HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Ba­den-Würt­tem­berg, Ur­teil vom 02.06.2009, 14 Sa 101/08

   
Schlagworte: Kündigung: Personenbedingt, Kündigung: Verhaltensbedingt, Außerdienstliches Verhalten
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Aktenzeichen: 14 Sa 101/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 02.06.2009
   
Leitsätze: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht kann die politische Betätigung für eine verfassungsfeindliche Partei als Grund für eine Kündigung in Betracht kommen, wenn der Beschäftigte im öffentlichen Dienst unter Berücksichtigung seiner konkreten Funktion und der staatlichen Aufgabenstellung des Arbeitgebers nicht mehr als geeignet für seine Tätigkeit angesehen werden kann. Die Mitgliedschaft und Aktivitäten für eine verfassungsfeindliche Partei begründen allerdings nur Zweifel an der Eignung des Beschäftigten. Voraussetzung für eine Kündigung ist, dass das Arbeitsverhältnis durch die politischen Aktivitäten konkret beeinträchtigt wird. Im Entscheidungsfall reichten die vom Arbeitgeber vorgetragenen Umstände nicht aus, um die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung eines in einem Druck- und Versandzentrum einer Oberfinanzdirektion beschäftigten Arbeitnehmers zu rechtfertigen. Zu einer Weiterbeschäftigung des Beschäftigten während des laufenden Kündigungsschutzprozesses ist der Arbeitgeber hingegen nicht verpflichtet, wenn nach Ausspruch der Kündigung weitere Aktivitäten für die verfassungsfeindliche Partei stattfinden, die erhebliche Zweifel an der Verfassungstreue begründen.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Karlsruhe, Urteil vom 30.10.2008, 8 Ca 142/08
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

- Kam­mern Mann­heim -

 

Verkündet

am 02.06.2009

Ak­ten­zei­chen:

14 Sa 101/08

8 Ca 142/08 (ArbG Karls­ru­he)
(Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

Munk
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

- Kläger/Be­ru­fungskläger/Be­ru­fungs­be­klag­ter -

Proz.-Bev.:

ge­gen

- Be­klag­te/Be­ru­fungskläge­rin/Be­ru­fungs­be­klag­te -

Proz.-Bev.:

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Mann­heim - - 14. Kam­mer -
durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt Wit­te, den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Hor­nung
und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Wolff
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 15.05.2009

für Recht er­kannt:

I.
Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Karls­ru­he vom 30.10.2008 - 8 Ca 142/08 ab­geändert:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die or­dent­li­che Kündi­gung des be­klag­ten Lan­des vom 08.05.2008 nicht auf­gelöst wur­de.

2. Im Übri­gen wird die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen.

II.
Die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des wird zurück­ge­wie­sen.

III.
Von den Kos­ten des Ver­fah­rens trägt der Kläger 1/4, das be­klag­te Land trägt in­so­weit 3/4.

IV.
Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

- 2 -

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Rechts­wirk­sam­keit ei­ner vom be­klag­ten Land mit Schrei­ben vom 08.05.2008 aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen/frist­lo­sen - hilfs­wei­se or­dent­lich und frist­ge­recht zum 30.06.2008 erklärten - Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie darüber, ob das be­klag­te Land zur An­fech­tung des Ar­beits­ver­tra­ges be­rech­tigt war. Sch­ließlich macht der Kläger sei­ne vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung gel­tend.

Der am ... 1982 ge­bo­re­ne Kläger ist seit dem 01.08.2003 beim be­klag­ten Land im Be­reich der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on als Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ter beschäftigt. Zu­grun­de lie­gen schrift­li­che Ar­beits­verträge vom 01.08.2003 so­wie vom 04.11.2004, de­nen zu­fol­ge die Gel­tung des BAT und den die­sen ergänzen­den, ändern­den oder er­set­zen­den Ta­rif­be­stim­mun­gen in der für das Land B... je­weils gel­ten­den Fas­sung ver­ein­bart war (vgl. Vor.A. Bl. 12 bis 15). Die über­tra­ge­nen Tätig­kei­ten ent­spra­chen gem. schrift­li­chem Ar­beits­ver­trag vom 04.11.2004 der Vergütungs­grup­pe VI b BAT. Der Kläger wur­de auf die­ser Grund­la­ge in den Be­reich des TV-L vom 12.10.2006 über­ge­lei­tet.

Die zu­letzt - seit An­fang 2004 - vom Kläger aus­geübte Tätig­keit im Druck- und Ver­sand­zen­trum der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on K... be­steht über­wie­gend aus der Pro­duk­ti­ons­pla­nung, -steue­rung und -über­wa­chung (vgl. hier­zu im Ein­zel­nen Ar­beits­zeug­nis vom 21.11.2007, Vor.A. Bl. 55). In dem ge­nann­ten Druck­zen­trum wer­den sämt­li­che im Zuständig­keits­be­reich der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on an­fal­len­den Be­schei­de und Schrei­ben, et­wa Steu­er­be­schei­de, Bei­hil­fe­be­schei­de, Lohn- und Ge­halts­ab­rech­nun­gen, LOK-Be­schei­de) mit­tels elek­tro­nisch ge­steu­er­ter Druck­abläufe zum Druck ent­ge­gen­ge­nom­men und ent­spre­chend er­stellt.

Der Kläger war vor Be­gründung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en im Zeit­raum vom 01.09.2001 bis 31.07.2002 im Rah­men ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses als Ver­wal-tungs­an­ge­stell­ter beim Land­rats­amt K... beschäftigt. Der Kläger wur­de des­halb nicht in ein un­be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis über­nom­men, weil sei­tens des Land­rats­am­tes Kennt­nis über ei­ne Betäti­gung des Klägers für die NPD er­langt wor­den war.

Un­ter dem 17.07.2003 wur­de der Kläger gem. schrift­li­cher Be­leh­rung auf sei­ne po­li­ti­schen Treue­pflich­tun­gen aus § 8 BAT hin­ge­wie­sen, wo­nach auch der An­ge­stell­te sich durch sein ge­sam­tes Ver­hal­ten zur frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung im Sin­ne des Grund­ge­set­zes zu be­ken­nen und für de­ren Er­hal­tung ein­zu­tre­ten ha­be.

 

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An­sch­ließend an die for­mu­larmäßige Be­leh­rung folgt die vom Kläger un­ter­schrie­be­ne Erklärung, die u. a. lau­tet: „Auf Grund die­ser Be­leh­rung erkläre ich hier­mit aus­drück­lich, dass ich die vor­ste­hen­den Grundsätze der frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung im Sin­ne des Grund­ge­set­zes be­ja­he und dass ich be­reit bin, mich je­der­zeit durch mein ge­sam­tes Ver­hal­ten zu der frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung im Sin­ne des Grund­ge­set­zes zu be­ken­nen und für de­ren Er­hal­tung ein­zu­tre­ten. Ich ver­si­che­re aus­drück­lich, dass ich Be­stre­bun­gen, die ge­gen die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung oder ge­gen ei­ne ih­rer oben­ge­nann­ten grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en ge­rich­tet sind, nicht un­terstütze und auch nicht Mit­glied ei­ner hier­ge­gen ge­rich­te­ten Or­ga­ni­sa­ti­on bin...“ (Vgl. im Ein­zel­nen Vor.A. Bl. 98/99).

Mit Schrei­ben vom 23.08.2007 (vgl. Vor.A. Bl. 100 ff.) teil­te das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on K... mit, dass ak­tu­ell In­for­ma­tio­nen über Ak­ti­vitäten des Klägers in rechts­ex­tre­mis­ti­schen Krei­sen vorlägen. Das Schrei­ben lau­tet u. a.:

„...
- Am 7. Au­gust 2007 lädt er mit „News­let­ter“ vom glei­chen Tag zum „Som­mer­fest“ der „Na­tio­nal­de­mo­kra­ti­schen Par­tei Deutsch­lands“ (NPD) und de­ren Jun­gend­or­ga­ni­sa­ti­on, den „Jun­gen Na­tio­nal­de­mo­kra­ten“ (JN), am 11. Au­gust 2007 im Raum B... ein. Ei­nem Be­richt auf der Home­page des NPD-Kreis­ver­ban­des K... zu­fol­ge „führ­te L... in sei­ner un­nach­ahm­li­chen Art ei­nes sou­veränen Ver­samm­lungs­lei­ters un­ter­halt­sam durch das wei­te­re Pro­gramm“.

- Mit „News­let­ter“ vom 30. Ju­li 2007 weist L... auf den „Na­tio­na­len Stamm­tisch“ des NPD-Kreis­ver­ban­des K...-Land hin.

- Zum 17. Ju­ni 2007 lädt er mit­tels „News­let­ter“ zu ei­ner Schu­lungs­ver­an­stal­tung des NPD-Kreis­ver­bands K...-Land nach B... ein.

- Ei­ner Mel­dung des Po­li­zei­präsi­di­ums K... zu­fol­ge gab er sich als Ver­ant­wort­li­cher für die Gründung des Stütz­punkts K... der JN am 9. Ju­ni 2007 in B... zu er­ken­nen.
Über ei­nen „News­let­ter“ ver­brei­te­te er die Ein­la­dung zu der Ver­an­stal­tung.

- Am 8. Mai 2007 nahm L... an ei­ner Mahn­wa­che: „Ge­gen das Ver­ges­sen - Zum Ge­den­ken der ge­fal­le­nen Sol­da­ten des 1. und 2. Welt­krie­ges“ in K... teil. Haupt­red­ner auf der Ver­an­stal­tung war der ehe­ma­li­ge NPD-Lan­des­vor­sit­zen­de D.... Die­ser the­ma­ti­sier­te un­ter an­de­rem den Pro­zess in M... ge­gen den Re­vi­sio­nis­ten Z... und lob­te den Re­vi­sio­nis­mus­ge­dan­ken, der zur Selbst­fin­dung des deut­schen Vol­kes un­erläss­lich sei.

 

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Un­ter den Teil­neh­mern be­fan­den sich wei­te­re Per­so­nen, die der rechts­ex­tre­mis­ti­schen Sze­ne an­gehören.
We­gen Leug­nung des Ho­lo­causts wur­de Z... vom Land­ge­richt M... An­fang 2007 zu fünf Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Z... hat­te den mil­lio­nen­fa­chen Mord an Ju­den als Ge­schichtsfälschung be­zeich­net.

- Über die Jah­res­haupt­ver­samm­lung des NPD-Re­gio­nal­ver­ban­des K.../M... am 25. März 2007 ver­schick­te L... per „News­let­ter“ im Vor­feld ei­nen Hin­weis.

Vor dem Hin­ter­grund sei­ner ak­ti­ven Rol­le über­wie­gend in Krei­sen der NPD und den po­li­ti­schen Zie­len der Par­tei be­steht Grund zu der An­nah­me, dass Herr L... als Beschäftig­ter des öffent­li­chen Diens­tes ge­gen die ak­ti­ve Gewähr der Ver­fas­sungs­treue verstößt.

