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Hessisches LAG, Urteil vom 25.07.2011, 17 Sa 1818/10
Schlagworte: | Kündigung: Fristlos, Kündigung: Verhaltensbedingt, Diensttelefon, Private Internetnutzung | |
Gericht: | Hessisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 17 Sa 1818/10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 25.07.2011 | |
Leitsätze: | Wirksame außerordentliche Kündigung wegen vertragswidriger Privatnutzung eines Diensthandys. |
|
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Frankfurt, Urteil vom 21.09.2010, 4 Ca 2584/10 | |
Landesarbeitsgericht Hessen
Urt. v. 25.07.2011, Az.: 17 Sa 1818/10
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 2010, 4 Ca 2584/10, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen und hilfsweise mit Auslauffrist ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung und um Weiterbeschäftigung.
Der bei Klageerhebung A Jahre alte, verheiratete und noch zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist bei der Beklagten, die weit mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, seit 15. Juni 1988 beschäftigt, zuletzt als Hubwagenfahrer mit einem Bruttomonatseinkommen von nach seinen Angaben durchschnittlich 3.511,78 € inkl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt kraft einzelvertraglicher Bezugnahme dem ua. für den Bereich der Beklagten abgeschlossenen Manteltarifvertrag Nr. 14 für das Bodenpersonal, gültig ab 01. Oktober 1992 (Bl. 69 f d.A., in der Folge: MTV Nr. 14). Nach § 41 Abs. 3 MTV Nr. 14 ist nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren die ordentliche Kündigung durch die Beklagte einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung ausgeschlossen.
Der Kläger war Wahlbewerber zu der im März 2010 bei der Beklagten durchgeführten Betriebsratswahl. Ausweislich des am 31. März 2010 bekanntgegebenen Wahlergebnisses wurde er nicht in den Betriebsrat gewählt.
Im Bereich Transport, in dem auch der Kläger tätig ist, stellt die Beklagte den Arbeitnehmern Mobiltelefone zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung, so auch dem Kläger. Die Handys dienen jedenfalls der Kommunikation der Hubwagenfahrer mit der Einsatzzentrale und weiteren innerbetrieblichen Ansprechpartnern. Die Kommunikation erfolgt hierbei jedenfalls über Anrufe und über eine auf das Handy aufgespielte Java-Applikation, die die Verbindung mit dem Steuerungssystem NewOPPS herstellt und durch die die Mitarbeiter ihre Aufträge erhalten und
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bestätigen können. Diese dienstliche Nutzung des Handys über das System NewOPSS wird auf der Abrechnung des Anbieters T-Mobile als „Intranet“ ausgewiesen. Ob weitere Nutzungsmöglichkeiten des Handys dienstlich geboten sein können, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist für den Kläger Internetnutzung des Handys nicht dienstlich erforderlich.
Am 04. März 2004 bestätigte der Kläger durch Unterschrift den Empfang eines Handys. Das von der Beklagten vorformulierte Schreiben (Bl. 212 d.A.) lautet auszugsweise:
Bitte beachten Sie, dass die Weitergabe des Handys an Dritte nicht zulässig ist.
Die o.g. Telefon-Nr. ist nur für die dienstliche Verwendung vorgesehen.
Für private Gespräche ist die private DuoBill Pin-Nr. zu verwenden.
Derselbe Hinweis befindet sich auf einer vom Kläger im Jahr 2009 anlässlich des Empfangs eines neuen Handys unterzeichneten Erklärung (Bl. 211 d.A.).
Den Mitarbeitern der Beklagten wird die private Nutzung des Handys über eine sog. „Duo-Bill-Funktion“ oder „Twin-Bill-Funktion“ angeboten. Bei dieser Funktion erhält der Arbeitnehmer eine private Rufnummer und eine private PIN-Nummer, über die er sich in sein Handy einwählen kann, um dies privat zu nutzen. Der Kläger entschied sich gegen diese Möglichkeit.
