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Witwenrente trotz später Ehe?
11.08.2015. Amors Wege sind unergründlich. Sein Pfeil kann einen mit 60 Jahren genauso überraschend und intensiv treffen, wie mit Anfang zwanzig.
Doch so mancher Gedanke verdrängt die Schmetterlinge und sorgt für Schmerzen im Bauch: "Was ist, wenn ich mal krank werde? Wie kann ich dafür sorgen, dass mein Partner auch nach meinem Tod finanziell abgesichert ist?"
Und hier kommen Hinterbliebenenrenten ins Spiel: Wer eine Altersrente beanspruchen kann, hat damit im Falle seines Todes oft auch seinen hinterbliebenen Partner abgesichert, vorausgesetzt natürlich, es besteht eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft.
Mit einem aktuellen Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Zahlung einer Witwenrente zu entscheiden, die der Arbeitgeber vom Alter des Arbeitnehmers bei der Hochzeit abhängig machen wollte und überraschte damit: BAG, Urteil vom 04.08.2015, 3 AZR 137/13 (Pressemitteilung).
- Wie entschieden die Arbeitsgerichte bislang zu sogenannten Spätehenklauseln?
- Der Streitfall: Arbeitnehmer heiratet Partnerin erst mit 61 Jahren
- BAG: Arbeitgeber dürfen Zahlung einer Witwenrente nicht vom Alter des Arbeitnehmers bei der Hochzeit abhängig machen
Wie entschieden die Arbeitsgerichte bislang zu sogenannten Spätehenklauseln?
In den vergangenen Jahren mussten überlebende Ehepartner betriebsrentenberechtigter Arbeitnehmer oft um die Zahlung einer Hinterbliebenenrente als Leistung der betrieblichen Altersversorgung bangen. Schuld daran waren sog. "Spätehenklauseln", durch die Arbeitgeber die Zahlung einer Hinterbliebenenrente einschränken können.
Und davon machen die Arbeitgeber in großem Umfang Gebrauch:
So bestimmte eine Versorgungsordnung, dass der Ehepartner, der den Arbeitnehmer erst nach dessen Ruhestand geheiratet hat, von der Hinterbliebenenrente ausgeschlossen wird (wir berichteten: Arbeitsrecht aktuell 13/295 Spätehenklauseln in der betrieblichen Altersversorgung).
Eine andere Versorgungsordnung machte den Anspruch der Witwe davon abhängig, dass die Ehe vor dem 55. Lebensjahr geschlossen wird und die Witwe zum Zeitpunkt des Todes zumindest 50 Jahre alt ist (vgl. dazu BAG, Urteil vom 19.02.2002, 3 AZR 99/01).
Eine weitere Versorgungsordnung legte fest, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht besteht, wenn der Ehepartner mehr als 15 Jahre jünger als der ehemalige Arbeitnehmer ist (vgl. dazu Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2005, 5 Sa 509/05).
In allen diesen Fällen klagten die überlebenden Eheleute. Und in allen Fällen gingen sie leer aus.
Der Sinn hinter den Spätehenklauseln ist offensichtlich. Ehen, die nur zum Zwecke der späteren Versorgung geschlossen werden, möchte der Arbeitgeber nicht finanziell fördern. Und da eine Betriebsrente und auch eine Hinterbliebenenrente vom Arbeitgeber freiwillig gewährt werden, kann er auch entscheiden, unter welchen Voraussetzungen er dies tut.
In den o.g. Fällen akzeptierten die Arbeitsgerichte den Leistungsausschluss. Doch mit dem hier besprochenen Urteil entschied das BAG zugunsten der klagenden Witwe: BAG, Urteil vom 04.08.2015, 3 AZR 137/13.
Der Streitfall: Arbeitnehmer heiratet Partnerin erst mit 61 Jahren
Der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer lebte seit 1992 mit seiner Partnerin zusammen. Nach einer Verlobung zu Ostern 1993 heirateten sie im Jahr 2008. Der Arbeitnehmer war zu der Zeit 61 Jahre alt. Im Dezember 2010 verstarb er.
Die Witwe wandte sich daraufhin an den ehemaligen Betrieb ihres verstorbenen Ehemannes, der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und auch eine Hinterbliebenenrente zugesagt hatte.
Die Unterstützungskasse teilte ihr aber mit, dass die Zahlung einer Witwenrente nicht in Betracht kommt. Denn die Versorgungsordnung bestimmte, dass ein Anspruch auf eine Witwenrente nur besteht, wenn die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahrs des Arbeitnehmers geschlossen wurde. Da der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Hochzeit aber bereits 61 Jahre alt gewesen ist, waren die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Witwenrente nicht gegeben.
