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Arbeitsgericht Hamburg: Keine fristlose Kündigung wegen Totenkopf-Foto
18.11.2013. Das Arbeitsgericht Hamburg hat in einem angestellten Polizisten der Hamburger Polizei Recht gegeben, der gegen seine fristlose Kündigung geklagt hatte.
Hintergrund der Kündigung war ein reichlich seltsames Foto, das der Polizist bei einem Wachdienst vor einer jüdischen Schule aufgenommen hatte: Das Foto zeigte einen (künstlichen) Totenkopf mit Polizeimütze.
Geschmacklos, aber kein Grund für eine fristlose Kündigung, meinte das Arbeitsgericht: Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18.09.2013, 27 Ca 207/13 (Pressemeldung des Arbeitsgerichts Hamburg).
- Wann sind außerdienstliche Regelverstöße Grund genug für eine fristlose Kündigung?
- Der Fall des Arbeitsgerichts Hamburg: Angestellter Polizist fotografiert einen Totenschädel mit Dienstmütze und lädt das Foto in Facebook hoch
- Arbeitsgericht Hamburg: Das Foto mit Totenkopf und Polizistenmütze ist kein ausreichender Beleg für eine rechtsradikale Gesinnung
Wann sind außerdienstliche Regelverstöße Grund genug für eine fristlose Kündigung?
Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Wer außerhalb der Arbeitszeit gegen soziale oder rechtliche Regeln verstößt, muss im Allgemeinen nicht damit rechnen, dass er dadurch eine Kündigung riskiert.
Das ergibt sich in "normalen" Fällen rechtlich bereits daraus, dass der Arbeitgeber mit einer verhaltensbedingten Kündigung nur auf Pflichtverstöße ihm gegenüber reagieren kann, d.h. auf die Verletzung von Pflichten, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben. Ein Diebstahl oder eine Trunkenheitsfahrt in der Freizeit sind daher zwar Straftaten, haben aber im Allgemeinen keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis.
Erst recht schwierig ist es für den Arbeitgeber, eine fristlose Kündigung mit außerdienstlichen Fehltritten des gekündigten Arbeitnehmers zu begründen. Denn für eine außerordentliche Kündigung braucht der Arbeitgeber gemäß § 626 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen wichtigen Grund. Und das ist ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, der so schwer wiegt, dass er dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfristen unzumutbar macht.
Es muss also schon "ziemlich dicke kommen", wenn der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung wegen untragbaren Fehlverhaltens in der Freizeit aussprechen möchte. In solchen Fällen muss der Arbeitnehmer durch sein Verhalten das Ansehen seines Arbeitgebers schwer geschädigt haben, was vor allem im öffentlichen Dienst vorkommen kann, so z.B. bei langjähriger rechtsextremistischer Betätigung (wir berichteten über einen bekannten Fall in Arbeitsrecht aktuell: 12/301 NPD-Aktivist wegen Weiterleitung eines Aufrufs zum gewaltsamen Umsturz gekündigt).
Aber genügt dazu schon ein Foto, das einen Totenkopf mit Polizeimütze zeigt?
Der Fall des Arbeitsgerichts Hamburg: Angestellter Polizist fotografiert einen Totenschädel mit Dienstmütze und lädt das Foto in Facebook hoch
Im Streitfall ging es um einen seit 2003 angestellten Polizisten der Freien und Hansestadt Hamburg. Er war 2007 im Objektschutz vor der Joseph-Carlebach-Schule (Rotherbaum) der Jüdischen Gemeinde eingesetzt. Dort nahm er während einer Pause im Dienstraum, einem Postencontainer, ein Foto auf, das einen (unechten) Totenschädel mit Polizistenmütze zeigte.
Das Foto lud er später auf Facebook hoch, was im März 2013 herauskam und in den Medien thematisiert wurde. Daraufhin sprach der Arbeitgeber nach vorheriger Anhörung im April 2013 eine außerordentliche und fristlose Kündigung aus.
Begründung des Dienstherrn: Das Foto sei dem Dienstbetrieb zuzuordnen und es sei zu erkennen gewesen, dass es vor der Joseph-Carlebach-Schule aufgenommen wurde. Diese Verbindung zwischen dem Foto und der jüdischen Schule sei "zumindest geschmacklos" und "vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte äußerst befremdlich".
Außerdem soll sich der Polizist bereits in früheren Jahren in fremdenfeindlicher Weise geäußert haben (was dieser bestritt). Jedenfalls wegen der medialen Außenwirkung der Angelegenheit und der dadurch verursachten Störung des Betriebsfriedens sei eine weitere Beschäftigung nicht zumutbar, so der Arbeitgeber.
Arbeitsgericht Hamburg: Das Foto mit Totenkopf und Polizistenmütze ist kein ausreichender Beleg für eine rechtsradikale Gesinnung
Das Arbeitsgericht Hamburg gab der Kündigungsschutzklage des Polizisten statt. Die Hamburger Polizei muss ihn daher weiter beschäftigen.
Denn, so das Arbeitsgericht: Ein geschmackloses Foto ist noch kein ausreichender ("wichtiger") Grund für eine fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs.1 BGB. Ein Zusammenhang zwischen dem Foto und einer von der Polizei vermuteten rechtsradikalen bzw. fremdenfeindlichen Einstellung war nicht erkennbar, so das Gericht.
Immerhin tauchen Totenschädel in Jugendkulturen, bei Fußballfans oder als Gefahrzeichen auf. Eine Ähnlichkeit des fotografierten Totenkopfes mit dem von nationalsozialistischen Organisationen verwendeten Totenkopf sei weder erkennbar noch vom Arbeitgeber behauptet worden.
Fazit: Freizeitaktivitäten, die "geschmacklos" oder "befremdlich" sein mögen, rechtfertigen noch keine Kündigung. In aller Regel muss der gekündigte Arbeitnehmer zumindest eine Straftat verübt haben, was hier unstreitig nicht der Fall war. Und auch der Zusammenhang zwischen dem Totenkopf-Foto und einer vom Arbeitgeber vermuteten rechtsradikalen Gesinnung war im vorliegenden Fall ziemlich weit hergeholt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18.09.2013, 27 Ca 207/13 (Pressemeldung des Arbeitsgerichts Hamburg)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
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Letzte Überarbeitung: 14. Juli 2020
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