Bei der Beklagten wurden Ende 2009 und/oder Anfang 2010 Überprüfungen der Abrechnungen für Firmenhandys einzelner Arbeitnehmer durchgeführt, so auch bezüglich des Handys des Klägers. Einzelheiten bezüglich dieser Überprüfungen sind streitig.
Wegen Auffälligkeiten bei den überprüften Abrechnungen der Dienstnummer des Firmenhandys des Klägers wurde dieser zunächst am 16. Februar 2010 vorläufig vom Dienst suspendiert und mit Schreiben vom 16. Februar 2010 (Bl. 207 f d.A.) zu dem Vorgang angehört. Der Kläger reagierte mit Schreiben vom 18. Februar 2010 (B. 234 f d.A.) und nach Gewährung einer Fristverlängerung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23. Februar 2010 (Bl. 236 f d.A.). Die Beklagte hörte zwar den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat mit Anhörungsschreiben vom 24. Februar 2010 (Bl. 161 f d.A.) zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an und bat um Zustimmung, entschied sich jedoch nach Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zunächst, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortzusetzen. Am 04. März 2010 führte sie aus diesem Grund mit dem Kläger ein Gespräch, an dem ua. die Leiterin der Personalbetreuung B teilnahm. Diese wies den Kläger darauf hin, er habe künftig Privatnutzung seines Diensthandys zu unterlassen, habe im Wiederholungsfall mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen und kündigte ua. an, er werde noch eine schriftliche Abmahnung erhalten. Am 31. März 2010 erhielt der Kläger daraufhin die hiermit in Bezug genommene auf den 04. März 2010 datierte Abmahnung (Bl. 238 f d.A.).
Zwischenzeitlich war der Beklagten am 08. März 2010 die hiermit in Bezug genommene Telefonabrechnung nebst Einzelverbindungsnachweisen für die Dienstnummer des Firmenhandys des Klägers für Februar 2010 (Bl. 137 f d.A.) zugegangen, die Internetnutzung für einen Betrag von 3.267,68 € (ohne MWSt; Kostenbelastung unter Berücksichtigung eingeräumter Rabatte nach Angaben der Beklagten 2.287,37 €) bei einem Volumen von 1.335.600 KByte ausweist. Am 09. März 2010 wurde der Kläger erneut vorläufig vom Dienst suspendiert und mit Schreiben vom 09. März 2010 (Bl. 135 f d.A.) zu diesem Vorgang angehört. Der Kläger reagierte mit Schreiben vom 10. März 2010 (Bl. 156 f d.A.). Mit Anhörungsschreiben vom 16. März 2010 (Bl. 129 f d.A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung, hilfsweise außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist an. Nach Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats vom 19. März 2010 (Bl. 114 f d.A.) leitete sie am 22. März 2010 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein (24 BV 182/10). Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Betriebsratswahl erklärte sie mit Schreiben vom 01. April 2010 (Bl. 112 d.A.), dem Kläger am selben Tag zugegangen, die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses und hilfsweise die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist.
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Mit seiner am 12. April 2010 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangen und der Beklagten am 22. April 2010 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Er hat Kündigungsgründe, Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB und ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bestritten.
Er hat die Auffassung vertreten, es sei kein eindeutiger Hinweis erfolgt, wonach jegliche Privatnutzung des Handys verboten und bei Zuwiderhandlung mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis hin zur außerordentlichen Kündigung zu rechnen sei.
Er hat eingeräumt, sich in der Zeit vom 02. Februar 2010 bis 15. Februar 2010 mit dem Mobiltelefon ins Internet eingewählt zu haben, hierbei jedoch den in der Rechnung ausgewiesenen Umfang und die Einwahldauer bestritten, ebenso die Verursachung von Kosten wie in der Rechnung ausgewiesen. Die Beklagte habe den Sachverhalt insoweit auch nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.
