­sch­ließlich 30. Ju­ni 1993 mo­nat­lich ein „Ru­he­geld“ von 1.898,00 DM (= 970,43 Eu­ro) und ei­ne „Dienst­zeit­ren­te“ von 418,46 DM
 


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(= 213,96 Eu­ro). Die Fest­set­zung der Dienst­zeit­ren­te ent­hielt fol­gen­den Hin­weis:

„Die Dienst­zeit­ren­te ist ei­ne Leis­tung der Al­ters­ver­sor­gung; sie wird nur dem ehe­ma­li­gen Mit­ar­bei­ter auf Le­bens­zeit selbst gewährt. Nach sei­nem Tod er­gibt sich aus der Dienst­zeit­ren­te kein An­spruch sei­nes über­le­ben­den Ehe­gat­ten oder sei­ner Kin­der auf Hin­ter­blie­be­nen­ren­te.

Im übri­gen berührt die Dienst­zeit­ren­te die nach den Richt­li­ni­en un­se­res Ver­ban­des gewähr­te Be­triebs­ren­te we­der dem Grun­de noch der Höhe nach; sie tritt ne­ben die­se Leis­tung und wird zu­sam­men mit die­ser zu den Ih­nen be­kann­ten Quar­tals­ter­mi­nen über­wie­sen.“


„Ru­he­geld“ und „Dienst­zeit­ren­te“ wur­den zum sel­ben Zeit­punkt an­ge­passt.

Im M-Kon­zern wur­den nicht nur die im Drei­jah­res­tur­nus ge­trof­fe­nen An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen auf den 1. Ju­li gebündelt, son­dern auch die Prüfungs­jah­re für sämt­li­che Be­triebs­rent­ner ver­ein­heit­licht. Die Be­triebs­ren­ten neu­er Ver­sor­gungs­empfänger wur­den un­abhängig von der Be­zugs­dau­er beim nächs­ten Prüfungs­ter­min erst­mals an­ge­passt. Der An­pas­sungs­ent­schei­dung wur­de die Kauf­kraft­ent­wick­lung der vor­aus­ge­gan­ge­nen drei Ka­len­der­jah­re zu­grun­de ge­legt. Die Be­triebs­ren­ten wur­den je­doch erst zum 1. Ju­li des lau­fen­den Jah­res an­ge­ho­ben. Dem­ent­spre­chend wur­den die Be­triebs­ren­ten der Kläge­rin erst­mals zum 1. Ju­li 1993 und an­sch­ließend zum 1. Ju­li 1996, 1. Ju­li 1999 und 1. Ju­li 2002 an­ge­passt. Zum 1. Ju­li 1999 be­lie­fen sich die Erhöhun­gen auf 2 % bzw. 2,99 % und zum 1. Ju­li 2002 auf 4,9 %.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te ha­be die bei­den Be­triebs­ren­ten zum 1. Ju­li 1999 und zum 1. Ju­li 2002 nicht aus­rei­chend an­ge­ho­ben. Der zwi­schen­zeit­li­che Kauf­kraft­ver­lust müsse voll aus­ge­gli­chen wer­den. Die maßgeb­li­chen Drei­jah­res­zeiträume reich­ten vom 1. Ju­li 1996 bis zum 30. Ju­ni 1999 und vom 1. Ju­li 1999 bis zum 30. Ju­ni 2002. Bei ei­ner An­pas­sung zur Jah­res­mit­te dürfe die Be­klag­te nicht von der Ent­wick­lung der drei vor­aus­ge­gan­ge­nen Ka­len­der­jah­re aus­ge­hen. Sie müsse die ge­sam­te bis zur Jah­res­mit­te zu ver­zeich­nen­de Teue­rung zu­grun­de le­gen. Die über die ge­setz­li­che An­pas­sungs­ver­pflich­tung hin­aus­ge­hen­den Erhöhun­gen für frühe­re Drei­jah­res­zeiträume dürf­ten nicht an­ge­rech­net wer­den. Seit der Neu­fas­sung des § 16 Be­trAVG rich­te sich der An­pas­sungs­be­darf nicht nur nach der Ent­wick­lung der Le­bens­hal­tungs­kos­ten seit Ein­tritt in den Ru­he­stand, son­dern zusätz­lich nach de­ren Ent­wick­lung im zurück­lie­gen­den Drei­jah­res­zeit­raum. Zum 1. Ju­li 1999 ha­be die Be­klag­te beim „Ru­he­geld“ der Kläge­rin die vom 1. Ju­li 1996 bis zum 30. Ju­ni 1999 zu ver­zeich­nen­de Teue­rung von 3,44 % voll aus­glei­chen müssen. Die „Dienst­zeit­ren­te“ ha­be zum 1. Ju­li 1999 ent­spre­chend der Teue­rung seit Ein­tritt in den Ru­he­stand, zu­min­dest aber ent­spre­chend der Teue­rung im zurück­lie­gen­den Drei­jah­res­zeit­raum an-



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ge­ho­ben wer­den müssen. Auf die­ser Grund­la­ge hätten zum 1. Ju­li 2002 so­wohl das „Ru­he­geld“ als auch die „Dienst­zeit­ren­te“ um je 5,04 % erhöht wer­den müssen. Auf ei­ne nied­ri­ge­re Re­al­lohn­ent­wick­lung könne die Be­klag­te ih­re zum 1. Ju­li 1999 ge­trof­fe­ne An­pas­sungs­ent­schei­dung nicht stützen. Sie ha­be nicht auf die kon­zern­wei­te Ent­wick­lung der Net­tolöhne ab­stel­len dürfen. Ent­schei­dend sei die Net­to­lohn­ent­wick­lung bei der Ver­sor­gungs­schuld­ne­rin, und das sei die Be­klag­te. Sie ha­be ent­we­der die Ent­wick­lung der Vergütun­gen al­ler bei ihr beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer oder al­ler Ver­sor­gungs­anwärter ein­sch­ließlich der Or­gan­mit­glie­der zu­grun­de le­gen müssen. Zum 1. Ju­li 1999 ha­be sie das „Ru­he­geld“ der Kläge­rin von 2.284,54 DM um wei­te­re 19,39 DM (= 9,91 Eu­ro) auf 2.303,93 DM (= 1.177,98 Eu­ro) und zum 1. Ju­li 2002 von 2.396,93 DM (= 1.225,53 Eu­ro) um wei­te­re 23,12 DM (= 11,82 Eu­ro) auf 2.420,05 DM (= 1.237,35 Eu­ro) so­wie die „Dienst­zeit­ren­te“ zum 1. Ju­li 1999 von 448,17 DM um wei­te­re 19,67 DM (= 10,06 Eu­ro) auf 467,84 DM (= 239,20 Eu­ro) und zum 1. Ju­li 2002 von 470,14 DM (= 240,38 Eu­ro) um wei­te­re 21,26 DM (= 10,87 Eu­ro) auf 491,40 DM (= 251,25 Eu­ro) an­zu­he­ben.


