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ArbG Her­ne, Ur­teil vom 22.03.2016, 5 Ca 2806/15

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Kündigung: Rechtsradikalismus, Kündigung: Facebook, Facebook
   
Gericht: Arbeitsgericht Herne
Aktenzeichen: 5 Ca 2806/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.03.2016
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Nachgehend Landesarbeitsgericht Hamm, 3 Sa 451/16: kein Urteil wegen Zurücknahme der Berufung
   

Ak­ten­zei­chen:
5 Ca 2806/15
Ent­schei­dung vom 22.03.2016

Te­nor:

1. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

2. Die Kos­ten des Rechts­streits trägt der Kläger.

3. Der Streit­wert wird auf 15.400,00 € fest­ge­setzt.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um die Be­en­di­gung ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie um Zah­lungs­ansprüche aus die­sem.

Der 48-jähri­ge le­di­ge Kläger ist seit dem 01. Sep­tem­ber 1983 für die Be­klag­te zu­letzt als Berg­me­cha­ni­ker un­ter Ta­ge zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ent­gelt von 3.850,00 € tätig. Auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en fin­det kraft bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­bin­dung die Ta­rif­verträge des Rhei­nisch - Westfäli­schen St­ein­koh­le­berg­baus An­wen­dung. An­fang Ok­to­ber 2015 – der ge­naue Zeit­punkt ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig – er­brach­te der Kläger zu­letzt Ar­beits­leis­tung für die Be­klag­te. Seit­her be­fin­det sich der Kläger in Kurz­ar­beit.

Der Kläger un­terhält pri­vat un­ter sei­nem Na­men ei­nen Face­book – Acount. In sei­nem frei­zugäng­li­chen Face­book­pro­fil hat er als Ar­beit­ge­ber „Berg­wer­ke Q I bei S AG“ an­ge­ge­ben. Bei Auf­ruf des Pro­fils er­schei­nen die An­ga­ben zum Ar­beit­ge­ber an obers­ter Stel­le. Auf sei­ner Face­book­sei­te teil­te der Kläger ei­ne Viel­zahl von Beiträgen, wel­che sich mit dem The­ma Asyl- und Ein­wan­de­rungs­po­li­tik be­fasst ha­ben (Blatt 82 ff der Ak­te). Darüber hin­aus kom­men­tier­te der Kläger auf an­de­ren Sei­ten Beiträge an­de­rer Nut­zer. Am 05. Ok­to­ber 2015 kom­men­tier­te der Kläger auf der Face­book­sei­te des Fern­seh­sen­ders nt-v ei­nen Bei­trag über ei­nen Brand in ei­ner Thürin­ger Asyl­un­ter­kunft in der Nacht vom 04. Ok­to­ber 2015 mit der Über­schrift „Dra­ma in Thürin­gen: Lei­che nach Brand in Asyl­un­ter­kunft ge­fun­den“ mit fol­gen­den Wor­ten:

„hof­fe das al­le ver­bren­nen,,, die nicht ge­mel­det sind.“

Auf der Face­book­sei­te des Fern­seh­sen­ders er­schien ne­ben dem Kom­men­tar ein Pro­fil­bild so­wie der Pro­fil­na­me des Klägers. So­bald Be­su­cher der Web­sei­te, die ih­rer­seits bei Face­book an­ge­mel­det wa­ren, mit der Maus über den Na­men oder das Bild fuh­ren, öff­ne­te sich in ei­nem so­ge­nann­ten „Po­pUp-Fens­ter“ die Pro­fil­sei­te des Klägers, an des­sen obers­ter Stel­le der Ar­beit­ge­ber be­nannt wur­de (Blatt 108 der Ak­te). Auf den Kom­men­tar des Klägers re­agier­ten an­de­re Be­su­cher der Web­sei­te, so schrieb un­ter an­de­rem ein Be­su­cher wört­lich:

„E U, du bist ja mal der Ober­knal­ler. Scheint so als wenn du mit „brau­ner“ Koh­le zu tun hadt. Sce­en­shots sind doch was fei­nes.“

Im wei­te­ren Ver­lauf der Kom­men­tie­rung äußer­te der Kläger noch:

