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Druckkündigung nur unter engen Voraussetzungen
12.04.2017. Was Arbeitnehmer in ihrer Freizeit machen, geht den Arbeitgeber im Prinzip nichts an. Auch eine außerdienstliche Straftat rechtfertigt daher im Allgemeinen keine Kündigung. Denn dafür müsste der Arbeitnehmer eine Pflicht aus seinem Arbeitsvertrag verletzt haben.
Diese rechtlichen Spielregeln zu verstehen ist das eine, sie im Betrieb zu respektieren ist etwas anderes. Denn das kann z.B. bedeuten, dass man mit einem „Kollegen“ zusammenarbeiten muss, der wegen Kindermissbrauchs verurteilt wurde.
In einem aktuellen, vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall hatten sich Bremer Hafenarbeiter geweigert, mit einem in dieser Weise vorbelasteten Mitarbeiter zu arbeiten, und auf diesen Druck wiederum hatte der Arbeitgeber mit einer Kündigung reagiert. Zu Unrecht, so die Erfurter Richter: BAG, Urteil vom 15.12.2016, 2 AZR 431/15.
- Wann ist eine Druckkündigung rechtlich zulässig?
- Streit im Containerterminal: Arbeitskollegen und Mitarbeiter von Drittfirmen verweigern die Arbeit, weil sie mit einem verurteilten Sex-Straftäter nicht zusammenarbeiten wollen
- BAG: Sind Entlassungsverlangen und Arbeitsniederlegungen rechtswidrig, muss der Arbeitgeber zumindest Abmahnungen und Gehaltskürzungen androhen
Wann ist eine Druckkündigung rechtlich zulässig?
Wer verhaltensbedingt gekündigt wird, hat zuvor etwas ausgefressen. Wer personenbedingt gekündigt wird, kann aufgrund von Krankheit oder aus anderen Gründen den Job nicht mehr ausüben. Und hinter einer betriebsbedingten Kündigung steht ein dauerhafter Wegfall von Einsatzmöglichkeiten. In allen diesen Fällen gibt es für die Kündigung einen sachlichen Grund.
Das ist bei einer sog. Druckkündigung anders. Hier kündigt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, weil
- andere Arbeitnehmer und/oder
- Kunden und/oder
- Lieferanten und/oder
- „die Öffentlichkeit“
den Arbeitgeber unter Androhung von Nachteilen zu einem solchen Schritt drängen. Ob es für diesen „Druck“ gute Gründe gibt oder nicht und ob er legal oder illegal ist, spielt letztlich keine Rolle, denn Druck ist Druck und der Arbeitgeber ist rechtlich nicht zum Heldentum verpflichtet. Wird der Druck für den Arbeitgeber zu groß, kann er ihm nachgeben und den unbeliebten Arbeitnehmer kündigen.
Für den betroffenen Arbeitnehmer ist das eine Zumutung, und daher sind Druckkündigungen nur in seltenen Ausnahmefällen legal. Bevor sich der Arbeitgeber zu diesem - letzten - Schritt entscheidet, muss er sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen und/oder versuchen, ihn aus der Schusslinie zu nehmen. Erst wenn das alles nichts nützt und dem Arbeitgeber schwere (wirtschaftliche) Schäden drohen, kann eine Druckkündigung rechtens sein. Sie ist dann ein Unterfall einer personenbedingten Kündigung, deren Rechtmäßigkeit auf der Grundlage von § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu prüfen ist.
Aber wann ist der Druck für den Arbeitgeber so schwer, so dass er nicht mehr zumutbar ist?
Streit im Containerterminal: Arbeitskollegen und Mitarbeiter von Drittfirmen verweigern die Arbeit, weil sie mit einem verurteilten Sex-Straftäter nicht zusammenarbeiten wollen
Im Streitfall war ein seit 2007 beschäftigter Hafenarbeiter des Bremerhavener Containerterminals wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, die er auch absitzen musste. Aber nicht nur mit Polizei und Strafjustiz gab es Ärger, sondern auch mit dem Arbeitgeber. Der sprach nämlich wegen dieser Verfehlungen im September 2011 und im April 2012 Kündigungen aus, hatte damit allerdings keinen Erfolg, denn die dagegen gerichteten Kündigungsschutzklagen konnte der Hafenarbeiter gewinnen.