Die Kläge­rin hat, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von Be­deu­tung, zu­letzt sinn­gemäß fol­gen­de Anträge ge­stellt:


1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin für die Zeit vom 1. Ju­li 1999 bis zum 31. De­zem­ber 2003 zusätz­li­ches Ru­he­geld in Höhe von ins­ge­samt 290,91 Eu­ro brut­to und zusätz­li­che Dienst­zeit­ren­te in Höhe von ins­ge­samt 557,72 Eu­ro brut­to zu zah­len.

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ab 1. Ja­nu­ar 2004 zu dem mo­nat­li­chen Ru­he­geld in Höhe von 1.225,53 Eu­ro zusätz­lich mo­nat­lich 11,82 Eu­ro und zu der mo­nat­li­chen Dienst­zeit­ren­te in Höhe von 240,38 Eu­ro zusätz­lich mo­nat­lich 10,87 Eu­ro zu zah­len, zahl­bar je­weils ka­len­der­vier­teljähr­lich, und zwar am 15. Fe­bru­ar für die Mo­na­te Ja­nu­ar bis März, am 15. Mai für die Mo­na­te April bis Ju­ni, am 15. Au­gust für die Mo­na­te Ju­li bis Sep­tem­ber und am 15. No­vem­ber für die Mo­na­te Ok­to­ber bis De­zem­ber.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, sie sei we­der zum 1. Ju­li 1999 noch zum 1. Ju­li 2002 zu wei­te­ren An­pas­sun­gen ver­pflich­tet. Die von ihr an­ge­wand­ten Grundsätze hiel­ten sich im Rah­men ih­res bil­li­gen Er­mes­sens. Da so­wohl das „Ru­he­geld“ als auch die „Dienst­zeit­ren­te“ der Al­ters­ver­sor­gung der Kläge­rin dien­ten, könn­ten die bei­den Be­triebs­ren­ten zu­sam­men-
 


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ge­fasst wer­den. Für den An­pas­sungs­be­darf sei die Teue­rung seit Ren­ten­be­ginn maßge­bend. Die­ser Kauf­kraft­ver­lust sei voll aus­ge­gli­chen wor­den. Es sei nicht zu be­an­stan­den, dass die Be­klag­te auf die Ent­wick­lung bis zum 31. De­zem­ber des dem An-pas­sungs­stich­tag vor­aus­ge­hen­den Ka­len­der­jah­res ab­ge­stellt ha­be. Die zum 1. Ju­li 1999 ge­trof­fe­ne An­pas­sungs­ent­schei­dung sei auch we­gen der Re­al­lohn­ent­wick­lung ge­recht­fer­tigt. Die Be­klag­te ha­be die Lohn­ent­wick­lung der ge­sam­ten ak­ti­ven Be­leg­schaft des M-Kern­kon­zerns zu­grun­de le­gen dürfen. Vom 1. Ja­nu­ar 1996 bis zum 31. De­zem­ber 1998 hätten sich die Net­tolöhne die­ser Ar­beit­neh­mer im ge­wich­te­ten Durch­schnitt al­ler Be­leg­schafts­grup­pen um 1,865 % erhöht. Die Net­to­vergütun­gen der außer­ta­rif­li­chen und lei­ten­den An­ge­stell­ten der Be­klag­ten sei­en so­gar nur um 1,08 % ge­stie­gen.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, die in ers­ter In­stanz nur ge­gen die zum 1. Ju­li 1999 ge­trof­fe­ne An­pas­sungs­ent­schei­dung ge­rich­tet war. Im Be­ru­fungs-ver­fah­ren hat die Kläge­rin ih­re Kla­ge er­wei­tert, sich auch ge­gen die zum 1. Ju­li 2002 ge­trof­fe­ne An­pas­sungs­ent­schei­dung ge­wandt und hilfs­wei­se ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch gel­tend ge­macht. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin in vol­lem Um­fang ab­ge­wie­sen. Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin die zu­letzt ge­stell­ten Haupt­anträge wei­ter.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist nur teil­wei­se be­gründet. So­weit die Kläge­rin ei­ne wei­ter­ge­hen­de Erhöhung ih­res „Ru­he­gel­des“ zum 1. Ju­li 1999 und zum 1. Ju­li 2002 ver­langt, ha­ben die Vor­in­stan­zen ih­re Kla­ge zu Recht als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. Ob die Be­klag­te auch die zusätz­li­che „Dienst­zeit­ren­te“ aus­rei­chend an­ge­passt hat, kann der Se­nat nicht ab­sch­ließend ent­schei­den. In­so­weit be­darf es noch wei­te­rer tatsäch­li­cher Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zur re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze.


I. So­wohl das „Ru­he­geld“ als auch die zusätz­li­che „Dienst­zeit­ren­te“ sind zwar be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gun­gen iSd. § 1 Be­trAVG. Bei den An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen nach § 16 Be­trAVG sind aber die bei­den Be­triebs­ren­ten nicht als Ein­heit, son­dern ge­trennt zu be­trach­ten.


1. Das „Ru­he­geld“ ist ei­ne aus­sch­ließlich ar­beit­ge­ber­fi­nan­zier­te be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung iSd. § 1 Abs. 1 Be­trAVG. Auch die „Dienst­zeit­ren­te“ fällt un­ter den An-
 


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wen­dungs­be­reich des Be­triebs­ren­ten­ge­set­zes. Un­er­heb­lich ist es, dass die­se Ver­sor­gung zu­min­dest teil­wei­se dar­auf be­ruht, dass die Kläge­rin auf Leis­tun­gen für Ju­biläen ver­zich­te­te. In­so­weit han­delt es sich um Ent­gelt­um­wand­lun­gen. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 Be­trAVG, der an die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts an­knüpft (26. Ju­ni 1990 - 3 AZR 641/88 - BA­GE 65, 215, 219 ff.; 17. Ok­to­ber 1995 - 3 AZR 622/94 - AP Be­trAVG § 1 Le­bens­ver­si­che­rung Nr. 23 = EzA Be­trAVG § 1 Le­bens­ver­si­che­rung Nr. 7, zu III der Gründe; BT-Drucks. 13/8011 zu Art. 8 Nr. 1 Buchst. b aa S. 33), liegt auch bei ei­ner Ent­gelt­um­wand­lung be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung vor.