...“

Die Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on schrieb den Kläger am 29.08.2007 un­ter dem Be­treff „Ihr Ar­beits­verhält­nis mit dem Land B..., Ih­re Erklärung zur Ver­fas­sungs­treue vom 17.07.2003“ un­ter Hin­weis auf die Mit­tei­lung des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz vom 23.08.2007 an. Im Ein­zel­nen auf­geführt sind die im Schrei­ben vom 23.08.2007 ent­hal­te­nen ers­ten fünf Punk­te, ver­bun­den mit dem Hin­weis, der Kläger ha­be mit sei­nem öffent­li­chen Auf­tre­ten für ei­ne als ver­fas­sungs­feind­lich ein­ge­stuf­te Par­tei grob ge­gen sei­ne ta­rif­ver­trag­li­che Pflicht zur Ver­fas­sungs­treue ver­s­toßen (vgl. im Ein­zel­nen Schrei­ben vom 29.08.2007, Vor.A. Bl. 47 bis 49). Ent­spre­chend der ihm ein­geräum­ten Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me äußer­te sich der Kläger mit Schrei­ben vom 11.09.2007 (vgl. Vor.A. Bl. 50).

Un­ter dem 04.10.2007 (vgl. Vor.A. Bl. 51 bis 53) er­teil­te die Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on dem Kläger ei­ne Ab­mah­nung. Die­se lau­tet u. a.:

„...
Auf Ih­ren Wunsch fand am 12.09.2007 ei­ne Be­spre­chung in die­ser An­ge­le­gen­heit statt. Auch hier be­strit­ten Sie die Ih­nen vor­ge­wor­fe­nen Tätig­kei­ten nicht. Ein Ein­fluss auf die von Ih­nen ge­leis­te­te Ar­beit hätten die Ak­ti­vitäten nicht. Sie ga­ben fer­ner zu, dass die Un­terstützung rechts­ex­tre­mis­ti­scher Krei­se be­reits während Ih­rer Tätig­keit beim Land­rats­amt K... be­kannt und des­halb be­reits da­mals Ge­gen­stand ei­ner Be­spre­chung war. Ein Zu­sam­men­hang mit der Be­en­di­gung Ih­rer Beschäfti­gung dort bestünde aber nicht.

 

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Ob­wohl Ih­nen auf­grund des da­ma­li­gen Gesprächs be­reits be­kannt war, dass Ih­re Ak­ti­vitäten bei der NPD und JN ge­gen die frei­heit­lich de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ver­s­toßen, ha­ben Sie die Be­leh­rung und Erklärung zur Ver­fas­sungs­treue bei Ih­rer Ein­stel­lung am 17.07.2003 trotz­dem un­ter­schrie­ben, oh­ne Ih­ren zukünf­ti­gen Ar­beit­ge­ber auf die­se Ak­ti­vitäten hin­zu­wei­sen. Durch die­se Fehl­in­for­ma­ti­on und mit Ih­rem öffent­li­chen Auf­tre­ten für ei­ne als ver­fas­sungs­feind­lich ein­ge­stuf­te Par­tei wie der NPD ha­ben Sie grob ge­gen Ih­re ta­rif­ver­trag­li­che Pflicht zur Ver­fas­sungs­treue ver­s­toßen. Sie ga­ben zu er­ken­nen, dass Sie sich ge­ra­de nicht zur frei­heit­lich de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung im Sin­ne des Grund­ge­set­zes be­ken­nen. Sie ha­ben da­durch das Ver­trau­ens­verhält­nis zu Ih­rem Ar­beit­ge­ber nach­hal­tig erschüttert. Ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung beim Land B... kommt für Sie bei an­hal­ten­den Ak­ti­vitäten für ver­fas­sungs­feind­li­che Or­ga­ni­sa­tio­nen nicht in Be­tracht.

Ich mah­ne sie des­halb we­gen der o.g. Pflicht­verstöße ab. Für den Fall an­hal­ten­der Ak­ti­vitäten für die rechts­ex­tre­mis­ti­sche Sze­ne müssen sie mit ei­ner frist­lo­sen Kündi­gun­gen des Ar­beits­verhält­nis­ses rech­nen.

...“

Am 18.11.2007 (Volks­trau­er­tag) nahm der Kläger an ei­ner von der NPD ab­ge­hal­te­nen Ge­denk­ver­an­stal­tung am Eh­ren­mal „Pan­zer­gra­ben“ auf dem Ge­biet der Ge­mein­de R... teil. Bei die­sem Eh­ren­mal han­delt es sich um ein von der Ge­mein­de er­rich­te­tes St­ein­kreuz zur Er­in­ne­rung an dort bei­ge­setz­te französi­sche und deut­sche Sol­da­ten, die vor Ort im April 1945 ge­fal­len wa­ren.

Mit Schrei­ben vom 17.04.2008, ein­ge­gan­gen am 25.04.2008, wur­de der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on durch das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz die Teil­nah­me des Klägers an der ge­nann­ten NPD-Ver­an­stal­tung des 18.11.2007 be­rich­tet.

Nach ent­spre­chen­der Be­tei­li­gung des Per­so­nal­rats (vgl. Schrei­ben vom 29.04.2008, Vor.A. Bl. 104/105) und des­sen Zu­stim­mung un­ter dem 07.05.2008 wur­de ge­genüber dem Kläger die streit­ge­genständ­li­che frist­lo­se/hilfs­wei­se frist­ge­rech­te Kündi­gung vom 08.05.2008 aus­ge­spro­chen mit Hin­weis auf die Teil­nah­me des Klägers an der Ge­denk­ver­an­stal­tung am Eh­ren­mal Pan­zer­gra­ben (vgl. im Ein­zel­nen Kündi­gungs­schrei­ben Vor.A. Bl. 27/28).

Nach­fol­gend, mit An­walts­schrift­satz vom 23.09.2008, hat das be­klag­te Land die An­fech­tung des mit dem Kläger ab­ge­schlos­se­nen Dienst­ver­tra­ges erklären las­sen.

 

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Mit der am 26.05.2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kündi­gungs­schutz­kla­ge hat der Kläger das Feh­len ei­nes Kündi­gungs­grun­des so­wohl hin­sicht­lich ei­ner außer­or­dent­li­chen als auch ei­ner hilfs­wei­se erklärten or­dent­li­chen Kündi­gung gel­tend ge­macht. Der Kläger ha­be dem be­klag­ten Land durch sein Ver­hal­ten kei­ner­lei Ver­an­las­sung ge­ge­ben, den Ar­beits­ver­trag zu kündi­gen. Der Kläger ha­be sich zu je­der Zeit zur frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung be­kannt und wer­de ein sol­ches Be­kennt­nis auch wei­ter­hin ab­le­gen. Et­was an­de­res er­ge­be sich nicht aus Ak­ti­vitäten des Klägers für die NPD und/oder die JN, die bei­de nicht we­gen Ver­fas­sungs­feind­lich­keit ver­bo­ten wor­den sei­en.

Dem­ge­genüber hat das be­klag­te Land gel­tend ge­macht, aus den vor­ge­tra­ge­nen Ak­ti­vitäten des Klägers für die NPD und/oder die JN er­ge­be sich, dass der Kläger nicht für die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ein­tre­te, denn der Kläger ha­be sich für ei­ne ver­fas­sungs­feind­li­che Par­tei en­ga­giert. Die Ver­fas­sungs­feind­lich­keit der NPD er­ge­be sich aus dem Ver­fas­sungs­schutz­be­richt Ba­den-Würt­tem­berg 2007. Durch sein Ein­tre­ten für ei­ne ver­fas­sungs­feind­li­che Par­tei beschädi­ge der Kläger das An­se­hen der Fi­nanz­ver­wal­tung. Auf­grund sei­ner ar­beits­ver­trag­lich aus­geübten Tätig­keit ha­be der Kläger Zu­gang zu per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der Steu­er­pflich­ti­gen. Das Ver­trau­en der Bürger in das rechts­staat­li­che Han­deln der Fi­nanz­ver­wal­tung wer­de be­ein­träch­tigt, so­fern Be­diens­te­te öffent­lich für ei­ne rechts­ex­tre­mis­ti­sche Par­tei ein­träten, die ein­deu­tig ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le ver­fol­ge.

Zur Be­gründung der mit Schrift­satz vom 23.09.2008 erklärten An­fech­tung des Ar­beits­ver­tra­ges hat das Land vor­ge­tra­gen, der Kläger ha­be mit sei­ner Erklärung zur Ver­fas­sungs­treue vom 17.07.2003 ei­ne arg­lis­ti­ge Täuschung be­gan­gen, denn der Kläger ha­be ge­nau ge­wusst, dass sein En­ga­ge­ment für die NPD ei­ner Ein­stel­lung beim be­klag­ten Land ent­ge­gen­ge­stan­den ha­be und das Land den Dienst­ver­trag nie­mals un­ter­schrie­ben hätte, hätte der Kläger sein En­ga­ge­ment für die NPD of­fen­bart ge­habt. Der Kläger ha­be un­strei­tig Kennt­nis da­von ge­habt, dass sein be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag mit dem Land­rats­amt K... we­gen der über die Per­son des Klägers vor­lie­gen­den Er­kennt­nis­se ei­ner po­li­ti­schen Betäti­gung für die NPD nicht fort­ge­setzt wor­den sei.

Das Ar­beits­ge­richt hat die vom be­klag­ten Land erklärte An­fech­tung des Ar­beits­ver­tra­ges der Par­tei­en als un­wirk­sam er­ach­tet. Ei­ne arg­lis­ti­ge Täuschung nach § 123 BGB lie­ge nicht vor. Der Kläger ha­be nach Auf­fas­sung der Kam­mer kei­ne zulässi­gen Fra­gen falsch be­ant­wor­tet. Nach ei­ner Mit­glied­schaft oder ei­ner ak­ti­ven Tätig­keit in der NPD oder für die JN sei der Kläger eben­so we­nig ge­fragt wor­den wie da­nach, ob er für ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on tätig sei, die vom Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz als ver­fas­sungs­wid­rig ein­ge­stuft wer­de. So­fern auf das Ein­tre­ten des Klägers für die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ab­ge­stellt wer­de, so

 

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könn­ten Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten darüber be­ste­hen, wann und in wel­cher Wei­se die­se - die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung - nach­tei­lig be­trof­fen sei oder nicht. Aus der Mit­glied­schaft oder Tätig­keit für ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on, die vom Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz als ver­fas­sungs­wid­rig ein­geschätzt wer­de, könn­ten Rück­schlüsse auf das tatsächli­che Ver­hal­ten und die tatsächli­che Ein­stel­lung ei­nes Ar­beit­neh­mers nicht ge­zo­gen wer­den. Auch lie­ge ein Kündi­gungs­grund nach § 626 BGB nicht vor. Die Kam­mer ha­be kei­ne Über­zeu­gung da­von ge­win­nen können, dass ei­ne Dienst­pflicht­ver­let­zung we­gen Loya­litäts­ver­s­toßes vor­lie­ge, in­dem der Kläger den Staat und sei­ne Ver­fas­sungs­or­ga­ne in un­an­ge­mes­se­ner Wei­se an­ge­grif­fen, ihn verächt­lich ge­macht oder be­schimpft ha­be.

