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Verfallsfrist gemäß TV-L wird durch Klage nicht gewahrt
18.03.2016. Wer eine Ausschlussfrist (Verfallsfrist) einhalten muss, muss seinen Anspruch fristgemäß "geltend machen", und das in aller Regel schriftlich. Liegt dem Schuldner innerhalb der Frist keine schriftliche Aufforderung zur Leistung vor, geht der Anspruch unter.
Auch eine Klageschrift ist ohne Zweifel eine "schriftliche Geltendmachung" der begehrten Leistung, doch fragt sich, wann hier die Ausschlussfrist gewahrt ist: Schon mit Einreichung der Klage bei Gericht oder erst dann, wenn das Gericht die Klage dem Beklagten zugestellt hat?
Vorgestern hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die rechtzeitige Einreichung einer Klage bei Gericht tarifvertragliche Ausschlussfristen nicht wahrt, wenn es um die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen geht: BAG, Urteil vom 16.03.2016, 4 AZR 421/15 (Pressemeldung des Gerichts).
- Was heißt fristgemäße "schriftliche Geltendmachung" eines Anspruchs im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist?
- Im Streit: Die Ausschlussfrist nach § 37 TV-L
- BAG: Soll eine tarifliche Ausschlussfrist durch schriftliche Aufforderung zur Leistung gewahrt werden, genügt die Einreichung einer Klage bei Gericht dazu nicht
Was heißt fristgemäße "schriftliche Geltendmachung" eines Anspruchs im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist?
Viele Tarif- und Arbeitsverträge enthalten Ausschlussfristen, denen zufolge Ansprüche untergehen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber dem Anspruchsgegner schriftlich geltend gemacht werden. Auch in manchen Betriebsvereinbarungen und Sozialplänen finden sich solche Verfallsfristen.
In der Regel schreiben Ausschlussklauseln vor, dass Ansprüche innerhalb einer Frist von z.B. zwei, drei oder sechs Monaten gegenüber dem Schuldner "schriftlich geltend gemacht" werden müssen und bei Fristversäumung untergehen bzw. verfallen.
Einige Ausschlussfristen sehen darüber hinaus vor, dass die Ansprüche nach erfolgloser Geltendmachung eingeklagt werden müssen. Dann liegt eine zweistufige Ausschlussfrist vor: Auf der ersten Stufe ist eine schriftliche Geltendmachung erforderlich, auf der zweiten Stufe eine Klage.
In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass unter "Geltendmachung" eine Aufforderung zur Leistung zu verstehen ist. Sollen rückständige Lohnansprüche geltend gemacht werden, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber daher zur Zahlung auffordern. Und "schriftlich" heißt, dass man ein Schreiben aufsetzen muss, wobei allerdings ein Fax oder eine E-Mail genügt.
Fraglich ist jedoch, ob eine Ausschlussfrist auf der ersten Stufe, d.h. durch schriftliche Geltendmachung gewahrt ist, wenn der Anspruchsinhaber eine Klage aufsetzt und diese innerhalb der Frist bei Gericht einreicht. Wenn man hier § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) anwendet, wäre die Frist eingehalten. § 167 ZPO lautet:
"Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt."
Allerdings ist dieser ZPO-Paragraph für prozessuale Anträge und für Klagen gedacht, also z.B. für Kündigungsschutzklagen. Auch mit Klagen müssen oft Fristen eingehalten werden. Und da sich das Gericht um die Zustellung der Klage kümmern muss, sollen Verzögerungen bei der gerichtlichen Zustellung nicht dem klagenden Bürger zur Last fallen.
Aber gilt § 167 ZPO auch für außergerichtliche Aufforderungen zur Leistung, mit denen Ausschlussfristen gewahrt werden sollen?
Hierzu hat das BAG im Mai 2014 entschieden, dass § 167 ZPO auf die gesetzliche Zweimonatsfrist zur außergerichtliche Geltendmachung einer Diskriminierungsentschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anzuwenden ist (BAG, Urteil vom 22.05.2014, 8 AZR 662/13 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/189 Frist bei Entschädigung für Diskriminierung).
Allerdings war kurze Zeit später ein anderer BAG-Senat der Meinung, dass das nicht für die außergerichtliche Beanstandung einer zu geringen Betriebsrentenanpassung gilt, d.h. hier soll die rechtzeitige Klageeinreichung nicht genügen (BAG, Urteil vom 21.10.2014, 3 AZR 690/12 - wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/360 Betriebsrentenanpassung und Verwirkung).