Die Witwe wollte sich damit nicht abfinden und klagte gegen die Unterstützungskasse auf Zahlung der Witwenrente. Dabei argumentierte sie, dass Spätehenklausel unwirksam sei, und zwar aus folgendem Grund:
Solche Klauseln, so die Klägerin, verleiden reiferen Arbeitnehmern die Lust auf eine späte Ehe. Während junge Arbeitnehmer bei der Heirat wissen, dass ihr Partner durch eine Hinterbliebenenrente abgesichert ist, haben alte Arbeitnehmer bzw. Betriebsrentner diese Aussicht nicht.
Das stellt nach Ansicht der Witwe eine altersbedingte Diskriminierung älterer Menschen und/oder einer Verstoß gegen die Ehefreiheit (Art.6 Abs.1 Grundgesetz - GG) dar. Und altersbedingte Benachteiligungen von Arbeitnehmern sind verboten, wenn es keine triftigen Sachgründe dafür gibt. Das folgt aus dem Europarecht und aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Das Arbeitsgericht München wies die Klage der Witwe ab (Arbeitsgericht München, Urteil vom 04.06.2012, 3 Ca 9945/11). Das Landesarbeitsgericht (LAG) München schloss sich der Meinung des Arbeitsgerichts an und folgte damit der bisherigen Rechtsprechung des BAG (LAG München, Urteil vom 15.01.2013, 7 Sa 573/12).
BAG: Arbeitgeber dürfen Zahlung einer Witwenrente nicht vom Alter des Arbeitnehmers bei der Hochzeit abhängig machen
Das BAG entschied überraschenderweise zugunsten der Witwe und sprach ihr einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente zu. Das Gericht sah in der Spätehenklausel eine Altersdiskriminierung nach dem AGG. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
Die Spätehenklausel, die die Zahlung der Witwenrente vom Alter des Arbeitnehmers bei der Hochzeit abhängig macht, benachteiligt den Arbeitnehmer unmittelbar wegen des Alters. Die Klausel ist daher nach § 7 Abs.2 AGG unwirksam.
Anders als die Vorinstanzen konnte die Benachteiligung wegen des Alters laut BAG auch nicht durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt werden. Denn § 10 Satz 3 Nr.4 AGG normiert, dass Altersgrenzen in betrieblichen Versorgungssystemen für Alters- und Invaliditätsrenten zulässig sind und eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Da es sich bei einer Hinterbliebenenrente jedoch weder um eine Alters- noch um eine Invaliditätsrente handelt, wird diese Versorgungsform nicht von § 10 Satz 3 Nr.4 AGG umfasst.
Auch eine Rechtfertigung der Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 10 Satz 1 und 2 AGG kam laut BAG nicht in Betracht. Danach sind unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Laut BAG stellt die hier streitige Spätehenklausel aber eine zu starke Beeinträchtigung älterer Arbeitnehmer dar.
Fazit: Mit dieser Entscheidung hat das BAG seine Rechtsprechung zu Spätehenklauseln ein wenig zugunsten versorgungsberechtigter Angehöriger geändert. Arbeitgeber sollten künftig auf solche altersabhängigen Differenzierungen in betrieblichen Versorgungssystemen verzichten.
Ob sogenannte "Bestandsklauseln" ebenfalls unwirksam sind, ist der Pressemeldung nicht zu entnehmen. Nach solchen Klauseln sind Hinterbliebene von einer Rente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht eine bestimmte Mindestdauer bestanden hat.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.08.2015, 3 AZR 137/13 (Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.08.2015, 3 AZR 137/13
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 15.01.2013, 7 Sa 573/12
- Arbeitsgericht München, Urteil vom 04.06.2012, 3 Ca 9945/11
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.10.2013, 3 AZR 294/11
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2005, 5 Sa 509/05
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Arbeitsrecht aktuell: 19/173 Wirksamkeit von Spätehenklauseln
- Arbeitsrecht aktuell: 18/301 Kürzung von Witwenrenten bei großem Altersunterschied
- Arbeitsrecht aktuell: 18/046 Keine Witwenrente bei zu großem Altersunterschied
- Arbeitsrecht aktuell: 14/360 Betriebsrentenanpassung und Verwirkung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/142 Keine Betriebsrentenanpassung bei der Commerzbank
- Arbeitsrecht aktuell: 13/295 Spätehenklauseln in der betrieblichen Altersversorgung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/279 Altersdiskriminierung bei der betrieblichen Altersvorsorge
- Arbeitsrecht aktuell: 12/240 Betriebsrente - Anpassung durch IBM war unzureichend
- Arbeitsrecht aktuell: 09/018 Keine Hinterbliebenenrente für gleichgeschlechtliche Partner?
- Arbeitsrecht aktuell: 09/005 BAG stärkt Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers bei Betriebsrentenzusagen
- Arbeitsrecht aktuell: 08/108 EuGH distanziert sich erneut vom Mangold-Urteil
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 2. August 2019
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