Die hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung sei per­so­nen­be­dingt i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG be­gründet. Die persönli­che Eig­nung ei­nes An­ge­stell­ten im öffent­li­chen Dienst er­for­de­re es, dass sich der An­ge­stell­te durch sein ge­sam­tes Ver­hal­ten zur frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung i. S. des Grund­ge­set­zes be­ken­ne, wo­bei die zu stel­len­den An­for­de­run­gen sich nach den Auf­ga­ben des An­ge­stell­ten rich­te­ten und ei­ne Ein­zel­fall­prüfung er­for­der­ten. Da­nach sei die Kam­mer zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass aus Sicht des be­ur­tei­len­den Lan­des die Pro­gno­se ge­recht­fer­tigt sei, dass der Kläger die an ihn ge­stell­ten Vor­aus­set­zun­gen in persönli­cher Hin­sicht nicht erfülle, da er nicht nur Mit­glied der NPD sei, son­dern fortwährend, sys­te­ma­tisch und struk­tu­riert ak­tiv so­wie öffent­lich wahr­nehm­bar als Funk­ti­ons­träger der NPD und der JN durch Or­ga­ni­sa­ti­on von Ver­samm­lun­gen und Her­aus­ga­be von News­let­tern tätig wer­de und der Kläger in­so­weit mit Ge­scheh­nis­sen in en­ge Ver­bin­dung ge­bracht wer­den könne, die ein­deu­tig und schwer­wie­gend den grund­le­gen­den und ge­genüber den Bürgern ver­tre­te­nen Über­zeu­gun­gen des Staa­tes und sei­ner Or­ga­ne ent­ge­genstünden. Dies be­tref­fe Ein­la­dung und Vor­trag des Herrn D... und des­sen Ein­tritt für Herrn Z..., für die Ge­denk­ver­an­stal­tung, auf wel­cher die ers­te Stro­phe der deut­schen Na­tio­nal­hym­ne ge­sun­gen wor­den sei und schließlich den Nach­ruf auf Herrn B... im News­let­ter vom 25.07.2008. Zu den Her­ren B..., D... und Z... sei­en In­for­ma­tio­nen all­ge­mein zugäng­lich, wel­che ver­deut­lich­ten, in wel­cher Wei­se de­ren Ver­hal­ten dem grund­le­gen­den Selbst­verständ­nis des Staa­tes und sei­ner Or­ga­ne ent­ge­gen­ste­he.

Im Übri­gen wird auf den In­halt des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils vom 30.10.2008 Be­zug ge­nom­men.

Hier­ge­gen ha­ben bei­de Par­tei­en Be­ru­fung ein­ge­legt.

Das be­klag­te Land hält un­verändert an der Rechts­wirk­sam­keit der An­fech­tungs­erklärung vom 23.09.2008 so­wie an der aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen/frist­lo­sen Kündi­gung fest.

 

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Die dau­er­haft lei­ten­de Funk­ti­on des Klägers in der rechts­ex­tre­men NPD recht­fer­ti­ge die An­fech­tung, zu­min­dest die frist­lo­se Kündi­gung. Erst nach der Ab­mah­nung vom 04.10.2007 sei sei­tens der Ar­beit­ge­be­rin in Er­fah­rung ge­bracht wor­den, dass der Kläger be­reits zum Jah­res­wech­sel 2001/2002 als „Stütz­punkt­lei­ter“ ak­tiv her­vor­ge­tre­ten sei. In ei­nem Neu­jahrs­schrei­ben bit­te der Kläger et­wa um Spen­den für den „Kampf um Deutsch­land“. Gemäß er­neu­ter Mit­tei­lung des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz vom 31.01.2009 ver­schi­cke der Kläger auch im Jahr 2008 den News­let­ter der NPD im ei­ge­nen Na­men und sei als Ver­an­stal­ter ei­ner Ge­denk­ver­an­stal­tung so­wie durch Ver­sen­dung von Ein­la­dun­gen in Er­schei­nung ge­tre­ten.

Das Ar­beits­ge­richt ha­be bei Be­ur­tei­lung der An­fech­tung ver­kannt, dass ei­ne rechts­er­heb­li­che Täuschung sei­tens des Klägers bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges der Par­tei­en vor­lie­ge. Dem Kläger sei im Zu­sam­men­hang des nicht verlänger­ten be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges beim Land­rats­amt K... be­kannt ge­we­sen, dass sein durch das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz be­kannt ge­wor­de­nes En­ga­ge­ment für die NPD An­lass für ei­ne so­for­ti­ge Frei­stel­lung und an­sch­ließen­de Be­en­di­gung sei­nes An­ge­stell­ten­verhält­nis­ses im öffent­li­chen Dienst ge­we­sen sei. Dem Kläger sei zum Zeit­punkt sei­ner Ein­stel­lung beim be­klag­ten Land durch Aus­bil­dung, Tätig­keit beim Land­rats­amt und die schrift­li­che Be­leh­rung zur Ver­fas­sungs­treue be­kannt ge­we­sen, dass Per­so­nen im öffent­li­chen Dienst je­der­zeit und auch außer­dienst­lich sich zur frei­heit­lich de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung be­ken­nen müss­ten und kei­ne ver­fas-sungs­feind­li­chen Par­tei­en oder Or­ga­ni­sa­tio­nen un­terstützen dürf­ten. Der Kläger hätte des­halb auf die ihm vor­ge­leg­te Erklärung hin of­fen­ba­ren müssen, dass er sich ak­tiv für die NPD so­wie die JN ein­set­ze und dort Ämter be­klei­de.

Das Ar­beits­ge­richt ha­be auch rechts­feh­ler­haft ei­nen die frist­lo­se Kündi­gung nach § 626 BGB recht­fer­ti­gen­den Loya­litäts­ver­s­toß ver­neint. An­ge­sichts der Tat­sa­che, dass der Kläger nach dem un­strei­ti­gen Sach­ver­halt Ak­ti­vist und so­gar Funk­ti­onär der NPD sei und auf di­ver­sen Ver­an­stal­tun­gen als Ver­an­stal­tungs- und Ver­samm­lungs­lei­ter auf­tre­te und re­gelmäßig den News­let­ter ver­sen­de, be­ste­he die be­gründe­te Be­sorg­nis, dass der Kläger kei­ne Gewähr dafür bie­te, je­der­zeit vor­be­halts­los für die ver­fas­sungs­recht­li­che Ord­nung ein­zu­tre­ten. Da­mit ver­let­ze er die ge­genüber dem Dienst­herrn ob­lie­gen­den Loya­litäts- und Treue­pflich­ten. Der Kläger ha­be sich die ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­le der NPD auch zu ei­gen ge­macht. Er dif­fa­mie­re den Staat und sei­ne Or­ga­ne in al­ler Of­fen­heit und brin­ge sei­nen Wil­len zum Aus-druck, ihn bekämp­fen zu wol­len. Der Kläger bit­te in sei­ner Ei­gen­schaft als Stütz­punkt­lei­ter der JN um Un­terstützung im „Kampf“ um Deutsch­land, re­de vom „Sys­tem“ und be­die­ne sich auch sonst der ty­pisch kämp­fe­ri­schen Spra­che des Rechts­ex­tre­mis­mus, wenn von „dre­cki¬en Spit­zeln“ vom Ver­fas­sungs­schutz, „Fa­ckelzügen“, „Ka­me­rad­schaf­ten“ und dem „Kampf

 

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ums Va­ter­land“ die Re­de sei. Nicht nur durch sei­ne Spra­che, auch in sei­nem kon­kre­ten En­ga­ge­ment für NPD und JN kom­me die ver­fas­sungs­feind­li­che Hal­tung des Klägers zum Aus-druck. Der am 25.07.2008 vom Kläger ver­sen­de­te Ge­denk­brief für Herrn B... be­tref­fe ei­nen mehr­fach rechts­kräftig ver­ur­teil­ten Rechts­ex­tre­mis­ten. Auch wenn der Kläger den Ge­denk­brief nicht selbst ver­fasst ha­be, so ha­be er sich von Herrn B... und sei­nen Ausführun­gen mit kei­nem Wort dis­tan­ziert. Nicht ein­mal im Rah­men des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens ha­be der Kläger der­ar­ti­ges für ge­bo­ten ge­hal­ten.

Das be­klag­te Land be­an­tragt:

1. Das Ur­teil vom Ar­beits­ge­richt Karls­ru­he vom 30.10.2008, Az.: 8 Ca 142/08, wird ab­geändert.

2. Die Kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

3. Der Kläger trägt die Kos­ten des Rechts­streits.

Der Kläger be­an­tragt:

Zurück­wei­sung der Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des.

Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Karls­ru­he vom 30. Ok­to­ber 2008 (dor­ti­ges Ak­ten­zei­chen: 8 Ca 142/08) ab­zuändern und nach den erst­in­stanz­li­chen Schlußanträgen zu er­ken­nen.

Der Kläger macht mit sei­ner Be­ru­fung wei­ter­hin die Rechts­un­wirk­sam­keit der hilfs­wei­sen or­dent­li­chen Kündi­gung vom 08.05.2008 und hier­zu sei­ne vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung gel­tend.

Das Ar­beits­ge­richt ir­re in der An­nah­me, der Kläger ha­be durch sei­ne ge­sam­te Persönlich­keit und sein Ver­hal­ten den An­for­de­run­gen ei­nes Ar­beit­neh­mers im öffent­li­chen Dienst nicht ent­spro­chen. Ent­spre­chen­des gel­te hin­sicht­lich der vom Ar­beits­ge­richt ver­tre­te­nen Pro­gno­se. Der Kläger ha­be sich kon­ti­nu­ier­lich und in vol­lem Um­fang zur frei­heit­lich de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung be­kannt und im Übri­gen sei­ne Ar­beits­leis­tun­gen aus­nahms­los un­po­li­tisch und kor­rekt er­bracht. Auch ha­be der Kläger we­der in­ner­halb noch außer­halb des Diens­tes das An­se­hen der Be­klag­ten geschädigt. Dies ha­be er ins­be­son­de­re nicht da­durch ge­tan, dass er an Ver­an­stal­tun­gen der NPD, ei­ner in zwei Land­ta­gen ver­tre­te­nen Par­tei, teil­ge­nom­men ha-

 

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be. Aus den Sprach­ei­gen­ar­ten ei­nes Men­schen las­se sich nicht ernst­haft dar­auf schließen, dass die­ser den Bo­den der frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung ver­las­sen ha­be. Aus­weis­lich ih­res Par­tei­pro­gramms sei die NPD nicht ver­fas­sungs­feind­lich. So­weit es in­ner­halb der Par­tei womöglich in der Tat ein­zel­ne Per­so­nen ge­be, die sich je­mals in ver­fas­sungs­feind­li­cher Wei­se geäußert hätten, so schlügen der­ar­ti­ge Ein­zeläußerun­gen nicht auf die Par­tei als Gan­ze durch. Das Ein­tre­ten für ei­ne und die Mit­glied­schaft in ei­ner zu­ge­las­se­nen po­li­ti­schen Par­tei sei kein außer­dienst­li­ches Fehl­ver­hal­ten, wel­ches ei­ne Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen vermöge. Der Kläger ha­be bei sei­ner Ar­beit in der Fi­nanz­ver­wal­tung stets po­si­ti­ve Be­ur­tei­lun­gen er­fah­ren. So­weit dem Kläger die Ver­brei­tung ei­nes News­let­ter ei­nes NPD-Ver­ban­des mit neo­na­zis­ti­schem Ge­dan­ken­gut vor­ge­hal­ten wer­de, so sei rich­tig, dass der Kläger neo­na­zis­ti­sches Ge­dan­ken­gut strikt ab­leh­ne. Das be­klag­te Land un­ter­neh­me ei­ne un­ge­eig­ne­te Be­weisführung, wenn es die be­haup­te­te Ver­fas­sungs­feind­lich­keit des Klägers aus dem Nach­ruf auf Herrn B... ab­lei­te und zu die­sem Zweck In­hal­te der fragwürdi­gen Welt­netz­quel­le „wi­ki­pe­dia“ her­an­zie­he.

