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Hemmung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist durch Vergleichsverhandlungen
21.06.2018. Ausschlussfristen sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. Entsprechende Klauseln finden sich in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträgen.
Ausschlussklauseln sehen vor, dass Ansprüche innerhalb einer recht kurzen Frist von einigen Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden müssen und bei Fristversäumung ersatzlos untergehen. Bei einer zweistufigen Ausschlussklausel muss der Anspruchsinhaber sogar binnen einer bestimmten Frist Klage erheben, um den Verfall seiner Ansprüche zu verhindern.
In einem gestern ergangenen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die Frist zur Klageerhebung vorübergehend nicht läuft bzw. gehemmt ist, solange die Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen führen: BAG, Urteil vom 20.06.2018, 5 AZR 262/17 (Pressemeldung des Gerichts).
- Anwendung von Verjährungsvorschriften auf Ausschlussfristen?
- Im Streit: Arbeitnehmer klagt erst nach Ablauf der vertraglichen Ausschlussfrist Urlaubsabgeltung und Überstunden ein
- BAG: Schreibt eine Ausschlussklausel die Klagerhebung binnen einer bestimmten Frist vor, ist der Fristablauf für die Dauer außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen gehemmt
Anwendung von Verjährungsvorschriften auf Ausschlussfristen?
Ausschlussfristen gelten nur, wenn es eine entsprechende Vereinbarung gibt, d.h. eine tarifliche, arbeitsvertragliche oder in einer Betriebsvereinbarung enthaltene Ausschlussfristenregelung. Dementsprechend können Ausschlussfristen verschieden lang sein (sechs Wochen, drei Monate, sechs Monate usw.), und sie können dem Anspruchsinhaber verschiedene Pflichten auferlegen (schriftliche Geltendmachung und/oder Klageerhebung).
Im Unterschied zu Ausschlussfristen gelten Verjährungsfristen auf der Grundlage allgemeiner gesetzlicher Regelungen und sind daher gleich lang. So verjähren arbeitsvertragliche Ansprüche im Allgemeinen innerhalb von drei Jahren ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind und der Anspruchsinhaber von ihnen Kenntnis hatte, vgl. § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verb. mit § 199 BGB. Um die Verjährung abzuwenden, muss der Anspruchsinhaber im Normalfall Klage erheben (§ 204 Abs.1 Nr.1 BGB).
Ist ein Anspruch verjährt, kann der Schuldner die Leistung verweigern, d.h. er kann sich auf die Verjährung berufen (§ 214 Abs.1 BGB). Der verjährte Anspruch besteht aber trotzdem weiter, so dass der Schuldner seine Leistung nicht zurückfordern kann, wenn er einen verjährten Anspruch erfüllt hat (§ 214 Abs.2 Satz 1 BGB). Und auch das Gericht muss die Verjährung eines eingeklagten Anspruchs nicht von sich aus („ von Amts wegen“) prüfen, sondern erst dann, wenn sich der Beklagte auf die Verjährung beruft.
Im Vergleich zu Verjährungsfristen haben Ausschlussfristen weiterreichende Folgen. Sie vernichten nämlich den von ihnen betroffenen Anspruch, so dass das Gericht die Geltung von Ausschlussfristen von sich aus überprüfen muss, d.h. von Amts wegen. Der Beklagte muss sich daher vor Gericht nicht ausdrücklich auf Ausschlussfristen berufen.
Vor diesem Hintergrund gehen die Arbeitsgerichte im Allgemeinen davon aus, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung auf Ausschlussfristen nicht anzuwenden sind. Das gilt nach bisheriger Rechtsprechung auch für § 203 BGB, der die Hemmung der Verjährungsfrist für die Dauer von außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen vorsieht. § 203 BGB lautet:
„Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.“
Mit seinem gestern ergangenen Urteil hat das BAG entgegen der bisherigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte entschieden, dass auch Ausschlussfristen gemäß § 203 BGB durch außergerichtliche Vergleichsverhandlungen gehemmt sein können.
Im Streit: Arbeitnehmer klagt erst nach Ablauf der vertraglichen Ausschlussfrist Urlaubsabgeltung und Überstunden ein
Ein technischer Sachbearbeiter verlangte nach seinem Ausscheiden 31.07.2015 von seinem (Ex-)Arbeitgeber 6.387,52 EUR Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung (4.671,88 EUR). In seinem Ende 2013 geschlossenen Arbeitsvertrag war folgende zweistufige Ausschlussklausel enthalten:
„Ansprüche beider Parteien aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich gegenüber der Gegenseite geltend gemacht werden. Entscheidend ist der Zugang des Schreibens. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden.
Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder äußert sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Geltendmachung, so ist der Anspruch innerhalb von weiteren drei Monaten ab Zugang der Ablehnung bzw. bei Ablauf der Zweiwochenfrist bei Gericht anhängig zu machen. Andernfalls ist der Anspruch verfallen und kann nicht mehr geltend gemacht werden.“
Die erste Stufe dieser zweistufigen Ausschlussfrist (schriftliche Geltendmachung) hielt der Arbeitnehmer ein, jedenfalls bezüglich der Urlaubsabgeltung. Denn sein Aufforderungsschreiben vom 14.09.2015 traf rechtzeitig beim Arbeitgeber ein, nämlich innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs.
