HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

ArbG Ber­lin, Ur­teil vom 04.11.2011, 28 Ca 8209/11

   
Schlagworte: Kündigung: Schwerbehinderung
   
Gericht: Arbeitsgericht Berlin
Aktenzeichen: 28 Ca 8209/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.11.2011
   
Leitsätze:

I. Im Zuge des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX kann der Arbeitgeber die gesundheitliche Eignung des schwerbehinderten Menschen für eine von diesem als „leidensgerecht“ zur Sprache gebrachte Alternativtätigkeit (hier: Einsatz als Betreuungskraft im Sinne der Richtlinien nach § 87 b Abs. 3 SGB XI zur Qualifikation und zu den Aufgaben von zusätzlichen Betreuungskräften in Pflegeheimen – Betreuungskräfte-RL vom 19. August 2008 für eine ehemalige Pflegefachkraft) nicht abschließend mit dem von ihm (Arbeitgeber) selbst definierten Anforderungsprofil (hier: u.a. Tragen von Lasten über 30 kg) ausräumen, solange nicht im Einzelnen geprüft und geklärt ist, ob sich der Zuschnitt der betreffenden Aufgaben (nicht) durch technische und/oder organisatorische Maßnahmen an das Leistungsvermögen des schwerbehinderten Menschen zumutbar anpassen lässt (§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 4 und 5, Satz 3 SGB IX).

II. Es kann sich empfehlen, zum interdisziplinären Austausch der sich beim – kooperativen - „Suchprozess“ (s. BAG 10.12.2009 – 9 AZR 400/08 – NZA 2010, 398; LAG Berlin-Brandenburg 4.1.2010 – 10 Sa 2071/09 – ASR 2001, 16) ergebenden und von den Akteuren ggf. aufeinander abzustimmenden Gesichtspunkte auch das dialogische Forum des „Rundes Tisches“ (Wolfhard Kohte JurisPR-ArbR 21/2006 Anm. 4) zu nutzen.

Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Ber­lin
Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
28 Ca 8209/11

Verkündet

am 04.11.2011

 


als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

 

In Sa­chen
 

pp


hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin, 28. Kam­mer,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 04.11.2011
durch den Rich­ter am Ar­beits­ge­richt Dr. R. als Vor­sit­zen­der
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herrn L. und Frau B.
für Recht er­kannt:


I.
Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung mit so­zia­ler Aus­lauf­frist im Schrei­ben vom 18. Mai 2011 nicht auf­gelöst wor­den ist.


II.
Die Be­klag­te hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.


III.
Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird auf 6.306,-- Eu­ro fest­ge­setzt.

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T a t b e s t a n d

Es geht um auf Gründe in der Per­son gestütz­te Kündi­gung ei­nes schwer­be­hin­der­ten Men­schen (§ 2 Abs. 2 SGB IX 1). - Vor­ge­fal­len ist dies:

I. Die (heu­te 2) 52-jähri­ge Kläge­rin, trat im Au­gust 1977 als Kran­ken­pfle­ge­hel­fe­rin in die Diens­te des da­ma­li­gen Kran­ken­hau­ses S. 3, ei­nem Rechts-vorgänger der heu­ti­gen Be­klag­ten, be­vor sie sich zur Kran­ken­schwes­ter fort­bil­de­te und so­dann seit Ok­to­ber 1997 als sol­che zum Ein­satz kam. Ih­re dies­bezügli­che Tätig­keit kenn­zeich­net die Kläge­rin al­ler­dings als so­ge­nann­te Grund- und Be­hand­lungs­pfle­ge 4. In­so­fern sieht sie sich nach den Wor­ten ih­res Be­vollmäch­tig­ten nicht als Kran­ken­schwes­ter „im ei­gent­li­chen Sin­ne“, son­dern als „Pfle­ge­fach­kraft in der sta­ti­onären Pfle­ge5. Dem kor­re­spon­diert der Auf­ga­ben­be­reich der Be­klag­ten: Die­se be­treibt im Lan­de Ber­lin ge­genwärtig 12 Pfle­ge­hei­me mit 855 Mit­ar­bei­ter(in­ne)n 6. Zur Zeit der Er­eig­nis­se, die den Hin­ter­grund des Rechts­streits bil­den, war die Kläge­rin ge­gen ei­ne Mo­nats­vergütung von 2.102,-- Eu­ro (brut­to) bei 29,25 Wo­chen­ar­beits­stun­den im Pfle­ge­haus Ho. dem Wohn­be­reich 4 zu­ge­teilt 7. Das Haus be­treut et­wa 200 Men­schen in vier Wohn­grup­pen mit je­weils rund 50 Kli­en­ten 8 .
II. Mit be­sag­ten „Er­eig­nis­sen“ hat es fol­gen­de Be­wandt­nis:
1. Seit ei­nem nicht ge­nau­er fest­ge­stell­ten Zeit­punkt kam es spätes­tens ab 2008 zu er­kran­kungs­be­ding­ten Fehl­zei­ten der Kläge­rin 9. Seit Ok­to­ber 2009 ist sie durch­ge­hend außer­stan­de, Pfle­ge­dienst zu ver­rich­ten 10, und mitt­ler­wei­le als schwer­be­hin­der­ter Mensch (GdB 50) an­er­kannt 11. Heil­ver­fah­ren der Deut­schen Ren­ten­ver­si­che­rung vom 7. bis 28. Ja­nu­ar 2010 und noch­mals vom 19. Ok­to­ber bis 16. No­vem­ber 2010 ließen das für die bis­he­ri­ge Pfle­getätig­keit benötig­te Ar­beits­vermögen nicht zurück­ge­win­nen 12.

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1 S. Text: „§ 2 Be­hin­de­rung. (1) … (2) Men­schen sind im Sin­ne des Teils 2 schwer­be­hin­dert, wenn bei ih­nen ein Grad der Be­hin­de­rung von we­nigs­tens 50 vor­liegt und sie ih­ren Wohn­sitz, ih­ren gewöhn­li­chen Auf­ent­halt oder ih­re Beschäfti­gung auf ei­nem Ar­beits­platz im Sin­ne des § 73 rechtmäßig im Gel­tungs­be­reich die­ses Ge­setz­bu­ches ha­ben“.
2 Ge­bo­ren im März 1959.
3 S. Ko­pie des (un­da­tier­ten) Ar­beits­ver­trags als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 9-10 der Ge­richts­ak­te [künf­tig kurz: „GA“]).
4 S. Kla­ge­schrift S. 2 (Bl. 2 GA).
5 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
6 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
7 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
8 S. Kla­ge­schrift S. 5 (Bl. 5 GA).
9 S. Kla­ge­schrift S. 3 (Bl. 3 GA): „Die Be­klag­te hat ih­ren An­trag auf Zu­stim­mung zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses beim In­te­gra­ti­ons­amt auf krank­heits­be­ding­te Aus­fall­zei­ten der Kläge­rin seit dem Jah­re 2008 gestützt“.
10 S. die Fest­stel­lung im Zu­stim­mungs­be­scheid des In­te­gra­ti­ons­amts vom 6.5.2011 (azu un­ten, S. 4 [vor c.] S. 2 (Bl. 13 GA): „Seit dem 14.10.2009 be­steht bei Frau M. [Na­me im Ori­gi­nal aus­ge­schrie­ben; d.U.] un­un­ter­bro­che­ne Ar­beits­unfähig­keit“.
11 S. Kla­ge­schrift S. 2 (Bl. 2 GA).
12 S. Kla­ge­schrift S. 3 (Bl. 3 GA): „Die Kläge­rin hat vom 07.01.2010 – 28.01.2010 so­wie so­dann vom 19.10.2010 – 16.11.2010 durch die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung Bund Leis­tun­gen zur me­di­zi­ni­schen Re­ha­bi­li­ta­ti­on in Form zwei­er Heil­ver­fah­ren er­hal­ten“.

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2. Seit­her ge­schah dies:
a. Am 9. De­zem­ber 2010 kam es im Bei­sein des Ehe­man­nes der Kläge­rin zu ei­ner Un­ter­re­dung mit der Per­so­nal­re­fe­ren­tin der Be­klag­ten (Frau H.), zu de­ren In­hal­ten und Ver­lauf Frau H. ei­nen als „Wie­der­ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment“ be­ti­tel­ten Ver­merk 13 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge I.) fer­tig­te; dar­in heißt es:

„Gesprächs­ver­lauf
Frau H. er­fragt Er­geb­nis der Re­ha, Zu­kunfts­pro­gno­se hin­sicht­lich der Ar­beitsfähig­keit und Erfüllung der Pflich­ten aus dem Ar­beits­ver­trag. Frau M. [Na­me der Kläge­rin im Ori­gi­nal aus­ge­schrie­ben; d.U.] wird darüber in­for­miert, dass zunächst ei­ne be­triebsärztl. Un­ter­su­chung er­fol­gen muss, um ei­ne Aus­sa­ge zu ha­ben, wel­che Tätig­kei­ten sie als lei­dens­ge­recht noch ausführen kann. Als Pra­xis­an­lei­te­rin oder Be­treu­ungs­ass. benötigt Frau M. bei den ge­schil­der­ten ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen per­so­nel­le Un­terstützung zu fast 100%, da sie den Aus­zu­bil­den­den prak­tisch die Grund­pfle­ge­ri­schen wie be­hand­lungs­pfle­ge­ri­schen Ar­bei­ten vorführen muss. Bei der Be­treu­ung der De­menz­er­krank­ten ist eben­falls körper­lich schwe­re Ar­beit nicht aus­zu­sch­ließen. (Trans­fer Roll­stuhl, Toi­lett­engänge, Mo­bi­litätsübun­gen u.s.w.).
Bei Vor­lie­gen des Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses wird ei­ne Ab­fra­ge nach ei­nem ent­spre­chen­den lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz ge­stellt. Soll­te kein lei­dens­ge­rech­ter AP in der FfS GmbH [Kürzel der Fir­mie­rung der Be­klag-ten; d.U.] zur Verfügung ge­stellt wer­den können, muss die Kündi­gung bei dem IA be­an­tragt wer­den. Frau M. wur­de darüber in­for­miert, dass sie sich dies­bezüglich vom AA be­ra­ten las­sen soll­te, um mögli­che Sperr­fris­ten zu ent­geg­nen.

Stel­lung­nah­me des Ar­beit­neh­mers
Frau M. sagt, dass noch kein Re­ha­be­richt vor­liegt. Aus dem Ab­schluss­gespräch ist ihr be­kannt, dass sie nur noch körper­lich ganz leich­te Tätig-kei­ten ausführen darf, oh­ne An­for­de­run­gen an die Kon­zen­tra­ti­on und Merkfähig­keit, auch lan­ge Lau­fen kann sie nicht. Sie ist in or­thopädi­scher und neu­ro­lo­gi­scher Be­hand­lung. Ihr An­trag auf Teil­ha­be am Ar­beits­le­ben ist im­mer noch nicht be­schie­den wor­den. Sie ruft dort oft an, die Un­ter­la­gen lie­gen bei dem So­zi­al­med. Dienst zur Be­ar­bei­tung. Frau M. sagt, sie könne sich ei­ne Tätig­keit als Pra­xis­an­lei­te­rin oder Be­treu­ungs­ass. vor­stel­len.

Maßnah­men
Un­ter­su­chungs­auf­rag BÄD
Ab­fra­ge lei­dens­ge­rech­ter Ar­beits­platz
Frau M. fragt nach An­spruch Ab­gel­tung Rest­ur­laub gem. neu­er Rechts­spre­chung EuGH.
Frau H. teilt mit, dass die­ser erst nach Be­en­di­gung des Arb.verhält­nis­ses ab­gol­ten wer­den kann“.

b. Wann und wie sich der Be­triebsärzt­li­che Dienst der Be­klag­ten zum Leis-tungs­vermögen der Kläge­rin hier­nach - ursprüng­lich 14 - geäußert hat, ist nicht un­ter­brei­tet. Fest steht, dass die Be­klag­te un­ter dem 14. März 2011 ein ers­tes Mal das In­te­gra­ti­ons­amt zwecks Zu­stim­mung zur Kündi­gung des Ar­beits­ver-

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13 S. Ko­pie als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 17 GA).
14 S. zu des­sen (neu­er­li­cher) Ein­schal­tung im Ver­lauf des Rechts­streits un­ten, S. 6 [V.1.].

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hält­nis­ses der Kläge­rin ein­schal­te­te (s. § 85 SGB IX 15), so­dann un­ter dem 27. April 2011 ein zwei­tes Mal 16. Beim (zwei­ten) Mal ent­sprach die Behörde dem Wunsch: Mit Be­scheid vom 6. Mai 2011 17 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge II.), auf des­sen Ein­zel­hei­ten ver­wie­sen wird und den die Kläge­rin im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren an­ge­foch­ten hat 18 , er­teil­te die Schutz­behörde die Zu­stim­mung.
c. Nun kon­sul­tier­te die Be­klag­te den – of­fen­bar zu­vor schon in­for­mell ein­ge­schal­te­ten - Be­triebs­rat mit ih­rem An­lie­gen. Die­ser re­agier­te mit Schrei­ben vom 10. Mai 2011 19 und die­sen Wor­ten:

„ … Der Be­triebs­rat bzw. sein ent­spre­chen­der Aus­schuss hat in sei­ner Sit­zung vom 10.05.11 be­schlos­sen, der ihm vor­ge­leg­ten Kündi­gung nicht zu­zu­stim­men. Der Be­triebs­rat ver­tritt wei­ter­hin die Auf­fas­sung, dass von­sei­ten der Ar­beit­ge­be­rin ent­spre­chend der be­ste­hen­den In­te­gra­ti­ons­ver-ein­ba­rung auf Grund des lan­gen Beschäfti­gungs­zeit­raums von Frau M (01.08.1979) wei­te­re Ein­satzmöglich­kei­ten über­prüft wer­den müss­ten. Die­se be­deu­ten bei ei­ner Kran­ken­schwes­ter zum Bei­spiel Do­ku­men­ta­ti-onstätig­keit, Qua­litäts­be­auf­trag­te, be­woh­ner­be­zo­ge­ne be­treu­en­de Maß-nah­men etc.
Auch müss­te die Ar­beits­er­pro­bung durch den Ren­tenträger wie von Frau H. be­schrie­ben ab­ge­war­tet wer­den“.