2. So­weit das Be­triebs­ren­ten­ge­setz oder an­de­re Rechts­vor­schrif­ten kei­ne ver­bind­li­chen Vor­ga­ben ent­hal­ten, kann die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung frei ge­stal­tet wer­den. § 16 Be­trAVG ver­bie­tet es grundsätz­lich nicht, meh­re­re Ver­sor­gungs­leis­tun­gen zu­sam­men­zu­fas­sen und als Ein­heit zu be­trach­ten (vgl. BAG 11. Au­gust 1981 - 3 AZR 395/80 - BA­GE 36, 39, 44 f.). Im vor­lie­gen­den Fall kann of­fen blei­ben, ob es ge­gen über­ge­ord­ne­te Rechts­grundsätze, ins­be­son­de­re den Gleich­be­hand­lungs­grund­satz verstößt, wenn bei­de Ver­sor­gungs­leis­tun­gen als Ein­heit be­trach­tet wer­den und ei­ne An­pas­sung der auf Ent­gelt­um­wand­lung be­ru­hen­den „Dienst­zeit­ren­te“ des­halb teil­wei­se un­ter­bleibt, weil das ar­beit­ge­ber­fi­nan­zier­te „Ru­he­geld“ früher stärker an­ge­ho­ben wor­den war, als § 16 Be­trAVG es vor­schrieb. Wie meh­re­re Ver­sor­gungs­leis­tun­gen bei der An­pas­sung nach § 16 Be­trAVG zu be­han­deln sind, hängt in ers­ter Li­nie von der Aus­le­gung der Ver­sor­gungs­zu­sa­gen und der ih­nen zu­grun­de lie­gen­den Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen ab. Nach dem im vor­lie­gen­den Fall zum Aus­druck ge­brach­ten Re­ge­lungs-wil­len sind „Ru­he­geld“ und „Dienst­zeit­ren­te“ zwei von­ein­an­der ge­trenn­te Ver­sor­gungs­leis­tun­gen.


a) Die Be­klag­te hat­te die bei­den Be­triebs­ren­ten nicht nur in zwei ei­genständi­gen Ver­sor­gungs­ord­nun­gen ge­re­gelt, son­dern bei der Un­ter­rich­tung der Mit­ar­bei­ter über die neu ein­geführ­te „Dienst­zeit­ren­te“ aus­drück­lich von der „nor­ma­len“ be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ab­ge­grenzt und als zusätz­li­che Zah­lung be­zeich­net. Bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les wur­den die bei­den Ren­ten ge­trennt fest­ge­setzt. Da­bei wur­den die Ver­sor­gungs­empfänger noch be­son­ders dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die „Dienst­zeit­ren­te“ we­der dem Grun­de noch der Höhe nach die nor­ma­le Be­triebs­ren­te berühre. Dem­ent­spre­chend hat die Be­klag­te in den An­pas­sungs­mit­tei­lun­gen die bei­den Be­triebs­ren­ten nicht als Ein­heit, son­dern ge­trennt aus­ge­wie­sen und die fest­ge­leg­ten An­pas­sungssätze auf die ein­zel­nen Ver­sor­gungs­leis­tun­gen ge­son­dert an­ge­wandt.
 


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b) Die ge­trenn­te An­pas­sung ent­sprach dem von der Be­klag­ten ge­schaf­fe­nen Ver­sor­gungs­sys­tem, das scharf zwi­schen „Ru­he­ge­halt“ und „Dienst­zeit­ren­te“ un­ter­schied. Die­se Un­ter­schei­dung trug den Be­son­der­hei­ten der bei­den Ver­sor­gungs­leis­tun­gen Rech­nung, de­ren In­halt deut­lich von­ein­an­der ab­wich. Nur beim „Ru­he­geld“, da­ge­gen nicht bei der „Dienst­zeit­ren­te“ war ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung vor­ge­se­hen. Während das Ru­he­geld voll ar­beit­ge­ber­fi­nan­ziert und des­sen Höhe vom Ar­beit­neh­mer nicht zu be­ein­flus­sen war, be­ruht die Dienst­zeit­ren­te auf ei­ner Ent­gelt­um­wand­lung. Über de­ren Um­fang ent­schied der ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer.


Erst im Jah­re 1999 nach dem Aus­schei­den der Kläge­rin aus dem Ar­beits­verhält­nis ge­stal­te­te die Be­klag­te ih­re Al­ters­ver­sor­gung um. Der durch Ent­gelt­um­wand­lung fi­nan­zier­te Ver­sor­gungs­an­teil wur­de in das Ru­he­geld­sys­tem ein­ge­bun­den und es wur­de so ei­ne ein­heit­li­che Al­ters­ver­sor­gung ge­schaf­fen. Die­se Ände­rung der Ver­sor­gungs­re­ge­lung wirk­te sich auf die Kläge­rin nicht mehr aus.

II. Die Be­klag­te ist we­der zum 1. Ju­li 1999 noch zum 1. Ju­li 2002 zu ei­ner wei­ter­ge­hen­den Erhöhung des der Kläge­rin zu­ste­hen­den „Ru­he­gel­des“ ver­pflich­tet.


Nach § 16 Abs. 1 Be­trAVG hat der Ar­beit­ge­ber al­le drei Jah­re ei­ne An­pas­sung der lau­fen­den Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung zu prüfen und hierüber nach bil­li­gem Er­mes­sen zu ent­schei­den. Da­bei sind ins­be­son­de­re die Be­lan­ge des Ver­sor­gungs­empfängers und die wirt­schaft­li­che La­ge des Ar­beit­ge­bers zu berück­sich­ti­gen. Die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen ha­ben in ent­spre­chen­der An­wen­dung des § 315 Abs. 1 und 3 BGB zu über­prüfen, ob der Ar­beit­ge­ber bei sei­ner An­pas­sungs­ent­schei­dung den ihm ein­geräum­ten Er­mes­sens­spiel­raum über­schrit­ten hat (BAG 23. April 1985 - 3 AZR 156/83 - BA­GE 48, 272, 276; 10. Sep­tem­ber 2002 - 3 AZR 593/01 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 52 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 41, zu II der Gründe). Nach dem Vor­trag der Par­tei­en stand die wirt­schaft­li­che La­ge der Be­klag­ten ei­ner vol­len An­pas­sung der Be­triebs­ren­te nicht ent­ge­gen. Die Be­klag­te hat den nach § 16 Be­trAVG maßgeb­li­chen An­pas­sungs­be­darf bei den Erhöhun­gen des „Ru­he­gel­des“ zum 1. Ju­li 1999 und 1. Ju­li 2002 auch voll berück­sich­tigt. Die­se An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen ent­spra­chen da­mit bil­li­gem Er­mes­sen.

1. Die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger wer­den durch den An­pas­sungs­be­darf be­stimmt. Er er­gibt sich aus dem zwi­schen­zeit­lich ein­ge­tre­te­nen Kauf­kraft­ver­lust, der an­hand der Verände­run­gen des Ver­brau­cher­preis­in­de­xes für Deutsch­land zu er-mit­teln ist. Dies ent­spricht - ab­ge­se­hen von der zwi­schen­zeit­li­chen Ände­rung des



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maßgeb­li­chen sta­tis­ti­schen In­de­xes - der ständi­gen Recht­spre­chung des Se­nats zu der bis zum 31. De­zem­ber 1998 gel­ten­den Fas­sung des § 16 Be­trAVG (vgl. ua. 23. Ja­nu­ar 2001 - 3 AZR 287/00 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 46 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 38, zu 1 der Gründe) und ist vom Ge­setz­ge­ber in der seit dem 1. Ja­nu­ar 1999 gel­ten­den Fas­sung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 Be­trAVG aus­drück­lich bestätigt wor­den. Nach wie vor ist der vom Ren­ten­be­ginn bis zum An­pas­sungs­stich­tag ein­ge­tre­te­ne Kauf­kraft­ver­lust ent­schei­dend.