„wenn mir ei­ner sagt ich bin Na­zi …falsch …Herr na­zi“

„al­le raus und geht es gut.“

Am 06. Ok­to­ber 2015 er­hielt die S AG Kon­zern­re­vi­si­on GmbH von ei­nem ex­ter­nen Drit­ten ei­nen te­le­fo­ni­schen Hin­weis auf die Kom­men­tie­run­gen des Klägers auf der Face­book­sei­te des Fern­seh­sen­ders nt-v. Die Kon­zern­re­vi­si­on ging dem Hin­weis nach und in­for­mier­te am 19. Ok­to­ber 2015 den Per­so­nal­di­rek­tor des Berg­wergs Q I über das Er­geb­nis der Er­mitt­lun­gen. Am 21. Ok­to­ber 2015 wur­de der Kläger auf dem Berg­werk Q I von Ver­tre­ter der Be­klag­ten und des Be­triebs­rats zu dem Vor­fall an­gehört. Im Rah­men des Gespräches räum­te der Kläger die Ur­he­ber­schaft der Kom­men­ta­re ein. Wei­te­re Ein­zel­hei­ten des Gespräches sind zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Mit Schrei­ben vom 23. Ok­to­ber 2015 (Blatt 120 ff der Ak­te) wur­de der Be­triebs­rat des Berg­werks Q I zu ei­ner be­ab­sich­ti­gen außer­or­dent­li­chen Kündi­gung, hilfs­wei­se or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers an­gehört. Mit Schrei­ben vom 26. Ok­to­ber 2015 (Blatt 9 der Ak­te), wel­ches dem Kläger noch am sel­ben Tag zu­ging, kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis mit dem Kläger frist­los, hilfs­wei­se zum 30. Ju­ni 2016.

Mit sei­ner am 10. No­vem­ber 2015 bei Ge­richt ein­ge­gan­gen und später er­wei­ter­ten Kla­ge wen­det sich der Kläger ge­gen die Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses und macht Ent­gelt­ansprüche für die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber 2015 gel­tend.

Der Kläger ist der An­sicht, die Kündi­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses sei un­wirk­sam. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung sei un­wirk­sam, weil die Kündi­gungs­erklärungs­frist § 626 Abs. 2 BGB nicht ein­ge­hal­ten wor­den sei. Hier­zu be­haup­tet er, am 05. Ok­to­ber 2015 die Kom­men­ta­re auf der Face­book­sei­te des Fern­seh­sen­des veröffent­licht zu ha­ben. Am sel­ben Abend bzw. am an­de­ren Mor­gen, mit­hin spätes­tens am 06. Ok­to­ber 2015 sei der Bei­trag be­reits wie­der gelöscht wor­den. Die Be­klag­te sei spätes­tens am 06. Ok­to­ber 2015 durch ei­nen an­ony­men Da­tenüber­mitt­ler über den Vor­gang in Kennt­nis ge­setzt wor­den. Darüber hin­aus sei die Kündi­gung un­wirk­sam, weil der Be­triebs­rat vor Aus­spruch der Kündi­gung nicht an­gehört wor­den sei. Fer­ner sei die Kündi­gung nicht ge­recht­fer­tigt. Hier­zu be­haup­tet er, den Kom­men­ta­ren vor­aus­ge­gan­gen sei am 05. Ok­to­ber 2015 sei­ne letz­te 8-St­un­den-Schicht bei der Be­klag­ten. Die­ses sei der Grund ge­we­sen, dass er an die­sem Abend mit meh­re­ren Be­kann­ten und Freun­den zu­sam­men­ge­kom­men sei. Er ha­be da­bei reich­lich Al­ko­hol zu sich ge­nom­men. Zu­dem ha­be er zum da­ma­li­gen Zeit­punkt er­heb­li­che Pro­ble­me im Pri­vat­be­reich auf­ge­wie­sen. Er sei kein „Na­zi“ und ha­be auch in kei­ner Wei­se Ak­ti­vitäten die­ser Sen­dung un­terstützt. Die Kom­men­tie­rung auf der In­ter­net­sei­te sei oh­ne jeg­li­chen Zu­sam­men­hang mit sei­nem Ar­beit­ge­ber er­folgt. Nur we­ni­ge Le­ser des Kom­men­ta­res konn­ten bei wei­te­ren Re­cher­chen durch ei­nen Link auf sei­ne Face­book­sei­te ge­lan­gen.

Der Kläger be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 26. Ok­to­ber 2015 noch durch die or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 26. Ok­to­ber 2015 be­en­det wird;

2. die Be­klag­ter zu ver­ur­tei­len, ihm im Fal­le des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1) bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­rechts­streits zu un­veränder­ten ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen als Berg­me­cha­ni­ker Un­ter­ta­ge wei­ter zu beschäfti­gen;

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn für den Mo­nat No­vem­ber 2015 3.850,00 € brut­to zu zah­len nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01. De­zem­ber 2015;

4. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn für den Mo­nat De­zem­ber 2015 3.580,00 € brut­to zu zah­len nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01. Ja­nu­ar 2016.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie ist der An­sicht, die Kündi­gung sei durch ei­nen wich­ti­gen Grund ge­recht­fer­tigt. Durch sei­ne Äußerung auf der Face­book­sei­te des Nach­rich­ten­sen­der nt-v ha­be der Kläger ih­ren Ruf beschädigt und da­durch in gro­ber Wei­se ge­gen sei­ne Ver­pflich­tung aus dem Ar­beits­verhält­nis ver­s­toßen. Zwar han­de­le es sich bei den Äußerun­gen des Klägers zunächst um pri­va­te Äußerun­gen. Durch das frei­zugäng­li­che Face­book­pro­fil des Klägers, auf dem sie als Ar­beit­ge­be­rin be­nannt wur­de, sei sie je­doch selbst mit den Äußerun­gen des Klägers in Ver­bin­dung ge­bracht wor­den. Die Re­ak­ti­on an­de­rer Nut­zer der Sei­te hätten ge­zeigt, dass die­ser Zu­sam­men­hang zwi­schen der Tätig­keit des Klägers und ihr auch her­ge­stellt wor­den sei. Ne­ben der Rufschädi­gung sei auch ei­ne nach­hal­ti­ge Störung des Be­triebs­frie­dens für den Fall der Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers zu befürch­ten. Der Kläger konn­te auch nicht da­mit rech­nen, dass sie die volks­ver­het­zen­den Äußerun­gen dul­den würde. Fer­ner be­haup­tet die Be­klag­te, der Be­triebs­rat sei vor Aus­spruch der Kündi­gung ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den. Mit sei­ner Un­ter­schrift auf dem Anhörungs­bo­gen (Blatt 120 der Ak­te) ha­be der Be­triebs­rat un­ter dem 26. Ok­to­ber 2015 do­ku­men­tiert, dass er kei­ne Einwände ge­gen die Kündi­gung er­he­ben wer­de.

Bezüglich des wei­te­ren Vor­brin­gens wird auf die wech­sel­sei­ti­gen schriftsätz­li­chen Ausführun­gen der Par­tei­en ein­sch­ließlich der An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

Die Kla­ge ist un­be­gründet.

I. Die zulässi­ge und recht­zei­tig er­ho­be­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge ist un­be­gründet.

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 26. Ok­to­ber 2015 mit de­ren Zu­gang beim Kläger am sel­ben Tag be­en­det wor­den. Die Kündi­gung ist durch ei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne des § 626 Abs. 1 BGB ge­recht­fer­tigt. Die Kündi­gungs­erklärungs­frist des § 626 Abs. 2 BGB ist ge­wahrt. Der Be­triebs­rat ist vor Aus­spruch der Kündi­gung ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den.

1. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist durch ei­nen wich­ti­gen Grund ge­recht­fer­tigt.

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses selbst bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ab der Sach­ver­halt oh­ne sei­ne be­son­de­ren Umstände „an sich“, das heißt ty­pi­scher Wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­net ist. Als dann be­darf es der Prüfung, ob dem Kündi­gen­den die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses un­ter Berück­sich­ti­gung der kon­kre­ten Umstände des Fal­les - je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist - zu­mut­bar ist oder nicht (z.B. BAG, Ur­teil vom 26. März 2015 - 2 AzR 517/14 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 49; Ur­teil vom 20. No­vem­ber 2014 - 2 AzR 651/13 - EZA 626 BGB 2002 Nr. 47).

Als wich­ti­ger Grund ist ne­ben der Ver­let­zung ver­trag­li­cher Haupt­pflich­ten auch die schuld­haf­te Ver­let­zung von Ne­ben­pflich­ten „an sich“ ge­eig­net (BAG, Ur­teil vom 26. März 2015 - 2 AzR 517/14 - a.a.O.; Ur­teil vom 08. Mai 2014 - 2 AzR 449/13 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 45; Ur­teil vom 27. Ja­nu­ar 2011 - 2 AzR 825/09 - EZA § 626 BGB 2002 Ver­dacht straf­ba­re Hand­lun­gen Nr. 10). Nach § 241 Abs. 2 BGB ist je­de Par­tei des Ar­beits­ver­tra­ges zur Rück­sicht­nah­me auf die Rech­te, Rechtsgüter und In­ter­es­sen ih­res Ver­trags­part­ners ver­pflich­tet. Die­se Re­ge­lung dient dem Schutz und der Förde­rung des Ver­trags­zwe­ckes. Der Ar­beit­neh­mer hat sei­ne Ar­beits­pflich­ten so zu erfüllen und im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­de In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers so zu wah­ren, wie dies von ihm un­ter Berück­sich­ti­gung sei­ner Stel­lung und Tätig­keit im Be­trieb, sei­ner ei­ge­nen In­ter­es­sen und der In­ter­es­sen der an­de­ren Ar­beit­neh­mer im Be­trieb nach Treu und Glau­ben ver­langt wer­den kann (BAG, Ur­teil vom 28. Ok­to­ber 2010 - 2 AzR 293/09 - EZA § 1 KSchG Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 78). Er ist auch außer­halb der Ar­beits­zeit ver­pflich­tet, auf die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers Rück­sicht zu neh­men (BAG, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 - 2 AzR 257/08 - EZA § 1 KSchG Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 77; Ur­teil vom 23. Ok­to­ber 2008 - 2 AzR 483/07 - Ju­ris). Al­ler­dings kann ein außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers oder an­de­rer Ar­beit­neh­mer grundsätz­lich nur be­ein­träch­ti­gen, wenn es ei­nen Be­zug zu dienst­li­chen Tätig­keit hat, wenn et­wa der Ar­beit­neh­mer die Straf­tat un­ter Nut­zung von Be­triebs­mit­teln oder be­trieb­li­chen Ein­rich­tun­gen be­geht (BAG, Ur­teil vom 10. Sep­tem­ber 2009 - 2 AzR 257/08 - a.a.O.). Ein sol­cher Be­zug kann auch da­durch ent­ste­hen, dass der Ar­beit­ge­ber oder an­de­re Ar­beit­neh­mer in der Öffent­lich­keit mit der Straf­tat in Ver­bin­dung ge­bracht wer­den (BAG, Ur­teil vom 28. Ok­to­ber 2010 - 2 AzR 293/09 - a.a.O., Ur­teil vom 27. No­vem­ber 2008 - 2 AzR 98/07 - EZA § 1 KSchG Ver­dachtskündi­gung Nr. 4). Fehlt hin­ge­gen ein sol­cher Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis, schei­det ei­ne Ver­let­zung der ver­trag­li­chen Pflich­ten zur Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers re­gelmäßig aus (BAG, a.a.O.).

