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NPD-Aktivist wegen Weiterleitung eines Aufrufs zum gewaltsamen Umsturz gekündigt
06.09.2012. Auch Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes dürfen sich politisch frei betätigen und ihre grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit (Art.5 Abs.1 Grundgesetz - GG) ausüben. Das bedeutet, dass weder verfassungsfeindliche Einstellungen noch verfassungsfeindliche Freizeitaktivitäten den Dienstherrn ohne weiteres zur Kündigung berechtigen.
Denn für eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigungen müsste der extremistische Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen, und diese enden bei "normalen" Arbeitnehmern am Betriebstor: Was ein "Radikaler" in seiner Freizeit macht, geht den Arbeitgeber im Allgemeinen nichts an. Und auch eine personenbedingte Kündigungen wegen fehlender Eignung ist nur schwer vor Gericht zu rechtfertigen, wenn der Gekündigte keine repräsentierenden oder meinungsbildenden Aufgaben hat wie z.B. ein Lehrer oder gar ein Schuldirektor.
Allerdings sollte man auch als Arbeitnehmer mit eher untergeordneten Aufgaben in seiner Freizeit nicht so weit gehen, zum gewaltsamen politischen Umsturz aufzurufen. Das hatte ein Karlsruher NPD-Aktivist getan, der aus diesem Grund gekündigt wurde und gestern das zweite Mal das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigte. Diesmal ging sein Arbeitgeber als Sieger vom Platz: BAG, Urteil vom 06.09.2012, 2 AZR 372/11.
- Wann kann ein öffentlicher Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der sich als rechtsradikaler politischer Aktivist betätigt, kündigen?
- Der Streitfall: Bei der Karlsruher Oberfinanzdirektion angestellter NDP-Aktivist verteilt einen Aufruf zum gewaltsamen Umsturz und wird deshalb zum wiederholten Mal gekündigt
- BAG: Auch Arbeitnehmer ohne gesteigerte Loyalitätspflichten dürfen nicht anstreben, den Staat oder die Verfassung zu beseitigen
Wann kann ein öffentlicher Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der sich als rechtsradikaler politischer Aktivist betätigt, kündigen?
Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes riskieren durch rechtsradikale Aktivitäten ihren Job. Allerdings kann der öffentliche Arbeitgeber nicht einfach "wegen Rechtsradikalismus" kündigen, sondern er braucht einen juristisch anerkannten Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Ein solcher Grund kann im Ausnahmenfall die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen „arglistiger Täuschung“ gemäß § 123 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sein, falls der rechtsradikale Arbeitnehmer bei der Einstellung Fragen zu verfassungsfeindlichen Aktivitäten falsch beantwortet hat.
Im Normalfall spricht der Arbeitgeber dagegen keine Anfechtung, sondern eine (ordentliche) Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.
Eine solche Kündigung kann durch verhaltensbedingte Gründe gerechtfertigt sein, was aber voraussetzt, dass der Gekündigte durch seine radikalen Einstellungen und/oder Aktivitäten konkrete betriebliche Störungen verursacht hat, z.B. Unzufriedenheit von „Kunden“ oder einen Streit unter Kollegen. Dieser Kündigungsgrund scheidet daher aus, wenn sich die rechtsradikalen Aktivitäten allein in der Freizeit abspielen.
Bleibt eine Kündigung aus personenbedingten Gründen, wenn der Rechtsradikale wegen seiner Einstellungen und/oder (Freizeit-)Aktivitäten für seine Arbeit nicht mehr persönlich geeignet ist. Solche Kündigungen gehen aber vor Gericht meist nur durch, wenn der Arbeitnehmer eine herausgehobene (repräsentierende und/oder meinungsbildende) Position hat.
Allerdings sollte man seine extremistischen politischen Äußerungen bzw. Aktivitäten auch "in der Freizeit" nicht auf die Spitze treiben. Wer öffentlich zur politischen Gewalt gegen den Staat, d.h. zum gewaltsamen politischen Umsturz aufruft, kann je nach Lage des Einzelfalls aus personenbedingten Gründen gekündigt werden.
Der Streitfall: Bei der Karlsruher Oberfinanzdirektion angestellter NDP-Aktivist verteilt einen Aufruf zum gewaltsamen Umsturz und wird deshalb zum wiederholten Mal gekündigt
Ein bei der Karlsruher Finanzverwaltung beschäftigter Innendienstmitarbeiter war in seiner Freizeit für die NPD aktiv. Unter anderem hatte er - trotz vorheriger Abmahnung - auf einer NPD-Veranstaltung aktiv teilgenommen. Dafür kündigte ihm sein Arbeitgeber aus verhaltens- und aus personenbedingten Gründen und erklärte obendrein die Anfechtung des Arbeitsvertrags.
