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Zugang einer Kündigung bei Haft
15.05.2014. Wer vom Arbeitgeber eine Kündigung erhalten hat und Kündigungsschutzklage erheben will, hat dazu nur drei Wochen Zeit, sonst ist die Kündigung rechtlich wasserdicht.
Die Frist beginnt mit dem Zugang der (schriftlichen) Kündigung, im Allgemeinen also mit Ablauf des Tages, an dem der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben im Betrieb erhalten hat oder es in seinem Briefkasten liegt.
In einem aktuellen Fall hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden, dass eine Kündigung auch dann durch Einwurf in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers zugeht (und die Dreiwochenfrist ab diesem Zeitpunkt läuft), wenn der Arbeitnehmer im Gefängnis sitzt: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2014, 6 Sa 297/13.
- Geht ein Kündigungsschreiben durch Einwurf in den Hausbriefkasten auch dann zu, wenn der gekündigte Arbeitnehmer inhaftiert ist?
- Der Streitfall: Arbeitnehmer sitzt monatelang in Beugehaft, wird gekündigt und klagt sechs Monate nach Ausspruch der Kündigung
- LAG Schleswig-Holstein: Eine Kündigung geht durch Einwurf in den Hausbriefkasten auch dann zu, wenn der Arbeitnehmer im Gefängnis sitzt
Geht ein Kündigungsschreiben durch Einwurf in den Hausbriefkasten auch dann zu, wenn der gekündigte Arbeitnehmer inhaftiert ist?
Gemäß § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) haben gekündigte Arbeitnehmer nur drei Wochen Zeit für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, denn danach ist die Kündigung endgültig als rechtswirksam anzusehen (§ 7 KSchG).
Die Frist beginnt mit Ausspruch einer (schriftlichen) Kündigung, in der Regel also mit dem Zugang des Kündigungsschreibens im Sinne von § 130 Abs.1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Unter "Zugang" einer schriftlichen Erklärung versteht man,
- dass die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt,
- so dass der Empfänger den Inhalt der Erklärung "unter gewöhnlichen Umständen" zur Kenntnis nehmen kann (ob er das auch tut, ist rechtlich unerheblich).
So geht beispielsweise ein Kündigungsschreiben, das nach 16:00 Uhr in den Briefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen wird, erst am nächsten Tag zu. Denn weil am späten Nachmittag niemand mehr mit dem Postboten rechnet und daher seinen Briefkasten am späten Nachmittag nicht mehr kontrolliert, ist eine Kenntnisnahme der Kündigung "unter gewöhnlichen Umständen" erst am nächsten Tag möglich (LAG Köln, Urteil vom 17.09.2010, 4 Sa 721/10, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 11/023 LAG Köln: Kündigung - Zugangszeitpunkt bei Einwurf in Briefkasten).
Da eine tatsächliche Kenntnisnahme des Kündigungsschreibens durch den Empfänger, d.h. das Lesen des Schreibens durch den gekündigten Arbeitnehmer, für den Zugang nicht erforderlich ist, beginnt die Dreiwochenfrist auch dann zu laufen, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend nicht im Haus ist und seinen Briefkasten nicht leert. Aber gilt das auch bei einem mehrmonatigen Gefängnisaufenthalt?
Der Streitfall: Arbeitnehmer sitzt monatelang in Beugehaft, wird gekündigt und klagt sechs Monate nach Ausspruch der Kündigung
Ein seit 1991 in einem größeren Einkaufsmarkt beschäftigter Kassierer saß von Ende September 2012 bis Ende März 2013, d.h. fast sechs Monate lang (!) im Gefängnis, allerdings nicht wegen strafrechtlicher Verfehlungen, sondern zur Erzwingung der Abgabe einer eidesstaatlichen Versicherung.
Nachdem er aufgrund der Beugehaft nicht mehr zur Arbeit gekommen war, sprach der Arbeitgeber am 05.10.2012 eine Abmahnung aus und wenige Tage später eine fristlose Kündigung. Abmahnung und Kündigung wurden schriftlich erklärt und in den Wohnungsbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen.
Da der Arbeitnehmer seine Wohnung allein bewohnte und niemanden mit der Postkontrolle beauftragt hatte, erhob er erst nach seiner Haftentlassung Anfang April 2013 Kündigungsschutzklage.
Der Arbeitnehmer meinte, er hätte die Klagerhebungsfrist eingehalten. Denn die Kündigung sei ihm erst nach seiner Haftentlassung Ende März 2013 im Rechtssinne "zugegangen".