a) Zu­tref­fend ha­ben so­wohl die Par­tei­en als auch die Vor­in­stan­zen den 1. Ju­li 1999 und den 1. Ju­li 2002 als maßgeb­li­che An­pas­sungs­stich­ta­ge an­ge­se­hen. Der von § 16 Be­trAVG vor­ge­schrie­be­ne Drei­jah­res­tur­nus bei der Über­prüfung von Be­triebs­ren­ten­an­pas­sun­gen zwingt nicht zu star­ren, in­di­vi­du­el­len Prüfungs­ter­mi­nen (BAG 28. April 1992 - 3 AZR 142/91 - BA­GE 70, 137, 140). Die Bünde­lung al­ler in ei­nem Un­ter­neh­men an­fal­len­den Prüfungs­ter­mi­ne zu ei­nem ein­heit­li­chen Jah­res­ter­min ist zulässig (BAG 21. Au­gust 2001 - 3 AZR 589/00 - BA­GE 98, 349, 353; 18. Fe­bru­ar 2003 - 3 AZR 172/02 - BA­GE 105, 72, 77). Sie ver­mei­det un­verhält­nismäßigen Ver­wal­tungs­auf­wand und be­ein­träch­tigt die In­ter­es­sen der Be­triebs­rent­ner nur ge­ringfügig (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 83/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 43 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 35, zu II 1 a der Gründe). Für den Be­triebs­rent­ner verzögert sich al­len­falls die ers­te An­pas­sungs­prüfung. Die ihm dar­aus ent­ste­hen­den Nach­tei­le wer­den re­gelmäßig da­durch ab­ge­mil­dert, dass ein ent­spre­chend an­ge­wach­se­ner höhe­rer Teue­rungs­aus­gleich zu berück­sich­ti­gen ist. In der Fol­ge­zeit muss der Drei­jah­res­zeit­raum - wie hier ge­sche­hen - ein­ge­hal­ten wer­den (BAG 28. April 1992 - 3 AZR 142/91 - BA­GE 70, 137, 140 f.).

b) Die Be­klag­te hat sich al­ler­dings nicht dar­auf be­schränkt, die je­weils in ei­nem Jahr fälli­gen An­pas­sun­gen zu­sam­men­zu­fas­sen. Sie trifft nicht in je­dem Ka­len­der­jahr gebündel­te An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen, son­dern nur al­le drei Jah­re. Den ein­heit­li­chen An­pas­sungs­stich­tag er­reicht die Be­klag­te da­durch, dass sie die Be­triebs­ren­ten der neu­en Ver­sor­gungs­empfänger bei der nächs­ten al­le drei Jah­re statt­fin­den­den, ge­mein­sa­men An­pas­sungs­ent­schei­dung erhöht. Dies kann je nach Zeit­punkt des Ver­sor­gungs­fal­les zu ei­ner un­ter Umständen deut­li­chen Vor­ver­le­gung der ers­ten An­pas­sung führen. Die Kläge­rin ist am 1. Fe­bru­ar 1993 in Ru­he­stand ge­tre­ten. Ihr Ru­he­geld wur­de am nächs­ten ge­mein­sa­men An­pas­sungs­stich­tag, dem 1. Ju­li 1993 erhöht. Wenn der Ar­beit­ge­ber die ers­te An­pas­sung vor­ver­legt und dar­an die Drei­jah­res­frist knüpft, bringt dies dem ein­zel­nen Ver­sor­gungs­empfänger - auf die ge­sam­te Lauf­zeit der Be­triebs-
 


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ren­te ge­se­hen - mehr Vor- als Nach­tei­le. Ein ge­mein­sa­mer An­pas­sungs­stich­tag, der nicht nur der Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung dient, son­dern bei der ge­bo­te­nen Ge­samt­be­trach­tung den Ver­sor­gungs­empfänger begüns­tigt, wi­der­spricht nicht dem § 16 Be­trAVG. Durch den vor­lie­gen­den ge­mein­sa­men An­pas­sungs­stich­tag kann sich zwar die ers­te An­pas­sung je nach Zeit­punkt des Ver­sor­gungs­fal­les auch verzögern, je­doch höchs­tens um sechs Mo­na­te. Dies ist nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung zur Bünde­lung von An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen nicht zu be­an­stan­den.


c) Der für die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger maßgeb­li­che Prüfungs­zeit­raum be­ginnt mit dem Ein­tritt in den Ru­he­stand (hier der 1. Fe­bru­ar 1993) und en­det un­mit­tel­bar vor dem An­pas­sungs­stich­tag, im vor­lie­gen­den Fall am 30. Ju­ni 1999 bzw. 30. Ju­ni 2002. Dar­an hat die am 1. Ja­nu­ar 1999 in Kraft ge­tre­te­ne Neu­fas­sung des § 16 Be­trAVG nichts geändert.


aa) So­wohl § 16 Be­trAVG aF als auch § 16 Be­trAVG nF le­gen ei­nen dreijähri­gen Tur­nus für die An­pas­sungs­prüfung des Ar­beit­ge­bers und da­mit den Prüfungs­ter­min fest. Da­ge­gen fehlt in bei­den Vor­schrif­ten ei­ne ein­deu­ti­ge Aus­sa­ge zum maßgeb­li­chen Prüfungs­zeit­raum. Aus dem Zweck des § 16 Be­trAVG, der un­verändert ge­blie­ben ist, er­gibt sich, dass sich der An­pas­sungs­be­darf nicht nur nach dem in den letz­ten drei Jah­ren ein­ge­tre­te­nen Kauf­kraft­ver­lust rich­tet. Das Be­triebs­ren­ten­ge­setz will ei­ne Aus­zeh­rung der Be­triebs­ren­ten ver­mei­den. Da die „Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten“ in der Wie­der­her­stel­lung des ursprüng­lich vor­aus­ge­setz­ten Verhält­nis­ses von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung be­ste­hen, ist der vol­le nicht ge­deck­te An­pas­sungs­be­darf zu er­mit­teln. Er be­steht in der seit Ren­ten­be­ginn ein­ge­tre­te­nen Teue­rung, so­weit sie nicht durch vor­her­ge­hen­de An­pas­sun­gen aus­ge­gli­chen wur­de (BAG 21. Au­gust 2001 - 3 AZR 589/00 - BA­GE 98, 349, 352 mwN). Dem­ent­spre­chend hat der Se­nat be­reits im Ur­teil vom 28. April 1992 (- 3 AZR 142/91 - BA­GE 70, 137, 142 ff.) als Prüfungs­zeit­raum die ge­sam­te Zeit vom Ren­ten­be­ginn bis zum An­pas­sungs­stich­tag an­ge­se­hen.