Er hat behauptet, im Kollegenkreis sei immer wieder die Information ausgetauscht worden, eine Nutzung des Internet über das Diensthandy sei kostenneutral, da durch Flatrate abgedeckt. Auch Vorgesetzte wie Einsatz- und Schichtleiter hätten sich mit dem Diensthandy ins Internet eingewählt, weshalb er von Kostenneutralität ausgegangen sei und in gutem Glauben gehandelt habe.
Er hat vorgetragen, die Beklagte habe in der Vergangenheit die private Nutzung der zu dienstlichen Zwecken überlassenen Handys geduldet. Da eine faktische Duldung vorgelegen habe und deren Grenzen nicht vorab klar kommuniziert worden sei, hätte die Beklagte nicht ohne vorherigen Hinweis auf die Grenzen und Erteilung einer Abmahnung kündigen dürfen. Auf die Abmahnung vom 04. März 2010 könne hierbei nicht zurückgegriffen werden,
Nachdem die Beklagte, ausgehend von ihrer eigenen Darstellung, bei anlässlich der Überprüfung ursprünglich 65 auffällig gewordenen Arbeitnehmern in 22 Fällen eine Kündigung, davon in zwei Fällen Änderungskündigungen, ausgesprochen habe, aber in 39 Fällen abgemahnt und in 4 Fällen überhaupt nicht reagiert habe, sei auch nicht erkennbar, warum gerade bei ihm eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses und eine negative Prognose vorliege. Insbesondere sei auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer trotz identischen bzw. teilidentischen Vorwurfs erfolge.
Der Kläger hat bestritten, dass die Beklagte erst im Januar, Februar oder März 2010 Kenntnis von seiner angeblichen Privatnutzung erlangt habe. Die Beklagte habe schon Monate vorher Kenntnis davon gehabt, dass die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter der Abteilung „Transport“ das überlassene Handy tatsächlich oder scheinbar privat nutzten oder genutzt haben könnten. Auch sei davon auszugehen, dass die Beklagte, die über ihre Fachabteilungen sämtliche eingehenden Telefonrechnungen auf sachliche und inhaltliche Richtigkeit überprüfen lasse und bei Ungereimtheiten auch einschreite, zeitnah nach Rechnungseingang von deren Inhalt Kenntnis erlangt habe.
Er hat die Auffassung vertreten, auch der im Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Abmahnung bereits bekannte Vorwurf der privaten Nutzung des Diensthandys im Februar 2010 sei aufgrund der Abmahnung als Kündigungsgrund verbraucht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört und ihn nur unzureichend informiert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seiten 33 bis 47 des Schriftsatzes vom 01. September 2010 (Bl. 333 f d.A.) verwiesen. Er hat in diesem Zusammenhang auch behauptet, der Leiter des Bereichs Transport C habe anlässlich eines Briefings am 03. März 2010 erklärt, weitere Kündigungen würden nicht erfolgen, sofern eine Bereitschaft zur Erstattung nicht dienstlich veranlasster Kosten bestehe, worüber der Betriebsrat auch nicht unterrichtet worden sei.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche und fristlose Kündigung der Beklagten vom 01. April 2010, dem Kläger zugegangen am gleichen Tage, nicht aufgelöst worden ist; festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 01. April 2010 mit sozialer Auslauffrist zum 31. Dezember 2010, zugegangen am gleichen Tage, aufgelöst worden ist; für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zu unveränderten Bedingungen als Hubwagenfahrer mit einer Eingruppierung nach Gruppe 2 des Tarifvertrages Vergütungssystem D in der Fassung vom 12. Mai 2005 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung bestehe im dringenden Verdacht der unberechtigten Privatnutzung des Diensthandys im Februar 2010. Sie hat gemeint, mit den vom Kläger gegengezeichneten Schreiben vom 04. März 2004 und aus dem Jahr 2009 seien ausreichende Hinweise über den Umfang des Verbots der Privatnutzung erteilt worden, zumal der Kläger im zweiten Halbjahr 2006 anlässlich des Wechsels des Mobilfunk-Anbieters nochmals mit einem Schreiben (Bl. 661 d.A.) darauf hingewiesen worden sei, dass eine Privatnutzung nur über Beantragung einer Twinn-Bill-Karte zulässig sei. Sie habe auch in jedem Einzelfall geprüft, welche arbeitsrechtlichen Schritte wegen der Privatnutzung des Firmenhandys in Betracht gezogen werden könnten, wobei ausschlaggebend Umfang, Intensität des Verstoßes und Besonderheiten des Einzelfalls gewesen seien. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen; der Kläger habe nicht erwarten können, sie würde es dulden, dass durch Surfen im Internet mit dem Firmenhandy Kosten in Höhe von über 2.200,00 € verursacht würden. Der Kündigungsgrund sei auch nicht durch die Abmahnung vom 04. März 2010 verbraucht, denn diese beziehe sich auf Unregelmäßigkeiten im Zeitraum April 2008 bis Januar 2010 und damit gerade nicht auf die Telefonabrechnungen für Februar 2010.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 21. September 2010 verkündetes Urteil, 4 Ca 2584/10, stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kündigungsgrund sei durch die Abmahnung vom 04. März 2010 verbraucht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 454 bis 457 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 22. November 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. November 2010 Berufung eingelegt und diese nach aufgrund Antrags vom 19. Januar 2011 erfolgter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 23. Februar 2011 am 22. Februar 2011 begründet.
Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag und vertritt die Auffassung, der geltend gemachte Kündigungsgrund sei nicht durch Abmahnung verbraucht. Das dem Kläger am 31. März 2010 zugegangene Schreiben stelle lediglich die schriftliche Dokumentation der mündlich am 04. März 2010 erteilten Abmahnung dar. Sie verweist darauf, dass sie am 04. März 2010 überhaupt noch keine Kenntnis von der im Februar 2010 erfolgten Privatnutzung des Handys durch den Kläger hatte. Nach dem Empfängerhorizont komme es auch auf das Datum des Schreibens und nicht auf den Zeitpunkt seines Zugangs an. Das Abmahnungsschreiben erfasse auch offensichtlich nicht ein etwaiges Fehlverhalten des Klägers im Monat Februar 2010, sondern beziehe sich ausdrücklich auf den Zeitraum April 2008 bis Januar 2010 und sei auch so vom Kläger zu verstehen gewesen. Dass die Beklagte das Fehlverhalten aus dem Februar 2010 nicht ungeahndet habe lassen wollen, sei für den Kläger daraus ersichtlich gewesen, dass er fünf Tage nach dem Gespräch vom 04. März 2010 erneut suspendiert und zu neuen Vorwürfen angehört wurde.
Sie hält daran fest, ein Abmahnungserfordernis bestehe nicht. Sie habe Privatnutzung der Firmenhandys auch in der Vergangenheit nicht geduldet. Duldung könne auch nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass für einen längeren Zeitraum eine Kontrolle der
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Telefonabrechnungen unterblieben sei, zumal der Kläger unabhängig von fehlender Kontrolle nicht von der Richtigkeit seines Verhaltens habe überzeugt sein können, es zu ihren personalpolitischen Grundsätzen gehöre, ihre Arbeitnehmer nicht ständig zu kontrollieren, den monatlichen Telefonrechnungen nicht einfach entnommen werden könne, in welchem Ausmaß SMS versandt bzw. das Firmenhandy anderweitig privat genutzt worden sei und es ihr von April 2008 bis Ende 2009 wegen Umzugs des Betriebs E in einen Neubau und damit einhergehender Schwierigkeiten, eines Streiks im August 2008, erheblicher Fluktuation im Bereich der Führungskräfte und vorrangiger Behandlung von Maßnahmen der Krisenbewältigung nicht möglich gewesen sei, die Telefonrechnungen des Bereichs, in dem der Kläger beschäftigt war, zu kontrollieren. Abmahnungserfordernis und/oder Unwirksamkeit der Kündigung könne auch nicht aus unterschiedlicher Behandlung der verschiedenen im Rahmen der Überprüfung auffällig gewordenen Arbeitnehmer gefolgert werden. Die Frage des Abmahnungserfordernisses sei nach objektiven Maßstäben zu