Zu tariflichen Ausschlussfristen hat sich das BAG bislang nicht geäußert. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf im September 2014 geurteilt, dass § 167 ZPO auch in solchen Fällen gilt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2014, 10 Sa 1329/13, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/378 Klage wahrt Ausschlussfrist gemäß 167 ZPO).
Jetzt hat das BAG diese Streitfrage andersherum beantwortet.
Im Streit: Die Ausschlussfrist nach § 37 TV-L
Ein Arbeitnehmer verlangte von seinem öffentlichen Arbeitgeber rückständiges Gehalt für Juni 2013, und zwar per Zahlungsklage. Diese reichte er am 18.12.2013 beim Arbeitsgericht ein. Zugstellt wurde die Klage dem beklagten Arbeitgeber am 07.01.2014.
Auf das Arbeitsverhältnis war der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anzuwenden, und nach dessen § 37 verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Streitfall lief diese Frist daher am 30.12.2013 ab.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg gaben der Klage statt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.04.2015, 23 Sa 232/15). Sie meinten, dass der fristgerechte Eingang der Klageschrift bei Gericht zur Wahrung der tariflichen Verfallsfrist ausgereicht hätte, denn § 167 ZPO sei auch auf tarifliche Verfallfristen anzuwenden.
BAG: Soll eine tarifliche Ausschlussfrist durch schriftliche Aufforderung zur Leistung gewahrt werden, genügt die Einreichung einer Klage bei Gericht dazu nicht
Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht und wies die Klage ab. Zur Begründung heißt es in der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG:
§ 167 ZPO ist auf tarifliche Ausschlussfristen, die eine bloße schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen vorsehen, nicht anwendbar, so die Erfurter Richter. Mit dieser Entscheidung folgt das BAG seiner "langjährigen Rechtsprechung". Danach hat sich der Arbeitnehmer als Gläubiger einer Lohnforderung den Zeitverlust, der durch die Inanspruchnahme des Gerichts bei einer Zahlungsaufforderung per Klage entsteht, selbst zuzurechnen.
Das wesentliche Argument des BAG lautet, dass eine Zahlungsklage ja zur Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist nicht zwingend erforderlich ist, wenn die tarifliche Verfallsklausel nur die schriftliche Geltendmachung eines Anspruchs vorsieht.
Fazit: Wer den fristentechnisch überflüssigen Umweg übers Gericht bzw. über eine Klage wählt, muss die damit verbundenen Zustellungsverzögerungen in Kauf nehmen. Damit sollten Arbeitnehmer und ihre Anwälte, die ja zu über 90 Prozent von Ausschlussfristen bzw. von deren negativen Rechtsfolgen betroffen sind, leben können.
Denn eine Lohnklage setzt voraus, dass man schriftlich angibt, wie viel Geld man haben möchte und aus welchen rechtlichen Gründen. Wer kurz vor Ablauf einer Ausschlussfrist dazu in der Lage ist, sollte auch kein Problem damit haben, dem Arbeitgeber zur Einhaltung einer Ausschlussfrist eine Kopie der Klage direkt per Boten und/oder per E-Mail zu übermitteln.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.03.2016, 4 AZR 421/15 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.03.2016, 4 AZR 421/15
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.04.2015, 23 Sa 232/15
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2014, 10 Sa 1329/13
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.10.2014, 3 AZR 690/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.05.2014, 8 AZR 662/13
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.07.2008 I ZR 109/05
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Schriftformklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 19/080 Urlaub nach Betriebszugehörigkeit ist keine Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/255 Berufserfahrung bei der TV-L-Stufenzuordnung auch im Ausland?
- Arbeitsrecht aktuell: 18/150 Hemmung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist durch Vergleichsverhandlungen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/138 Beginn der Ausschlussfrist bei Schadensersatzforderungen
- Arbeitsrecht aktuell: 17/063 Tarifstufen im öffentlicher Dienst und Ausländerdiskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/254 Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/378 Klage wahrt Ausschlussfrist gemäß 167 ZPO
- Arbeitsrecht aktuell: 14/360 Betriebsrentenanpassung und Verwirkung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/189 Frist bei Entschädigung für Diskriminierung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 30. März 2019
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