Außerdem sei dem Arbeitgeber der Gefängnisaufenthalt schon vor Ausspruch von Abmahnung und Kündigung bekannt gewesen, was der Arbeitgeber bestritt.
Das Arbeitsgericht Lübeck wies die Klage ab und begründete das mit dem Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist (Urteil vom 16.07.2013, 6 Ca 962/13).
LAG Schleswig-Holstein: Eine Kündigung geht durch Einwurf in den Hausbriefkasten auch dann zu, wenn der Arbeitnehmer im Gefängnis sitzt
Auch in der Berufung vor dem LAG Schleswig-Holstein hatte der Arbeitnehmer kein Glück. Das LAG wies seine Berufung zurück, und zwar wegen Versäumung der gesetzlichen Klagefrist.
Denn die streitige Kündigung war hier nach Ansicht des LAG am Tag des Einwurfs in den Briefkasten zugegangen, d.h. am 11.10.2012, Haft hin oder her. An diesem Tag war sie nämlich durch Einwurf in den Briefkasten in den Machtbereich des Arbeitnehmers eingegangen, und unter gewöhnlichen Umständen konnte er sie zur Kenntnis nehmen.
Mit "gewöhnlichen Umständen" sind nämlich gerade nicht die individuellen Verhältnisse des Kündigungsadressaten gemeint. Ist der Arbeitnehmer
- durch Krankheit,
- durch Urlaub,
- durch Haft
- oder durch andere besondere Umstände
vorübergehend nicht in der Lage, die Kündigung zu lesen, ändert das rechtlich am Zugang der Kündigung nichts, so das Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Das gilt selbst dann, wenn dem Arbeitgeber bekannt ist, dass der Arbeitnehmer in Haft oder im Ausland ist, denn er kann ja dafür sorgen, dass jemand für ihn nach der Post sieht.
Im vorliegenden Streitfall und in ähnlichen Fällen muss der Arbeitnehmer zusammen mit seiner Kündigungsschutzklage einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gemäß § 5 KSchG stellen. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn der gekündigte Arbeitnehmer
"nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert (ist), die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben"
Da der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall einen solchen Antrag nicht gestellt hatte, konnte ihm das LAG auch nicht helfen. Aufgrund dieser prozessualen Unterlassungssünde konnte das LAG hier
- weder entscheiden, ob die Klage nachträglich zuzulassen war (denn der Arbeitnehmer hatte keinen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt),
- noch überprüfen, ob der Arbeitgeber einen wichtigen Grund für seine fristlose Kündigung hatte (denn mangels nachträglicher Klagezulassung war die Kündigung nach Ablauf der Klagefrist gemäß § 7 KSchG als wirksam anzusehen).
Das ist aus Sicht des Arbeitnehmers ärgerlich, denn angesichts der langen Beschäftigungszeit von über 20 Jahren hätte die fristlose Kündigung hier schon auf den Prüfstand gestellt werden sollen.
Fazit: Ein Haftaufenthalt schützt vor Kündigung nicht. Sitzt ein Arbeitnehmer ein, muss er dafür sorgen, dass jemand seinen Hausbriefkasten kontrolliert. Das wäre hier im Streitfall vermutlich möglich gewesen, denn der Kläger wurde ja nicht überraschend in Untersuchungshaft genommen oder lag plötzlich auf der Intensivstation, sondern hatte eine Beugehaft zur Erzwingung einer eidesstaatlichen Versicherung abzusitzen. Eine solche Haft hat aber in der Regel einen langen Vorlauf.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2014, 6 Sa 297/13
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Personenbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Zurückweisung der Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 15/294 Verweigerung der Annahme einer Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/008 Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 12/278 Kündigungsschutzklage nach Ablauf der Klagefrist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/077 Personenbedingte Kündigung bei langer Haftstrafe
- Arbeitsrecht aktuell: 11/023 LAG Köln: Kündigung - Zugangszeitpunkt bei Einwurf in Briefkasten
- Arbeitsrecht aktuell: 10/224 Zugang einer Kündigung in der Wartezeit und Probezeit durch Einwurf in den Briefkasten
- Arbeitsrecht aktuell: 10/039 Kündigung wegen außerdienstlicher Straftat
- Arbeitsrecht aktuell: 09/086 Kündigung wegen "außerdienstlicher" Zuhälterei
Letzte Überarbeitung: 5. Oktober 2016
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