3. Es half nichts: Mit Schrei­ben vom 18. Mai 2011 20, das die Kläge­rin zu ei­nem nicht fest­ge­stell­ten Zeit­punkt er­reich­te, erklärte die Be­klag­te die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­sesaußer­or­dent­lich mit so­zia­ler Aus­lauf­frist mit Ab­lauf des 31.12.2011“ und ver­band dies mit ei­nem Hin­weis auf die Ver­pflich­tung der Kläge­rin, „ak­tiv nach ei­ner Beschäfti­gung zu su­chen“.
III. Da­mit lässt die­se es nicht be­wen­den: Sie nimmt die Be­klag­te mit ih­rer am 30. Mai 2011 bei Ge­richt ein­ge­reich­ten und neun Ta­ge später (8. Ju­ni 2011) zu­ge­stell­ten Kündi­gungs­schutz­kla­ge auf Fest­stel­lung in An­spruch, dass die Kündi­gung ihr Ar­beits­verhält­nis nicht auf­gelöst ha­be. Die Kläge­rin hält die Kündi­gung für so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt 21 : Zwar hätten sich in den letz­ten Jah­ren in der Tat die von der Be­klag­ten zur Spra­che ge­brach­ten Aus­fall­zei­ten er­ge­ben 22. Es könne auch da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sie für ei­ne Tä-

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15 S. Text: „§ 85 Er­for­der­nis der Zu­stim­mung. Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nes schwer­be­hin­der­ten Men­schen durch den Ar­beit­ge­ber be­darf der vor­he­ri­gen Zu­stim­mung des In­te­gra­ti­ons­am­tes“.
16 S. Kla­ge­schrift S. 2 (Bl. 2 GA): „erst­ma­lig am 14.03.2011 und so­dann noch­mals am 27.04.2011 die Zu­stim­mung zur be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung mit so­zia­ler Aus­lauf­frist be­an­tragt“.
17 S. Ko­pie als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 12-14 GA).
18 S. Ko­pie ih­res Wi­der­spruchs vom 19.5.2011 als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 15 GA); hier­zu hat die Kläge­rin durch ih­ren Be­vollmäch­tig­ten im Kam­mer­ter­min am 4.11.2011 mit­tei­len las­sen, dass der Wi­der­spruch un­ter­des­sen im Ver­wal­tungs­ver­fah­ren zurück­ge­wie­sen wor­den sei; d.U.
19 S. Ko­pie als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 16 GA).
20 S. Ko­pie als An­la­ge zur Kla­ge­schrift (Bl. 11 GA).
21 S. Kla­ge­schrift S. 3 (Bl. 3 GA).
22 S. Kla­ge­schrift S. 3-4 (Bl. 3-4 GA).

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tig­keit im Pfle­ge­dienst als „be­rufs­unfähig“ an­zu­se­hen sei 23. Rich­tig sei aber auch, wor­auf ins­be­son­de­re schon der Be­triebs­rat hin­ge­wie­sen ha­be 24: So kämen für sie durch­aus al­ter­na­ti­ve Ein­satzmöglich­kei­ten ge­genüber der Kran­ken­schwes­ter bzw. Pfle­ge­fach­kraft in Be­tracht, nämlich bei­spiels­wei­se in der Do­ku­men­ta­ti­onstätig­keit, als Qua­litäts­be­auf­trag­te bzw. im Rah­men so­ge­nann­ter be­woh­ner­be­zo­ge­ner be­treu­en­der Maßnah­men 25. In­so­weit ge­he es „um den Be­ruf des Be­treu­ungs­as­sis­ten­ten (auch als All­tags­be­glei­ter be­zeich­net)“, zu des­sen Auf­ga­ben­kreis der Spit­zen­ver­band der Pfle­ge­kas­sen auf­grund des § 87 b Abs. 3 SGB XI 26 un­ter dem 19. Au­gust 2008 ent­spre­chen­de Be­treu­ungs­richt­li­ni­en 27 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge III.) ver­ab­schie­det ha­be. Da hier kei­ne körper­lich an­stren­gen­den Tätig­kei­ten wie bei der ei­gent­li­chen Grund- und Be­hand­lungs­pfle­ge an­ge­spro­chen sei­en, sei sie zu die­ser Tätig­keit im Rah­men ih­res ver­blie­be­nen Leis­tungs­vermögens in der La­ge 28 . Tatsächlich las­se auch die Be­klag­te den von ihr be­treu­ten Men­schen ein­schlägi­ge Hil­fen im Sin­ne der Be­treu­ungs- und Ak­ti­vie­rungs­maßnah­men der vor­erwähn­ten Richt­li­ni­en zu­kom­men 29 : Dies sei im ihr persönlich be­kann­ten Wohn­be­reich 4 (s. oben, S. 2 [I.]) al­lein mit den dort et­wa 65 über­wie­gend de­menz­kran­ken Pa­ti­en­ten „et­wa 2-3 x wöchent­lich“ durch ei­ne Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin ge­sche­hen 30. So­weit Frau H. ihr am 9. De­zem­ber 2010 (s. Ur­teils­an­la­ge I.) ent­ge­gen ge­hal­ten ha­be, dass auch die Tätig­keit der Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin körper­lich schwe­re Ar­beit nicht aus­sch­ließe, ver­weist die Kläge­rin auf die be­sag­ten Richt­li­ni­en, die das An­for­de­rungs­pro­fil an­ders de­fi­nier­ten 31 . Im Übri­gen ließen sich für et­wai­ge ge­le­gent­li­che Ein­zel­hil­fen, die schwe­re körper­li­che Ar­beit er­for­der­ten, im Ein­zel­fall auch je­der­zeit ei­ne Pfle­ge­fach­kraft hin­zu­zie­hen 32.
IV. Die Kläge­rin be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten mit so­zia­ler Aus­lauf­frist im Schrei­ben vom 18. Mai 2011 nicht auf­gelöst wor­den ist.


Die Be­klag­te be­an­tragt,

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23 S. Kla­ge­schrift S. 4 (Bl. 4 GA).
24 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
25 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
26 S. Text: „§ 87 b Vergütungs­zu­schläge für Pfle­ge­bedürf­ti­ge mit er­heb­li­chem all­ge­mei­nem Be­treu­ungs­be­darf. (1) … (3) Der Spit­zen­ver­band Bund der Pfle­ge­kas­sen hat für die zusätz­lich ein­zu­set­zen­den Be­treu­ungs­kräfte auf der Grund­la­ge des § 45 c Abs. 3 bis zum 31. Au­gust 2008 Richt­li­ni­en zur Qua­li­fi­ka­ti­on und zu den Auf­ga­ben in der voll­sta­ti­onären Ver­sor­gung der Pfle­ge­bedürf­ti­gen zu be­sch­ließen; er hat hier­zu die Bun­des­ver­ei­ni­gun­gen der Träger voll­sta­ti­onärer Pfle­ge­ein­rich­tun­gen an­zuhören und den all­ge­mein an­er­kann­ten Stand me­di­zi­nisch-pfle­ge­ri­scher Er­kennt­nis­se zu be­ach­ten. Die Richt­li­ni­en wer­den für al­le Pfle­ge­kas­sen und de­ren Verbände so­wie für die Pfle­ge­hei­me erst nach Ge­neh­mi­gung durch das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ge­sund­heit wirk­sam; § 17 Abs. 2 gilt ent­spre­chend“. - Die be­sag­te Ge­neh­mi­gung des Mi­nis­te­ri­ums ist, so­weit be­kannt, am 25.8.2008 er­teilt wor­den; d.U.
27 S. Kla­ge­schrift S. 4-5 (Bl. 4-5 GA) un­ter Hin­weis auf die dor­ti­ge An­la­ge (Bl. 19-25 GA).
28 S. Kla­ge­schrift S. 5 (Bl. 5 GA); Be­weis: Sach­verständi­gen­gut­ach­ten.
29 S. Kla­ge­schrift S. 6 (Bl. 6 GA).
30 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
31 S. Kla­ge­schrift a.a.O.
32 S. Kla­ge­schrift a.a.O.

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die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

V. Sie hat auf die Kla­ge trotz dies­bezügli­cher Auf­la­ge 33 nicht förm­lich er­wi­dert, hat­te al­ler­dings schon mit Schrift­satz vom 25. Ju­li 2011 34 im Ans­schluss an Erörte­run­gen im Güte­ter­min vom 15. Ju­ni 2011 mit­tei­len las­sen, ei­ne neue be­triebsärzt­li­che Un­ter­su­chung am 18. Ju­li 2011 ha­be er­ge­ben, dass die Kläge­rin „ge­sund­heit­lich nicht in der La­ge“ sei, als Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin in ih­rem Hau­se zu ar­bei­ten. - Aus den hier­zu von der Be­klag­ten un­ter­brei­te­ten Ma­te­ria­li­en er­gibt sich fol­gen­des:
1. Dies­bezüglich hat­te die Be­klag­te den Be­triebsärzt­li­chen Dienst durch Frau H. mit Schrei­ben vom 30. Ju­ni 2011 35 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge IV.) mit der Bit­te um Un­ter­su­chung der Kläge­rin „hin­sicht­lich mögli­cher Ein­schränkun­gen“ und „hin­sicht­lich ge­eig­ne­ter Tätig­kei­ten“ an­ge­spro­chen.
a. Dem Un­ter­su­chungs­auf­trag war ein Ka­ta­log von Ver­rich­tun­gen 36 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge V.) bei­gefügt, der mit „Tätig­keits­fel­der der Beschäfti­gungs­as­sis­ten­ten im Ernst-Hop­pe-Haus“ über­schrie­ben war und auf des­sen Ein­zel­hei­ten ver­wie­sen wird. Auf die­sem Hin­ter­grund soll­te der Gut­ach­ter ei­ne „Einschätzung“ im Blick auf die Kläge­rin lie­fern, „ob die­se Tätig­kei­ten un­ein­ge­schränkt auf Dau­er möglich“ sei­en.
b. Im gleich­zei­tig zur Verfügung ge­stell­ten Vor­druck „Er­geb­nis der Un­ter­su­chung“ ließ der Gut­ach­ter die Be­klag­te un­ter dem 18. Ju­li 2011 37 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge VI.) wis­sen, dass ei­ne Rei­he von Ver­rich­tun­gen aus be­sag­tem Ka­ta­log der Kläger nicht mehr möglich sei­en. In der für ihn zur Un­ter­brei­tung von „Vor­schläge[n] für ge­eig­ne­te Tätig­kei­ten“ vor­ge­se­he­nen Ru­brik des For­mu­lars hielt der Gut­ach­ter fest:

„ … ein­ge­schränk­te Tätig­keit als Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin ent­spre­chend den Tätig­keits­fel­dern in der An­la­ge“.

2. Mit die­sen Be­fun­den kon­fron­tier­te die Per­so­nal­sach­be­ar­bei­te­rin so­dann die Lei­te­rin des Pfle­ge­hau­ses Ho. (Frau I. R.). In wel­cher Form die­se um Stel­lung­nah­me ge­be­ten wor­den ist, ist nicht ge­richts­ak­ten­kun­dig. Fest steht je­doch, dass Frau R. die An­fra­ge per Schrei­ben vom 25. Ju­li 2011 38 (Ko­pie: Ur­teils­an­la­ge VII.) da­hin be­ant­wor­te­te, dass die laut Un­ter­su­chungs­be­fund nicht zu ver-

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33 S. Ter­mins­be­stim­mung und Auf­la­gen­be­schluss vom 1.9.2011, zu­ge­stellt am 5.9.2011, mit der Auf­for­de­rung (Bl. 59 GA), bin­nen 4 Wo­chen auf die Kla­ge­schrift und den ergänzen­den Schrift­satz der Kläge­rin vom 9.8.2011 zu er­wi­dern.
34 S. Schrift­satz vom 25.7.2011 (Bl. 39 GA).
35 S. Ko­pie als (Teil der) An­la­ge B 1 zum Schrift­satz vom 25.7.2011 (Bl. 40 GA).
36 S. Ko­pie als (wei­te­rer Teil der) An­la­ge B 1 zum Schrift­satz vom 25.7.2011 (Bl. 41-42 GA).
37 S. Ko­pie als (wei­te­rer Teil der) An­la­ge B 1 zum Schrift­satz vom 25.7.2011 (Bl. 43 GA).
38 S. Ko­pie als An­la­ge B 2 zum Schrift­satz vom 25.7.2011 (Bl. 46 GA).

