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Verweigerung der Annahme einer Kündigung
20.10.2015. Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten haben und dagegen Kündigungsschutzklage erheben wollen, müssen er sich beeilen. Sie haben nämlich nur drei Wochen Zeit zur Klageerhebung, sonst ist die Kündigung rechtlich wasserdicht.
Die Drei-Wochen-Frist wird meist mit dem "Zugang" der (schriftlichen) Kündigung ausgelöst, d.h. durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten des Arbeitnehmers zu den gewöhnlichen Postzustellungszeiten.
Bei der Übergabe eines Kündigungsschreibens im Betrieb wird die Frist dagegen durch die Entgegennahme des Schreibens ausgelöst. In einem aktuellen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) deutlich gemacht, was das im Einzelnen bedeutet: BAG, Urteil vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14.
- Wann ist Kündigungsschreiben unter Anwesenden rechtswirksam überreicht?
- Der Streitfall: Altenpflegerin wird ein Kündigungsschreiben im Personalgespräch angeblich hingehalten
- BAG: Ein Kündigungsschreiben ist im Personalgespräch wirksam überreicht, wenn der Gekündigte es entgegennimmt oder wenn es neben ihn auf den Tisch gelegt wird
Wann ist Kündigungsschreiben unter Anwesenden rechtswirksam überreicht?
Die Arbeitsgerichte mussten in der Vergangenheit recht häufig über Fälle entscheiden, in denen die Parteien darüber stritten, wann ein Kündigungsschreiben per Post oder Boten "zugegangen" war. Denn vom Tag des Zugangs der Kündigung in der Wohnung bzw. im Briefkasten des Arbeitnehmers hängt der Beginn der gesetzlichen Dreiwochenfrist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in Verb. mit § 7 KSchG ab.
Nicht so oft kommt es vor, dass die Umstände der Überreichung einer Kündigung in einem Personalgespräch umstritten sind und aus diesem Grund unklar ist, ob eine gegen Ende der Dreiwochenfrist eingereichte Kündigungsschutzklage gerade noch rechtzeitig oder verspätet erhoben wurde.
Die gesetzliche Regelung, die solche Fragen betrifft, ist in § 130 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) enthalten und gilt nur für verkörperte Erklärungen "unter Abwesenden", d.h. für einen per Post oder Boten zugestellten Brief, eine E-Mail oder ein Fax. Sie lautet:
"Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht."
Unter "Zugang" ist zu verstehen, dass das rechtserhebliche Schreiben in den "Machtbereich" des Empfängers gelangt und dass dieser "unter gewöhnlichen Umständen" von ihm Kenntnis nehmen kann, d.h. dass ein Lesen des Schreibens möglich ist.
Eine um 22:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Kündigung geht daher erst am nächsten Tag zu, denn sie ist zwar schon am Tag des Einwurfs in den Machtbereich (= Briefkasten) des Gekündigten gelangt, aber da um diese Uhrzeit gewöhnlich niemand mehr seinen Briefkasten checkt, besteht die Möglichkeit der Kenntnisnahme (= Öffnen und Lesen des Schreibens) erst am nächsten Tag.
Diese Grundsätze überträgt die Rechtsprechung so gut es geht auf die Übergabe von rechtserheblichen Schreiben unter Anwesenden, also z.B. auf die Aushändigung eines Kündigungsschreibens in einem Personalgespräch.
Auch hier kommt es auf das Lesen des Schreibens nicht an, sondern es genügt die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Und da niemand einen Briefkasten mit sich herumträgt, heißt "Machtbereich" in solchen Fällen, dass der Gekündigte das Schreiben in seinen Händen hält, so dass er es lesen kann.
Manchmal kommt es im Verlauf eines Kündigungsgesprächs aber zum Streit, so dass der Arbeitnehmer nicht mehr gutwillig dazu bereit ist, ein ihm überreichtes Schreiben entgegenzunehmen oder gar seinen Empfang zu quittieren. Dann fragt sich, ob trotzdem von einem "rechtswirksamen" Überreichen gesprochen werden kann oder ob der Arbeitnehmer die Annahme "treuwidrig vereitelt" hat und sich daher rechtlich so behandeln lassen muss, als hätte er das Schreiben entgegengenommen.
Der Streitfall: Altenpflegerin wird ein Kündigungsschreiben im Personalgespräch angeblich hingehalten
Eine Altenpflegerin war seit über sechs Monaten in einer Pflegeeinrichtung mit mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt, d.h. sie hatte Kündigungsschutz nach den Vorschriften des KSchG.
Am 22.10.2012 (Montag) wurde sie zu einem Personalgespräch gebeten. Der Verlauf des Gesprächs blieb zwischen den Parteien streitig. Nach dem Vorbringen des Arbeitgebers wurde der Pflegerin ein Kündigungsschreiben "hingehalten", doch verließ sie den Besprechungsraum - unstreitig - ohne Mitnahme eines solchen Schreibens. Angeblich soll sie die Annahme verweigert haben.
An selben Tag (Montag) oder am folgenden Dienstag suchten zwei Boten des Arbeitgebers die Pflegerin in ihrer Wohnung auf und sprachen kurz mit ihr, wobei auch das Datum und die Einzelheiten dieses Gesprächs umstritten waren. Nach der Version des Arbeitgebers sollen die beiden Boten eine Kündigung in den Briefkasten werfen und haben das auch getan, und zwar nachdem sie dies der Pflegerin mündlich angekündigt hatten. Nach der Version der Pflegerin war von einem Brief gar nicht die Rede. Vielmehr sei sie in Eile gewesen und habe das Gespräch daher rasch beendet.