Der neu ge­fass­te § 16 Be­trAVG enthält kei­ne da­von ab­wei­chen­de Be­griffs­be­stim­mung. Aus § 16 Abs. 4 Satz 1 Be­trAVG lässt sich ei­ne Verände­rung des Prüfungs­zeit­raums nicht ent­neh­men. Nach die­ser Vor­schrift ist der Ar­beit­ge­ber zur nach­ho­len­den An­pas­sung nicht ver­pflich­tet, wenn die An­pas­sung zu Recht ganz oder teil­wei­se un­ter­blie­ben ist. Ei­ne nach­ho­len­de An­pas­sung iSd. § 16 Abs. 4 Satz 1 Be­trAVG liegt nur dann vor, wenn der Ar­beit­ge­ber we­gen der wirt­schaft­li­chen La­ge sei­nes Un­ter­neh­mens die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger nicht oder nur teil­wei­se berück­sich­tigt hat und die da­durch ent­ste­hen­de Lücke bei späte­ren An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen



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ge­schlos­sen wird (BAG 21. Au­gust 2001 - 3 AZR 589/00 - BA­GE 98, 349, 353). Auch § 16 Abs. 4 Satz 2 Be­trAVG stellt auf den Zu­sam­men­hang zwi­schen nach­ho­len­der An­pas­sung und wirt­schaft­li­cher La­ge ab. Nach die­ser Vor­schrift gilt ei­ne An­pas­sung als zu Recht un­ter­blie­ben, wenn der Ar­beit­ge­ber den Ver­sor­gungs­empfänger die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens schrift­lich dar­ge­legt, der Ver­sor­gungs­empfänger nicht bin­nen drei Ka­len­der­mo­na­ten nach Zu­gang der Mit­tei­lung schrift­lich wi­der­spro­chen hat und auf die Rechts­fol­gen ei­nes nicht frist­gemäßen Wi­der­spruchs hin­ge­wie­sen wur­de. So­weit ei­ne An­pas­sung we­gen der wirt­schaft­li­chen La­ge des Ar­beit­ge­bers zu Recht un­ter­blie­ben ist und nach § 16 Abs. 4 iVm. der Über­g­angs­re­ge­lung des § 30c Abs. 2 Be­trAVG bei späte­ren An­pas­sun­gen nicht mehr nach­ge­holt wer­den muss, dürfen so­wohl der da­mals zu ver­zeich­ne­te An­stieg des Ver­brau­cher­preis­in­de­xes als auch die da­mals zu ver­zeich­nen­den Re­al­loh­nerhöhun­gen bei den späte­ren An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen un­berück­sich­tigt blei­ben.

bb) Bei der Er­mitt­lung des Kauf­kraft­ver­lus­tes ist auf die in der ein­schlägi­gen Fach­pres­se veröffent­lich­ten In­dex­wer­te der Mo­na­te ab­zu­stel­len, die dem erst­ma­li­gen Ren­ten­be­zug und den je­wei­li­gen An­pas­sungs­stich­ta­gen un­mit­tel­bar vor­aus­ge­hen. Nur auf die­sem Weg ist der ge­bo­te­ne vol­le Kauf­kraft­aus­gleich si­cher­ge­stellt. Die von der Be­klag­ten an­ge­wand­te Be­rech­nungs­me­tho­de wird die­sen An­for­de­run­gen nicht ge­recht.


Die Be­klag­te hat nicht auf die In­dex­wer­te zu Be­ginn des Ren­ten­be­zugs und am En­de des Prüfungs­zeit­raums, son­dern auf Jah­res­durch­schnitts­wer­te ab­ge­stellt. Die­se Durch­schnitts­be­rech­nung kann da­zu führen, dass der tatsächli­che Kauf­kraft­ver­lust bis zum An­pas­sungs­stich­tag nicht vollständig aus­ge­gli­chen wird. Je mehr der Kauf­kraft­ver­lust in der zwei­ten Jah­reshälf­te im Ver­gleich zur ers­ten Jah­reshälf­te an-stieg, des­to größer wird die Lücke. Zu­dem lie­gen die Durch­schnitts­wer­te für das lau­fen­de Ka­len­der­jahr später vor als die In­dex­wer­te für den dem An­pas­sungs­stich­tag un­mit­tel­bar vor­aus­ge­hen­den Ka­len­der­mo­nat.


Ob­wohl im vor­lie­gen­den Fall An­pas­sungs­stich­tag der 1. Ju­li 1999 bzw. 1. Ju­li 2002 war, stell­te die Be­klag­te nur auf die Kauf­kraft­ent­wick­lung bis zum 31. De­zem­ber 1998 bzw. 31. De­zem­ber 2001 ab und ließ da­mit die Teue­rung vom 1. Ja­nu­ar 1999 bis zum 30. Ju­ni 1999 bzw. vom 1. Ja­nu­ar 2002 bis zum 30. Ju­ni 2002 un­berück­sich­tigt. Die Zah­lung der erhöhten Ren­te muss sich je­doch an den Prüfungs­zeit­raum un­mit­tel­bar an­sch­ließen. Dies lässt sich ent­we­der durch ei­ne Vor­ver­le­gung des An­pas­sungs­stich­tags auf den 1. Ja­nu­ar un­ter Bei­be­hal­tung des Prüfungs­zeit­raums bis zum


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31. De­zem­ber des vor­aus­ge­hen­den Ka­len­der­jah­res oder durch Bei­be­hal­tung des Stich­tags 1. Ju­li und ei­ne Er­wei­te­rung des Prüfungs­zeit­raums bis zum 30. Ju­ni des lau­fen­den Ka­len­der­jah­res er­rei­chen. Ent­schei­dend ist der mut­maßli­che Wil­le der Ver­trags­part­ner. Die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung führt zur zwei­ten Lösung. Sie hält am vor­ge­se­he­nen An­pas­sungs­stich­tag fest. Ei­ne Vor­ver­le­gung der Ren­ten­erhöhun­gen und die da­mit ver­bun­de­nen Kos­ten­stei­ge­run­gen wer­den ver­mie­den.

2. Ent­schei­dend ist, ob die ge­trof­fe­nen An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen im Er­geb­nis bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 44 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 36, zu 2 b der Gründe; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - AP Be­trAVG § 1 Aus­le­gung Nr. 1, zu II 8 der Gründe). Dies trifft zu. Die Be­klag­te hat trotz der un­ter­lau­fe­nen Feh­ler das der Kläge­rin zu­ste­hen­de „Ru­he­geld“ zum 1. Ju­li 1999 und zum 1. Ju­li 2002 aus­rei­chend an­ge­passt.