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rich­ten­den Tätig­kei­ten 39 „je­doch Be­stand­teil bei der tägli­chen Ar­beit als Beschäfti­gungs­as­sis­ten­tin“ sei­en. Fer­ner heißt es in der Stel­lung­nah­me:

„Im Rah­men die­ser Tätig­kei­ten ist das He­ben und Tra­gen von Las­ten ab 10 kg un­ab­ding­bar wie z.b. bei Trans­fer­leis­tun­gen bei Aus­flügen mit dem Bus, Fahr­rad­fah­ren mit der Rik­scha oder Toi­lett­engängen mit In­kon­ti­nen­zwech­sel ein­sch­ließlich der not­wen­di­gen Int­impfle­ge.
Eben­so fal­len Tätig­kei­ten in ge­beug­ter und/oder ho­cken­der Körper­hal-tung so­wie über Kopf­ar­bei­ten an. Hier ins­be­son­de­re bei der in­di­vi­du­el­ler Ein­zel­be­treu­ung beim An- und Aus­zieh­trai­ning, Wasch­trai­ning und ak­ti-vie­ren­de oder be­ru­hi­gen­de Aro­ma-Wa­schun­gen oder Well­ness­ba­den.
Darüber hin­aus können wir nicht gewähr­leis­ten, dass Frau M. [Na­me der Kläge­rin im Ori­gi­nal aus­ge­schrie­ben; d.U.] durch ei­ne zusätz­li­che Be-treu­ungs­as­sis­ten­tin oder Pfle­ge­kraft be­glei­tet wird, um sie in ih­rer tägli­chen Ar­beit am Be­woh­ner zu un­terstützen“.

VI. Hier­zu er­wi­dert die Kläge­rin un­ter an­de­rem, die An­fra­ge der Per­so­nal­re-fe­ren­tin vom 30. Ju­ni 2011 beim Be­triebsärzt­li­chen Dienst (Ur­teils­an­la­ge IV.) mit ih­ren Hin­wei­sen auf „Tätig­keits­fel­der“ ih­rer Be­treu­ungs­as­sis­tenz als „Ar-beits­auf­ga­ben“ sei be­reits ir­reführend 40: Denn der Be­griff „Ar­beits­auf­ga­ben“ sug­ge­rie­re, dass für sie vor Ort sämt­li­che Ein­zeltätig­kei­ten an­fie­len, al­so so­wohl fach­lich als auch körper­lich 41. Im Ge­gen­satz da­zu sei je­doch zwi­schen den Tätig­kei­ten ei­ner „Ge­sund­heits- und Pfle­ge­as­sis­ten­tin“ ei­ner­seits und de­nen ei­ner „Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin“ an­de­rer­seits zu un­ter­schei­den 42. Ins­be­son­de­re sei­en die körper­li­chen An­for­de­run­gen, die das Be­rufs­bild der Beschäfti­gungs­as­sis­ten­tin stel­le, im Ar­beits­all­tag deut­lich ge­rin­ge­re als die­je­ni­gen, die die Tätig­keit ei­ner Ge­sund­heits- und Pfle­ge­as­sis­ten­tin er­for­de­re 43. - Was das Schrei­ben der Pfle­ge­dienst­lei­tung vom 25. Ju­li 2011 (Ur­teils­an­la­ge VII.) be­trifft, so wer­de „über­se­hen bzw. nicht gewürdigt“, dass sie als aus­ge­bil­de­te Kran­ken­schwes­ter und in die­ser Funk­ti­on seit 1997 und darüber hin­aus seit 1977 als Kran­ken­pfle­ge­hel­fe­rin sämt­li­che An­for­de­run­gen, Not­wen­dig­kei­ten und Bedürf­nis­se der Pa­ti­en­ten bzw. zu be­treu­en­den Per­so­nen in je­der Hin­sicht ken­ne 45. Das gel­te na­ment­lich für das Er­ken­nen von Fällen, bei de­nen im Ein­zel­fall tech­ni­sche Hilfs­mit­tel ein­zu­set­zen sei­en, und bei der Ent­schei­dung, um wel­che Hilfs­mit­tel es dann ge­he 45. - Was das erwähn­te Vo­tum des Be­triebs­arz­tes (s. oben, S. 6 [V.1.]) an­ge­he, so er­wie­sen sich des­sen Fest­stel­lun­gen, so­weit sie ihr im Be­zug auf die Eig­nung als Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin Leis­tungs­de-

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39 Auf­gezählt wer­den: Pfle­getätig­kei­ten; He­ben von Las­ten ab 10 kg; Über­kopf­ar­bei­ten; Ein­satz im Al­lein-Dienst; Ein­satz im Nacht­dienst; d.U.
40 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 S. 2 (Bl. 49 GA).
41 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 S. 3 (Bl. 50 GA).
42 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 a.a.O.
43 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 a.a.O.
44 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 a.a.O.
45 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 a.a.O.

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fi­zi­te at­tes­tier­ten, als un­rich­tig 46. Ei­ne „Un­ter­su­chung“ im Sin­ne ei­ner körper­li­chen In­au­gen­schein­nah­me durch den Be­triebs­arzt ha­be zu­dem oh­ne­hin nicht statt­ge­fun­den, „statt­des­sen le­dig­lich ein Gespräch hin­sicht­lich der ,Auf­lis­tung der Tätig­keits­fel­der'“ 47.

VII. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens wird auf den In­halt der ge­wech­sel­ten Schriftsätze und auf de­ren An­la­gen so­wie auf den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrif­ten ver­wie­sen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Dem Rechts­schutz­be­geh­ren der Kläge­rin ist der Er­folg nicht zu ver­sa­gen.
Die Kündi­gung im Schrei­ben vom 18. Mai 2011 wird das Ar­beits­verhält­nis nicht mit dem 31. De­zem­ber 2011 auflösen. Sie ist „so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt“ und da­her auf­grund des § 1 Abs. 1 KSchG 48 rechts­un­wirk­sam. - Der Rei­he nach:
A. Die Kläge­rin hat ih­re Kla­ge bin­nen drei­er Wo­chen nach Zu­gang des Kündi­gungs­schrei­bens (: nicht vor dem 18. Mai 2011) bei Ge­richt ein­rei­chen las­sen (30. Mai 2011). Die Kla­ge­zu­stel­lung ist am 8. Ju­ni 2011 be­wirkt wor­den. Da­mit hat die Kläge­rin selbst oh­ne die an­dern­falls recht­lich ge­bo­te­ne 49 Berück­sich­ti­gung der ge­setz­li­chen Wer­tun­gen aus § 167 ZPO 50 die ihr durch die §§ 13 Abs. 1 Satz 2 , 4 Satz 1 KSchG zur Kla­ge­er­he­bung ge­setz­te dreiwö-

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46 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 S. 6 (Bl. 53 GA); Be­weis: Sach­verständi­gen­gut­ach­ten.
47 S. Schrift­satz vom 9.8.2011 a.a.O.
48 S. Text: „§ 1 So­zi­al un­ge­recht­fer­tig­te Kündi­gun­gen. (1) Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­genüber ei­nem Ar­beit­neh­mer, des­sen Ar­beits­verhält­nis in dem­sel­ben Be­trieb oder Un­ter­neh­men oh­ne Un­ter­brech­nung länger als sechs Mo­na­te be­stan­den hat, ist rechts­un­wirk­sam, wenn sie so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist“.
49 Vgl. zur ana­lo­gen An­wen­dung der Vorgänger­vor­schrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vie­ler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BA­GE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wo­nach die Re­ge­lung des § 270 ZPO a.F. „auch im Be­reich der Kla­ge­er­he­bung nach § 4 KSchG An­wen­dung fin­det“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wo­nach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wo­chen-Frist für die Kla­ge­er­he­bung nach § 4 KSchG auch dann ge­wahrt wird, wenn die Kla­ge zwar vor Frist­ab­lauf bei dem Ge­richt ein­ge­reicht wor­den ist, aber die Zu­stel­lung an den Pro­zess­geg­ner erst da­nach er­folgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; eben­so schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.
50 S. Text: „§ 167 Rück­wir­kung der Zu­stel­lung. Soll durch die Zu­stel­lung ei­ne Frist ge­wahrt wer­den oder die Verjährung neu be­gin­nen oder nach § 204 des Bürger­li­chen Ge­setz­buchs ge­hemmt wer­den, tritt die­se Wir­kung be­reits mit Ein­gang des An­trags oder der Erklärung ein, wenn die Zu­stel­lung demnächst er­folgt“.
51 S. Text: „§ 13 Außer­or­dent­li­che, sit­ten­wid­ri­ge und sons­ti­ge Kündi­gun­gen. (1) Die Vor­schrif­ten über das Recht zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses wer­den durch das vor­lie­gen­de Ge­setz nicht berührt. Die Rechts­un­wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung kann je­doch nur nach Maßga­be des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 gel­tend ge­macht wer­den“.
52 S. Text: „§ 4 An­ru­fung des Ar­beits­ge­richts. Will ein Ar­beit­neh­mer gel­tend ma­chen, dass ei­ne Kündi­gung so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt oder aus an­de­ren Gründen rechts­un­wirk­sam ist, so muss er in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der schrift­li­chen Kündi­gung Kla­ge beim Ar­beits­ge­richt auf Fest­stel­lung er­he­ben, dass das Ar­beits­verhält­nis durch die Kündi­gung nicht auf­gelöst ist“.

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chi­ge Frist ge­wahrt. Die Kündi­gung „gilt“ folg­lich nicht schon kraft Ge­set­zes nach § 7 (1. Halb­satz) KSchG 53 als „von An­fang an rechts­wirk­sam“. Sie be­darf zu ih­rer Wirk­sam­keit viel­mehr ei­nes be­son­de­ren (hier so­gar „wich­ti­gen“) Grun­des und darf – selbst­verständ­lich – auch sonst nicht ge­gen zwin­gen­des Ge­set­zes­recht ver­s­toßen. Da­bei ist die Kündi­gung – ob­wohl (ver­mut­lich we­gen „Unkünd­bar­keit“ der Kläge­rin) an sich als außer­or­dent­li­che Kündi­gung nebst so­ge­nann­ter so­zia­ler Aus­lauf­frist erklärt – letzt­lich in ers­ter Li­nie an den Maßstäben des Kündi­gungs­schutz­rechts zu mes­sen 54. Lie­gen des­sen Vor­aus­set­zun­gen nicht vor, so kann die Kündi­gung erst recht nicht als außer­or­dent­li­che wirk­sam sein. Für den in­so­fern er­for­der­li­chen Kündi­gungs­grund ist die Be­klag­te als Ar­beit­ge­be­rin dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet (s. § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG 55 ).
B. Dass die ein­schlägi­gen Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gend ge­wahrt wären, kann der hie­si­gen Kündi­gung in­des­sen nicht be­schei­nigt wer­den. Die­se ist viel­mehr, wie ge­ra­de vor­aus­ge­schickt, rechts­un­wirk­sam. - In­so­fern, noch­mals, der Rei­he nach:
I. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist ei­ne Kündi­gung so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Per­son oder in dem Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers lie­gen, oder durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se, die ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers in die­sem Be­trieb ent­ge­gen ste­hen, be­dingt ist. Von den so um­schrie­be­nen mögli­chen „Störquel­len“ (Wil­helm Her­schel 56 ) im Voll­zug ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses geht es der Be­klag­ten, die sich auf das Un­vermögen der Kläge­rin zur Ver­trags­erfüllung be­ruft, um so­ge­nann­te per­so­nen­be­ding­te Ge­sichts­punk­te.
II. De­ren nor­ma­ti­ve An­for­de­run­gen sind vor­lie­gend je­doch nicht erfüllt.
1. Rich­tig ist al­ler­dings der ge­dank­li­che Aus­gangs­punkt der Be­klag­ten:

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53 S. Text: „§ 7 Wirk­sam­wer­den der Kündi­gung. Wird die Rechts­un­wirk­sam­keit ei­ner Kündi­gung nicht recht­zei­tig gel­tend ge­macht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündi­gung als von An­fang an rechts­wirk­sam“.
54 S. zu die­ser Prüfungs­fol­ge auch bei Erklärung ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung näher Ul­rich Preis, Prin­zi­pi­en des Kündi­gungs­rechts bei Ar­beits­verhält­nis­sen (1987), S. 483-484; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 44; Rei­ner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Wal­ter Er­man/Det­lev W. Bel­ling, BGB, Hand­kom­men­tar, 12. Auf­la­ge (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses (1980), in: Wil­helm Maus/F. Jo­chen Kremp, Hand­buch des Ar­beits­rechts, Teil VI B; s. im glei­chen Sin­ne auch Wil­helm Her­schel, BB 1982, 254.
55 S. Text: „§ 1 So­zi­al un­ge­recht­fer­tig­te Kündi­gun­gen. (1) … (2) … 4Der Ar­beit­ge­ber hat die Tat­sa­chen zu be­wei­sen, die die Kündi­gung be­din­gen“.
56 S. Wil­helm Her­schel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Ge­samt­ha­fen­be­triebs­ge­setz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Drei­tei­lung der Kündi­gungs­gründe gibt … die Rich­tung an, aus der die Störung kom­men kann“; eben­so BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BA­GE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krank­heit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BA­GE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krank­heit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dif­fe­ren­ziert in­so­weit nach der ,Störquel­le', nicht nach den der ,Störung' even­tu­ell zu­grun­de lie­gen­den fer­ne­ren Ur­sa­chen“.