Die Fest­stel­lung des Ar­beits­ge­richts, wo­nach der Kläger NPD-Mit­glied ist, wur­de vom Kläger nicht an­ge­grif­fen.

Das be­klag­te Land be­an­tragt:

Die Be­ru­fung des Klägers zurück­zu­wei­sen.

Das be­klag­te Land ver­tei­digt dies­bezüglich das an­ge­foch­te­ne Ur­teil und wie­der­holt und ergänzt das erst­in­stanz­li­che Vor­brin­gen.

We­gen der Ein­zel­hei­ten des Be­ru­fungs­vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze ein­sch­ließlich der An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des ist nicht be­gründet.

Die Be­ru­fung des Klägers hat hin­sicht­lich des Fest­stel­lungs­be­geh­rens Er­folg. Im Übri­gen - so­weit der Kläger vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung be­an­sprucht - ist die Be­ru­fung nicht be­gründet.

 

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A.

Das be­klag­te Land war we­der zur An­fech­tung des Ar­beits­ver­tra­ges der Par­tei­en noch zum Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen/frist­lo­sen Kündi­gung be­fugt.

I.
Das BAG hat be­reits Grundsätze ent­wi­ckelt zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner per­so­nen- bzw. ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung, die der öffent­li­che Ar­beit­ge­ber ge­genüber ei­nem Ar­beit­neh­mer des­halb aus­ge­spro­chen hat, weil der Ar­beit­neh­mer ei­ner vom Ar­beit­ge­ber als ver­fas­sungs­feind­lich er­ach­te­ten po­li­ti­schen Par­tei an­gehört und/oder für die­se ak­tiv ge­wor­den ist (vgl. et­wa Ur­tei­le vom 28.09.1989 - 2 AZR 317/86, 20.07.1989 - 2 AZR 114/87, 06.06.1984 - 7 AZR 456/82, je­weils m. w. N.). Die zi­tier­te BAG-Rspr. be­trifft zwar die Zu­gehörig­keit des je­weils gekündig­ten Ar­beit­neh­mers zur DKP (Deut­sche Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei). Die dor­ti­gen Grundsätze und Über­le­gun­gen ha­ben aber auch im ver­gleich­ba­ren Streit­fall zu gel­ten.

1) Da­nach kann zwar die po­li­ti­sche Betäti­gung für ei­ne Par­tei, die ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le ver­folgt, als per­so­nen­be­ding­ter Grund für ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung in Be­tracht kom­men, wenn der An­ge­stell­te des öffent­li­chen Diens­tes un­ter Berück­sich­ti­gung der ihm ob­lie­gen­den Funk­ti­on und der staat­li­chen Auf­ga­ben­stel­lung des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers auf­grund kon­kre­ter Umstände nicht (mehr) als ge­eig­net für sei­ne Tätig­keit an­ge­se­hen wer­den kann.

a) Hier­bei ist zunächst fest­zu­stel­len, dass die Fra­ge­stel­lung und Prüfung, ob im Streit­fall ei­ne Par­tei mit ver­fas­sungs­feind­li­cher Ziel­set­zung be­trof­fen ist, nicht dar­an schei­tert, dass die be­tref­fen­de Par­tei nicht im Ver­fah­ren nach Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG ver­bo­ten wor­den ist. Das mit dem Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren be­fass­te Ge­richt hat des­halb selbst darüber zu be­fin­den, ob die in Re­de ste­hen­de Par­tei ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le ver­folgt.

Ver­fas­sungs­wid­rig ist ei­ne Par­tei, die in ih­rem po­li­ti­schen Pro­gramm dar­auf aus­geht, die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu be­ein­träch­ti­gen oder zu be­sei­ti­gen. Die­se frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ist ge­kenn­zeich­net durch „ei­ne Ord­nung, die un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­walt- und Willkürherr­schaft ei­ne rechts­staat­li­che Herr­schafts­ord­nung auf der Grund­la­ge der Selbst­be­stim­mung des Vol­kes nach dem Wil­len der je­wei­li­gen Mehr­heit und der Frei­heit und Gleich­heit dar­stellt“. Zu den grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en die­ser Ord­nung gehören „die Ach­tung vor den im Grund­ge­setz

 

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kon­kre­ti­sier­ten Men­schen­rech­ten, vor al­lem vor dem Recht der Persönlich­keit auf Le­ben und freie Ent­fal­tung, die Volks­sou­veränität, die Ge­wal­ten­tei­lung, die Ver­ant­wort­lich­keit der Re­gie­rung, die Ge­setzmäßig­keit der Ver­wal­tung, die Un­abhängig­keit der Ge­rich­te, das Mehr­par­tei­en­prin­zip und die Chan­cen­gleich­heit für al­le po­li­ti­schen Par­tei­en mit dem Recht auf ver­fas­sungsmäßige Bil­dung und Ausübung ei­ner Op­po­si­ti­on“ (BVerfG 2, 1 (12 ff); 5, 85 (140)).

Mit der Ver­fas­sungs­ord­nung un­ver­ein­ba­re Zie­le sind et­wa die An­wen­dung des Mit­tels der Ge­walt zum Um­sturz der ver­fas­sungsmäßigen Ord­nung oder die Dik­ta­tur des Pro­le­ta­ri­ats, eben­so auch die Wie­der­her­stel­lung des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Un­rechts­re­gimes, wel­ches die Prin­zi­pi­en der frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung miss­ach­tet hat, auch sons­ti­ge For­men ei­ner Dik­ta­tur, gleichgültig, ob sie links- oder rechts­ex­trem ge­prägt sind (aus BVerwG, Ur­teil vom 28.11.1980 - 2 C 27.78). Die Zie­le ei­ner po­li­ti­schen Par­tei er­ge­ben sich nicht nur aus ih­rem of­fi­zi­el­len Par­tei­pro­gramm und der Sat­zung, viel­mehr auch aus sons­ti­gen pro­gram­ma­ti­schen Äußerun­gen. Dem­ent­spre­chend hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in der zi­tier­ten Ent­schei­dung, die sich mit den po­li­ti­schen Zie­len der NPD be­fasst, fest­ge­stellt, ei­ne Bekämp­fung von Grund­prin­zi­pi­en der Ver­fas­sungs­ord­nung und ei­ne die­sen wi­der­spre­chen­de Ziel­set­zung könne sich aus ei­ner ständi­gen ge­gen die­se Grund­prin­zi­pi­en ge­rich­te­ten und der Par­tei po­li­tisch zu­zu­rech­nen­den Po­le­mik wie zum Bei­spiel aus pro­pa­gan­dis­ti­scher Recht­fer­ti­gung des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Un­rechts­re­gimes er­ge­ben. Als Bei­spie­le für po­li­ti­sche Äußerun­gen, die auf die Ver­fol­gung ver­fas­sungs­feind­li­cher Zie­le schließen las­sen, wer­den so­dann et­wa ge­nannt: Es wer­de das be­reits durch den Sprach­ge­brauch des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus berüch­tig­te Wort „Sys­tem“ ge­braucht, um in of­fen­kun­dig verächt­li­cher Wei­se den po­li­ti­schen Wir­kungs­be­reich teils der an der Re­gie­rung be­tei­lig­ten, teils der im Deut­schen Bun­des­tag ins­ge­samt ver­tre­te­nen Par­tei­en zu kenn­zeich­nen. Die im Bun­des­tag ver­tre­te­nen Par­tei­en würden in ih­rer Ge­samt­heit als „schädlich, ver­lo­gen und kor­rupt“ dif­fa­miert. Hin­zu kämen of­fen­kun­di­ge, im­mer wie­der­keh­ren­de und der NPD ins­ge­samt zu­zu­rech­nen­de Bemühun­gen, die Verhält­nis­se und Ge­scheh­nis­se des „Drit­ten Rei­ches“ zu ver­harm­lo­sen und zu beschöni­gen. Die dar­in zum Aus­druck kom­men­de man­geln­de Dis­tanz zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus las­se Rück­schlüsse auf die Einschätzung des sons­ti­gen po­li­ti­schen Ver­hal­tens zu (vgl. BVerwG, w. b. b.).

b) Ist dem­nach auch hin­sicht­lich ei­ner nicht nach Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG ver­bo­te­nen Par­tei vom Ge­richt im Kündi­gungs­schutz­ver­fah­ren zu prüfen, ob die be­tref­fen­de Par­tei -hier die NPD - ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le ver­folgt, so ist nach der oben zi­tier­ten ein­schlägi­gen BAG-Recht­spre­chung darüber hin­aus aber auch zu be­den­ken, dass die bloße Mit­glied­schaft des gekündig­ten Ar­beit­neh­mers in der be­tref­fen­den Par­tei für sich ge­nom­men als per­so­nen­be­ding­ter Kündi­gungs­grund al­lein nicht aus­reicht. Hier­nach gilt viel­mehr:

 