Alle diese Versuche, das Arbeitsverhältnis mit dem NPDler zu beenden, schlugen fehl. Sowohl das Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg (Urteil vom 02.06.2009, 14 Sa 101/08) als auch das BAG erklärten Anfechtung und Kündigungen für unwirksam (BAG, Urteil vom 12.05.2011, 2 AZR 479/09, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 11/135 Kündigung wegen außerdienstlicher NPD-Aktivität). Denn der NPD-Aktivist war trotz seines unappetitlichen Freizeitverhaltens weiterhin für seine Arbeit geeignet und verrichtete diese ohne Beanstandungen.
Der Arbeitgeber ließ sich von diesen juristischen Niederlagen nicht entmutigen und erklärte drei Monate nach dem LAG-Urteil vom 02.06.2009 (14 Sa 101/08), d.h. im September 2009, eine erneute Kündigung. Diesmal wurde die Kündigung damit begründet, dass der NPDler einen ziemlich blutrünstigen Aufruf zum gewaltsamen politischen Umsturz per E-Mail weitergeleitet hatte.
Und siehe da: Diesmal zog der NPD-Aktivist mit seiner Kündigungsschutzklage sowohl vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe (Urteil vom 10.03.2010, 4 Ca 403/09) als auch vor dem LAG Baden-Württemberg den Kürzeren (Urteil vom 26.01.2011, 19 Sa 67/10). Beide Gerichte meinten, die Kündigung sei aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt, da der beklagten Staat als Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der aktiv dessen Abschaffung anstrebt.
BAG: Auch Arbeitnehmer ohne gesteigerte Loyalitätspflichten dürfen nicht anstreben, den Staat oder die Verfassung zu beseitigen
Das BAG hat sich dieser Meinung gestern angeschlossen und die Revision des NPLDers zurückgwiesen. Dieser hat damit seinen Job bei der Karlsruher Finanzverwaltung endgültig verloren. Das Land Baden-Württemberg hat damit einen jahrelangen juristischen Kampf für sich entscheiden können.
Soweit der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG entnommen werden kann, ging den Erfurter Richtern der Aufruf zur politischen Gewalt zu weit, den der Kläger per E-Mail weitergeleitet und von dem er sich auf Befragen im Prozess nicht distanziert hatte.
Fazit: Auch wenn man gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ("FDGO") politisch "illoyal" ist und den berechtigten Verdacht auf sich zieht, politisch extremistische Ansichten zu vertreten, und auch wenn man in entsprechenden Parteien aktiv ist, ist es noch ein weiterer Schritt hin zu einem Aufruf, in dem der Tod der "etablierten Meinungsdiktatoren" infolge eines revolutionären Umsturzes herbeigesehnt wird.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.09.2012, 2 AZR 372/11 (Pressemitteilung)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.05.2011, 2 AZR 479/09
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2011, 19 Sa 67/10
- Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 02.06.2009, 14 Sa 101/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 20/071 Fristlose Kündigung wegen rassistischer Äußerungen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/063 LAG Hannover: Keine Kündigung wegen des Verdachts der Nähe zum militanten Islamismus
- Arbeitsrecht aktuell: 16/298 Kündigung wegen Facebook-Kommentars
- Arbeitsrecht aktuell: 16/022 Kündigung wegen Schlägerei
- Arbeitsrecht aktuell: 15/210 Kündigung wegen Extremismus: Wenn die "Freizeit" den Job kostet
- Arbeitsrecht aktuell: 14/117 Verhaltensbedingte Kündigung wegen Tätlichkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/340 Arbeitsgericht Hamburg: Keine fristlose Kündigung wegen Totenkopf-Foto
- Arbeitsrecht aktuell: 11/135 Kündigung wegen außerdienstlicher NPD-Aktivität
- Arbeitsrecht aktuell: 11/106 Verhaltensbedingte Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
- Arbeitsrecht aktuell: 10/039 Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
- Arbeitsrecht aktuell: 09/073 Fristlose Kündigung wegen Körperverletzung einer Arbeitskollegen außerhalb der Dienstzeiten
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 14. Juli 2020
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