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a. Da­nach ent­spricht es in der Tat langjähri­ger Ju­di­ka­tur der Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen, dass auch die Kündi­gung ei­nes Ar­beit­neh­mers so­zi­al ge­recht­fer­tigt sein kann, der auf­grund ge­sund­heit­li­cher Be­ein­träch­ti­gun­gen auf Dau­er nicht mehr in der La­ge ist, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Tätig­keit zu ver­rich­ten 57.
b. Das ist aber – wie gleich­falls schon vor­aus­ge­schickt - nur der ge­dank­li­che Aus­gangs­punkt und al­len­falls „die hal­be Mie­te“. Tatsächlich hängt die recht­li­che An­er­ken­nung der so­zia­len Recht­fer­ti­gung ei­ner Kündi­gung – nicht zu­letzt bei Ar­beits­per­so­nen, die ge­sund­heit­lich be­nach­tei­ligt sind – von wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen ab:
ba. Hierfür ist zunächst dar­an zu er­in­nern, dass das Recht zur ar­beit­ge­ber­sei­ti­gen Kündi­gung geschütz­ter Ar­beits­verhält­nis­se nach gleich­falls langjähri­ger Recht­spre­chung der Ar­beits­jus­tiz nicht zu­letzt un­ter dem Ein­fluss grund­recht­li­cher Vor­ga­ben 58 vom so­ge­nann­ten Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit „be­herrscht“ 59 wird.
(1.) Die­se – be­reits im Rechts­den­ken der An­ti­ke ver­wur­zel­te 60 – Rechts­ausübungs­schran­ke, de­ren An­er­ken­nung spe­zi­ell im kündi­gungs­recht­li­chen Sach-

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57 S. hier­zu statt vie­ler nur BAG 10.6.2010 – 2 AZR 1020/08 – AP § 1 KSchG 1969 Per­so­nen-be­ding­te Kündi­gung Nr. 31 = NZA 2010, 1234 = NJW 2010, 3467 [I.1 a.]: „Die krank­heits­be­ding­te dau­ern­de Unfähig­keit, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen, be­rech­tigt den Ar­beit­ge­ber nach § 1 Abs. 2 KSchG grundsätz­lich zur or­dent­li­chen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Steht fest, dass der Ar­beit­neh­mer in Zu­kunft die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung über­haupt nicht er­brin­gen kann, ist das Verhält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung auf Dau­er er­heb­lich gestört“; s. zu den Anfängen die­ser Recht­spre­chung be­reits BAG 10.12.1987 – 2 AZR 515/87 – n.v. (Ju­ris) [Ori­en­tie­rungs­satz]: „Bei dau­ern­der Unfähig­keit des Ar­beit­neh­mers die ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen, liegt die er­heb­li­che be­trieb­li­che Be­ein­träch­ti­gung auf der Hand. In die­sem Fal­le be­steht kein schützens­wer­tes In­ter­es­se des Ar­beit­neh­mers, den Ar­beit­ge­ber dar­an zu hin­dern, mit der Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers, der außer­stan­de ist, die ge­schul­de­te Ar­beit zu er­brin­gen, auf Dau­er ei­nen an­de­ren Ar­beit­neh­mer zu be­auf­tra­gen“.
58 S. zum nor­ma­ti­ven Gel­tungs­grund des Prin­zips der Verhält­nismäßig­keit im Kündi­gungs­schutz­recht et­wa die Über­le­gun­gen bei Bernd Ru­berg, So­zi­al­recht­fer­ti­gung als Or­ga­ni­sa­ti­ons­schutz (1999), S. 218 ff., 222 ff.
59 S. da­zu an­klin­gend schon BAG 25.3.1976 – 2 AZR 127/75 – AP § 626 BGB Aus­schluss­frist Nr. 10 [V.2]; aus­drück­lich dann spätes­tens BAG 4.11.1981 – 7 AZR 264/79 – BA­GE 37, 64 = AP § 1 KSchG 1969 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 4 [II.2 b, aa.]; 18.10.1984 – 2 AZR 543/83 – BA­GE 47, 80 = AP § 1 KSchG 1969 So­zia­le Aus­wahl Nr. 6 [B.I.1.]; 13.6.1986 – 7 AZR 623/84 – BA­GE 52, 210 = AP § 1 KSchG 1969 So­zia­le Aus­wahl Nr. 13 [II.1.]; 16.2.1989 – 2 AZR 299/88 – BA­GE 61, 131 = AP § 1 KSchG 1969 Krank­heit Nr. 20 [B.III.1 c, bb.]; 17.1.1991 – 2 AZR 375/90 – BA­GE 67, 75 = AP § 1 KSchG 1969 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 25 [II.2 c.]; 21.1.1993 – 2 AZR 330/92 – AP § 52 Mit­bestG Schles­wig-Hol­stein Nr. 1 [C.II.2 b.]; 18.2.1993 – 2 AZR 518/92 – RzK I 6 f Nr. 7; 6 g Nr. 17 [B.II.2 d.]; s. aus neue­rer Zeit BAG 12.7.2007 – 2 AZR 716/06 – BA­GE 123, 234 = AP § 1 KSchG 1969 Per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung Nr. 28 = NZA 2008, 173 [B.II.2 a.]; s. überg­rei­fend auch BGH 11.2.1987 – IV a ZR 194/85 – BGHZ 100, 60, 64, wo von dem „das gan­ze Zi­vil­recht be­herr­schen­den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit von Mit­tel und Zweck“ die Re­de ist.
60 S. in­struk­tiv Franz Wie­acker, Ge­schicht­li­che Wur­zeln des Prin­zips der verhält­nismäßigen Rechts­an­wen­dung, in: Mar­cus Lut­ter u.a. (Hrg.), Fest­schrift für Ro­bert Fi­scher (1979), S. 867, 874 ff.; Klaus Stern, Das Staats­recht der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, Bd. III/2 (1994), § 84 I 2; s. auch Ul­rich Preis, Verhält­nismäßig­keit und Pri­vat­rechts­ord­nung, in: Pe­ter Ha­n­aus/Fried­rich Heit­her/Jürgen Kühling (Hrg.), Fest­schrift für Tho­mas Die­te­rich (1999), 429, 446, 452-453; s. fer­ner Bernd Ru­berg, Schi­kanöse Wei­sun­gen (2004), S. 70 ff.

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zu­sam­men­hang na­ment­lich auf Anstöße von Erich Mo­li­tor 61 , Hans Gal­pe­rin 62, Dirk Neu­mann 63 und Wil­helm Her­schel 64 zurück­geht, ver­langt vom Ar­beit­ge­ber, sei­ne ver­trag­li­chen Be­lan­ge ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer möglichst scho­nend zu ver­fol­gen (sa­lopp: „kei­ne Ka­no­nen auf Spat­zen“ 65 ). Mit an­de­ren Wor­ten: Er darf auf Störun­gen sei­ner ver­trag­li­chen Be­lan­ge nicht ul­ti­ma­tiv mit Kündi­gung re­agie­ren, so­lan­ge er die­se Be­lan­ge auch auf rück­sichts­vol­le­re Wei­se wirk­sam zu wah­ren im­stan­de ist. Die Kündi­gung hat da­nach in den Wor­ten des Zwei­ten Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) die „un­aus­weich­lich letz­te Maßnah­me (ul­ti­ma ra­tio)“ 66 zu sein.
(2.) Aus die­sem nor­ma­ti­ven Rah­men er­gibt sich in Fällen, in de­nen die Be­sei­ti­gung der Ver­tragsstörung durch Ände­rung des Ver­hal­tens des Ar­beit­neh­mers er­wirkt wer­den kann, un­ter an­de­rem die Ob­lie­gen­heit für den Ar­beit­ge­ber, den Ar­beit­neh­mer vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung ver­geb­lich ab­zu­mah­nen 67. Al­ler­dings ist dies bei­lei­be nicht die ein­zi­ge Kon­se­quenz des Prin­zips der Verhält­nismäßig­keit. Die­ses erschöpft sei­nen Gel­tungs­an­spruch nämlich kei­nes­wegs dar­auf, den Ar­beit­ge­ber auf die­ses oder je­nes (scho­nen­de­re) Mit­tel zur

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61 S. Erich Mo­li­tor, Die Kündi­gung, 2. Auf­la­ge (1951), S. 294: „Man wird … for­dern müssen, dass je­des an­de­re nach der ge­ge­be­nen Sach­la­ge an­wend­ba­re Mit­tel erschöpft ist, um das von dem Kündi­gen­den als un­halt­bar an­ge­se­he­ne Rechts­verhält­nis zu­mut­bar zu ge­stal­ten“.
62 S. Hans Gal­pe­rin, Der wich­ti­ge Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung, DB 1964, 1114, 1117 [9.], wo – so­weit er­sicht­lich – erst­mals der Aus­druck von der Kündi­gung als „ul­ti­ma ra­tio“ ver­wen­det wird.
63 S. Dirk Neu­mann, Kündi­gung bei Krank­heit, 2. Auf­la­ge (1965), S. 26, wo als „all­ge­mei­ner Grund­satz des Kündi­gungs­schutz­rechts“ her­aus­ge­stellt wird, dass „zu ei­ner Kündi­gung nur als letz­tem mögli­chem Aus­weg ge­grif­fen wer­den“ sol­le.
64 S. Wil­helm Her­schel, Anm. BAG [22.8.1963] SAE 1964, 2: „Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit der Mit­tel (Über­maßver­bot)“; ders. Anm. BAG [26.11.1964] AP § 626 BGB Nr. 53 [IV.]: „Über­maßver­bot“; ders. Anm. BAG [21.10.1965] AP § 1 KSchG Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 5: „Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit der Mit­tel“; ders. Anm. BAG [12.12.1968] AP § 1 KSchG Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 20: „Grund­satz von der Verhält­nismäßig­keit der Mit­tel“.
65 Das heu­te „geflügel­te“ Wort stammt, so­weit er­sicht­lich, von Fried­rich Flei­ner, In­sti­tu­tio­nen des Deut­schen Ver­wal­tungs­rechts, 2. Auf­la­ge (1912), S. 354 für das Han­deln der Po­li­zei im kon­sti­tu­tio­nel­len Rechts­staat.
66 S. grund­le­gend BAG 30.5.1978 – 2 AZR 630/76 – BA­GE 30, 309 = AP § 626 BGB Nr. 70 = NJW 1979, 332 [Leit­satz 2 u. III.2 b.]; s. aus jünge­rer Zeit BAG 12.7.2007 (Fn. 59) [B.II.2 a.]: „Ei­ne Kündi­gung ist als letz­tes Mit­tel nur zulässig, wenn der Ar­beit­ge­ber al­le zu­mut­ba­ren Möglich­kei­ten zu ih­rer Ver­mei­dung aus­geschöpft hat“; [B.II.2 b.]: „Ei­ne Kündi­gung ist nicht ge­recht­fer­tigt, wenn es an­de­re ge­eig­ne­te mil­de­re Mit­tel gibt, um die Ver­tragsstörung künf­tig zu be­sei­ti­gen“; 10.12.2009 – 2 AZR 400/08 – EzA § 1 KSchG Krank­heit Nr. 56 = NZA 2010, 398 [I.2.]; 30.9.2010 – 2 AZR 88/09 – EzA § 84 SGB IX Nr. 7 = NZA 2011, 39 = MDR 2011, 495 [I.2.].
67 S. zu die­ser Ent­wick­lung, die ih­ren ju­di­ka­ti­ven Aus­gangs­punkt beim Sechs­ten Zi­vil­se­nat des Reichs­ge­richts (RG) ge­nom­men hat (s. RG 14.1.1897 – VI 277/96 – RGZ 38, 114-119; s. da­zu ArbG Ber­lin 2.5.2008 – 28 Ca 3058/08 – n.v. [S. 18 ff.]), et­wa be­reits RAG 21.5.1938 – RAG 17/38 – ARS 33, 135, 139: „Auf der an­de­ren Sei­te können es die Umstände, ins­be­son­de­re ei­ne langjähri­ge, er­folg­rei­che Dienst­zeit des An­ge­stell­ten und schwer­wie­gen­de wirt­schaft­li­che Fol­gen der Kündi­gung für ihn durch­aus recht­fer­ti­gen, dem Un­ter­neh­men erst ei­nen Ver­such zu­zu­mu­ten, die Be­schwer­den durch ei­ne Ab­mah­nung ab­zu­stel­len …“; s. aus jüngs­ter Zeit so­dann et­wa BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – n.v. (Voll­text in „Ju­ris“) [I.1 b.]: „Außer­dem ist die Ab­mah­nung als mil­de­res Mit­tel in An­wen­dung des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes (…) ei­ner Kündi­gung vor­zu­zie­hen, wenn durch ih­ren Aus­spruch das Ziel – ord­nungs­gemäße Ver­trags­erfüllung – er­reicht wer­den kann“.