b) Der Kläger hat sei­ne Pflicht zur Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen der Be­klag­ten ver­letzt in dem er un­ter Ver­wen­dung ei­nes öffent­lich zugäng­li­chen Face­book-Pro­fils, in dem die Be­klag­te in iden­ti­fi­zier­ba­rer Wei­se als Ar­beit­ge­ber be­nannt wur­de, ei­nen volks­ver­het­zen­den Kom­men­tar auf der Face­book­sei­te des Fern­seh­se­ders nt-v veröffent­licht hat.

Durch sei­ne Äußerung „hof­fe das al­le ver­bren­nen“ im un­mit­tel­ba­ren Zu­sam­men­hang mit ei­ner Pres­se­veröffent­li­chung zum Brand in ei­nem Asyl­be­wer­ber­heim, bei dem ein Mensch ums Le­ben ge­kom­men ist, hat der Kläger die Men­schenwürde an­de­rer da­durch an­ge­grif­fen, dass er Tei­le der Bevölke­rung, nämlich Asyl­be­wer­ber, böswil­lig verächt­lich ge­macht und zum Hass ge­gen die­se auf­ge­sta­chelt hat. Un­abhängig von der straf­recht­li­chen Be­ur­tei­lung sei­ner Äußerung ist die­se ge­eig­net, den öffent­li­chen Frie­den zu stören, in dem sie für ei­nen Teil der Bevölke­rung das un­veräußer­li­che Recht auf Un­ver­sehrt­heit des Le­bens in Ab­re­de stellt. Das Ver­hal­ten des Klägers ist nicht vom Grund­recht der frei­en Mei­nungsäußerung (Ar­ti­kel 5 GG) ge­deckt. Das Grund­recht der Mei­nungsäußerungs­frei­heit fin­det sei­ne Gren­zen in den all­ge­mei­nen Ge­set­zen (Ar­ti­kel 5 Abs. 2 GG, vergl. BAG, Ur­teil vom 14. Fe­bru­ar 1996 - 2 AzR 274/95 - EZA § 626 BGB neue Fas­sung Nr. 160).

Die volks­ver­het­zen­den Äußerun­gen des Klägers hat­ten auch ei­nen Be­zug zum Ar­beits­verhält­nis zur Be­klag­ten. In sei­nem öffent­lich zugäng­li­chen Face­book-Pro­fil hat der Kläger die Be­klag­te in iden­ti­fi­zier­ba­rer Wei­se als Ar­beit­ge­ber be­nannt. Auf­grund der Pro­gram­mie­rung der Web­sei­ten auf Face­book konn­ten so­mit die bei Face­book re­gis­trier­ten Be­su­cher der Sei­te das Pro­fil des Klägers durch ein­fa­che Maus­be­we­gun­gen auf­ru­fen und so­mit die Be­klag­te als Ar­beit­ge­ber iden­ti­fi­zie­ren. Da­mit stellt der Kläger selbst ei­nen Zu­sam­men­hang zwi­schen der Be­klag­ten und sei­ner volks­ver­het­zen­den Äußerung her. Dass die­se Ver­bin­dung bei den Be­su­chern der Sei­te auch tatsächlich her­ge­stellt wur­de, zeigt der Kom­men­tar ei­nes Nut­zers, der ei­ne An­spie­lung auf brau­ne Koh­le mach­te.