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Mit­glied­schaf­ten und Ak­ti­vitäten für ei­ne Par­tei mit ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len be­gründen le­dig­lich Zwei­fel an der Eig­nung ei­nes Ar­beit­neh­mers. Denn auf­grund Mit­glied­schaft und Ak­ti­vitäten des Ar­beit­neh­mers in der Par­tei ist zunächst in­di­ziert, dass der Ar­beit­neh­mer sich auch von den für ver­fas­sungs­feind­lich zu er­ach­ten­den Zie­len der Par­tei nicht dis­tan­ziert. In­so­weit geht es aber nicht um un­wi­der­leg­ba­re Ver­mu­tun­gen, son­dern um In­di­zi­en, die zwar bei Prüfung ei­nes Ein­stel­lungs­an­spruchs ei­nes Be­wer­bers für ei­ne An­stel­lung im öffent­li­chen Dienst - vom Be­wer­ber - aus­zuräum­en sind. Zum Nach­weis ei­nes per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grun­des hin­ge­gen rei­chen die In­di­zi­en nicht aus. Es ob­liegt dem öffent­li­chen Dienst­herrn, all­ge­mein be­gründe­te Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­treue durch kon­kre­te, auf den je­wei-li­gen Ar­beit­neh­mer und sei­nen persönli­chen Auf­ga­ben­be­reich be­zo­ge­ne Umstände zu be­zie­hen, zu per­so­na­li­sie­ren und zu verstärken. Auf­schluss­reich sind in­so­weit ins­be­son­de­re das bis­he­ri­ge dienst­li­che und außer­dienst­li­che Ver­hal­ten, so­weit es über die Ver­fol­gung ver­fas­sungs­kon­for­mer Zie­le der be­tref­fen­den Par­tei hin­aus­geht. Ganz ent­schei­dend ist das persönli­che Ver­fas­sungs­verständ­nis des Ar­beit­neh­mers, d. h. sei­ne be­ste­hen­de oder feh­len­de Be­reit­schaft, sich von - et­wa - ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len der Par­tei zu dis­tan­zie­ren. Die­ses Verständ­nis kann - wie bei der Ein­stel­lung - auch zur Klärung ei­nes mögli­chen Kündi­gungs­sach­ver­halts re­gelmäßig nur auf­grund ei­ner fun­dier­ten sorgfälti­gen Anhörung geklärt wer­den. Ei­ne et­wa feh­len­de Be­reit­schaft des Ar­beit­neh­mers, sich zu den ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len zu äußern, kann bei der Prüfung der Eig­nung ge­gen ihn spre­chen (so BAG, Ur­teil vom 28.09.1989 - 2 AZR 317/86).

Nach der BAG-Recht­spre­chung ist bei Prüfung der so­zia­len Recht­fer­ti­gung ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung we­gen po­li­ti­scher Ak­ti­vitäten zunächst ab­zu­stel­len auf die ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ver­hal­tens­pflich­ten, die staat­li­che Auf­ga­ben­stel­lung des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers und das vom be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer zu be­ar­bei­ten­de Auf­ga­ben­ge­biet. Dem­ent­spre­chend folgt aus der Mit­glied­schaft in ei­ner so­wie Ak­ti­vitäten für ei­ne Par­tei mit ver­fas­sungs­feind­li­cher Ziel­set­zung für sich ge­nom­men auch kein Ver­s­toß ge­gen die nach § 3 Abs. 1 S. 2 TV-L zu for­dern­de Ver­fas­sungs­treue (vor­mals § 8 BAT). Die ge­nann­ten Be­stim­mun­gen können in ih­rer all­ge­mein ge­hal­te­nen For­mu­lie­rung nicht da­hin ver­stan­den wer­den, dass al­len Ar­beit­neh­mern des öffent­li­chen Diens­tes oh­ne Be­zug zu der je­weils aus­zuüben­den Tätig­keit ei­ne dem Be­am­ten ver­gleich­ba­re ge­stei­ger­te po­li­ti­sche Treue­pflicht ob­lie­ge.

Während die dem Be­am­ten ob­lie­gen­de ge­stei­ger­te Treue­pflicht von die­sem die Be­reit­schaft for­de­re, sich mit der Idee des Staa­tes, d. h. sei­ner frei­heit­li­chen, de­mo­kra­ti­schen, rechts- und so­zi­al­staat­li­chen Ord­nung zu iden­ti­fi­zie­ren und dafür ak­tiv ein­zu­tre­ten, sich des­halb et­wa von Grup­pen und Be­stre­bun­gen zu dis­tan­zie­ren, die die­sen Staat, sei­ne ver­fas­sungsmäßigen

 

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Or­ga­ne und die gel­ten­de Ver­fas­sungs­ord­nung an­grei­fen, bekämp­fen und dif­fa­mie­ren, ge­be es, wie das BAG wei­ter ausführt, im Rah­men von Ar­beits­verhält­nis­sen bei der Fülle staat­li­cher Auf­ga­ben­stel­lun­gen auch Ar­beits­be­rei­che, bei de­nen es für die kon­kret ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung nicht auf die vom Be­am­ten ver­lang­te ge­stei­ger­te po­li­ti­sche Treue­pflicht an­kom­me. Woll­te man da­ge­gen aus der ta­rif­lich (§§ 8 BAT, 3 Abs. 1 TV-L) auf­er­leg­ten Ver­fas­sungs­treue ei­ne für al­le An­gehöri­gen des öffent­li­chen Diens­tes gleichmäßige, von ih­rer Funk­ti­on gelöste be­son­de­re po­li­ti­sche Treue­pflicht ab­lei­ten, so würden da­mit po­li­ti­sche Grund­rech­te der Ar­beit­neh­mer unnötig und un­verhält­nismäßig ein­ge­schränkt. Das vom Ar­beit­neh­mer des öffent­li­chen Diens­tes zu er­war­ten­de Maß an po­li­ti­scher Treue­pflicht (Loya­litäts­ver­pflich­tung) er­ge­be sich da­her aus sei­ner Stel­lung und dem kon­kre­ten Auf­ga­ben­kreis, den er wahr­zu­neh­men ha­be (vgl. BAG, Ur­teil vom 28.09.1989, w. b. b.).

c) Ist nach den Grundsätzen ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung kei­ne feh­len­de Eig­nung des be­tref­fen­den Ar­beit­neh­mers fest­zu­stel­len, so kommt ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung we­gen po­li­ti­scher Ak­ti­vitäten nur in Be­tracht, wenn das Ar­beits­verhält­nis hier­durch kon­kret be­ein­träch­tigt wird. In­so­weit gilt im Grund­satz nichts an­de­res als bei der Prüfung sons­ti­ger ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­gründe, so­fern das be­tref­fen­de Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers im außer­dienst­li­chen Be­reich an­ge­sie­delt ist (vgl. BAG, w. b. b.).

II.
1) Bei An­wen­dung der oben auf­ge­zeig­ten Grundsätze er­weist sich zunächst die erklärte An­fech­tung des Ar­beits­ver­tra­ges als un­be­gründet. Dem be­klag­ten Land steht das in An­spruch ge­nom­me­ne An­fech­tungs­recht nach § 123 BGB nicht zu.

Nach § 123 Abs. 1 BGB kann die Erklärung an­fech­ten, wer zur Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­erklärung durch arg­lis­ti­ge Täuschung be­stimmt wor­den ist.

Zwar ist dem be­klag­ten Land dar­in zu fol­gen, dass sei­tens des Klägers ei­ne Täuschung - durch Ver­schwei­gen sei­ner Ak­ti­vitäten für die NPD bzw. JN - be­gan­gen wor­den ist, in­dem der Kläger am 17.07.2003 die ihm vor­ge­leg­te Erklärung zur Ver­fas­sungs­treue nach § 8 BAT un­ter­zeich­net hat. Da­durch hat er beim be­klag­ten Land die fal­sche Vor­stel­lung auf­recht­er­hal­ten, der Kläger gehöre kei­ner po­li­ti­schen Par­tei an bzw. un­terstütze kei­ne po­li­ti­sche Par­tei, die nach dem Verständ­nis des Ver­fas­sungs­schut­zes des Lan­des ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le ver­folg­te. In­so­weit weist das Land zu Recht dar­auf hin, dass der Kläger auf­grund der Be­son­der­hei­ten der Ab­wick­lung sei­nes vor­ma­li­gen be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses beim Land­rats­amt K... wis­sen muss­te, dass sei­tens des öffent­li­chen Ar­beit­ge­bers we­gen be­kannt­ge­wor­de­ner Ak­ti­vitäten für NPD bzw. JN ei­ne Beschäfti­gung des Klägers auf Ab­leh­nung stieß. Die­se

 

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Hal­tung konn­te beim be­klag­ten Land er­kenn­bar nicht an­ders sein als beim Land­rats­amt, wel­ches ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des Klägers über den 31.07.20002 hin­aus le­dig­lich we­gen der po­li­ti­schen Ak­ti­vitäten ab­ge­lehnt hat­te.

Gleich­wohl liegt kei­ne i. S. des § 123 Abs. 1 BGB tat­be­standsmäßige Täuschung vor. Die hier in Be­tracht zu zie­hen­de Täuschung durch Schwei­gen setz­te ei­ne Aufklärungs­pflicht des Klägers vor­aus. Ei­ne sol­che be­stand in­des nicht.

Der Kläger be­ruft sich im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ge­ra­de dar­auf, dass er sich stets und je­der­zeit in vol­lem Um­fang zur frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung des Grund­ge­set­zes be­kannt ha­be und be­ken­ne, des Wei­te­ren er auch nicht Mit­glied oder sonst­wie Anhänger ei­ner Par­tei sei, de­ren Zie­le sich ge­gen die frei­heit­li­che de­mo­kra­ti­sche Grund­ord­nung rich­te­ten. Dafür, dass die­ses Vor­brin­gen nicht der in­ne­ren Über­zeu­gung des Kläger entspräche, bie­ten sich kei­ne An­halts­punk­te. Ent­spre­chen­des gilt be­zo­gen auf den Zeit­punkt des Zu­stan­de­kom­mens bzw. die An­bah­nung des Ar­beits­verhält­nis­ses der Par­tei­en. Dass sich der Kläger et­wa nicht in Übe­rein­stim­mung mit dem In­halt der von ihm un­ter dem 17.07.2003 un­ter­zeich­ne­ten Erklärung zur Ver­fas­sungs­treue ge­se­hen hätte, lässt sich ins­be­son­de­re nicht aus den Er­fah­run­gen des Klägers im Zu­sam­men­hang der Nicht­verlänge­rung sei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges mit dem Land­rats­amt K... schließen. Wie be­reits im ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teil zu­tref­fend aus­geführt, können eben Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten darüber be­ste­hen, ob ei­ne be­stimm­te po­li­ti­sche Par­tei ver­fas­sungs­wid­ri­ge Zie­le ver­folgt oder nicht.

Fer­ner er­gibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, dass je­der Deut­sche nach sei­ner Eig­nung, Befähi­gung und fach­li­chen Leis­tung glei­chen Zu­gang zu je­dem öffent­li­chen Am­te hat. Dies gilt auch hin­sicht­lich der Be­wer­bung für ei­ne An­ge­stell­tentätig­keit im Be­reich des öffent­li­chen Diens­tes.

