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Kündigung wegen "außerdienstlicher" Zuhälterei
22.05.2009. Das Privatleben seiner Arbeitnehmer geht den Arbeitgeber eigentlich nichts an. Daher sollten "moralische" und rechtliche Verfehlungen im Privatbereich eigentlich nicht auf den Job durchschlagen.
Arbeitgeber können daher im Allgemeinen keine Kündigung wegen privater Fehltritte ihrer Arbeitnehmer aussprechen.
Allerdings gilt das nur im Regelfall bzw. im Allgemeinen, d.h. auch hier gibt es Ausnahmen. Über eine solche Ausnahme hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm vor kurzem zu entscheiden.
Hier ging es um die Kündigung eines bei einer Stadt im Straßenbau beschäftigten Arbeitnehmers, der sich wegen "außerdienstlicher" Zuhälterei strafbar gemacht hatte: LAG Hamm, Urteil vom 12.02.2009, 17 Sa 1567/08.
- Dürfen öffentliche Arbeitgeber außerdienstliche Straftaten nach der Einführung des TVöD nicht mehr für eine Kündigung heranziehen?
- Der Streitfall: Im städtischen Dienst stehender Straßenbauarbeiter betätigt sind seiner Freizeit als krimineller Zuhälter und wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt
- LAG Hamm: Wer wegen Zuhälterei, schweren Menschenhandels, gefährlicher Körperverletzung und anderer Rotlicht-Delikte strafrechtlich verurteilt ist, kann vom öffentlichen Arbeitgeber gekündigt werden
Dürfen öffentliche Arbeitgeber außerdienstliche Straftaten nach der Einführung des TVöD nicht mehr für eine Kündigung heranziehen?
Verletzt ein Arbeitnehmer in erheblichem Ausmaß arbeitsvertragliche Pflichten, kann der Arbeitgeber ihn verhaltensbedingt kündigen. Ist es dem Arbeitgeber nicht einmal mehr zumutbar, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu beschäftigten, kann auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.
Eine derartige Pflichtverletzung, die zu einer Kündigung berechtigt, kann insbesondere vorliegen, wenn der Arbeitnehmer Straftaten zu Lasten seines Arbeitgebers, von Kollegen oder Kunden begeht.
Dagegen ist eine Kündigung in der Regel bei ausschließlich im Privatbereich liegenden Straftaten nicht gerechtfertigt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Denn das Privatleben des Arbeitnehmers ist für den Arbeitgeber grundsätzlich tabu.
Besonderheiten gelten allerdings im öffentlichen Dienst. Beamte, als Repräsentanten des Staates, haben eine besondere Loyalitäts- und politische Zurückhaltungspflicht. Dementsprechend müssen sie auch ihr außerdienstliches Verhalten ausrichten.
Im Grundsatz wurde dieses Prinzip in § 8 des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT), der in weiten Teilen des öffentlichen Dienstes galt, jetzt aber teilweise durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvÖD) abgelöst wurde, auch für andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes übernommen. Danach hat sich der Angestellte so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird.
§ 41 TVÖD enthält eine solche Formulierung nicht mehr. Dort ist nur geregelt, dass die im Rahmen des Arbeitsvertrages geschuldete Leistung gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen ist und Beschäftigte des Bundes und anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereichen auch hoheitliche Tätigkeiten wahrgenommen werden, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen müssen.
Problematisch ist, wann bei einer außerdienstlich begangenen Straftat ein konkreter Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht und ob für Beschäftigte im öffentlichen Dienst auch dann Besonderheiten gelten, wenn auf ihr Arbeitsverhältnis der BAT keine Anwendung findet.
Mit dieser Frage beschäftigt sich die vorliegende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm (Urteil vom 12.02.2009, 17 Sa 1567/08).
Der Streitfall: Im städtischen Dienst stehender Straßenbauarbeiter betätigt sind seiner Freizeit als krimineller Zuhälter und wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt
Der Kläger war bei der Beklagten, der Stadt Bochum, seit 1998 als Straßenbauer zu einem Monatsgehalt von etwas über 2.000 EUR brutto tätig. Durch Vereinbarung in seinem Arbeitsvertrag galten für das Arbeitsverhältnis zunächst mehrere Tarifverträge für gemeindliche Verwaltungen, seit 2005 fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVÖD) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
Im Jahr 2008 kam der Kläger zunächst mehrer Wochen in Untersuchungshaft und wurde schließlich wegen Zuhälterei, schwerem Menschenhandel, gefährlicher Körperverletzung, Erpressung und sexueller Nötigung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Der Kläger hatte Mädchen aus der Tschechischen Republik geholt und als Prostituierte für sich arbeiten lassen. Als Grund für seine Tat gab er an, dass er bei der Beklagten nicht genug verdiente.