c) Der Be­klag­ten war die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses auch nur bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist am 30. Ju­ni 2016 un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls nicht zu­mut­bar war.

aa) Bei der Prüfung ob dem Ar­beit­ge­ber die Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers trotz Vor­lie­gens ei­ner er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung je­den­falls bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist zu­mut­bar ist, ist in ei­ner Ge­samtwürdi­gung das In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen das In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers an des­sen Fort­be­stand ab­zuwägen. Es hat ei­ne Be­wer­tung des Ein­zel­fal­les un­ter Be­ach­tung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes zu er­fol­gen (BAG, Ur­teil vom 08. Mai 2014 - 2 AZR 429/13 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 45; Ur­teil vom 21. No­vem­ber 2013 - 2 AZR 797/11 - EZA § 1 KSchG Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 5). Da­bei las­sen sich die Umstände, an Hand de­rer zu be­ur­tei­len ist, ob dem Ar­beit­ge­ber die Wei­ter­beschäfti­gung zu­mut­bar ist oder nicht, nicht ab­sch­ließend fest­le­gen. Zu berück­sich­ti­gen sind aber re­gelmäßig das Ge­wicht und die Aus­wir­kung der in Re­de ste­hen­den Pflicht­ver­let­zung, der Grad des Ver­schul­dens des Ar­beit­neh­mers, ei­ne mögli­che Wie­der­ho­lungs­ge­fahr so­wie die Dau­er des Beschäfti­gungs­verhält­nis­ses und des­sen störungs­frei­er Ver­lauf (BAG, Ur­teil vom 08. Mai 2014 - 2 AzR 249/13 - a.a.O., Ur­teil vom 10. Ju­ni 2010 - 2 AzR 541/09 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 32). Ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung kommt nur in Be­tracht, wenn es kei­nen an­ge­mes­sen Weg gibt, das Ar­beits­verhält­nis fort­zu­setz­ten, weil dem Ar­beit­ge­ber sämt­li­che mil­de­ren Re­ak­ti­onsmöglich­kei­ten un­zu­mut­bar sind (BAG, Ur­teil vom 16. De­zem­ber 2010 - 2 AzR 485/08 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 33). Ei­ne ge­genüber der frist­lo­sen Kündi­gung in die­sem Sin­ne mil­de­res Mit­tel sind un­ter an­de­rem die or­dent­li­che Kündi­gung oder der Aus­spruch ei­ner Ab­mah­nung (BAG, Ur­teil vom 08. Mai 2014 - 2 AzR 249/13 - a.a.O.; Ur­teil vom 21. No­vem­ber 2013 - 2 AzR 797/11 a.a.O.).

Be­ruht die Pflicht­ver­let­zung auf steu­er­ba­rem Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers, ist grundsätz­lich da­von aus­zu­ge­hen, dass ein künf­ti­ges Ver­hal­ten durch die An­dro­hung von Fol­gen für den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses po­si­tiv be­ein­flusst wer­den kann. Or­dent­li­che und außer­or­dent­li­che Kündi­gung we­gen ei­ner Ver­trags­pflicht­ver­let­zung set­zen des­halb re­gelmäßig ei­ne Ab­mah­nung vor­aus. Ei­ner sol­chen be­darf es nach Maßga­be des in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Aus­druck kom­men­den Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes nur dann nicht, wenn be­reits ex an­te er­kenn­bar ist, dass ei­ne Ver­hal­tensände­rung in Zu­kunft auch nach Ab­mah­nung nicht zu er­war­ten steht, oder es sich um ei­ne so schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zung han­delt, dass be­reits de­ren erst­ma­li­ge Hin­nah­me dem Ar­beit­ge­ber nach ob­jek­ti­ven Maßstäben un­zu­mut­bar und da­mit of­fen­sicht­lich - auch für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar - aus­ge­schlos­sen ist (BAG, Ur­teil vom 20. No­vem­ber 2014 - 2 AzR 651/13 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 47, Ur­teil vom 25. Ok­to­ber 2012 - 2 AzR 495/11 - EZA § 626 BGB 2002 Nr. 41).

bb) Ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen be­durf­te es kei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung des Klägers. Es war auch für den Kläger oh­ne wei­te­res er­kenn­bar, dass die Be­klag­te es auch nicht ein­ma­lig hin­neh­men würde, mit volks­ver­het­zen­den Äußerun­gen, die straf­recht­li­che Re­le­vanz ha­ben könn­ten, in Ver­bin­dung ge­bracht zu wer­den. So stellt auch der Kläger nicht in Ab­re­de, dass ihm das so­zia­le En­ga­ge­ment der Be­klag­ten für Flücht­lin­ge be­kannt war. Un­ter Zu­grun­de­le­gung ob­jek­ti­ver Maßstäbe konn­te des­halb auch der Kläger nicht ernst­haft an­neh­men, die Be­klag­te wer­de die Auf­sta­che­lung von Hass ge­gen Flücht­lin­ge auch nur ein­ma­lig hin­neh­men.