Die Eig­nungs­prüfung im Sin­ne von Art. 33 Abs. 2 GG um­fasst die Be­ur­tei­lung der po­li­ti­schen Treue­pflicht des Be­wer­bers, wo­bei der ein­stel­len­den Behörde ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht. Sie darf ei­nen Be­wer­ber ab­leh­nen, wenn vernünf­ti­ge Zwei­fel an der Eig­nung nicht aus­geräumt wer­den können. Al­ler­dings gilt auch in die­sem Zu­sam­men­hang, dass sich die Eig­nungs­prüfung nicht auf die Mit­glied­schaft und Ak­ti­vitäten des Be­wer­bers in ei­ner als ver­fas­sungs­feind­lich ein­ge­stuf­ten Ver­ei­ni­gung oder po­li­ti­schen Par­tei be­schränken darf. Die Persönlich­keit des Be­wer­bers, sei­ne Ein­stel­lung und sein Ver­hal­ten müssen im Vor­der­grund ste­hen, wes­halb die Ein­stel­lungs­behörde auf­grund ei­ner persönli­chen Be­ur­tei­lung zu ent­schei­den hat, in­wie­weit der Be­wer­ber sich ver­fas­sungs­feind­li­che Zie­le der Ver­ei­ni­gung bzw. Par­tei zu ei­gen ge­macht hat. Bei Be­ur­tei­lung ei­nes Ein­stel­lungs­an­spru­ches verhält es sich -

 

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im Ge­gen­satz zur Kündi­gung im Rah­men des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes - so, dass durch ei­ne Par­tei­mit­glied­schaft et­wa in­di­zier­te Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­treue vom Be­wer­ber aus­zuräum­en sind (vgl. et­wa BAG, Ur­teil vom 19.03.1980 - 5 AZR 794/78, 12.03.1986 - 7 AZR 20/83, je­weils m. w. N.). Dem­nach durf­te sich der Kläger beim be­klag­ten Land in Ausübung ei­nes ver­fas­sungs­recht­lich ge­re­gel­ten Ein­stel­lungs­an­spruchs be­wer­ben.

Nach al­le­dem kann dem Kläger nicht vor­ge­hal­ten wer­den, er ha­be ge­genüber dem be­klag­ten Land ei­ne Aufklärungs­pflicht hin­sicht­lich sei­ner po­li­ti­schen Ak­ti­vitäten ver­letzt.

2) Die in Streit ste­hen­de or­dent­li­che Kündi­gung vom 08.05.2008 ist we­der per­so­nen- noch ver­hal­tens­be­dingt i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG ge­recht­fer­tigt. Noch we­ni­ger liegt ein ent­spre­chen­der Kündi­gungs­grund nach § 626 Abs. 1 BGB vor. Aus den nach­fol­gen­den Ausführun­gen zur Be­ru­fung des Klägers er­gibt sich mit­hin zwangsläufig, dass die Be­ru­fung des be­klag­ten Lan­des auch in­so­weit un­be­gründet ist, als an der Rechts­wirk­sam­keit der außer­or­dent­li­chen/frist­lo­sen Kündi­gung fest­ge­hal­ten wer­den soll.

B.

Die Be­ru­fung des Klägers ist hin­sicht­lich des Fest­stel­lungs­be­geh­rens be­gründet, im Übri­gen hat die Be­ru­fung kei­nen Er­folg.

I.
Der Kläger macht zu Recht die So­zi­al­wid­rig­keit der hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­nen or­dent­li­chen Kündi­gung vom 08.05.2008 gel­tend.

1) Hin­sicht­lich der maßgeb­li­chen Prüfungs­kri­te­ri­en ist zunächst fest­zu­stel­len, dass der vom be­klag­ten Land bei Kündi­gungs­aus­spruch her­an­ge­zo­ge­ne Kündi­gungs­grund so­wohl die Prüfung ei­ner per­so­nen­be­ding­ten als auch ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung nach § 1 Abs. 2 KSchG eröff­net. Dies er­gibt sich dar­aus, dass im Zu­sam­men­hang des Kündi­gungs­aus­spruchs sei­tens des be­klag­ten Lan­des auf ei­ne Pflicht­ver­let­zung des Klägers nach vor­aus­ge­gan­ge­ner Ab­mah­nung - Ab­mah­nung vom 04.10.2007 - ab­ge­stellt wor­den ist. Die Ar­gu­men­ta­ti­on des be­klag­ten Lan­des im Ver­lauf des vor­lie­gen­den Pro­zes­ses kon­zen­triert sich al­ler­dings im We­sent­li­chen auf die Be­haup­tung, dass es dem Kläger we­gen Ver­fol­gung ver­fas­sungs­feind­li­cher Zie­le als Mit­glied und Anhänger der NPD und rechts­ex­tre­mis­ti­scher Ak­ti­vitäten an der für den An­ge­stell­ten des öffent­li­chen Diens­tes er­for­der­li­chen persönli­chen Eig­nung (Loya­lität) man­ge­le. Ent­spre­chend der Be­gründung im ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teil hat sich die Kündi­gungs­be­gründung des be­klag­ten Lan­des im Sin­ne der Gel­tend­ma­chung ei­nes

 

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per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­sach­ver­hal­tes ver­la­gert. Dem ste­hen für sich ge­nom­men kei­ne Hin­de­rungs­gründe ent­ge­gen.

2) Ei­ne feh­len­de Eig­nung des Klägers als Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ter für die von ihm aus­geübte Tätig­keit beim Druck- und Ver­sand­zen­trum der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on K... und ein dar­aus ab­zu­lei­ten­der per­so­nen­be­ding­ter Kündi­gungs­grund lässt sich nach dem Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des nicht fest­stel­len.

a) Die vom Kläger zu for­dern­de po­li­ti­sche Treue­pflicht ent­spricht nicht der­je­ni­gen ei­nes Be­am­ten, viel­mehr be­stimmt sich die Treue- bzw. Loya­litäts­pflicht nach den vom Kläger wahr­zu­neh­men­den Auf­ga­ben (vgl. BAG, Ur­tei­le vom 28.09.1989 und 06.06.1984, w. b. b.). Bei Ausübung sei­ner Tätig­keit, die sich im We­sent­li­chen auf Pla­nung, Steue­rung und Über­wa­chung elek­tro­ni­scher Druck­vorgänge be­zieht, hat der Kläger ak­tiv kei­ne Grund­wer­te der Ver­fas­sung zu ver­tre­ten bzw. - wie et­wa Leh­rer und Er­zie­her - an­ver­trau­ten Per­so­nen zu ver­mit­teln. Im Vor­der­grund der vom Kläger aus­geübten Tätig­keit steht die ge­wis­sen­haf­te Er­le­di­gung der an­fal­len­den Druck­aufträge und nicht das ak­ti­ve Ein­tre­ten für die Grund­wer­te der Ver­fas­sung. Dem kann auch nicht er­folg­reich mit dem pau­scha­len Hin­weis dar­auf be­geg­net wer­den, der Kläger ha­be Zu­gang zu per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der Steu­er­pflich­ti­gen. Denn die Über­tra­gung der aus­geübten Tätig­keit auf den Kläger als Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ten spricht dafür, dass sei­tens der Behörde kei­ne Not­wen­dig­keit ge­se­hen wur­de, die Auf­ga­be von Be­am­ten mit ge­stei­ger­ter po­li­ti­scher Treue­pflicht wahr­neh­men zu las­sen.

Auf die­sem Hin­ter­grund gilt auch im Streit­fall ent­spre­chend der ein­schlägi­gen BAG-Rspr. (s. o.), dass al­lein durch Par­tei­mit­glied­schaft und Ak­ti­vitäten für ei­ne Par­tei mit ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len be­gründe­te Zwei­fel an der Eig­nung ei­nes Ar­beit­neh­mers we­der als per­so­nen- noch als ver­hal­tens­be­ding­ter Kündi­gungs­grund aus­rei­chen. Es ob­lag mit­hin dem be­klag­ten Land - we­gen der gel­tend ge­mach­ten Ver­fas­sungs­feind­lich­keit der NPD - all­ge­mein be­gründe­te Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­treue des Klägers durch Vor­trag kon­kre­ter, auf den Kläger be­zo­ge­ner Umstände zu per­so­na­li­sie­ren und zu verstärken. Die­sen An­for­de­run­gen ent­spricht das Kündi­gungs­vor­brin­gen des Lan­des nicht.

Zunächst lässt das Vor­brin­gen der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on K... im Zu­sam­men­hang der Ab­mah­nung und dem späte­ren Kündi­gungs­aus­spruch er­ken­nen, dass die Ar­beit­ge­be­rin sich (be­reits) des­halb als zur Kündi­gung be­rech­tigt an­ge­se­hen hat, weil vom Kläger Ak­ti­vitäten für die NPD und/oder JN ent­wi­ckelt wor­den sind. So­wohl dem Schrei­ben vom 29.08.2007 so­wie der un­ter dem 04.10.2007 er­teil­ten Ab­mah­nung ist je­weils zu ent­neh­men, dass sei­tens der Ar­beit­ge­be­rin in ver­gan­ge­nen und an­hal­ten­den Ak­ti­vitäten für die NPD ein Ver­s­toß ge­gen

 

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die ge­bo­te­ne Ver­fas­sungs­treue ge­se­hen wur­de, wel­cher bei Wie­der­ho­lung nach Ab­mah­nung die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses recht­fer­ti­ge. Das kommt zu­letzt auch im Kündi­gungs­schrei­ben vom 08.05.2008 zum Aus­druck. Ein sol­ches Ab­stel­len auf ei­ne Ver­let­zung der po­li­ti­schen Treue­pflicht we­gen bloßer Par­tei­zu­gehörig­keit und po­li­ti­scher Ak­ti­vitäten reicht nach der zi­tier­ten BAG-Rspr. nicht aus.

b) Das be­klag­te Land hat es darüber hin­aus auch im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren nicht ver­mocht, ei­ne nach § 1 Abs. 2 KSchG re­le­van­te man­geln­de Eig­nung des Klägers we­gen Ver­fol­gung ver­fas­sungs­feind­li­cher Zie­le dar­zu­le­gen.

Ein der­ar­ti­ger Kündi­gungs­sach­ver­halt er­gibt sich zunächst nicht aus den in der Ab­mah­nung vom 04.10.2007 un­ter den Ziffn. 1 bis 5 - ent­spre­chend dem Schrei­ben des Lan­des­am­tes für Ver­fas­sungs­schutz vom 23.08.2007 - auf­geführ­ten Ak­ti­vitäten.

Es ist nicht aus­geführt, mit wel­chen kon­kre­ten ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len der Kläger we­gen sei­ner un­ter den Ziffn. 1 bis 4 auf­geführ­ten Tätig­kei­ten in Ver­bin­dung zu brin­gen wäre. Die Ziffn. 1 bis 3 be­tref­fen im We­sent­li­chen die Ver­sen­dung ver­schie­de­ner „News­let­ter“. Zu den Ver­an­stal­tun­gen, auf wel­che sich die­se „News­let­ter“ be­zie­hen, ist nichts Nähe­res aus­geführt. Auch er­gibt die un­ter Ziff. 4 an­geführ­te Gründung des Stütz­punk­tes K... der JN nichts Kon­kre­tes in Be­zug auf die vom Kläger ver­folg­ten ver­fas­sungsmäßigen Zie­le. Ent­spre­chen­des gilt hin­sicht­lich der un­ter Ziff. 5 auf­geführ­ten Teil­nah­me an ei­ner Mahn­wa­che am 08.05.2007, denn über die Tat­sa­che sei­ner Teil­nah­me hin­aus ist nichts über das Ver­hal­ten des Klägers in die­sem Zu­sam­men­hang vor­ge­tra­gen. Dass das be­klag­te Land selbst auf­grund der hier in Re­de ste­hen­den Vorgänge nicht von der man­geln­den Eig­nung des Klägers als Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ter im Druck- und Ver­sand­zen­trum aus­ge­gan­gen ist, ist dar­aus zu schließen, dass der Kläger ab­ge­mahnt wor­den und ihm für den Fall an­hal­ten­der Ak­ti­vitäten die Kündi­gung in Aus­sicht ge­stellt wor­den ist.