Der maßgeb­li­che Ver­brau­cher­preis­in­dex für Ja­nu­ar 1993 be­lief sich auf 94,1, für Ju­ni 1999 auf 104,8 und Ju­ni 2002 auf 110,8 (vgl. Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt Fach­se­rie 17, 12/2002). Da­mit be­trug die Teue­rungs­ra­te 11,37 % am An­pas­sungs­stich­tag 1. Ju­li 1999 und 17,75 % am An­pas­sungs­stich­tag 1. Ju­li 2002. Die Be­klag­te war ver­pflich­tet, das Ru­he­geld der Kläge­rin von ursprüng­lich 1.898,00 DM (= 970,43 Eu­ro) zum 1. Ju­li 1999 auf 2.113,80 DM (= 1.080,77 Eu­ro) und zum 1. Ju­li 2002 auf 2.234,90 DM (= 1.142,69 Eu­ro) zu erhöhen. Die Be­klag­te hob das Ru­he­geld der Kläge­rin nach de­ren ei­ge­nem Vor­brin­gen noch mehr an, und zwar zum 1. Ju­li 1999 auf 2.284,54 DM (= 1.168,07 Eu­ro) und zum 1. Ju­li 2002 auf 2.396,93 DM (= 1.225,53 Eu­ro).

III. So­weit die Kläge­rin ei­ne höhe­re An­pas­sung ih­rer „Dienst­zeit­ren­te“ zum 1. Ju­li 1999 und zum 1. Ju­li 2002 ver­langt, be­darf es noch ei­ner wei­te­ren Aufklärung des Sach­ver­hal­tes. Die Be­klag­te hat den bis zu den An­pas­sungs­stich­ta­gen ein­ge­tre­te­nen Kauf­kraft­ver­lust der „Dienst­zeit­ren­te“ nicht voll aus­ge­gli­chen. Ob sie da­von ab­se­hen durf­te, hängt da­von ab, in wel­chem Um­fang die Net­to­vergütun­gen der maßgeb­li­chen Ar­beit­neh­mer­grup­pe in der Zeit vom 31. Ja­nu­ar 1993 bis zum 30. Ju­ni 1999 bzw. bis zum 30. Ju­ni 2002 ge­stie­gen sind.


1. Da sich der maßgeb­li­che Kauf­kraft­ver­lust bis zum 30. Ju­ni 1999 auf 11,37 % und bis zum 30. Ju­ni 2002 auf 17,75 % be­lief, wäre die Teue­rung nur dann voll aus­ge­gli­chen wor­den, wenn die mo­nat­li­che „Dienst­zeit­ren­te“ der Kläge­rin zum 1. Ju­li 1999 von ursprüng­lich 418,46 DM (= 213,96 Eu­ro) auf 466,04 DM (= 238,28 Eu­ro) und zum

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1. Ju­li 2002 auf 492,74 DM (= 251,93 Eu­ro) erhöht wor­den wäre. Die Be­klag­te pass­te die „Dienst­zeit­ren­te“ der Kläge­rin je­doch zum 1. Ju­li 1999 auf 448,17 DM (= 229,15 Eu­ro) und zum 1. Ju­li 2002 auf 470,14 DM (= 240,38 Eu­ro) an. Dies ist nicht zu be­an­stan­den, so­weit die Teue­rung über der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze liegt.


2. Der An­pas­sungs­be­darf der Ver­sor­gungs­empfänger wird durch die Ver­dienst­ent­wick­lung bei den ak­ti­ven Ar­beit­neh­mern be­grenzt (sog. re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze). Der Bil­lig­keit wi­der­spricht es nicht, wenn der Ar­beit­ge­ber die Be­triebs­ren­te nur bis zur durch­schnitt­li­chen Stei­ge­rung der Re­allöhne der ak­ti­ven Ar­beit­neh­mer an­passt. Auch in­so­weit hat der Ge­setz­ge­ber in § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG nF im We­sent­li­chen die Recht­spre­chung des Se­nats über­nom­men (vgl. 11. Au­gust 1981 - 3 AZR 395/80 - BA­GE 36, 39, 50 f.; 23. Mai 2000 - 3 AZR 83/99 - und - 3 AZR 103/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 43 und 44 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 35 und 36). Es war und ist im­mer noch Sa­che der Pra­xis, hand­hab­ba­re und sach­ge­rech­te Mo­del­le zu ent­wi­ckeln, nach de­nen die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze er­mit­telt wird (vgl. ua. BAG 11. Au­gust 1981 - 3 AZR 395/80 - BA­GE 36, 39, 51; 10. Sep­tem­ber 2002 - 3 AZR 593/01 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 52 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 41, zu III 2 a aa der Gründe). Wahl und Aus­ge­stal­tung die­ser Mo­del­le lie­gen je­doch nicht im frei­en Be­lie­ben des Ar­beit­ge­bers. Er hat auch in­so­weit die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben und die Gren­zen bil­li­gen Er­mes­sens zu be­ach­ten.


a) Der Prüfungs­zeit­raum steht nicht zur Dis­po­si­ti­on des Ar­beit­ge­bers. Da die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze eben­so wie der An­pas­sungs­be­darf die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger be­trifft, gilt für bei­de der­sel­be Prüfungs­zeit­raum. An der sys­te­ma­ti­schen Ein­ord­nung und dem Zweck der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze hat sich durch die am 1. Ja­nu­ar 1999 in Kraft ge­tre­te­ne Neu­fas­sung des § 16 Be­trAVG nichts geändert. So­weit die ak­ti­ven Ar­beit­neh­mer kei­nen vol­len Teue­rungs­aus­gleich, son­dern ge­rin­ge­re Ver­diens­terhöhun­gen er­hal­ten, müssen sich auch die Be­triebs­rent­ner mit ei­ner ent­spre­chen­den Ren­ten­erhöhung be­gnügen. Fol­ge­rich­tig ist es für die künf­ti­gen An­pas­sungs­ent­schei­dun­gen von Be­deu­tung, ob die ak­ti­ven Ar­beit­neh­mer ei­nen Ab­bau der Re­al­lohn­ein­bußen durch späte­re Ver­diens­terhöhun­gen er­rei­chen (BAG 21. Au­gust 2001 - 3 AZR 589/00 - BA­GE 98, 349, 352 f.). Da­durch wird dem Wert­si­che­rungs­zweck der Be­triebs­ren­ten­an­pas­sung Rech­nung ge­tra­gen, oh­ne die Be­triebs­rent­ner ge­genüber den Ak­ti­ven zu be­vor­zu­gen. Dem­ge­genüber würde ei­ne iso­lier­te, auf je­weils drei Jah­re be­grenz­te Be­trach­tungs­wei­se da­zu führen, dass den Be­triebs­rent­nern Kauf­kraft­ver­lus­te ver­blie­ben, die den ak­ti­ven Ar­beit­neh­mern nicht mehr entstünden. Die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger würden nur un­zu­rei­chend berück­sich­tigt.
 