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Ver­hal­tens­steue­rung zu ver­wei­sen. – Im Ge­gen­teil: Na­ment­lich in Fällen, in de­nen der Ver­trags­be­zie­hung ei­ne ge­deih­li­che Per­spek­ti­ve nicht (nur) durch ei­ne Ver­hal­tensände­rung des Ar­beit­neh­mers, son­dern glei­cher­maßen oder aus­sch­ließlich auf an­de­re Wei­se ver­schafft wer­den kann, ist ein Grund­satz zu be­ach­ten, der sich im ge­richt­li­chen „Haus­ge­brauch“ seit Jahr­zehn­ten bewährt und – so­weit er­sicht­lich – auf Al­fred Hu­eck zurück­geht 68 : Da­nach ist ei­ne Kündi­gung al­len­falls dann „so­zi­al“ ge­recht­fer­tigt, wenn es nicht möglich ist, der be­trieb­li­chen La­ge durch an­de­re Maßnah­men „tech­ni­scher, or­ga­ni­sa­to­ri­scher oder wirt­schaft­li­cher Art“ zu ent­spre­chen 69.
(3.) Die­ser Ver­weis auf möglichst scho­nen­de We­ge der Pro­blemlösung hat
seit­her auch im ge­schrie­be­nen Ge­set­zes­recht deut­li­che Spu­ren hin­ter­las­sen: So fin­den sich seit dem In­kraft­tre­ten des so­ge­nann­ten Ers­ten Ar­beits­rechts­be­rei­ni­gungs­ge­set­zes vom 14. Au­gust 1969 70 mit dem 1. Sep­tem­ber 1969 in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buch­sta­be b 71 so­wie § 1 Abs. 2 Satz 3 72 KSchG Vor­ga­ben, die be­stimm­te As­pek­te des Prin­zips der Verhält­nismäßig­keit ko­di­fi­zie­ren. So­weit die da­mit po­si­ti­vier­te Pflich­ten­stel­lung des Ar­beit­ge­bers da­bei auf ak­ti­ve

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68 S. Al­fred Hu­eck, Kündi­gungs­schutz­ge­setz (1951), § 1 Rn. 36: „Dar­in [d.h. im Er­for­der­nis ‚drin­gen­der be­trieb­li­cher Er­for­der­nis­se’; d.U.] kommt zum Aus­druck, dass der Ar­beit­ge­ber zur Kündi­gung nur schrei­ten darf, wenn es im In­ter­es­se des Be­trie­be wirk­lich not­wen­dig ist, und dass er nach Möglich­keit zu ver­su­chen hat, die Kündi­gung durch an­de­re Mit­tel, z.B. durch Ar­beits­stre­ckung … zu ver­mei­den, so­fern ei­ne sol­che Ar­beits­stre­ckung für den Be­trieb tech­nisch, or­ga­ni­sa­to­risch und wirt­schaft­lich trag­bar ist“.
69 S. an­ge­deu­tet schon in BAG 12.12.1968 - 1 AZR 102/68 – BA­GE 21, 248 = AP § 1 KSchG Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 20 [2.], wo­nach ei­ne Kündi­gung nur dann so­zi­al ge­recht­fer­tigt sei, wenn für den Ar­beit­ge­ber „kei­ne Möglich­keit“ be­ste­he, durch „an­de­re Maßnah­men als ei­ne Kündi­gung der be­trieb­li­chen La­ge Rech­nung zu tra­gen“; wie zi­tiert so­dann seit BAG 7.12.1978 – 2 AZR 155/77 – BA­GE 31, 157 = AP § 1 KSchG 1969 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 6 [II.1 a.]: „Die­se be­trieb­li­chen Er­for­der­nis­se müssen ‚drin­gend’ sein und ei­ne Kündi­gung im In­ter­es­se des Be­trie­bes not­wen­dig ma­chen. Die­se wei­te­re Vor­aus­set­zung ist er-füllt, wenn es dem Ar­beit­ge­ber nicht möglich ist, der be­trieb­li­chen La­ge durch an­de­re Maß-nah­men auf tech­ni­schem, or­ga­ni­sa­to­ri­schem oder wirt­schaft­li­chen Ge­biet als durch ei­ne Kündi­gung zu ent­spre­chen. Die Kündi­gung muss we­gen der be­trieb­li­chen La­ge un­ver­meid­bar sein“; im An­schluss BAG 9.11.1979 – 7 AZR 933/77 – n.v. [2.]; 17.10.1980 – 7 AZR 675/78 – AP § 1 KSchG 1969 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 10 [3 b.]; 27.9.1984 – 2 AZR 63/83 – BA­GE 47, 26 = AP § 2 KSchG 1969 Nr. 8 [B.II.]; 30.5.1985 - 2 AZR 321/84 – AP § 1 KSchG 1969 Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung Nr. 24 [B.II.1.]; ständi­ge Ju­di­ka­tur - s. in­so­fern aus neue­rer und neu­es­ter Zeit et­wa BAG 21.4.2005 – 2 AZR 244/04 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 80 = NZA 2005, 1294 [II.2.]; 3.4.2008 – 2 AZR 500/06 – AP § 2 KSchG 1969 Nr. 137 = EzA § 2 KSchG Nr. 70 = NZA 2008, 812 [B.I.1.].
70 S. BGBl. I S. 1106.
71 S. Text [heu­ti­ge Fas­sung; d.U.]: „§ 1 So­zi­al un­ge­recht­fer­tig­te Kündi­gun­gen. (1) … (2) … 2Die Kündi­gung ist auch so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt, wenn 1. in Be­trie­ben des pri­va­ten Rechts a) … b) der Ar­beit­neh­mer an ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz in dem­sel­ben Be­trieb oder in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens wei­ter beschäftigt wer­den kann und der Be­triebs­rat oder ei­ne an­de­re nach dem Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz in­so­weit zuständi­ge Ver­tre­tung der Ar­beit­neh­mer aus ei­nem die­ser Gründe der Kündi­gung in­ner­halb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes schrift­lich wi­der­spro­chen hat, … “.
72 S. Text: „§ 1 So­zi­al un­ge­recht­fer­tig­te Kündi­gun­gen. (1) … (2) … 3Satz 2 gilt ent­spre­chend, wenn die Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers nach zu­mut­ba­ren Um­schu­lungs- oder Fort­bil­dungs­maßnah­men oder ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung des Ar­beit­neh­mers un­ter geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen möglich ist und der Ar­beit­neh­mer sein Ein­verständ­nis hier­mit erklärt hat“.

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ein­schlägi­ge Fürspra­che des Be­triebs­ra­tes an­ge­wie­sen sein soll­te, hat der Zwei­te Se­nat des BAG die­se Vor­be­din­gung mit den Mit­teln der Aus­le­gung als­bald kor­ri­giert 73, so dass nach ent­spre­chen­den Al­ter­na­ti­ven in der fo­ren­si­schen Pra­xis auch oh­ne das En­ga­ge­ment des Be­triebs­ra­tes Aus­schau zu hal­ten ist.
bb. Zu ge­nau die­ser Rechts­ent­wick­lung schlägt mitt­ler­wei­le je­ne jünge­re Ju­di­ka­tur des BAG kon­se­quent den Bo­gen, die im Zei­chen so­ge­nann­ten be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments (§ 84 Abs. 2 SGB IX 74) Kon­se­quen­zen aus der Or­ga­ni­sa­ti­ons­ver­ant­wor­tung des Un­ter­neh­mens für die Her­stel­lung ge­sund­heit­lich ge­deih­li­cher Ar­beits­be­din­gun­gen zu zie­hen und zu kon­kre­ti­sie­ren 75 sucht. Wor­um es geht, hat der Zwei­te Se­nat des BAG im schon erwähn­ten Ur­teil vom 12. Ju­li 2007 zunächst wie folgt ver­deut­licht 76:

„Ei­ne Kündi­gung ist aber ent­spre­chend dem das gan­ze Kündi­gungs­recht be­herr­schen­den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz un­verhält­nismäßig und da­mit rechts­un­wirk­sam, wenn sie durch an­de­re mil­de­re Mit­tel ver­mie­den wer­den kann, d.h., wenn die Kündi­gung nicht zur Be­sei­ti­gung der be­trieb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen bzw. der ein­ge­tre­te­nen Ver­tragsstörung ge­eig­net oder nicht er­for­der­lich ist (…). Der Ar­beit­ge­ber muss von meh­re­ren gleich ge­eig­ne­ten, zu­mut­ba­ren Mit­teln das­je­ni­ge wählen, das das Ar­beits­verhält­nis und den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer am we­nigs­ten be­las­tet. Ei­ne Kündi­gung ist als letz­tes Mit­tel nur zulässig, wenn der Ar­beit­ge­ber al­le zu­mut­ba­ren Möglich­kei­ten zu ih­rer Ver­mei­dung aus­geschöpft hat. Da­bei kommt bei ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung nicht nur ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren, frei­en Ar­beits­platz in Be­tracht.

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73 S. grund­le­gend BAG 13.9.1973 – 2 AZR 601/72 – BA­GE 25, 278 = AP § 1 KSchG 1969 Nr. 2 = EzA § 102 Be­trVG 1972 Nr. 7 [Leitsätze]: 1. Das dem Be­triebs­rat im Fal­le der or­dent­li­chen Kündi­gung zu­ste­hen­de Wi­der­spruchs­recht (§ 102 Abs. 3 Be­trVG 1972) hat den in­di­vi­du­el­len Kündi­gungs­schutz der Ar­beit­neh­mer gemäß § 1 KSchG in kei­nem Fall ver­schlech­tert. - 2. Auch wenn der Be­triebs­rat ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung nicht nach Maßga­be des § 102 Abs. 3 Be­trVG 1972 wi­der­spro­chen hat, sind die in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG (§ 102 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 Be­trVG 1972) ge­nann­ten Wi­der­spruchs­gründe zu­min­dest in­so­weit bei der In­ter­es­sen­abwägung zu berück­sich­ti­gen, wie es sich um Tat­bestände han­delt, die schon nach der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge der An­nah­me ent­ge­gen­ste­hen konn­ten, die Kündi­gung sei durch drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se be­dingt. - 3. Zu die­sen oh­ne Wi­der­spruch des Be­triebs­ra­tes zu berück­sich­ti­gen­den Umständen gehört die Möglich­keit, den gekündig­ten Ar­beit­neh­mer auch un­ter schlech­te­ren Ar­beits­be­din­gun­gen auf ei­nem an­de­ren frei­en Ar­beits­platz wei­ter­zu­beschäfti­gen, je­den­falls dann, wenn der Ar­beit­neh­mer sich hier­zu im un­mit­tel­ba­ren An­schluss an die Kündi­gung be­reit erklärt hat ...“.
74 S. Text: „§ 84 Präven­ti­on. (1) … (2) Sind Beschäftig­te in­ner­halb ei­nes Jah­res länger als sechs Wo­chen un­un­ter­bro­chen oder wie­der­holt ar­beits­unfähig, klärt der Ar­beit­ge­ber mit der zuständi­gen In­ter­es­sen­ver­tre­tung im Sin­ne des § 93, bei schwer­be­hin­der­ten Men­schen außer­dem mit der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung, mit Zu­stim­mung und Be­tei­li­gung der be­trof­fe­nen Per­son die Möglich­kei­ten, wie die Ar­beits­unfähig­keit möglichst über­wun­den und mit wel­chen Leis­tun­gen oder Hil­fen er­neu­ter Ar­beits­unfähig­keit vor­ge­beugt und der Ar­beits­platz er-hal­ten wer­den kann (be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment)“.
75 S. hier­zu zu­tref­fend auch be­reits LAG Ber­lin 27.10.2005 – 10 Sa 783/05 – LA­GE § 1 KSchG Krank­heit Nr. 37 = NZA-RR 2006, 184 = MDR 2006, 761 [2.2.]: „Nach Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts wird mit den Maßga­ben des § 84 Abs. 2 SGB IX für den Fall der krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung das dem Kündi­gungs­recht (oh­ne­hin) in­ne­woh­nen­de ul­ti­ma-ra­tio-Prinzp verstärkend kon­kre­ti­siert“; im An­schluss LAG Düssel­dorf 25.10.2006 – 6 Sa 974/05 - BB 2007, 719 [II.B.1 b, cc, ccc.]; LAG Hamm 24.1.2007 – 2 Sa 991/06 – n.v. („Ju­ris“) [I.3 a. - am En­de]; LAG Köln 11.6.2007 – 14 Sa 1391/06 – („Ju­ris“) [II.5.].
76 S. BAG 12.7.2007 (Fn. 59) [B.II.2 a.].

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Der Ar­beit­ge­ber hat viel­mehr al­le gleich­wer­ti­gen, lei­dens­ge­rech­ten Ar­beitsplätze, auf de­nen der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer un­ter Wah­rung des Di­rek­ti­ons­rechts ein­setz­bar wäre, in Be­tracht zu zie­hen und ggf. 'frei­zu­ma­chen'“.

Im Fol­ge­ur­teil vom 23. April 2008 heißt es so­dann 77:

„Der Se­nat hat in der Ent­schei­dung vom 12. Ju­li 2007 (…) fest­ge­hal­ten, dass ei­ne Kündi­gung ent­spre­chend dem das gan­ze Kündi­gungs­recht be­herr­schen­den Verhält­nismäßig­keits­grund­satz un­verhält­nismäßig und da­mit rechts­un­wirk­sam ist, wenn sie durch an­de­re mil­de­re Mit­tel ver­mie­den wer­den kann, d.h. wenn die Kündi­gung nicht zur Be­sei­ti­gung der be­trieb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen bzw. der ein­ge­tre­te­nen Ver­tragsstörung ge­eig­net oder er­for­der­lich ist. § 84 SGB IX stellt ei­ne Kon­kre­ti­sie­rung die­ses Grund­sat­zes dar. Da­bei ist das BEM an sich zwar kein mil­de­res Mit­tel. Durch das BEM können aber sol­che mil­de­ren Mit­tel, z.B. die Um­ge­stal­tung des Ar­beits­plat­zes oder ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung zu geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen auf ei­nem – ggf. durch Um­set­zun­gen 'frei­zu­ma­chen­den' – Ar­beits­platz er­kannt und ent­wi­ckelt wer­den“.

bc. In den glei­chen ge­dank­li­chen Zu­sam­men­hang – nämlich dem seit lan­gem überfälli­gen „Leit­bild­wech­sel“ zur so recht­zei­ti­gen An­pas­sung von Ar­beitsplätzen an die Men­schen, dass de­ren Aus­glie­de­rung aus dem Ar­beits­le­ben ver­mie­den wer­den kann 78 - gehört die Vor­schrift des § 81 Abs. 4 SGB IX 79: Da­nach ist der Ar­beit­ge­ber im Rah­men sei­ner Ver­pflich­tung zur „be­hin­de­rungs­ge­rech­ten Ein­rich­tung und Un­ter­hal­tung von Ar­beitsstätten“ (s. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX) un­ter an­de­rem nicht nur ge­hal­ten, Be­triebs­an­la­gen, Ma­schi­nen und Geräte, son­dern auch die „Ge­stal­tung der Ar­beitsplätze, des Ar­beits­um­fel­des, der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on und der Ar­beits­zeit“ un­ter Berück­sich­ti­gung der Un­fall­ge­fahr am ko­di­fi­zier­ten Pos­tu­lat ih­rer Be­hin­de­rungs­ge­rech­tig