Sch­ließlich ist die per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung auch nicht des­halb nach § 1 Abs. 2 KSchG be­gründet, weil der Kläger am 18.11.2007 an der Ge­denk­ver­an­stal­tung am Eh­ren­mal „Pan­zer­gra­ben“ teil­ge­nom­men hat. Zu der Ge­denk­ver­an­stal­tung als sol­cher ist näher vor­ge­tra­gen, dass hier­bei das Deutsch­land­lied in der ers­ten Stro­phe ge­sun­gen wur­de. Hier­aus kann für sich ge­nom­men nicht auf die Ver­fol­gung ver­fas­sungs­feind­li­cher Zie­le ge­schlos­sen wer­den. Der vor­ge­tra­ge­ne Sach­ver­halt muss - ent­ge­gen der ar­beits­ge­richt­li­chen Be­gründung - et­wa nicht zu der An­nah­me führen, der Kläger wol­le die heu­ti­gen Staats­gren­zen nicht an­er­ken­nen oder womöglich ge­walt­sam verändern.

 

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c) Das Ar­beits­ge­richt hat die man­geln­de Eig­nung des Klägers im We­sent­li­chen auf ei­nen Sach­ver­halt nach Kündi­gungs­aus­spruch gestützt, in­so­weit nämlich auf den vom Kläger ge­sen­de­ten „News­let­ter“ vom 25.07.2008 be­tref­fend Herr B... (so­weit das Ar­beits­ge­richt außer­dem „Ein­la­dung und Vor­trag des Herrn D...“ in den Ur­teils­gründen anführt, so müss­te da­mit rich­ti­ger­wei­se die Teil­nah­me des Klägers an der Mahn­wa­che des 08.05.2007 ge­meint sein). Ei­ne man­geln­de Eig­nung des Klägers lässt sich ent­ge­gen der ar­beits­ge­richt­li­chen Be­ur­tei­lung aber nicht dar­auf stützen, dass der Kläger den „News­let­ter“ be­tref­fend B... ver­sen­det hat.

Hin­sicht­lich des in Re­de ste­hen­den Ver­hal­tens des Klägers kann zwar, wie nach­fol­gend un­ter II., 2 näher aus­zuführen ist, ei­ne be­denk­li­che Nähe zu Ver­bre­chen des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Un­rechts­re­gimes ge­se­hen wer­den. Dar­auf muss im Zu­sam­men­hang der Be­ur­tei­lung der mit Schrei­ben vom 08.05.2008 erklärten Kündi­gung aber nicht ein­ge­gan­gen wer­den. Denn es han­delt sich um die Be­ur­tei­lung ei­nes Ver­hal­tens des Klägers nach Kündi­gungs­aus­spruch.

Bei Über­prüfung der Rechts­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung am Maßstab des § 1 Abs. 2 KSchG (bzw. § 626 Abs. 1 BGB) kommt es auf die ob­jek­ti­ven Verhält­nis­se bei Kündi­gungs­aus­spruch - ge­nau­er: bei Zu­gang der Kündi­gung - an. Zu die­sem Zeit­punkt muss der vom Ar­beit­ge­ber im Pro­zess zur Kündi­gungs­be­gründung gel­tend ge­mach­te Kündi­gungs­grund vor­ge­le­gen ha­ben. Hin­sicht­lich ei­nes Sach­ver­hal­tes, der sich erst nach die­sem maßgeb­li­chen Zeit­punkt zu­ge­tra­gen hat, kann der Ar­beit­ge­ber ei­ne dar­auf gestütz­te er­neu­te Kündi­gung aus­spre­chen.
Die­se Grundsätze gel­ten auch bei ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung, mit­hin auch hin­sicht­lich der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung, so­weit sie auf man­geln­de Eig­nung des Klägers gestützt wird. So­weit in der BAG-Rspr. zum Ty­pus ei­ner wei­te­ren per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung, nämlich der sog. krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung, ei­ne ge­wis­se Mo­di­fi­zie­rung des Be­ur­tei­lungs­zeit­punk­tes er­folg­te, so wur­de hier­von wie­der Ab­stand ge­nom­men (vgl. BAG, Ur­teil vom 29.04.1999 - 2 AZR 431/98 im An­schluss an Ur­teil vom 15.08.1984 - 7 AZR 536/82).

Die Maßgeb­lich­keit des Zeit­punkts des Kündi­gungs­aus­spruchs bei der Prüfung des Kündi­gungs­grun­des kann hin­sicht­lich des hier in Re­de ste­hen­den per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grun­des auch des­halb nicht auf­ge­ge­ben wer­den, weil, wie vom BAG zu­tref­fend im Ur­teil vom 28.09.1989 (w. b. b.) fest­ge­stellt ist, dass das persönli­che Ver­fas­sungs­verständ­nis des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers, d. h. sei­ne be­ste­hen­de oder feh­len­de Be­reit­schaft, sich von et­wai­gen ver­fas­sungs­feind­li­chen Zie­len der Par­tei zu dis­tan­zie­ren, re­gelmäßig nur auf­grund ei­ner fun­dier­ten sorgfälti­gen Anhörung geklärt wer­den kann. Ei­ne der­ar­ti­ge Anhörung lässt

 

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sich durch ei­ne nachträgli­che - womöglich ge­richt­li­che - Be­fra­gung nicht er­set­zen. Das mag et­wa da­mit ver­an­schau­licht wer­den, dass hin­sicht­lich der Glaubwürdig­keit des An­ge­stell­ten bei sei­ner Anhörung na­tur­gemäß nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass kein Un­ter­schied be­steht, je nach­dem, ob die Anhörung vor oder aber erst nach Kündi­gungs­aus­spruch er­folgt.

Darüber hin­aus un­ter­lie­gen im Streit­fall erst nach Kündi­gungs­aus­spruch auf­ge­tre­te­ne Umstände ei­nem Ver­wer­tungs­ver­bot, weil die Kündi­gung zu ih­rer Wirk­sam­keit ei­ner ord­nungs­gemäßen Be­tei­li­gung des Per­so­nal­ra­tes be­durf­te. Der Kläger hat zwar die Per­so­nal­rats­anhörung nicht be­strit­ten, so dass sich das Ge­richt mit der durch­geführ­ten Per­so­nal­rats­anhörung zunächst nicht zu be­fas­sen hat­te. Die­se Be­schränkung ist aber zu un­ter­schei­den von der Pro­ble­ma­tik des Nach­schie­bens von Kündi­gungs­gründen. Hier han­delt es sich dar­um, dass ein neu­er Kündi­gungs­sach­ver­halt, der dem Ar­beit­ge­ber bei Kündi­gungs­aus­spruch selbst nicht be­kannt war, der aber dem ursprüng­lich be­kann­ten und der Per­so­nal­ver­tre­tung mit­ge­teil­ten Sach­ver­halt erst das Ge­wicht ei­nes Kündi­gungs­grun­des ver­lei­hen soll, nachträglich Berück­sich­ti­gung fin­den soll. Ließe man der­ar­ti­ges über­haupt zu, so bedürf­te es nach der BAG-Rspr. zur ma­te­ri­ell­recht­li­chen Berück­sich­ti­gung des neu­en Kündi­gungs­sach­ver­hal­tes zu­min­dest ei­ner er­neu­ten Be­tei­li­gung der Per­so­nal­ver­tre­tung (vgl. zur Pro­ble­ma­tik und zum Mei­nungs­stand i. E. Ha­Ko - Näge­le, § 102 Be­trVG, Rdn. 190 f. m. w. N.). Im Streit­fall sind die Vor­aus­set­zun­gen für ein wirk­sa­mes Nach­schie­ben von Kündi­gungs­gründen nicht er­sicht­lich. Be­reits aus die­sem Grund be­darf es kei­ner nähe­ren Aus­ein­an­der­set­zung mit In­halt und Be­deu­tung des erst im Be­ru­fungs­ver­fah­ren ein­geführ­ten Schrei­bens vom 18.12.2001, mit wel­chem der Kläger als Stütz­punkt­lei­ter K... der JN ei­ne Erklärung zum Jah­res­wech­sel ab­ge­ge­ben hat.

Auch aus dem in­ner­dienst­li­chen Be­reich er­ge­ben sich kei­ne kon­kre­ten An­halts­punk­te für die Un­ge­eig­net­heit des Klägers. Der Kläger hat un­strei­tig seit 2004 die Tätig­keit im Druck- und Ver­sand­zen­trum ord­nungs­gemäß und un­be­an­stan­det ver­rich­tet. Das er­gibt sich nicht zu­letzt aus dem un­ter dem 21.11.2007 er­teil­ten Ar­beits­zeug­nis, wel­ches dem Kläger be­schei­nigt, er ha­be die ihm über­tra­ge­nen Ar­bei­ten selbständig, mit großer Sorg­falt und persönli­chem Ein­satz stets zur vol­len Zu­frie­den­heit erfüllt.

3.
Die or­dent­li­che Kündi­gung ist auch nicht aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen so­zi­al ge­recht­fer­tigt, denn es fehlt an der er­for­der­li­chen kon­kre­ten Be­ein­träch­ti­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses.

 

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We­gen ei­nes außer­dienst­li­chen Ver­hal­tens, wo­zu auch die außer­halb des dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­reichs aus­geübte po­li­ti­sche Betäti­gung für ei­ne ver­fas­sungs­feind­li­che Par­tei oder Or­ga­ni­sa­ti­on gehört, ist ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung nur dann so­zi­al ge­recht­fer­tigt, wenn das Ar­beits­verhält­nis kon­kret berührt wird, sei es im Leis­tungs­be­reich, dem Be­reich der be­trieb­li­chen bzw. dienst­stel­len­be­zo­ge­nen Ver­bun­den­heit al­ler Mit­ar­bei­ter, im per­so­na­len Ver­trau­ens­be­reich oder im Un­ter­neh­mens­be­reich bzw. im behörd­li­chen Auf­ga­ben­be­reich (vgl. BAG, Ur­tei­le vom 28.09.1989 und vom 06.06.1984, w. b. b.).

Wie sich aus den oben­ste­hen­den Ausführun­gen zum per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grund er­gibt, sind kei­ne kündi­gungs­recht­lich er­heb­li­che Störun­gen im Leis­tungs­be­reich (feh­len­de Eig­nung) oder im Ver­trau­ens­be­reich (feh­len­de Be­reit­schaft zur Ver­fas­sungs­treue) dar­ge­legt.