cc) Un­ter Berück­sich­ti­gung der wei­te­ren Umstände des Ein­zel­fal­les ist die außer­or­dent­li­che Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses an­ge­mes­sen. Zwar war in­so­weit zu Guns­ten des Klägers des­sen über 32-jähri­ge be­an­stan­dungs­freie Be­triebs­zu­gehörig­keit zu berück­sich­ti­gen. Eben­falls ging die Kam­mer man­gels ent­ge­gen­ste­hen­der An­halts­punk­te da­von aus, dass der Kläger bei Ab­fas­sung der streit­ge­genständ­li­chen Kom­men­ta­re sich der Be­nen­nung der Be­klag­ten in sei­nem Face­book-Pro­fil nicht be­wusst war. Zu Guns­ten des Klägers war schließlich auch zu berück­sich­ti­gen, dass er zum Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gung nicht mehr ak­tiv von der Be­klag­ten beschäftigt wur­de und bei ei­nem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge auch nicht mehr in ein ak­ti­ves Beschäfti­gungs­verhält­nis zurück­ge­kehrt wäre. Un­strei­tig be­fand sich der Kläger be­reits am 05. Ok­to­ber 2015 in struk­tu­rel­ler Kurz­ar­beit und wäre - nach dem gewöhn­li­chen Lauf der Din­ge - an­sch­ließend in die so ge­nann­te An­pas­sung ge­gan­gen.

Dem ge­genüber war je­doch die be­son­de­re Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung des Klägers zu des­sen Las­ten zu berück­sich­ti­gen. Fer­ner war zu berück­sich­ti­gen, dass sich die Pflicht­ver­let­zung des Klägers nicht un­mit­tel­bar auf die be­trieb­li­chen Abläufe bei der Be­klag­ten aus­wirk­te, son­dern außer­be­trieb­lich zu ei­ner Be­ein­träch­ti­gung des An­se­hens der Be­klag­ten geführt hat. Des­halb kommt es im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung we­ni­ger dar­auf an, wie sich die Re­ak­ti­on der Be­klag­ten in­ner­be­trieb­lich aus­wirkt, son­dern dar­auf, wie die Be­klag­te auch nach außen hin an­ge­mes­sen auf das Feh­ler­ver­hal­ten des Klägers re­agie­ren kann. Zur Mi­ni­mie­rung des nach außen hin ein­ge­tre­te­nen Ima­ge­scha­dens der Be­klag­ten er­scheint es des­halb un­ter Abwägung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le im vor­lie­gen­den Fall an­ge­mes­sen das Ar­beits­verhält­nis des Klägers mit so­for­ti­ger Wir­kung zu lösen.

2. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist in­ner­halb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt wor­den.

a) Die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB be­ginnt nach Satz 2 der Vor­schrift mit dem Zeit­punkt, in dem der Kündi­gungs­be­rech­tig­te von dem für die Kündi­gung maßgeb­li­chen Tat­sa­chen Kennt­nis er­langt. Dies ist der Fall, so­bald er ei­ne zu­verlässi­ge und hin­rei­chen­de vollständi­ge Kennt­nis der ein­schlägi­gen Tat­sa­chen hat, die ihm die Ent­schei­dung darüber ermöglicht, ob er das Ar­beits­verhält­nis fort­set­zen soll oder nicht. Selbst ei­ne grob fahrlässi­ge Un­kennt­nis setzt die Frist nicht in Gang (BAG, Ur­teil vom 16. Ju­li 2005 - 2 AzR 85/15 - Ju­ris; Ur­teil vom 12. Fe­bru­ar 2005 - 6 AzR 815/13 EZA § 22 Be­rufs­bil­dungs­ge­setz 2005 Nr. 1; Ur­teil vom 22. No­vem­ber 2012 - 2 AzR 732/11 - EZA § 626 BGB 2002 Aus­schluss­frist Nr. 2). Zu den maßgeb­li­chen Tat­sa­chen gehören so­wohl die für als auch die ge­gen die Kündi­gung spre­chen­den Umstände. Der Kündi­gungs­be­rech­tig­te, der ge­wis­se An­halts­punk­te für ei­nen Sach­ver­halt hat, der zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung be­rech­ti­gen könn­te, kann nach pflicht­gemäßen Er­mes­sen wei­te­re Er­mitt­lun­gen an­stel­len und da­zu auch den Be­trof­fe­nen anhören, oh­ne das die Frist des 626 Abs. 2 BGB zu Lau­fen begänne. Dies gilt al­ler­dings nur so lan­ge, wie er aus verständi­gen Gründen und mit der ge­bo­te­nen Ei­le Er­mitt­lun­gen durchführt, die ihm ei­ne um­fas­sen­de und zu­verlässi­ge Kennt­nis des Kündi­gungs­sach­ver­hal­tes ver­schaf­fen soll. Soll der Kündi­gungs­geg­ner an­gehört wer­den, muss dies in­ner­halb ei­ner kur­zen Frist er­fol­gen. Sie darf im All­ge­mei­nen nicht mehr als ei­ne Wo­che be­tra­gen und nur bei Vor­lie­gen be­son­de­rer Umstände wer­den (BAG, Ur­teil vom 16. Ju­li 2005 - 2 AzR 85/15 - a.a.O. Ur­teil vom 20. März 2014 – 2 AzR 1037/12 - EZA § 626 BGB 2002 Aus­schluss­frist Nr. 6). Für die übri­gen Er­mitt­lun­gen gibt es kei­ne Re­gel­frist. Bei ih­nen ist Fall be­zo­gen zu be­ur­tei­len, ob sie hin­rei­chend zügig be­trie­ben wur­den (BAG, Ur­teil vom 31. März 1993 - 2 AzR 492/92 - EZA § 626 BGB Aus­schluss­fris­ten Nr. 5).