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77 S. BAG 23.4.2008 – 2 AZR 1012/06 – EzA § 1 KSchG Krank­heit Nr. 55 = NZA-RR 2008, 515 [B.II.3 b, bb (1)].
78 So Wolf­hard Koh­te Anm. LAG Stutt­gart [22.6.2005 – 2 Sa 11/05] ju­ris­PR-ArbR 47/2005 v. 23.11.2005 [A.]: „Mit dem SGB IX soll ein Leit­bild­wech­sel rea­li­siert wer­den: Die Ar­beitsplätze sol­len recht­zei­tig an die Men­schen an­ge­passt wer­den, so dass die Aus­glie­de­rung aus dem Ar­beits­le­ben ver­mie­den wer­den kann“.
79 S. Text: „§ 81 Pflich­ten des Ar­beit­ge­bers und Rech­te schwer­be­hin­der­ter Men­schen. (1) … (4) Die schwer­be­hin­der­ten Men­schen ha­ben ge­genüber ih­rem Ar­beit­ge­ber An­spruch auf – 1. Beschäfti­gung, bei der sie ih­re Fähig­kei­ten und Kennt­nis­se möglichst voll ver­wer­ten und wei­ter­ent­wi­ckeln können, - 2. be­vor­zug­te Berück­sich­ti­gung bei in­ner­be­trieb­li­chen Maßnah­men der be­ruf­li­chen Bil­dung zur Förde­rung ih­res be­ruf­li­chen Fort­kom­mens, - 3. Er­lei­che­run­gen im zu­mut­ba­ren Um­fang zur Teil­nah­me an außer­be­trieb­li­chen Maßnah­men der be­ruf­li­chen Bil­dung, - 4. be­hin­de­rungs­ge­rech­te Ein­rich­tung und Un­ter­hal­tung von Ar­beitsstätten ein­sch­ließlich der Be­triebs­an­la­gen, Ma­schi­nen und Geräte so­wie der Ge­stal­tung der Ar­beitsplätze, des Ar­beits­um­fel­des, der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on und der Ar­beits­zeit, un­ter be­son­de­rer Berück­sich­ti­gung der Un­fall­ge­fahr, - 5. Aus­stat­tung des Ar­beits­plat­zes mit den er­for­der­li­chen tech­ni­schen Ar­beits­hil­fen – un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­hin­de­rung und ih­rer Aus­wir­kun­gen auf die Beschäfti­gung. Bei der Durchführung der Maßnah­men nach den Num­mern 1, 4 und 5 un­terstützt die Bun­des­agen­tur für Ar­beit und die In­te­gra­ti­onsämter die Ar­beit­ge­ber un­ter Berück­sich­ti­gung der für die Beschäfti­gung we­sent­li­chen Ei­gen­schaf­ten der schwer­be­hin­der­ten Beschäftig­ten. Ein An­spruch nach Satz 1 be­steht nicht, so­weit sei­ne Erfüllung für den Ar­beit­ge­ber nicht zu­mut­bar oder mit un­verhält­nismäßigen Auf­wen­dun­gen ver­bun­den wäre oder so­weit die staat­li­chen oder be­rufs­ge­nos­sen­schaft­li­chen Ar­beits­schutz­vor­schrif­ten oder be­am­ten­recht­li­che Vor­schrif­ten ent­ge­gen­ste­hen“.

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keit aus­zu­rich­ten. So­mit ist na­ment­lich die Or­ga­ni­sa­ti­on der Ar­beit nicht nur nicht sa­kro­sankt für die recht­li­che Kon­trol­le, son­dern – ge­nau um­ge­kehrt - ei­nes der zen­tra­len Hand­lungs­fel­der, in de­ren Aus­ge­stal­tung bis zur Gren­ze des Zu­mut­ba­ren (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX 80) sich die vor­erwähn­te „An­pas­sung von Ar­beit­plätzen an den Men­schen“ (Koh­te) zu ver­wirk­li­chen hat 81. Dem ent­spricht – nicht zufällig - der Ge­dan­ke an die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers zur Schaf­fung ei­nes lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­plat­zes durch „Um­struk­tu­rie­rung der be­trieb­li­chen Abläufe“ 82 in der Ju­di­ka­tur zum vor­erwähn­ten be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment 83 .
2. Nach die­sen Grundsätzen lässt sich nicht fest­stel­len, dass die Be­klag­te das Nöti­ge be­reits ge­tan hätte, sich und der Kläge­rin die er­satz­lo­se Be­en­di-gung der langjähri­gen Ar­beits­be­zie­hung mögli­cher­wei­se trotz ih­res „Han­di­caps“ zu er­spa­ren. Zwar nimmt die Be­klag­te er­kenn­bar für sich in An­spruch, das „BEM“ im Sin­ne des § 84 SGB IX sach­ge­recht durch­geführt zu ha­ben. Sie un­terschätzt je­doch of­fen­bar des­sen An­for­de­run­gen, so dass einst­wei­len noch kei­nes­wegs ab­sch­ließend ge­sagt wer­den kann, dass das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin nach all den Jah­ren nicht doch noch „zu ret­ten“ wäre:
a. Wenn es nach dem Wil­len des Ge­set­zes zu­trifft, dass das BEM dar­auf

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80 S. Text vo­ri­ge Fußno­te.
81 S. hier­zu statt vie­ler be­reits LAG Ba­den-Würt­tem­berg 22.6.2005 – 2 Sa 11/05 – Be­hin­der­ten-recht 2006, 82 („Ju­ris“) [II.1.]: „Im Rah­men der durch § 81 Abs. 4 SGB IX ko­di­fi­zier­ten und ge­genüber der all­ge­mei­nen Fürsor­ge­pflicht ge­stei­ger­ten Fürsor­ge­pflicht kann der Ar­beit­ge­ber auch ver­pflich­tet sein, ei­nen vor­han­de­nen Ar­beits­platz be­hin­der­ten­ge­recht um­zu­ge­stal­ten, an dem der ver­trag­li­che Beschäfti­gungs­an­spruch erfüllt wer­den kann. Die­se Ver­pflich­tung zur Schaf­fung ei­nes lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­plat­zes, die be­reits zur Ver­mei­dung ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung be­steht (…), be­steht erst recht ge­genüber ei­nem schwer­be­hin­der­ten Men­schen. Um ei­ne Beschäfti­gung schwer­be­hin­der­ter Men­schen zu ermögli­chen, ist der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, zu­mut­ba­re or­ga­ni­sa­to­ri­sche Verände­run­gen vor­zu­neh­men und ge­ge­be­nen­falls den Ar­beits­ab­lauf an­der zu or­ga­ni­sie­ren“ - mit Hin­weis auf BAG 14.7.1983 – 2 AZR 34/92 n.v. („Ju­ris“); so­dann im glei­chen Sin­ne BAG 4.10.2005 – 9 AZR 632/04 – BA­GE 116, 121 = EzA § 81 SGB IX Nr. 9 = NZA 2006, 442 [II.1 c, aa.]: „Das folgt aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX. Da­nach hat der schwer­be­hin­der­te Ar­beit­neh­mer An­spruch auf ei­ne be­hin­de­rungs­ge­rech­te Ge­stal­tung der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on“; 14.3.2006 – 9 AZR 411/05 – AP § 81 SGB IX Nr. 11 = EzA § 81 SGB IX Nr. 11 = NZA 2006, 1214 [I.1.]: „Um ei­ne be­hin­de­rungs­ge­rech­te Beschäfti­gung zu ermögli­chen, ist der Ar­beit­ge­ber nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX auch zu ei­ner Um­ge­stal­tung der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on ver­pflich­tet“; s. weit früher auch schon BAG 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BA­GE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krank­heit Nr. 32 = EzA § 1 KSchG Krank­heit Nr. 42 [II.1 d.]: „Ei­ne Um­or­ga­ni­sa­ti­on hin­sicht­lich des Per­so­nal­ein­sat­zes ist als ge­genüber der krank­heits­be­ding­ten Kündi­gung mil­de­re Maßnah­me dann ge­bo­ten, wenn der Ar­beit­ge­ber ei­nen lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz durch Wahr­neh­mung sei­nes Di­rek­ti­ons­rechts frei­ma­chen kann, weil er sich da­mit ge­genüber dem bis­he­ri­gen Ar­beits­platz­in­ha­ber im Rah­men der ver­trag­li­chen Ab­ma­chun­gen hält und nicht in des­sen Rechts­po­si­ti­on ein­greift“.
82 S. zu die­ser Par­al­le­le zu­tref­fend Chris­toph Bey­er, Anm. LAG Nie­der­sach­sen [6.12.2010 – 12 Sa 860/10] ju­ris­PR-ArbR 19/2011 Anm. 4 v. 18.5.2011 [C.]: „ver­gleich­ba­rer An­satz“.
83 S. in­so­fern BAG 12.7.2007 (Fn. 59) [B.II.2 b.]: „Ins­be­son­de­re fehlt ei­ne über­zeu­gen­de Be­gründung, war­um ei­ne mögli­che lei­dens­ge­rech­te Um­or­ga­ni­sa­ti­on des Ar­beits­plat­zes des Klägers oder sein Ein­satz auf ei­nem an­de­ren – ggf. durch Um­or­ga­ni­sa­ti­on der bis­he­ri­gen Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on zu schaf­fen­den – lei­dens­ge­rech­ten Ar­beits­platz nicht möglich sein soll“.

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ab­zielt, die „Chro­ni­fi­zie­rung von Krank­hei­ten“ 84 frühzei­tig zu stop­pen und da­mit durch präven­ti­ve 85 in­ner­be­trieb­li­che Vor­keh­run­gen Ar­beits­lo­sig­keit gar nicht erst ent­ste­hen zu las­sen, so müssen die Ver­trags­par­tei­en - na­tur­gemäß – an ei­nem Strang zie­hen. Sie müssen die Aus­schal­tung des Be­trof­fe­nen aus dem be­trieb­li­chen So­zi­al­ge­sche­hen – bei­der­seits - ver­mei­den wol­len. Was ih­nen da­zu ab­ver­langt wird, ist nicht nur im Fach­schrift­tum wie­der­holt prägnant cha­rak­te­ri­siert wor­den 86 . Auch der Neun­te Se­nat des BAG hat da­zu in jünge­rer Zeit poin­tiert Stel­lung be­zo­gen. Er sagt es so 87 :

„Zwar enthält § 84 Abs. 2 SGB IX. kei­ne nähe­re ge­setz­li­che Aus­ge­stal­tung des BEM (vgl. da­zu Düwell in LPK-SGB IX § 84 Rn. 5; Jous­sen DB 2009, 286, 287). Die­ses ist ein recht­lich re­gu­lier­ter ,Such­pro­zess', der in­di­vi­du­ell an­ge­pass­te Lösun­gen zur Ver­mei­dung künf­ti­ger Ar­beits­unfähig­keit er­mit­teln soll (Koh­te DB 2008, 582, 583). Gleich­wohl las­sen sich aus dem Ge­setz ge­wis­se Min­dest­stan­dards ab­lei­ten. Zu die­sen gehört es, die ge­setz­lich dafür vor­ge­se­he­nen Stel­len, Ämter und Per­so­nen und be­tei­li­gen und zu­sam­men mit ih­nen ei­ne an den ge­setz­li­chen Zie­len ori­en­tier­te Klärung ernst­haft zu ver­su­chen. Ziel des BEM ist es fest­zu­stel­len, auf­grund wel­cher ge­sund­heit­li­chen Ein­schränkun­gen es zu den bis­he­ri­gen Aus­fall­zei­ten ge­kom­men ist und ob Möglich­kei­ten be­ste­hen, sie durch be­stimm­te Verände­run­gen künf­tig zu ver­rin­gern, um so ei­ne Kündi­gung zu ver­mei­den.
Da­nach ent­spricht je­des Ver­fah­ren den ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen, das die zu be­tei­li­gen­den Stel­len ein­be­zieht, das kei­ne vernünf­ti­ger­wei­se in Be­tracht zu zie­hen­de An­pas­sungs- und Ände­rungsmöglich­keit aus-