Auch er­ge­ben sich aus dem Vor­brin­gen des be­klag­ten Lan­des kei­ne kon­kre­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen im Be­reich der be­trieb­li­chen Ver­bun­den­heit oder im behörd­li­chen Auf­ga­ben­be­reich. Die erst­ge­nann­te denk­ba­re Störung ist nicht näher in Be­tracht zu zie­hen, denn der Kläger hat sich un­strei­tig während sei­ner seit 2004 aus­geübten Tätig­keit im Druck- und Ver­sand­zen­trum stets ein­wand­frei ver­hal­ten. So­weit das be­klag­te Land des wei­te­ren dar­auf ab­hebt, der Kläger ha­be Zu­gang zu per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der Steu­er­pflich­ti­gen und es sei zu be­sor­gen, dass das An­se­hen der Ober­fi­nanz­di­rek­ti­on durch die Beschäfti­gung des Klägers Scha­den neh­me, so wer­den da­mit le­dig­lich abs­trak­te Möglich­kei­ten auf­ge­zeigt, die in­des nicht ge­eig­net sind, die Kündi­gung so­zi­al zu recht­fer­ti­gen (vgl. BAG, Ur­teil vom 06.06.1984, w. b.b.).

II. Der Kläger kann kei­ne vorläufi­ge Wei­ter­beschäfti­gung be­an­spru­chen. In­so­weit hat sei­ne Be­ru­fung kei­nen Er­folg.

1.
Nach der ständi­gen BAG-Recht­spre­chung (vgl. grund­le­gend GS 1/84, Be­schluss vom 27.02.1985) hat der gekündig­te Ar­beit­neh­mer ei­nen ar­beits­ver­trag­li­chen An­spruch auf ver­trags­gemäße Beschäfti­gung über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist hin­aus bis zum rechts­kräfti­gen Ab­schluss des Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses, wenn die Kündi­gung un­wirk­sam ist und über­wie­gen­de schutz­wer­te In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers ei­ner sol­chen Beschäfti­gung nicht ent­ge­gen­ste­hen.

 

- 22 -

Wenn im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ein die In­stanz ab­sch­ließen­des Ur­teil er­geht, wel­ches die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gung und da­mit den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses fest­stellt, so ändert sich die bis da­hin ge­ge­be­ne In­ter­es­sen­la­ge, wo­nach zunächst ein­mal das be­rech­tig­te und schutz­wer­te In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers an der Nicht­beschäfti­gung während des Kündi­gungs­schutz­pro­zes­ses das Beschäfti­gungs­in­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers über­wiegt. Nun­mehr ver­mag die Un­ge­wiss­heit des endgülti­gen Pro­zess­aus­gan­ges für sich al­lein ein über­wie­gen­des Ge­gen­in­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers nicht mehr zu be­gründen. Es müssen zu der Un­ge­wiss­heit des Pro­zess­aus­gangs zusätz­li­che Umstände hin­zu­kom­men, aus de­nen sich im Ein­zel­fall ein über­wie­gen­des In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers er­gibt, den Ar­beit­neh­mer nicht zu beschäfti­gen. So lie­gen die Din­ge hier.

2.
Das Ar­beits­ge­richt hat zwar feh­ler­haft Ak­ti­vitäten des Klägers in sei­ner - nach der nicht be­strit­te­nen Fest­stel­lung im an­ge­foch­te­nen Ur­teil seit­her un­strei­ti­gen - Ei­gen­schaft als Mit­glied der NPD zur Kündi­gungs­be­gründung her­an­ge­zo­gen. Das Ar­beits­ge­richt hat aber be­reits zu­tref­fend gewürdigt, dass es sich bei dem vom Kläger für die NPD-KV K...-Land un­ter dem 25.07.2008 ver­sen­de­ten „News­let­ter“ um ei­ne Erklärung han­delt, aus wel­cher sich ob­jek­tiv und ver­tret­ba­rer­wei­se die Ver­fol­gung ver­fas­sungs­feind­li­cher Zie­le ab­lei­ten lässt. Die­se Einschätzung ist auch kon­kret auf die Per­son des Klägers zu be­zie­hen.

Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts ist ei­ne ge­gen die ver­fas­sungsmäßige Ord­nung ge­rich­te­te Ziel­set­zung et­wa dann zu be­ja­hen, wenn ei­ne po­li­ti­sche Par­tei bzw. Ver­ei­ni­gung in ih­rer Vor­stel­lungs­welt ei­ne We­sens­ver­wandt­schaft mit dem Na­tio­nal­so­zia­lis­mus auf­weist (vgl. BVerwG, Be­schluss vom 25.03.1993 - 1 ER 301/92 i. A. an BVerfG 2, 1). Der In­halt des „News­let­ter“ ist je­den­falls so nah an der­ar­ti­gem ver­fas­sungs­feind­li­chem Stre­ben an­ge­sie­delt, dass im Streit­fall das ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge In­ter­es­se an der Nicht­beschäfti­gung während des Kündi­gungs­schutz­rechts­streits über­wiegt.

Zunächst ist fest­zu­stel­len, dass es nicht dar­auf an­kommt, ob der Kläger den „News­let­ter“ le­dig­lich ver­brei­tet hat oder hier­an als Ver­fas­ser (mit-) be­tei­ligt ge­we­sen ist. Denn der Kläger hat sich ob­jek­tiv be­trach­tet als Ab­sen­der im Na­men der NPD-KV K...-Land mit dem Schrei­ben iden­ti­fi­ziert.

Herr B... wird als „auf­op­fe­rungs­vol­ler Kämp­fer für Deutsch­land“ cha­rak­te­ri­siert, der „den heu­ti­gen na­tio­na­len Wi­der­stand“ ent­schei­dend mit­ge­prägt ha­be. Im Ein­zel­nen fin­den so­dann Erwähnung, dass sich Herr B... im Jahr 1944, da­mals 15-jährig, frei­wil­lig zur Waf­fen-SS ge­mel­det ha­be. Nach der Schil­de­rung des wei­te­ren po­li­ti­schen Wir­kens wird am En­de schließ-

 

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lich fest­ge­stellt, die na­tio­na­le Be­we­gung in Deutsch­land ver­lie­re mit B... ei­ne Sym­bol­fi­gur, wel­che für „den tägli­chen Kampf um die Frei­heit“ ge­stan­den ha­be. Dem „Sys­tem“ sei B... stets ein Dorn im Au­ge ge­we­sen, was sich in ver­schie­de­nen An­kla­gen und Haft­stra­fen nie­der­ge­schla­gen ha­be, der in­zwi­schen schwer­kran­ke Mann sei we­gen ei­nes so­ge­nann­ten Mei­nungs­de­lik­tes genötigt wor­den, am 16.04.2007 ei­ne Rest­frei­heits­stra­fe von 68 Ta­gen an­zu­tre­ten.

Die po­si­ti­ve Her­aus­he­bung des frei­wil­li­gen Ein­tritts in die Waf­fen-SS zeigt ei­ne po­si­ti­ve Grund­ein­stel­lung zum Na­tio­nal­so­zia­lis­mus. Der „tägli­che Kampf um die Frei­heit“ soll er­sicht­lich in ei­nen Ge­gen­satz zum „Sys­tem“ ge­bracht wer­den. Hier­in zeigt sich ein Sprach­ge­brauch, der ty­pi­scher Wei­se für ei­ne Ab­leh­nung der im übri­gen im po­li­ti­schen Wir­kungs­be­reich Täti­gen ver­wen­det wird (vgl. be­reits oben un­ter A, I, 1a). Der im „News­let­ter“ des Wei­te­ren her­vor­ge­ho­be­ne „tägli­che Kampf um die Frei­heit“ zeugt von ei­ner Vor­stel­lungs­welt, der zu Fol­ge es in der exis­tie­ren­den Ver­fas­sungs­ord­nung ei­ne „Frei­heit“ erst zu er­rin­gen gilt.

Das Ar­beits­ge­richt hat nach Re­cher­che im In­ter­net und un­ter Be­ru­fung auf „wi­ki­pe­dia“ fest­ge­stellt, dass Herr B... u. a. we­gen Volks­ver­het­zung so­wie Ver­un­glimp­fung des Staa­tes und sei­ner Sym­bo­le zu Frei­heits­stra­fe oh­ne Bewährung ver­ur­teilt wur­de. Das be­klag­te Land hat sich die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts im Be­ru­fungs­ver­fah­ren zu Ei­gen ge­macht und dem Kläger vor­ge­hal­ten, die­ser ha­be ei­nen mehr­fach vor­be­straf­ten Täter na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ge­dan­ken­gu­tes ver­ehrt und der Kläger ha­be sich nicht ein­mal im vor­lie­gen­den Pro­zess von Herrn B... dis­tan­ziert.

Es ist rich­tig, dass sich der Kläger von dem In­halt des „News­let­ter“ vom 25.07.2008 in kei­ner Wei­se und zu kei­ner Zeit dis­tan­ziert hat. Was die Her­an­zie­hung von „wi­ki­pe­dia“ an­be­langt, so hat der Kläger dar­auf hin­wei­sen las­sen, es hand­le sich um ei­ne un­zu­verlässi­ge Quel­le. Er hat je­doch in kei­ner Wei­se be­strit­ten oder auch nur in Zwei­fel ge­zo­gen, dass das Ar­beits­ge­richt zu der Per­son des Herrn B... zu­tref­fen­de Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat. Es ist auf der an­de­ren Sei­te aber an­zu­neh­men, dass der Kläger als Ab­sen­der des „News­let­ter“, wel­cher die „Ver­nei­gung vor B...“ zum Aus­druck bringt, nähe­re Kennt­nis über die hier in Re­de ste­hen­den Ein­zel­hei­ten hat­te bzw. hat.

Der Kläger hat sich von dem Schrei­ben auch im Übri­gen nicht dis­tan­ziert. Das tat er ins­be­son­de­re nicht, in dem er le­dig­lich pau­schal mit­teil­te, er leh­ne neo­na­zis­ti­sches Ge­dan­ken­gut strikt ab.

***

 

- 24 -

Nach § 92 Abs. 1 ZPO sind die Kos­ten ent­spre­chend dem je­weils teil­wei­sen Ob­sie-gen/Un­ter­le­gen der Par­tei ge­quo­telt.

Die Re­vi­si­on ist nach § 72 Abs. 2 ArbGG zu­ge­las­sen.

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil können d. Par­tei­en schrift­lich Re­vi­si­on ein­le­gen. Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat, die Re­vi­si­ons­be­gründung in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten bei dem

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuss-Platz 1

99084 Er­furt

ein­ge­hen.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­on und die Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Pro­zess­be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

a. Rechts­anwälte,
b. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol-cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
c. ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die die Vor­aus­set­zun­gen des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ArbGG erfüllen.

In den Fällen der lit. b und c müssen die han­deln­den Per­so­nen die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

 

Wit­te

Hor­nung

Wolff


 

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