b) Zwi­schen den Par­tei­en steht außer Streit, dass am 06. Ok­to­ber 2015 die S AG Kon­zern­re­vi­si­on GmbH von den Veröffent­li­chun­gen des Klägers Kennt­nis er­langt hat. Die S AG Kon­zern­re­vi­si­on GmbH ist nicht Ar­beit­ge­ber des Klägers. Dass die S AG Kon­zern­re­vi­si­on GmbH zur Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers be­rech­tigt ge­we­sen wäre, wird auch vom Kläger nicht be­haup­tet.

Nach dem letzt­lich un­be­strit­te­nen Vor­trag der Be­klag­ten wur­de der Per­so­nal­di­rek­tor des Berg­werks Q I, der zur Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers be­rech­tigt war, erst am 19. Ok­to­ber 2015 über die Kündi­gungs­sach­ver­halt in­for­miert. Un­abhängig von den wei­te­ren Er­mitt­lun­gen der Be­klag­ten be­gann der Lauf der Kündi­gungs­erklärungs­frist mit­hin frühes­tens am 19. Ok­to­ber 2015. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung ist dem Kläger mit­hin noch in­ner­halb der Zwei­wo­chen­frist am 26. Ok­to­ber 2015 zu­ge­gan­gen.

3. Der Be­triebs­rat ist vor Aus­spruch der Kündi­gung ord­nungs­gemäß be­tei­ligt wor­den.

a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG ist der Be­triebs­rat vor je­der Kündi­gung an­zuhören. Der Ar­beit­ge­ber hat ihn gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 Be­trVG die Gründe für die Kündi­gung mit­zu­tei­len. Ei­ne oh­ne Anhörung des Be­triebs­rats aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG un­wirk­sam. Will der Be­triebs­rat ge­gen ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung Be­den­ken er­he­ben, muss dies gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG dem Ar­beit­ge­ber spätes­tens in­ner­halb von drei Ta­gen schrift­lich mit­tei­len. Ei­ne vor Frist­ab­lauf aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung ist gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG un­wirk­sam, es sei denn, es liegt be­reits ei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me des Be­triebs­rats vor (BAG, Ur­teil vom 23. Ok­to­ber 2014 - 2 AzR 736/13 - EZA § 102 Be­trVG 2001 Nr. 31; Ur­teil vom 13. No­vem­ber 1975 - 2 AzR 610/74 - EZA § 102 Be­trVG 1972 Nr. 20).

Ei­ne Ver­let­zung von § 102 Abs. 1 Be­trVG mit der Fol­ge der Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung liegt nur vor, wenn dem Ar­beit­ge­ber bei dem ihm ob­lie­gen­den Ein­lei­tung des Be­tei­li­gungs­ver­fah­rens ein Feh­ler un­terläuft. Mängel, die im Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Be­triebs­rats ent­ste­hen, führen grundsätz­lich nicht zur Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung we­gen feh­len­de Anhörung, dies gilt selbst dann, wenn der Ar­beit­ge­ber im Kündi­gungs­zeit­punkt weiss, oder er­ken­nen kann, dass der Be­triebs­rat die An­ge­le­gen­heit nicht feh­ler­frei be­han­delt hat (BAG, Ur­teil vom 24. Ju­ni 2004 - 2 AzR 461/03 - EZA § 102 Be­trVG 2001 Nr. 9; Ur­teil vom 15. No­vem­ber 1995 - 2 AzR 974/94 - EZA § 102 Be­trVG 1972 Nr. 89).