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84 So Wolf­hard Koh­te, Anm. BAG [12.7.2007 (s. Fn. 59)] ju­ris­PR-ArbR 16/2008 Anm. 1 [C.].
85 S. zur mit dem „BEM“ in­ten­dier­ten Präven­ti­on be­reits BT-Drs. 15/1783 S. 16: „Durch die ge-mein­sa­me An­stren­gung al­ler Be­tei­lig­ten soll ein be­trieb­li­ches Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment ge­schaf­fen wer­den, das durch ge­eig­ne­te Ge­sund­heits­präven­ti­on das Ar­beits­verhält­nis möglichst dau­er­haft si­chert“.
86 S. Wolf­hard Koh­te (Fn. 84) [C.]: Das Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment enthält kei­ne neu­en ma­te­ri­ell­recht­li­chen Pflich­ten, son­dern be­gründet ei­ne Ver­fah­rens­pflicht des Ar­beit­ge­bers, ei­nen in­ner­be­trieb­li­chen Such­pro­zess zu or­ga­ni­sie­ren und zu die­sem Zweck in­ter­nen und ex­ter­nen Sach­ver­stand zu mo­bi­li­sie­ren. Es zielt dar­auf ab, in­ner­be­trieb­li­che Lösun­gen zu fin­den und auf die­se Wei­se so­wohl die Ar­beits­unfähig­keit zu über­win­den als auch ei­ne rea­le In­te­gra­ti­on von Ar­beit­neh­mern mit zu­min­dest zeit­wei­lig be­ein­träch­tig­ter Ge­sund­heit in den Ar­beits­pro­zess nach­hal­tig si­cher­zu­stel­len. Da­zu be­darf es ei­nes recht­zei­ti­gen Han­delns und in al­ler Re­gel ei­ne An­pas­sung der Ar­beits­be­din­gun­gen und der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on“; s. auch Tho­mas Stähler, Anm. LAG Rhein­land-Pfalz [29.1.2009 – 11 Sa 5/08 („Ju­ris“)] ju­ris­PR-ArbR 29/2009 Anm. 2 [D.]: „Er­neut ei­ne ent­schei­den­de Er­kennt­nis ist auch bei vor­lie­gen­der Ent­schei­dung, dass für den Ar­beit­ge­ber die Ver­pflich­tung be­steht, zunächst, al­so be­vor er zum ,letz­ten Mit­tel' der Kündi­gung greift, Möglich­kei­ten zu prüfen, wie die Ar­beits­unfähig­keit sei­nes Ar­beit­neh­mers über­wun­den und mit wel­chen Hil­fen oder Leis­tun­gen er­neu­ter Ar­beits­unfähig­keit vor­ge­beugt und der Ar­beits­platz er­hal­ten wer­den kann. Der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­ge­hen­de (Wie­der-)Ein­glie­de­rungs­maßnah­men können z.B. sein: stu­fen­wei­se Wie­der­ein­glie­de­rung (§ 28 SGB IX); tech­ni­sche Umrüstung/Um­or­ga­ni­sa­ti­on des Ar­beits­plat­zes (vgl. da­zu BAG, Urt. v. 14.03.2006 – 9 AZR 411/05 – EzA § 81 SGB IX Nr. 11) oder Verände­run­gen der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, der Ar­beits­um­ge­bung, der Ar­beits­zeit; Qua­li­fi­zie­rungs­maßnah­men; Ar­beits­ver­su­che; me­di­zi­ni­sche Re­ha­b­li­ta­ti­on; psy­cho­so­zia­le Be­treu­ung ei­nes schwer­be­hin­der­ten Mit­ar­bei­ters durch den In­te­gra­ti­ons­fach­dienst (§§ 109 ff. SGB IX). Das ul­ti­ma-ra­tio-Prin­zip ver­bie­tet ei­ne Kündi­gung und macht ei­ne sol­che so­mit so­zi­al un­ge­rech­tigt, mit­hin un­wirk­sam, wenn mil­de­re Mit­tel zur Wah­rung der In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers aus­rei­chend sind. Des­sen muss sich ein Ar­beit­ge­ber da­her stets be­wusst sein“.
87 S. BAG 10.12.2009 (Fn. 66) [I.3 c.].

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schließt und in dem die von den Teil­neh­mern ein­ge­brach­ten Vor­schläge sach­lich erörtert wer­den.
Wird das durch­geführ­te Ver­fah­ren nicht ein­mal die­sen Min­dest­an­for­de­run­gen ge­recht, kann das zur Un­be­acht­lich­keit des Ver­fah­rens ins­ge­samt führen“.

Die­se (auch: Ver­fah­rens-)Ge­bo­te sind – zu­ge­ge­ben – kei­ne leich­te Auf­ga­be: Sie for­dern von den am in­ten­dier­ten „Such­pro­zess“ (Koh­te) be­tei­lig­ten Kräften nicht we­ni­ger als ei­nen not­falls auch ge­gen tra­di­tier­te Plau­si­bi­litäts­struk­tu­ren prak­ti­zier­ten Um­gang mit langjährig ar­beits­unfähi­gen Men­schen 88, der sich den In­te­gra­ti­ons­ge­dan­ken des Be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ments nicht nur zur Richt­schnur macht, son­dern dies auch im Um­gang mit den so ge­stell­ten Her­aus­for­de­run­gen er­ken­nen lässt 89.
b. Dem wird die hie­si­ge Pro­ze­dur der Be­klag­ten im Fal­le der Kläge­rin je­doch nicht genügend ge­recht. Sicht­bar und gebührend an­zu­er­ken­nen ist zwar, dass die Be­triebs­par­tei­en an­schei­nend ein Re­gle­ment zum Be­trieb­li­chen Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment mit­ein­an­der ge­schaf­fen ha­ben (s. oben, S 4 [c.]: „be­ste­hen­de In­te­gra­ti­ons­ver­ein­ba­rung“). Das scheint Miss­verständ­nis­se in der Fein­ar­beit al­ler­dings noch kei­nes­wegs aus­zu­sch­ließen. Je­den­falls macht die Be­klag­te es sich hier mit den Be­lan­gen der Kläge­rin im Er­geb­nis doch zu leicht:
ba. Lässt man das hie­si­ge Ver­fah­ren vor dem in­ne­ren Au­ge ein­mal Re­vue pas­sie­ren, so hat die Be­klag­te nach ih­rer be­trieb­li­chen „Ab­fra­ge“ nach lei­dens­ge­rech­ten Ar­beitsplätzen (s. oben, S. 3 [2 a.]; Ur­teils­an­la­ge I.) und der ent­spre­chen­den Fehl­an­zei­ge ih­re Auf­merk­sam­keit auf den von der Kläge­rin fa­vo­ri­sier­ten Ein­satz als Be­treu­ungs­as­sis­ten­tin ge­rich­tet. In­so­fern hat sie un­ter dem Ein­druck der Erörte­run­gen im Güte­ter­min (s. oben, S. 6 [V.]) beim Be­triebsärzt­li­chen Dienst noch­mals des­sen ar­beits­me­di­zi­ni­sches Vo­tum ein­ge­holt (s. oben, S. 6 [V.1.]; Ur­teils­an­la­gen IV. bis VI.) und sich dann ab­sch­ließend bei der Lei­te­rin des Pfle­ge­hau­ses Ho. we­gen der Fest­stel­lung rück­ver­si­chert (s. oben, S. 6-7 [V.2.]; Ur­teils­an­la­ge VII.), dass im Er­geb­nis eben nichts zu ma­chen sei.
bb. Da­mit schöpft die Be­klag­te ih­re Ob­lie­gen­hei­ten aber er­kenn­bar nicht
aus. So­weit dies zunächst die ers­te Stu­fe („Ab­fra­ge“) be­trifft, ist an­zu­mer­ken, dass sich die An­for­de­run­gen des BEM nicht dar­auf be­schränken, im inner­be-

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88 S. hier­zu et­wa auch BAG 30.9.2010 (Fn. 66) [II.2 b, cc. (2)]: „Das Ge­setz be­schreibt den im We­ge des BEM durch­zuführen­den Klärungs­pro­zess nicht als for­ma­li­sier­tes Ver­fah­ren, son­dern lässt den Be­tei­lig­ten je­den denk­ba­ren Spiel­raum“; s. auch Wolf­hard Koh­te, Anm. LAG Köln 8.9.2008 [5 Sa 618/08], AiB 2009, 385, 388: „Wenn al­le Be­tei­lig­ten das BEM mit ei­ner sol­chen präven­ti­ven Ziel­rich­tung ver­se­hen, dann er­weist es sich als ei­ne wich­ti­ge und er­folg­rei­che Al­ter­na­ti­ve zum Kran­kenrück­kehr­gespräch, das für Zwe­cke des Ge­sund­heits­schut­zes völlig un­ge­eig­net und da­her ab­zu­schaf­fen ist“.
89 S. zum Kern­ge­dan­ken auch Wolf­hard Koh­te, Das be­trieb­li­che Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment – Ein dop­pel­ter Such­pro­zess, WSI-Mit­tei­lun­gen 2010, 374: „Da­mit die ver­schie­de­nen Ak­teu­re er­folg­reich zu­sam­men­wir­ken, ist des Wei­te­ren im­mer ein ,ko­ope­ra­ti­ver Pro­zess' er­for­der­lich“; eben­so LAG Ber­lin-Bran­den­burg 4.1.2010 – 10 Sa 2071/09 – ASR 2011, 16 [Kurz­wie­der­ga­be] (Voll­text: „Ju­ris“) [II.3.1.]: „Das be­trieb­li­che Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment ist im­mer ein ko­ope­ra­ti­ver Pro­zess mit dem Ziel, We­ge zur Er­hal­tung ei­nes Ar­beits­plat­zes zu fin­den“.

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trieb­li­chen „Stel­len­markt“ da­nach Aus­schau zu hal­ten, ob ei­ne für das ver­blie­be­ne Leis­tungs­vermögen der be­tref­fen­den Ar­beits­per­son „lei­dens­ge­rech­te“ Stel­le pas­send und frei sei. Sol­che For­men möglichst scho­nen­der Pro­blem­bewälti­gung ent­spra­chen viel­mehr weit­ge­hend schon der in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KSchG ko­di­fi­zier­ten Aus­ge­stal­tung des Prin­zips der Verhält­nismäßig­keit, von der wei­ter oben (S. 12-13 [(3.)]) be­reits die Re­de war. Das BEM des § 84 Abs. 2 SGB IX ver­langt aber deut­lich mehr als dies. Soll der mit ihm in­ten­dier­te Pa­ra­dig­men­wech­sel zur „An­pas­sung der Ar­beitsplätze an den Men­schen“ (Koh­te) ernst ge­nom­men wer­den, so reicht es je­den­falls nicht aus, den be­hin­der­ten Men­schen nur mit be­trieb­lich fa­vo­ri­sier­ten An­for­de­rungs­pro­fi­len zu kon­fron­tie­ren, um so­dann un­ter Ver­wei­ge­rung ei­nes Ei­gen­an­teils an Lösungs­beiträgen zur Ta­ges­ord­nung – und da­mit Tren­nung - über­zu­ge­hen. Es ist viel­mehr der Sinn des nicht von un­gefähr als sol­chem apo­stro­phier­ten „Such­pro­zes­ses“, mit dem ge­mein­sa­men Wil­len zum Er­folg nach Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten zu fahn­den, die et­wai­ge De­fi­zi­te des be­hin­der­ten Men­schen im Zu­ge der be­trieb­li­chen Wertschöpfung nach Möglich­keit kom­pen­sie­ren hel­fen könn­ten. In­so­fern geht es, um im Bil­de zu blei­ben, um die Ausschöpfung be­ste­hen­der Möglich­kei­ten un­ter Be­tei­li­gung auch ex­ter­ner Res­sour­cen 90, die verfügba­ren Beschäfti­gungs­re­ser­ven not­falls eben mit ver­ein­ten Kräften „pas­send“ zu ma­chen. – In­so­fern er­scheint der hie­si­ge schlich­te Ver­weis der Heim­lei­tung dar­auf (Ur­teils­an­la­ge VII.), die die Kläge­rin über­for­dern­den An­tei­le des ei­ge­nen An­for­de­rungs­pro­fils sei­en nun ein­mal „Be­stand­teil der tägli­chen Ar­beit“, eher sym­pto­ma­tisch für ein nach wie ver­brei­te­tes Miss­verständ­nis zur Trag­wei­te der Ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers schon aus § 81 Abs. 4 SGB IX 91(s. oben, S. 14-

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90 S. da­zu an­schau­lich be­reits BAG 10.05.2005 – 9 AZR 230/04 – BA­GE 114, 299 = AP § 81 SGB IX Nr. 8 = NZA 2006, 155 [B.II.2 a.]: „So­bald bei der Durchführung des Ar­beits­verhält­nis­ses Schwie­rig­kei­ten auf­tre­ten, hat der Ar­beit­ge­ber un­ter Be­tei­li­gung der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung und des zuständi­gen In­te­gra­ti­ons­am­tes, das die Auf­ga­ben der frühe­ren so­ge­nann­ten Hauptfürsor­ge­stel­le wahr­nimmt, nach Lösun­gen zu su­chen, die die­se Schwie­rig­kei­ten be­sei­ti­gen“; 4.10.2005 – 9 AZR 632/04 – BA­GE 116, 121 = EzA § 81 SGB IX Nr. 9 = NZA 2006, 442 [II.1 c, cc. (1)]: „Dem Ar­beit­ge­ber wird da­mit ei­ne ak­ti­ve Rol­le für Ein­glie­de­rung und ge­gen Aus­glie­de­rung des schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mers zu­ge­wie­sen. Die­se Pflich­ten be­gründen nicht nur ei­ne pri­vat­recht­lich ge­stei­ger­te Fürsor­ge­pflicht ge­genüber dem schwer­be­hin­der­ten Ar­beit­neh­mer (…). Viel­mehr soll die Be­tei­li­gung sach­kun­di­ger Stel­len auch gewähr­leis­ten, dass al­le Möglich­kei­ten zur Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses fach-kun­dig un­ter­sucht und de­ren tech­ni­sche so­wie wirt­schaft­li­che Rea­li­sier­bar­keit ge­prüft wer-den“; s. aus dem Fach­schrift­tum statt vie­ler nur Ul­rich Fa­ber, in: Wer­ner Fel­des/Wolf­hard Koh­te/Eck­art-Ste­vens-Bar­tol (Hrg.), SGB IX, 2. Auf­la­ge (2011), § 81 Rn. 36: „Ruft der Ar­beit­ge­ber die Un­terstützung der Bun­des­agen­tur für Ar­beit und In­te­gra­ti­onsämter nicht ab oder kommt er sei­nen Pflich­ten aus § 84 nicht nach, geht dies bei ei­nem ge­richt­li­chen Rechts­streit um die in­di­vi­du­al­recht­li­chen Ansprüche schwer­be­hin­der­ter Men­schen aus § 81 Abs. 4 zu sei­nen Las­ten“.
91 S. Text oben, S. 14 Fn. 79.