Als der Hafenarbeiter auf der Grundlage der gewonnenen Kündigungsschutzverfahren im Juni und Juli 2013 an zwei Tagen wieder bei der Arbeit erschien, legten einige Arbeitskollegen (von insgesamt 1.000 Arbeitnehmern) ihre Arbeit nieder und erklärten, erst dann wieder arbeiten zu wollen, wenn der Hafenarbeiter das Betriebsgelände verlassen hätte. Diese Forderung trug der Betriebsratsvorsitzende der Geschäftsleitung vor. Auch Arbeitnehmer von anderen, auf dem Terminalgelände tätigen Firmen verweigerten ihre Arbeit mit dieser Begründung.
Der Arbeitgeber verwies zwar auf die zugunsten des Hafenarbeiters ergangenen Gerichtsentscheidungen, drohte den „Streikenden“ aber weder mit Abmahnungen noch mit Gehaltskürzungen oder gar mit Kündigungen. Stattdessen kündigte er dem vorbestraften Hafenarbeiter am 23.07.2013 ein weiteres Mal, und zwar außerordentlich bzw. fristlos und hilfsweise fristgerecht zu Ende August 2013.
Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven (Urteil vom 21.10.2014, 11 Ca 11185/13) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Bremen hielten die fristlose Kündigung für unverhältnismäßig und daher für unwirksam, die fristgerechte Kündigung dagegen als Druckkündigung für wirksam (LAG Bremen, Urteil vom 16.06.2016, 3 Sa 129/14). Aus ihrer Sicht war die fristgerechte Kündigung sozial gerechtfertigt gemäß § 1 KSchG.
BAG: Sind Entlassungsverlangen und Arbeitsniederlegungen rechtswidrig, muss der Arbeitgeber zumindest Abmahnungen und Gehaltskürzungen androhen
Das BAG entschied den Fall zugunsten des Hafenarbeiters, d.h. es stellte fest, dass auch die fristgemäße Kündigung unwirksam war. Zur Begründung heißt es:
Der Arbeitgeber hatte bei weitem nicht alles getan, um sich schützend vor den von seinen Kollegen angefeindeten Arbeitnehmer zu stellen. Konkret hätte der Arbeitgeber die „streikenden“ Arbeitnehmer nicht nur zur Arbeitsaufnahme auffordern müssen, sondern er hätte sie auch deutlich auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens hinweisen müssen, und er hätte Ihnen außerdem Abmahnungen und Gehaltskürzungen androhen müssen. Auch auf die Mitarbeiter der Drittfirmen hätte der Arbeitgeber Einfluss nehmen können, wenn er sich an deren Vorgesetzte gewandt hätte.
Abgesehen davon lagen die Voraussetzungen einer Druckkündigung hier auch deshalb nicht vor, weil der Arbeitgeber die von ihm behaupteten wirtschaftlichen Nachteile bzw. Schäden nicht konkret beziffert hatte.
Ergänzend wiesen die Erfurter Richter auf die Vorgeschichte der streitigen Kündigung vom 23.07.2013 hin. Immerhin hatte der Arbeitgeber bereits zweimal ohne Erfolg eine Kündigung ausgesprochen und war nunmehr gerichtlich zur Weiterbeschäftigung verpflichtet worden. Unter solchen Umständen stand er in der besonderen Verantwortung, den Gerichtsurteilen im Betrieb Geltung zu verschaffen.
Fazit: Das BAG stellt zurecht hohe Anforderungen für eine wirksame Druckkündigung. Das Verhalten der Arbeitnehmer und des Betriebsratsvorsitzenden ging hier schon bedenklich in Richtung Selbstjustiz, und in einem solchen Fall muss der Arbeitgeber klare Kante zeigen. Das hatte er hier nicht getan und war deshalb mit seiner Druckkündigung in Erfurt auf die Nase gefallen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.12.2016, 2 AZR 431/15
- Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 16.06.2016, 3 Sa 129/14
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Letzte Überarbeitung: 23. Oktober 2018
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