Hierüber wurde in der Presse ausführlich berichtet, insbesondere auch, dass der Kläger bei der Beklagten arbeitete und den nicht ausreichenden Verdienst als Grund für die Tat angegeben hatte. Wegen des der Beklagten ihrer Ansicht nach entstandenen Vertrauensverlustes in der Öffentlichkeit kündigte sie dem Kläger nach Anhörung des Personalrats ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen mit Schreiben vom 02.05.2008.
Die Beklagte führt dazu aus:
„Gerade der Schutz rund um Personen und das Gesamtsystem im Rotlichtmilieu gehört zu einer der wichtigen Schutzaufgaben der Gemeinden, und genau an dieser Stelle trifft die Straftat [des Klägers] empfindlich in den Schutzbereich der [Beklagten]. Seine Weiterbeschäftigung würde die Öffentlichkeit als Hohn und Angriff auf ihren Schutz ansehen. […]“
Gegen die Kündigung erhob der Kläger Klage. Das Arbeitsgericht Bochum wies die Klage ab. Es vertrat die Ansicht, dass die im Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) festgelegten Grundsätze für Beschäftigte im öffentlichen Dienst prinzipiell gelten, also nicht nur dann, wenn der BAT auf das fragliche Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
Deswegen ist, laut Arbeitsgericht, eine Kündigung bei einer außerdienstlichen Straftat zulässig, wenn sie, wie hier, von eini-gem Gewicht ist. Zudem, so das Gericht, ist vorliegend das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit geschädigt worden.
LAG Hamm: Wer wegen Zuhälterei, schweren Menschenhandels, gefährlicher Körperverletzung und anderer Rotlicht-Delikte strafrechtlich verurteilt ist, kann vom öffentlichen Arbeitgeber gekündigt werden
Das LAG Hamm schloss sich der Auffassung des Arbeitsgerichts Bochum an und wies die Berufung des Klägers zurück.
Auch das LAG lässt nicht gelten, dass der BAT auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Anwendung fand. Es führt aus, dass die im BAT festgelegten Grundsätze für Beschäftigte im öffentlichen Dienst Grundprinzipien sind, die nur wiedergeben, was allgemein immer für alle Beschäftigten (auch Arbeiter) des öffentlichen Dienstes gilt.
Das LAG stellt klar, dass sich die arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten zur Rücksichtnahme des Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst auch auf das außerbetriebliche Verhalten erstrecken. Dies gehört zu den Besonderheiten im öffentlichen Dienst.
Außerdienstliche Straftaten können deswegen, so das LAG, zu einer Kündigung im öffentlichen Dienst Beschäftigter berechtigen, wenn sie von einigem Gewicht sind, was es vorliegend annimmt.
Das LAG berücksichtigt jedoch zudem, dass die Beklagte auch örtliche Ordnungsbehörde ist und damit gerade für die Verhinderung illegaler Prostitution zuständig war. Das LAG führt aus, dass die Straftat auch in diesem Hinblick geeignet war, den Ruf der Beklagten zu schädigen und schon diese generelle Eignung hierzu eine Kündigung rechtfertigen kann.
Bei der erforderlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung führt das LAG insbesondere zugunsten des Klägers aus, dass er zuvor nie durch Straftaten aufgefallen war und dass er, als Straßenbauer, keine herausgehobene repräsentative Stellung im öffentlichen Dienst innehatte.
Gegen den Kläger spricht jedoch laut LAG entscheidend, dass er durch seine Angabe, er habe die Tat begangen, weil er zu wenig Geld bei der Beklagten verdiene, selber seine außerdienstliche Straftat mit seiner Tätigkeit verbunden hat.
Die Entscheidung zeigt, dass das seit langem anerkannte Prinzip, dass bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst das außerdienstliche Verhalten schneller ein Kündigungsgrund sein kann als bei anderen Arbeitnehmern, prinzipiell immer gilt und nicht von einer entsprechenden tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarung abhängt. Es kommt auch nicht darauf an, welche Beschäftigung der Arbeitnehmer ausübt. Dies spielt lediglich bei der Verhältnismäßigkeit der Kündigung eine Rolle.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 12.02.2009, 17 Sa 1567/08
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 18/063 LAG Hannover: Keine Kündigung wegen des Verdachts der Nähe zum militanten Islamismus
- Arbeitsrecht aktuell: 16/022 Kündigung wegen Schlägerei
- Arbeitsrecht aktuell: 15/294 Verweigerung der Annahme einer Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/178 Zugang einer Kündigung bei Haft
- Arbeitsrecht aktuell: 14/117 Verhaltensbedingte Kündigung wegen Tätlichkeit
- Arbeitsrecht aktuell: 13/340 Arbeitsgericht Hamburg: Keine fristlose Kündigung wegen Totenkopf-Foto
- Arbeitsrecht aktuell: 11/106 Verhaltensbedingte Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über den Fall entschieden und die Entscheidung des LAG Hamm abgesegnet. Informationen zu dem BAG-Urteil finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.10.2010, 2 AZR 293/09
- Arbeitsrecht aktuell: 11/106 Verhaltensbedingte Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
Letzte Überarbeitung: 19. März 2018
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