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15 [bc.]), die dann al­ler­dings - spätes­tens - im Rah­men des BEM 93 ak­tu­ell wer­den (müssen). Al­lein der Hin­weis dar­auf, man könne „nicht gewähr­leis­ten“, dass für be­son­de­re Be­darfs­la­gen ei­ne körper­lich leis­tungsfähi­ge­re Pfle­ge­per­son zur Un­terstützung präsent sei, genügt je­den­falls nicht ein­mal im An­satz, die Fra­ge der Gren­zen der „Zu­mut­bar­keit“ (s. § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX) auch nur zu the­ma­ti­sie­ren 94. Al­les in al­lem bleibt so­mit die Be­klag­te von der Erfüllung sie tref­fen­der Dar­le­gungs­las­ten 95 weit ent­fernt. Mögli­cher­wei­se wären statt­des­sen auch er­folg­rei­che­re Re­sul­ta­te zu er­zie­len ge­we­sen, wenn die im Fach­schrift­tum aus gu­ten Gründen an­ge­reg­te Ver­fah­rens­wei­se ei­nes „run­den Ti­sches“ 95 un­ter Be­tei­li­gung verfügba­ren mul­ti­dis­zi­plinären Sach­ver­stan­des rea­li­siert würde. Die Pro­blemlösungs­ka­pa­zität ei­ner so be­schaf­fe­nen Be­geg­nungs­run­de wäre eher in­trans­pa­ren­ten Ver­fah­rens­wei­sen und von­ein­an­der iso­lier­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kanälen, wie sich sie auch im Streit­fall ab­zeich­nen, mut­maßlich weit über­le­gen.
III. Bei die­ser Sach­la­ge kann der hie­si­gen Kündi­gung „so­zia­le Recht­fer­ti-

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92 S. hier­zu noch­mals Wolf­hard Koh­te (Fn. 88) - Zi­tat dort.
93 S. da­zu Wolf­hard Koh­te, Anm. BAG 4.10.2005 [9 AZR 632/04] ju­ris­PR-ArbR 27/2006 (5.7.2006) [D.]: „In letz­ter Zeit ist im­mer wie­der zu be­ob­ach­ten, dass Ar­beit­ge­ber sich auf Un­zu­mut­bar­keit der be­hin­de­rungs­ge­rech­ten Aus­ge­stal­tung und Or­ga­ni­sa­ti­on des Ar­beits­plat­zes be­ru­fen, oh­ne je­doch die er­for­der­li­chen Präven­ti­ons­ver­fah­ren durch­zuführen. Dies muss im Pro­zes not­wen­di­ger­wei­se zur Zurück­wei­sung der Ein­re­de der Un­zu­mut­bar­keit führen (da­zu nur LAG Stutt­gart 22.6.2005 – 2 Sa 11/05 – Be­hin­der­ten­recht 2006, 82, m. Anm. Ga­gel; vgl. da­zu auch ju­ris­PR-ArbR 47/2005 Anm. 1, Koh­te)“.
94 S. da­zu BAG 24.3.2011 – 2 AZR 170/10 – NZA 2011, 993 = DB 2001, 1343 [II.2 b, ee.]: „Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür, dass ein BEM des­halb ent­behr­lich war, weil es we­gen der ge­sund­hei­ti­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen des Ar­beit­neh­mers un­ter kei­nen Umständen ein po­si­ti­ves Er­geb­nis hätte brin­gen können, trägt der Ar­beit­ge­ber. Da­zu muss er um­fas­send und kon­kret vor­tra­gen, war­um we­der der wei­te­re Ein­satz des Ar­beit­neh­mers auf dem bis­her in­ne­ge­hab­ten Ar­beits­platz noch des­sen lei­dens­ge­rech­te An­pas­sung und Verände­rung möglich war und der Ar­beit­neh­mer auch nicht auf ei­nen an­de­ren Ar­beits­platz bei geänder­ter Tätig­keit hätte ein­ge­setzt wer­den können, war­um al­so ein BEM in kei­nem Fall da­zu hätte bei­tra­gen können, er­neu­ten Krank­heits­zei­ten des Ar­beit­neh­mers vor­zu­beu­gen und ihm den Ar­beits­platz zu er­hal­ten“; im glei­chen Sin­ne auch be­reits BAG 30.9.2010 – 2 AZR 88/09 – NZA 2011, 39 [II.2 c, aa.]: „Wäre ein po­si­ti­ves Er­geb­nis da­ge­gen möglich ge­we­sen, darf sich der Ar­beit­ge­ber nicht dar­auf be­schränken, pau­schal vor­zu­tra­gen, er ken­ne kei­ne al­ter­na­ti­ven Ein­satzmöglich­kei­ten für den er­krank­ten Ar­beit­neh­mer und es ge­be kei­ne lei­dens­ge­rech­ten Ar­beitsplätze, die der er­krank­te Ar­beit­neh­mer trotz sei­ner Er­kran­kung ausfüllen könne. er hat viel­mehr von sich aus denk­ba­re und vom Ar­beit­neh­mer (außer­ge­richt­lich) be­reits ge­nann­te Al­ter­na­ti­ven zu würden und im Ein­zel­nen dar­zu­le­gen, aus wel­chen Gründen so­wohl ei­ne An­pas­sung des bis­he­ri­gen Ar­beits­plat­zes an dem Ar­beit­neh­mer zu­trägli­che Ar­beits­be­din­gun­gen als auch die Beschäfti­gung auf ei­nem an­de­ren – lei­dens­ge­rech­ten – Ar­beits­platz aus­schei­den (…). Dies geht über die Dar­le­gungs­last des Ar­beit­ge­bers für das Nicht­be­ste­hen ei­ner an­de­ren Beschäfti­gungsmöglich­keit nach all­ge­mei­nen Grundsätzen hin­aus“.
95 S. Wolf­hard Koh­te Anm. LAG Mainz 4.3.2005 [12 Sa 564/04] ju­ris­PR-ArbR 21/2006 Anm. 4 (24.5.2006) [D.]: „Lang­zeit­er­kran­kun­gen gehören zu den we­sent­li­chen Kos­ten­fak­to­ren im heu­ti­gen Ge­sund­heits­we­sen. Es ist da­her da­von aus­zu­ge­hen, dass die Träger der So­zi­al­ver­si­che­rung in Zu­kunft nach der Neu­fas­sung der AU-Richt­li­ni­en stärker auf die Nut­zung des In­stru­ments der stu­fen­wei­sen Wie­der­ein­glie­de­rung hin­wir­ken wer­den. Dies wird Er­folg ha­ben, wenn prak­ti­ka­ble ärzt­li­che Emp­feh­lun­gen for­mu­liert wer­den, die den Be­tei­lig­ten hel­fen, ge­eig­ne­te Ver­ein­ba­run­gen tref­fen zu können. Seit dem 01.05.2004 steht hier­zu als In­stru­ment das be­trieb­li­che Ein­glie­de­rungs­ma­nage­ment nach § 84 Abs. 2 SGB IX zur Verfügung. An die­sem Run­den Tisch wird es möglich sein, je­weils die kon­kre­ten Be­din­gun­gen fest­zu­le­gen, die für ei­nen Wie­der­ein­glie­de­rungs­plan sach­dien­lich sind“.

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gung“ nicht at­tes­tiert wer­den. Dass es im Übri­gen im wohl­ver­stan­de­nen Ei­gen­in­ter­es­se der Be­klag­ten lie­gen soll­te, sich die Fähig­kei­ten ei­ner Ar­beits­per­son zu er­hal­ten, die wie wohl nur we­nig an­de­re mit den be­trieb­li­chen und fach­li­chen Er­for­der­nis­sen ih­res Hau­ses ver­traut ist, sei da­bei nur – außer­halb der recht­li­chen Be­wer­tung - am Ran­de be­merkt. Die Kon­se­quen­zen der recht­li­chen Würdi­gung zieht der Te­nor zu I. die­ses Ur­teils.

C. Für die übri­gen Ent­schei­dun­gen lässt es sich kurz ma­chen:
I. So­weit das Ge­richt auch oh­ne be­kun­de­ten Wunsch der Par­tei­en über die Ver­pflich­tung zur Tra­gung der Kos­ten sei­ner In­an­spruch­nah­me ent­schie­den hat, be­durf­te es hier­zu kei­nes An­trags (§ 308 Abs. 2 ZPO 96 ). Be­sag­te Kos­ten tref­fen da­bei nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO 97 und in den Gren­zen des § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG 98 die Be­klag­te, weil sie im Rechts­streit un­ter­le­gen ist (Te­nor zu II.).
II. Den Wert des Streit­ge­gen­stan­des hat das Ge­richt auf­grund des § 61 Abs. 1 ArbGG 99 im Te­nor fest­ge­setzt und in An­leh­nung an § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG 100 mit der drei­fa­chen Mo­nats­vergütung der Kläge­rin be­mes­sen. Das macht so­mit (3 x 2.102,-- Eu­ro = ) 6.306,-- Eu­ro und erklärt den Te­nor zu III.

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96 S. Text: „§ 308 Bin­dung an die Par­tei­anträge. (1) … (2) Über die Ver­pflich­tung, die Pro­zess­kos­ten zu tra­gen, hat das Ge­richt auch oh­ne An­trag zu er­ken­nen“.
97 S. Text: „§ 91 Grund­satz und Um­fang der Kos­ten­tra­gungs­pflicht. (1) Die un­ter­lie­gen­de Par­tei hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen … “.
98 S. Text: „§ 12 a Kos­ten­tra­gungs­pflicht. (1) In Ur­teils­ver­fah­ren des ers­ten Rechts­zugs be­steht kein An­spruch der ob­sie­gen­den Par­tei auf Entschädi­gung we­gen Zeit­versäum­nis und auf Er­stat­tung der Kos­ten für die Zu­zie­hung ei­nes Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten oder Bei­stan­des“.
99 S. Text: „§ 61 In­halt des Ur­teils. (1) Den Wert des Streit­ge­gen­stan­des setzt das Ar­beits­ge­richt im Ur­teil fest“.
100 S. Text: „§ 42 Wie­der­keh­ren­de Leis­tun­gen. (1) … (4) Für die Wert­be­rech­nung bei Rechts­strei­tig­kei­ten vor der Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen über das Be­ste­hen, das Nicht­be­ste­hen oder die Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ist höchs­tens der Be­trag des für die Dau­er ei­nes Vier­tel­jahrs zu leis­ten­den Ar­beits­ent­gelts maßge­bend; ei­ne Ab­fin­dung wird nicht hin­zu­ge­rech­net“.

 

 

 

 

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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g e n

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der Be­klag­ten Be­ru­fung ein­ge­legt wer­den.

Die Be­ru­fungs­schrift muss von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt oder ei­nem Ver­tre­ter ei­ner Ge­werk­schaft bzw. ei­ner Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung oder ei­nes Zu­sam­men­schlus­ses sol­cher Verbände ein­ge­reicht wer­den.
Die Be­ru­fungs­schrift muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

bei dem

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg,
Mag­de­bur­ger Platz 1, 10785 Ber­lin

ein­ge­gan­gen sein. Die Be­ru­fungs­schrift muss die Be­zeich­nung des Ur­teils, ge­gen das die Be­ru­fung ge­rich­tet wird, so­wie die Erklärung ent­hal­ten, dass die Be­ru­fung ge­gen die­ses Ur­teil ein­ge­legt wer­de.

Sie ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

in glei­cher Form schrift­lich zu be­gründen.

Die Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments im Sin­ne des § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te un­ter www.ber­lin.de/erv.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Da­bei ist zu be­ach­ten, dass bei ei­ner Zu­stel­lung durch Nie­der­le­gung bei ei­ner Nie­der­las­sung der Deut­schen Post AG die Frist be­reits mit der Nie­der­le­gung und Be­nach­rich­ti­gung in Lauf ge­setzt wird, al­so nicht erst mit der Ab­ho­lung der Sen­dung. Das Zu­stel­lungs­da­tum ist auf dem Um­schlag ver­merkt.

Für die Kläge­rin ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Von der Be­gründungs­schrift wer­den zwei zusätz­li­che Ab­schrif­ten zur Un­ter­rich­tung der eh-ren­amt­li­chen Rich­ter er­be­ten.

Wei­te­re Statt­haf­tig­keits­vor­aus­set­zun­gen er­ge­ben sich aus § 64 Abs. 2 ArbGG:

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„Die Be­ru­fung kann nur ein­ge­legt wer­den,
a) wenn sie in dem Ur­teil zu­ge­las­sen wor­den ist,
b) wenn der Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des 600 Eu­ro über­steigt,
c) in Rechts­strei­tig­kei­ten über das Be­ste­hen, das Nicht­be­ste­hen oder die Kündi­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses oder
d) wenn es sich um ein Versäum­nis­ur­teil han­delt, ge­gen das der Ein­spruch an sich nicht statt­haft ist, wenn die Be­ru­fung oder An­schluss­be­ru­fung dar­auf gestützt wird, dass der Fall schuld­haf­ter Versäum­ung nicht vor­ge­le­gen ha­be“.

 

D r . R .  

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Ur­teil

I. Es wird fest­ge­stellt, dass die Zwangs­voll­stre­ckung der Be­klag­ten aus dem Versäum­nis­teil­ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 30. Sep­tem­ber 2009 und dem Versäum­nis­schlus­s­ur­teil vom 14. Ok­to­ber 2009 un­zulässig war.
II. Die wei­ter­ge­hen­de Kla­ge wird als un­zulässig ab­ge­wie­sen.
III. Die Par­tei­en ha­ben die Kos­ten des Rechts­streits je zur Hälf­te zu tra­gen.
IV. Der Wert der Streit­ge­genstände wird auf 4.411,16 Eu­ro fest­ge­setzt.

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