Jedenfalls am 24.10.2012 (Mittwoch) fand die Pflegerin ein Kündigungsschreiben in ihrem Hausbriefkasten vor und reichte genau drei Wochen später, am 14.11.2012 (Mittwoch), beim Arbeitsgericht Hamburg Kündigungsschutzklage ein.
Das Arbeitsgericht Hamburg wies die Klage ab, da es von einem Zugang der Kündigung vor dem 24.10.2012 ausging, womit die Klageschrift zu spät eingereicht worden wäre (Urteil vom 12.07.2013, 13 Ca 386/12). Demgegenüber gab das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg der Pflegerin recht, da es meinte, die Kündigung wäre erst am 24.10.2012 zugegangen. Und da der Arbeitgeber nichts zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung im Sinne des KSchG vorgebracht hatte, verlor er die Berufungsinstanz.
BAG: Ein Kündigungsschreiben ist im Personalgespräch wirksam überreicht, wenn der Gekündigte es entgegennimmt oder wenn es neben ihn auf den Tisch gelegt wird
Die Revision des Arbeitgebers hatte Erfolg. Das BAG hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung des Geschehens und zur Entscheidung an das LAG Hamburg zurück.
Anders als das LAG war das BAG der Ansicht, dass hier möglicherweise bereits am 22.10.2012 die Kündigung wirksam ausgehändigt wurde oder der Klägerin eine treuwidrige Zugangsvereitelung vorzuwerfen ist. Denn immerhin ging auch das LAG davon aus, dass der Altenpflegerin am 22.10.2012 eine Kündigung möglicherweise "hingehalten" worden war.
Dazu stellt das BAG klar, dass eine wirksame Kündigungs-Aushändigung bzw. eine Art "Zugang im persönlichen Gespräch" in zwei Varianten möglich ist (Urteil, Randnummer 20), nämlich
- erstens durch Entgegennahme des Schreibens durch den Gekündigten (wobei es auf das Lesen bzw. Zur-Kenntnis-Nehmen der Kündigung nicht ankommt), und
- zweitens durch ein Entgegenhalten des Schreibens in der Absicht der Übergabe und durch ein anschließendes Niederlegen des Schreibens unmittelbar neben den Gekündigten, so dass dieser ohne weiteres zugreifen kann.
Nimmt der Kündigungsadressat das Schreiben dagegen nicht an und behält es der Kündigende daraufhin bei sich, liegt eine wirksame Übergabe bzw. eine Zugang nicht vor, doch ist dann zu prüfen, ob der Kündigungsadressat den Zugang nicht möglicherweise treuwidrig vereitelt hat. Auch das lag hier im Streitfall nach Ansicht des BAG nahe, denn nach der Version des Arbeitgebers hatte dieser der Pflegerin mitgeteilt, dass sie jetzt eine Kündigung erhalten sollte.
Ergänzend weist das BAG darauf hin, dass auch die zweite Unterredung (am 22. oder 23.10.) bei der Wohnung der Pflegerin aufgeklärt werden müsste, denn auch aus diesem Vorgang kann sich ergeben, dass die Kündigung schon vor dem 24.10.2012 zugegangen ist. Wenn nämlich die Version des Arbeitgebers stimmt, dass seine Boten die Pflegerin auf den bevorstehenden Einwurf eines Kündigungsschreibens hingewiesen hatten, wäre der Zugang durch Einwurf in den Briefkasten bereits am 22. oder 23.10.2012 erfolgt, und zwar auch dann, wenn dies erst gegen 17:00 Uhr geschehen sein sollte. Denn in einem solchen Fall käme es wegen der Vorab-Information nicht auf die späte Uhrzeit an.
Fazit: Arbeitgeber sollten den Ablauf eines Personalgesprächs, in dem eine Kündigung überreicht werden soll, genau planen und exakt dokumentieren. Denn wenn der Arbeitgeber die Absicht der Aushändigung einer Kündigung einmal geäußert hat, kann der Arbeitnehmer die Annahme der Kündigung nicht mehr verweigern, ohne sich den Vorwurf der "treuwidrigen Zugangsvereitelung" einzuhandeln. Denn ein "Arbeitgeber darf darauf vertrauen, einem Arbeitnehmer während einer Besprechung im Betrieb eine schriftliche Willenserklärung in Bezug auf das Arbeitsverhältnis übermitteln zu können", so das BAG (Urteil, Randnummer 29).
Und für Arbeitnehmer gilt die Empfehlung, Kündigungsschutzklagen nicht auf den letzten Drücker einzureichen. Nichts ist ärgerlicher als die Abweisung einer Kündigungsschutzklage allein aus dem ohne weiteres vermeidbaren Grund, dass die Drei-Wochen-Frist versäumt wurde.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.03.2015, 2 AZR 483/14
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 13.02.2014, 8 Sa 68/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Zurückweisung der Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 14/178 Zugang einer Kündigung in Haft
- Arbeitsrecht aktuell: 13/008 Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 12/278 Kündigungsschutzklage nach Ablauf der Klagefrist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/077 Personenbedingte Kündigung bei langer Haftstrafe
- Arbeitsrecht aktuell: 11/023 LAG Köln: Kündigung - Zugangszeitpunkt bei Einwurf in Briefkasten
- Arbeitsrecht aktuell: 10/224 Zugang einer Kündigung in der Wartezeit und Probezeit durch Einwurf in den Briefkasten
- Arbeitsrecht aktuell: 10/039 Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
- Arbeitsrecht aktuell: 09/086 Kündigung wegen "außerdienstlicher" Zuhälterei
Letzte Überarbeitung: 5. Oktober 2016
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