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§ 16 Abs. 4 Satz 1 Be­trAVG nF hat nicht zu ei­ner Verkürzung des Prüfungs­zeit­raums für die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze auf die letz­ten drei dem An­pas­sungs­stich­tag un­mit­tel­bar vor­aus­ge­hen­den Jah­re geführt. Die­se Vor­schrift setzt vor­aus, dass ei­ne An­pas­sung we­gen schlech­ter wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens zu Recht ganz oder teil­wei­se un­ter­blie­ben ist. Falls die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze zum Zu­ge kommt, be­schränkt sich der aus­zu­glei­chen­de An­pas­sungs­be­darf auf die Net­to­lohn­stei­ge­rung. Die An­pas­sung ist dann nicht teil­wei­se „un­ter­blie­ben“. Den Be­lan­gen des Ver­sor­gungs­empfängers ist viel­mehr in vol­lem Um­fang Rech­nung ge­tra­gen.

b) Bei der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze kommt es nicht dar­auf an, wie sich die Net­to­vergütun­gen des ein­zel­nen Ver­sor­gungs­empfängers oh­ne Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les und oh­ne Aus­schei­den aus dem Ar­beits­verhält­nis vor­aus­sicht­lich ent­wi­ckelt hätten. Ent­schei­dend ist die Lohn­ent­wick­lung in ei­ner be­stimm­ten Ver­gleichs­grup­pe ak­ti­ver Ar­beit­neh­mer. Be­reits die Recht­spre­chung zu § 16 Be­trAVG aF hat­te aus Gründen der Prak­ti­ka­bi­lität, ins­be­son­de­re zur Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung auf ei­ne In­di­vi­dua­li­sie­rung ver­zich­tet (vgl. ua. BAG 11. Au­gust 1981 - 3 AZR 395/80 - BA­GE 36, 39, 51; 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 44 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 36, zu 2 c der Gründe). Dar­an hat der Ge­setz­ge­ber bei der Neu­fas­sung des § 16 Be­trAVG fest­ge­hal­ten. Er woll­te mit § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG nF die bis­he­ri­ge Rechts­la­ge ver­deut­li­chen und fest­schrei­ben (vgl. BT-Drucks. 13/8011 S. 73).


Nach § 16 Be­trAVG aF hat­ten die Ar­beit­ge­ber bei der Fest­le­gung der maßgeb­li­chen Ver­gleichs­grup­pe ak­ti­ver Ar­beit­neh­mer ei­nen weit­ge­hen­den Ge­stal­tungs­spiel­raum (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 44 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 36, zu 2 a bb der Gründe). Er ist nicht be­sei­tigt wor­den (BAG 9. No­vem­ber 1999 - 3 AZR 432/98 - BA­GE 92, 358, 375). Die Ar­beit­ge­ber dürfen un­ter an­de­rem die Ge­samt­kon­zep­ti­on ih­res Ver­sor­gungs­werks, die Prak­ti­ka­bi­lität der in Be­tracht kom­men­den Mo­del­le und den mit ih­nen je­weils ver­bun­de­nen Ver­wal­tungs­auf­wand berück­sich­ti­gen, müssen je­doch den In­ter­es­sen der Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten und dem An­pas­sungs­zweck aus­rei­chend Rech­nung tra­gen. Ins­be­son­de­re müssen kla­re, ver­dienst­be­zo­ge­ne Ab­gren­zungs­kri­te­ri­en die Grup­pen­bil­dung als sach­ge­recht er­schei­nen las­sen (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - aaO, zu 2 a der Gründe). Zwi­schen dem Kreis der Ver­sor­gungs­empfänger und der Ver­gleichs­grup­pe ak­ti­ver Ar­beit­neh­mer muss ein genügen­der Zu­sam­men­hang be­ste­hen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat noch näher zu prüfen, in­wie­weit die Grup­pen­bil­dung der Be­klag­ten die­sen An­for­de­run­gen genügt. Da­bei ist Fol­gen­des zu berück­sich­ti­gen:



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aa) § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG nF ver­bie­tet nicht ei­ne kon­zern­weit er­mit­tel­te, ein­heit­li­che re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze. Die­se Vor­schrift zwingt die Ar­beit­ge­ber nicht zu ei­ner un­ter­neh­mens­be­zo­ge­nen Bil­dung ver­gleich­ba­rer Ar­beit­neh­mer­grup­pen, son­dern ver­schafft den Ar­beit­ge­bern erhöhte Rechts­si­cher­heit, wenn sie den vom Ge­setz­ge­ber aus­drück­lich ge­bil­lig­ten Weg be­schrei­ten. Die For­mu­lie­rung „gilt als erfüllt“ bringt zum Aus­druck, dass es kei­ner wei­te­ren Prüfung mehr be­darf, wenn die ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ein­ge­hal­ten wer­den. Das heißt je­doch nicht, dass an­de­re Be­rech­nungs­me­tho­den er­mes­sens­feh­ler­haft sind. Ent­schei­det sich der Ar­beit­ge­ber für ei­ne an­de­re Be­rech­nungs­art, so ist noch ei­ne Bil­lig­keits­kon­trol­le er­for­der­lich. Sie ist mit Pro­zess­ri­si­ken ver­bun­den (BAG 9. No­vem­ber 1999 - 3 AZR 432/98 - BA­GE 92, 358, 375; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - AP Be­trAVG § 1 Aus­le­gung Nr. 1, zu II 3 a der Gründe).


Ei­ne Ab­wei­chung von der im Ge­setz vor­ge­se­he­nen und für in­ter­es­sen­ge­recht er­ach­te­ten Be­rech­nungs­me­tho­de ist zwar möglich, be­darf aber ei­ner tragfähi­gen Be­gründung. An sie dürfen we­gen des wei­ten Er­mes­sens­spiel­raums des Ar­beit­ge­bers kei­ne zu ho­hen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Bei der Be­wer­tung ei­nes von § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG ab­wei­chen­den An­pas­sungs­mo­dells ist von we­sent­li­cher Be­deu­tung, in­wie­weit es sich in die Ge­samt­kon­zep­ti­on des Ver­sor­gungs­werks einfügt und den In­ter­es­sen der Ver­sor­gungs­empfänger Rech­nung trägt. Die Vor­tei­le und Nach­tei­le sind nicht punk­tu­ell zu ei­nem ein­zel­nen An­pas­sungs­stich­tag, son­dern lang­fris­tig und ge­ne­ra­li­sie­rend fest­zu­stel­len. Da bei ei­ner un­ter­neh­mensüberg­rei­fen­den re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze so­wohl Ri­si­ken wie Chan­cen sin­ken, wird es sich häufig um ei­ne aus­ge­wo­ge­ne in­ter­es­sen­ge­rech­te Lösung han­deln (BAG 9. No­vem­ber 1999 - 3 AZR 432/98 - BA­GE 92, 358, 375 f.; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - AP Be­trAVG § 1 Aus­le­gung Nr. 1, zu II 3 der Gründe).