Der Arbeitgeber lehnte die Zahlung mit Schreiben vom 28.09.2015 ab, bot dem Arbeitnehmer dabei aber gleichzeitig eine einvernehmliche Lösung an. In der Folgezeit führten die Parteien mithilfe von Anwälten Vergleichsverhandlungen, die bis zum 25.11.2015 dauerten, letztlich aber keinen Erfolg hatten. Schließlich erhob der Arbeitnehmer am 21.01.2016 Klage. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als drei Monate seit der Forderungsablehnung durch den Arbeitgeber (Schreiben vom 28.09.2015) vergangen, so dass die zweite Stufe der Ausschlussfrist (= drei Monate ab Zugang der Ablehnung) nicht eingehalten war.
Das Arbeitsgericht Nürnberg wies darauf hin die Klage ab (Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 09.02.2017, 11 Ca 340/16), und auch das in der Berufungsinstanz zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschied zugunsten des Arbeitgebers (LAG Nürnberg, Urteil vom 09.05.2017, 7 Sa 560/16).
BAG: Schreibt eine Ausschlussklausel die Klagerhebung binnen einer bestimmten Frist vor, ist der Fristablauf für die Dauer außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen gehemmt
In Erfurt vor dem BAG hatte der klagende Arbeitnehmer Erfolg, denn die Erfurter Richter hoben die Urteile der Vorinstanzen auf und verwiesen den Rechtsstreit zurück zum LAG, das nunmehr über die genaue Höhe der streitigen Ansprüche entscheiden muss. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Schreibt eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel vor, dass arbeitsvertragliche Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden müssen, ist die Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Satz 1 BGB gehemmt, solange die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen. Konkret heißt das laut BAG, dass die Zeit, während der die Vergleichsverhandlungen geführt werden, in sinngemäßer Anwendung des § 209 BGB in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet werden.
Allerdings soll die weitergehende Regelung des § 203 Satz 2 BGB, wonach die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintritt, auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen nicht angewandt werden so das BAG.
Dem BAG ist zuzustimmen. Aufgrund der erheblichen rechtlichen Folgen von Ausschlussfristen spricht nichts dagegen, gesetzliche Vorschriften über die Beschränkung der Verjährung auf Ausschlussfristen sinngemäß anzuwenden, d.h. deren Reichweite ebenfalls einzuschränken.
Bedauerlich an dem Urteil des BAG ist nur, dass die Erfurter Richter die mit Spannung erwartete Entscheidung der Frage weiter vertagt haben, ob arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln intransparent und damit insgesamt nichtig sind (gemäß § 307 Abs.1 BGB), wenn sie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich ausnehmen. Da der klagende Arbeitnehmer hier bereits Erfolg hatte, weil die Ausschlussfrist infolge von § 203 Satz 1 BGB nicht abgelaufen war, brauchte das BAG diese Rechtsfrage hier im Streitfall nicht zu entscheiden.
Fazit: Läuft auf der Grundlage einer zweistufigen Ausschlussfrist nach Einhaltung der ersten Stufe (schriftliche Geltendmachung des Anspruchs) die Frist zur Klageerhebung, ist der Fristablauf gehemmt, solange die Parteien außergerichtliche Vergleichsverhandlungen führen.
Werden diese Verhandlungen allerdings gegen Ende der Frist zur Klageerhebung geführt, muss sich der Anspruchsinhaber mit seiner Klage beeilen, sobald die Vergleichsverhandlungen gescheitert sind bzw. nicht mehr geführt werden. Denn die dreimonatige Galgenfrist des § 203 Satz 2 BGB gilt in einem solchen Fall nicht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2018, 5 AZR 262/17 (Pressemeldung des Gerichts)
- Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 09.05.2017, 7 Sa 560/16
- Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 09.02.2017, 11 Ca 340/16
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/138 Beginn der Ausschlussfrist bei Schadensersatzforderungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/254 Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/092 Verfallsfrist gemäß TV-L wird durch Klage nicht gewahrt
- Arbeitsrecht aktuell: 14/402 Verwirkung von Ansprüchen wegen Mobbings
- Arbeitsrecht aktuell: 14/378 Klage wahrt Ausschlussfrist gemäß § 167 ZPO
- Arbeitsrecht aktuell: 13/240 Betriebsübergang und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 13/181 Ausschlussklausel und Vorsatz
- Arbeitsrecht aktuell: 12/092 Arbeitsvertragliche Ausschlussfrist und mangelnde Deutschkenntnis
- Arbeitsrecht aktuell: 11/196 Ausschlussklausel in AGB wirkt gegen Arbeitgeber, auch wenn die Frist zu kurz ist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/158 Urlaubsabgeltung und Ausschlussfristen
Letzte Überarbeitung: 25. September 2018
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