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Ausschlussklausel und Vorsatz
28.06.2013. Viele vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsverträge enthalten sog. Ausschlussfristen.
Üblicherweise heißt es in einer solchen arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten, in der Klausel genannten Frist (schriftlich) gegenüber der Gegenpartei geltend gemacht werden.
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Anwendungsbereich solcher Klauseln beschränkt. "Normale" Ausschlussklauseln gelten laut BAG nicht für Schadensersatzansprüche, die aus vorsätzlichem Handeln anderer Arbeitnehmer hergeleitet werden: BAG, Urteil vom 20.06.2013, 8 AZR 280/12.
- Welche Ansprüche sind von einer "gewöhnlichen" arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel erfasst?
- Der Fall des BAG: Tankstellenleiterin sieht sich von ihrem Vorgesetzten gemobbt und verklagt den Arbeitgeber auf Schadensersatz
- BAG: Ausschlussklauseln regeln im Allgemeinen keine Fragen der Haftung wegen vorsätzlicher Schädigung
Welche Ansprüche sind von einer "gewöhnlichen" arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel erfasst?
Eine gängige Formulierung für eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist lautet:
"Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden."
In manchen Fällen werden solche Klauseln noch ergänzt um die Obliegenheit, innerhalb einer weiteren Frist Klage zu erheben. Dann heißt es z.B. in einer Ausschlussklausel weiterhin:
"Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."
Enthält die Ausschlussklausel auch die Obliegenheit zur Klageerhebung, spricht man von einer zweistufigen Ausschlussfrist: Auf einer ersten Stufe muss der Anspruchsberechtigte seinen Anspruch innerhalb der Ausschlussfrist schriftlich erheben, und auf einer weiteren bzw. zweiten Stufe muss er dann (falls man sich nicht einig wird) fristgebunden Klage erheben.
Unklar ist, ob solche "normalen" arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln auch für Schadensersatzansprüche gelten, die aus vorsätzlichem Handeln des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer hergeleitet werden können, also z.B. vorsätzlich begangene Körperverletzungen betreffen.
Hier gelten zwingende gesetzliche Grenzen: Denn die Parteien eines Arbeitsvertrages können weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Vertrag erleichtern (§ 202 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs.3 BGB). Schädigt der Arbeitgeber daher den Arbeitnehmer vorsätzlich, kann er seine Haftung wegen § 202 Abs.1 BGB nicht durch eine Ausschlussklausel vor der gesetzlichen Verjährung (drei Jahre) zum Erlöschen bringen.
Aber immerhin ist es Arbeitgebern möglich, ihre Haftung für vorsätzliche Schädigungen ihrer "Erfüllungsgehilfen" zu beschränken, d.h. für solche Schädigungen, die der Arbeitnehmer durch Arbeitskollegen oder Vorgesetzte (= Erfüllungsgehilfen des Arbeitgebers) erlitten hat. Diese Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung folgt aus § 276 Abs.3 BGB in Verb. mit § 278 Satz 2 BGB.
Vor diesem Hintergrund fragt sich, wie eine "normale" Ausschlussklausel wie im obigen Beispiel zu verstehen ist: Gehört der Schadensersatzanspruch, den ein Arbeitnehmer wegen schuldhaften "Mobbings" seines Vorgesetzten nach dem Gesetz (§ 278 Satz 1 BGB) gegen den Arbeitgeber hat, auch den "beiderseitigen Ansprüchen", die er innerhalb der Ausschlussfrist geltend machen muss?
Dafür spricht, dass die Klausel ja ausdrücklich "alle" Ansprüche erfassen soll. Dagegen spricht, dass sie ja Ansprüche wegen vorsätzlicher Schädigungen durch den Arbeitgeber je nach dem Gesetz nicht erfassen kann und so gesehen das Thema Haftung wegen Vorsatzes generell ausklammert.
Der Fall des BAG: Tankstellenleiterin sieht sich von ihrem Vorgesetzten gemobbt und verklagt den Arbeitgeber auf Schadensersatz
Eine Tankstellenleiterin vereinbarte nach einem Inhaberwechsel mit dem neuen Inhaber einen befristeten Arbeitsvertrag, der vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010 bestehen sollte. Dazu kam es aber nicht, da die Arbeitnehmerin ab Mitte November 2009 durchgehend arbeitsunfähig krank war.
Anfang Februar 2010 vereinbarten die Parteien eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2010. Bis dahin wurde die Arbeitnehmerin nicht wieder gesund.
Der vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertrag enthielt eine Ausschlussklausel, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Ende März 2010 informierte die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer Ende August 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Arbeitgeber am 09.09.2010 zugestellten Klage machte sie erstmalig die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen „Mobbings“ durch ihren Vorgesetzten geltend.
Das Arbeitsgericht Köln (Urteil vom 06.10.2010, 5 Ca 6981/10) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln wiesen die Klage ab (Urteil vom 31.01.2012, 5 Sa 1560/10). Das LAG Köln war der Meinung, die dreimonatige Ausschlussklausel sei auf die hier von der Arbeitnehmerin behauptete vorsätzliche Schädigung durch ihren Vorgesetzten anzuwenden, da eine solche Erleichterung der Verjährung durch § 202 Abs.1 BGB ja nicht ausgeschlossen ist.
BAG: Ausschlussklauseln regeln im Allgemeinen keine Fragen der Haftung wegen vorsätzlicher Schädigung
Das BAG hob die Urteile auf und verwies den Rechtsstreit an das LAG zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es dazu:
Eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist ist laut BAG im Regelfall so auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, ist dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt.
Zu diesen Gesetzesvorschriften rechnet das BAG offenbar § 276 Abs.3 BGB und § 278 Satz 2 BGB, denen zufolge der Arbeitgeber sich nicht für eigenes vorsätzliches Handeln freizeichnen kann, wohl aber für vorsätzliches Handeln anderer Arbeitnehmer (Kollegen, Vorgesetzte). Und auch den § 202 Abs.1 BGB hat das BAG hier im Blick, dem zufolge eine arbeitsvertragliche Ausschlussklausel Schadensersatzansprüche wegen Vorsatzes nicht vor der gesetzlichen Verjährung (drei Jahre) zum Erlöschen bringen kann.
Angesichts dieser gesetzlichen Regelungen ist eine "normale", d.h. knapp formulierte Ausschlussklausel im Allgemeinen so zu verstehen, dass sie das gesamte Thema der Haftung wegen Vorsatzes gar nicht betrifft, so das BAG.
Fazit: Arbeitgeber, die ihre Haftung für vorsätzliche Schädigungen ihrer Erfüllungsgehilfen (Arbeitskollegen, Vorgesetzte) ausschließen wollen, müssen das ausdrücklich machen. Mit einer "schlanken" Ausschlussklausel wie im hier entschiedenen Fall erreichen sie eine solche Haftungsbeschränkung nicht. Das ist auch gut so, denn Arbeitnehmer sollten ungefähr wissen, welche Ansprüche von einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel bedroht sind und welche nicht.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013, 8 AZR 280/12 (BAG-Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 31.01.2012, 5 Sa 1560/10
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/150 Hemmung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist durch Vergleichsverhandlungen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/138 Beginn der Ausschlussfrist bei Schadensersatzforderungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/254 Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Gericht seine Entscheidungsgründe schriftlich abgefasst und veröffentlicht. Die Entscheidungsgründe im Volltext finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 25. September 2018
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