Hat der Ar­beit­neh­mer vor­ge­tra­gen, es be­ste­he ein Be­triebs­rat, wes­we­gen vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung des­sen Anhörung nach 102 Abs. 1 Be­trVG er­for­der­lich sei, so ob­liegt es dem Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen, dass die Anhörung des Be­triebs­rats ord­nungs­gemäß er­folgt ist. Da es sich um ei­ne Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung der Kündi­gung han­delt, trifft den Ar­beit­ge­ber in­so­weit Dar­le­gungs- und Be­weis­last. Auf ei­nen ent­spre­chen­den Pro­zess­vor­trag des Ar­beit­ge­bers darf sich der Ar­beit­neh­mer nicht dar­auf be­schränken, die ord­nungs­gemäße Be­triebs­rats­anhörung wei­ter pau­schal mit Nicht­wis­sen zu be­strei­ten, viel­mehr hat er nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und in ein­zel­nen dar­zu­le­gen, ob der Be­triebs­rat ent­ge­gen der Be­haup­tun­gen des Ar­beit­ge­bers über­haupt nicht an­gehört wor­den sei oder in wel­chem Punk­ten er die tatsächli­chen Erklärun­gen des Ar­beit­ge­bers über die Be­triebs­rats­anhörung für falsch oder für un­vollständig hält (BAG, Ur­teil vom 24. April 2008 - 8 AzR 268/07 - EZA § 613a BGB 2002 Nr. 92; Ur­teil vom 18. Mai 2006 - 2 AzR 245/05 - EZA § 1 KSchG Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 148).

b) Ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen wur­de der Be­triebs­rat ord­nungs­gemäß be­tei­ligt.

Mit Schrei­ben vom 23. Ok­to­ber 2015 ist der auf dem Berg­werk Q I gewähl­te Be­triebs­rat über die be­ab­sich­ti­ge Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses des Klägers un­ter Dar­le­gung der aus Sicht der Be­klag­ten maßgeb­li­chen Kündi­gungs­gründe in­for­miert wor­den. Die­sem Vor­trag der Be­klag­ten ist der Kläger nicht kon­kret ent­ge­gen­ge­tre­ten. Nach dem Vor­trag der Be­klag­ten hat der Be­triebs­rat zu­dem un­ter dem 26. Ok­to­ber 2015 durch Un­ter­schrift auf dem Anhörungs­bo­gen ei­ne ab­sch­ließen­de Stel­lung­nah­me zur Kündi­gung ab­ge­ge­ben. So­weit der Kläger pau­schal be­strei­tet, dass die ent­spre­chen­de Un­ter­schrift durch ei­nen Ver­tre­ter des Be­triebs­rats ab­ge­ge­ben wor­den ist, ist die­ses pau­scha­le Be­schrei­ben nach den oben dar­ge­leg­ten Grundsätzen un­be­acht­lich. Auch auf kon­kre­te Nach­fra­ge des Ge­rich­tes konn­te der Kläger kei­ner­lei Umstände vor­tra­gen, die dar­auf hin­deu­ten, die Erklärung wäre nicht vom Be­triebs­rat ab­ge­ge­ben wor­den. Dass die Un­ter­schrift von Ver­tre­tern der Be­klag­ten gefälscht wor­den ist, wird auch vom Kläger nicht be­haup­tet.

Kei­ner Aufklärung be­darf hier die Fra­ge, ob der Be­triebs­rat die Anhörung zur Kündi­gung ord­nungs­gemäß be­ar­bei­tet hat. Wie oben dar­ge­legt, wer­den et­wai­ge Feh­ler des Be­triebs­rats bei der Be­ar­bei­tung der Anhörung nicht zur Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung nach § 102 Be­trVG führen.

II. Steht mit­hin fest, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 26. Ok­to­ber 2015 mit des­sen Zu­gang beim Kläger noch am sel­ben Tag be­en­det wor­den ist, so hat der Kläger ge­gen die Be­klag­te auch kei­nen An­spruch auf tatsächli­che Wei­ter­beschäfti­gung aus § 611 BGB, der hier al­lein in Be­tracht kom­men­den An­spruchs­grund­la­ge.

III. Man­gels über den 26. Ok­to­ber 2015 hin­aus fort­be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat der Kläger ge­gen die Be­klag­te auch kei­nen An­spruch auf Zah­lung von Ar­beits­ent­gelt für die Mo­na­te No­vem­ber und De­zem­ber 2015 aus § 611, 615 BGB, der hier al­lein in Be­tracht kom­men­den An­spruchs­grund­la­ge.

IV. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streit­wert­fest­set­zung be­ruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 42 Abs. 3 GKG, 3 ff ZPO.

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