Im vor­lie­gen­den Fall er­hielt die Kläge­rin ei­ne kon­zern­weit zu­ge­sag­te und ein­heit­lich ab­ge­wi­ckel­te be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung. Dies spricht ent­schei­dend für die Zulässig­keit ei­ner kon­zern­wei­ten re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze. Dem bis­he­ri­gen Sach­vor­trag der Par­tei­en lässt sich nicht ent­neh­men, dass we­gen der Be­son­der­hei­ten des M-Kon­zerns ei­ne kon­zern­wei­te Grup­pen­bil­dung nicht sach­ge­recht ist.


bb) So­weit die Be­klag­te le­dig­lich die Re­al­lohn­ent­wick­lung im Kern­kon­zern zu­grun­de ge­legt hat, ist der ihr zu­ste­hen­de Er­mes­sens­spiel­raum über­schrit­ten. Zum Kern­kon­zern zählen nach der De­fi­ni­ti­on der Be­klag­ten die Un­ter­neh­men, die durch ei­nen Ge­winn­abführungs­ver­trag oder durch ein qua­li­fi­ziert fak­ti­sches Kon­zern­verhält­nis mit der Kon­zern­mut­ter ver­bun­den sind. Die Ver­gleichs­grup­pe muss je­doch al­le


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Un­ter­neh­men er­fas­sen, auf die sich die kon­zern­wei­te An­pas­sungs­ent­schei­dung er­stre­cken soll. Wenn die An­pas­sung we­gen der kon­zern­ein­heit­li­chen Aus­ge­stal­tung und Ab­wick­lung der Ver­sor­gung kon­zern­weit er­fol­gen soll, ist es we­der fol­ge­rich­tig noch sach­ge­recht, bei der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze nur ei­nen Teil der Kon­zern­un­ter-neh­men zu berück­sich­ti­gen und die übri­gen aus­zu­blen­den. Für die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze spielt es kei­ne Rol­le, bei wel­chen Kon­zern­un­ter­neh­men ein Be­rech­nungs­durch­griff auf die Kon­zern­mut­ter in Be­tracht kommt. Der Be­rech­nungs­durch­griff be­trifft die wirt­schaft­li­che La­ge des Un­ter­neh­mens. Da­von zu un­ter­schei­den sind die Be­lan­ge der Ver­sor­gungs­empfänger, um die es bei der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze geht.


cc) Falls die Be­klag­te die Net­to­lohn­ent­wick­lung al­ler Mit­ar­bei­ter des Kon­zerns zu­grun­de le­gen möch­te, be­darf die­se Ab­wei­chung von § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG ei­ner aus­rei­chen­den, der­zeit noch feh­len­den Be­gründung. Auch bei ei­ner kon­zern­wei­ten re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze ent­spricht es dem Leit­bild des § 16 Abs. 2 Nr. 2 Be­trAVG, nicht auf die ge­sam­te Be­leg­schaft, son­dern auf ei­ne Grup­pe von Ar­beit­neh­mern ab­zu­stel­len, die mit dem Ver­sor­gungs­empfänger ver­gleich­bar ist. Die Kläge­rin als Führungs­kraft und lei­ten­de An­ge­stell­te zählt nicht zu den ta­rif­li­chen An­ge­stell­ten. Nach dem bis­he­ri­gen Sach­vor­trag der Par­tei­en ist es zu­min­dest ver­tret­bar, die außer­ta­rif­li­chen und lei­ten­den An­ge­stell­ten als ver­gleich­ba­re Ar­beit­neh­mer­grup­pe an­zu­se­hen. Die Ab­gren­zung der ta­rif­li­chen von den außer­ta­rif­li­chen und lei­ten­den An­ge­stell­ten ist klar und be­ruht auf ver­dienst­be­zo­ge­nen Kri­te­ri­en. Die außer­ta­rif­li­chen und lei­ten­den An­ge­stell­ten wei­sen ei­ne ge­genüber den ta­rif­li­chen An­ge­stell­ten ei­genständi­ge Vergütungs­ent­wick­lung auf.


dd) So­weit die An­pas­sungs­ent­schei­dung glei­cher­maßen für die Or­gan­mit­glie­der gel­ten soll, müss­te kon­se­quen­ter­wei­se auch ih­re Vergütungs­ent­wick­lung berück­sich­tigt wer­den. Ih­re Nicht­berück­sich­ti­gung ist je­doch für die An­pas­sung der Be­triebs­ren­ten von Nicht­or­gan­mit­glie­dern unschädlich, wenn da­durch die Höhe der er­for­der­li­chen An­pas­sun­gen nicht be­ein­flusst wird, zB we­gen der verhält­nismäßig ge­rin­gen Zahl der Or­gan­mit­glie­der. Falls die Be­klag­te für die frühe­ren Or­gan­mit­glie­der ei­ne ge­son­der­te An­pas­sungs­ent­schei­dung trifft, ist auch de­ren re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze ge­son­dert zu er­mit­teln. Die Or­gan­mit­glie­der spie­len dann für die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze der Be­triebs­ren­ten frühe­rer Ar­beit­neh­mer kei­ne Rol­le.

c) Die Kläge­rin hat kei­nen An­spruch auf höhe­re An­pas­sung ih­rer Dienst­zeit­ren­te, wenn die von der Be­klag­ten zur Er­mitt­lung der re­al­lohn­be­zo­ge­nen Ober­gren­ze an­ge-
 


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wand­te Be­rech­nungs­me­tho­de zwar un­zuläng­lich ist, sich die auf­ge­tre­te­nen Feh­ler aber auf die Höhe der An­pas­sung nicht aus­wir­ken. Ent­schei­dend ist, ob die Leis­tungs­be­stim­mung im Er­geb­nis der Bil­lig­keit ent­spricht (BAG 23. Mai 2000 - 3 AZR 103/99 - AP Be­trAVG § 16 Nr. 44 = EzA Be­trAVG § 16 Nr. 36, zu 2 b der Gründe; 20. Mai 2003 - 3 AZR 179/02 - AP Be­trAVG § 1 Aus­le­gung Nr. 1, zu II 8 der Gründe). Den Par­tei­en wird Ge­le­gen­heit ge­ge­ben, da­zu Stel­lung zu neh­men, wie die An­pas­sungs­ent­schei­dung aus­ge­fal­len wäre, wenn die Be­klag­te den rich­ti­gen Prüfungs­zeit­raum zu­grun­de ge­legt und in ei­ner in­ner­halb ih­res Er­mes­sens­spiel­raums lie­gen­den Art und Wei­se die ver­gleich­ba­re Ar­beit­neh­mer­grup­pe be­stimmt hätte.


d) Die Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits erübrigt sich nicht des­halb, weil die Be­klag­te den Auf­la­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht nach­ge­kom­men ist. Es hat sich aus sei­ner Sicht fol­ge­rich­tig mit der recht­li­chen Pro­ble­ma­tik der rich­ti­gen Ver­gleichs­grup­pe nicht näher aus­ein­an­der ge­setzt. Zu­dem reicht ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts der für die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze maßgeb­li­che Prüfungs­zeit­raum nicht bis zum 31. De­zem­ber des Vor­jah­res, son­dern bis zum An­pas­sungs­stich­tag. Selbst wenn die Be­klag­te die Auf­la­gen im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vollständig erfüllt hätte, könn­te der Se­nat nicht ab­sch­ließend darüber ent­schei­den, ob und ggf. in­wie­weit die re­al­lohn­be­zo­ge­ne Ober­gren­ze der ge­for­der­ten An­pas­sung der Dienst­zeit­ren­te ent­ge­gen­steht. Auch dann würde der er­for­der­li­che Sach­vor­trag feh­len.


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