beantworten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz finde im Kündigungsrecht keine, jedenfalls keine unmittelbare, Anwendung. Sie sei bei der Behandlung der im Frühjahr 2010 wegen des Verdachts der Privatnutzung von Firmenhandys auffällig gewordenen Arbeitnehmer auch nicht nach einer selbst gesetzten Regel vorgegangen, sondern habe in jedem Einzelfall eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt und die Besonderheiten des Einzelfalls entsprechend gewürdigt, hierbei neben anderen Kriterien auch jeweils die Schadenshöhe. Bei den einzelnen Arbeitnehmern liege auch bereits kein sachlich und zeitlich gleichgelagerter Sachverhalt vor, so dass auch keine mittelbare Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen der Interessenabwägung oder unter dem Aspekt der Selbstbindung und auch keine Anwendung der Grundsätze der sog. herausgreifenden Kündigung in Betracht komme. Selbst wenn aber die mittelbare Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu bejahen sei, habe sie jedenfalls nicht sachwidrig differenziert. Wegen der Einzelheiten ihres Vortrags hierzu wird auf Seiten 32 bis 59 des Schriftsatzes vom 15. Juni 2011 (Bl. 627 f d.A.) verwiesen.
Die Beklagte führt aus, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei in der Vergangenheit nicht störungsfrei verlaufen, verweist in diesem Zusammenhang auf eine Abmahnung vom 16. Oktober 2007 wegen Fahrfehlers
und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 2010, 4 Ca 2584/120, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags. Im Übrigen sei der von der Beklagten dargestellte Umfang der von ihm dem Grunde nach eingeräumten Privatnutzung falsch. Die Rechnungen der T-Mobile seien nicht korrekt. Er hält daran fest, eine Abmahnung sei erforderlich gewesen, wobei auf die Abmahnung vom 04. März 2010 nicht zurückgegriffen werden könne, da diese keine Gelegenheit zur Verhaltensänderung geboten habe. Ihm sei nicht bekannt gewesen, in welchem Umfang er Kosten verursache. Die Beklagte habe vergleichbares Verhalten in den vergangenen Jahren unbeanstandet gelassen. Die Beklagte habe auch vergleichbare Verstöße nicht als derart schwere Vertragspflichtverletzungen angesehen und Arbeitnehmern, die dem gleichen Verdacht wie er ausgesetzt seien, zum Teil Abmahnungen ausgesprochen. In diesem Zusammenhang habe die Beklagte keine geeigneten Abgrenzungskriterien genannt, warum sie im Einzelfall abgemahnt oder gekündigt habe, wobei sie die vorgetragenen Abgrenzungskriterien ohnehin erst im Verlauf der verschiedenen Rechtsstreite nach und nach entwickelt und nur nachträglich zusammengetragen habe. Die Höhe der verursachten Kosten könne allenfalls von zweitrangiger Bedeutung sein. Da die Beklagte nicht nachvollziehbar dargestellt habe, aus welchen Gründen unabhängig von der Höhe der verursachten Kosten bei den abgemahnten Mitarbeitern noch Restvertrauen bestehe, bei ihm aber nicht mehr bestehen soll, handele es sich um eine unzulässige herausgreifende Kündigung.
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Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und deren anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 2010, 4 Ca 2584/10, ist gemäß §§ 8 Abs. 2 , 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 , 64 Abs. 6 ArbGG , 519 , 520 Abs. 1 und 3 ZPO .
B. Sie ist auch begründet. Die Klage ist unbegründet, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 01. April 2010 fristlos beendet. Die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 01. April 2010 ist wirksam.
I. Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegt vor.
1. a) Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist im Rahmen einer zweistufigen Prüfung zu beurteilen. Im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht ( BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – AP BGB 626 Nr. 192; BAG 27. April 2006 – 2 AZR 386/05 – AP BGB § 626 Nr. 202; BAG 28. August 2008 – 2 AZR 15/07 – AP BGB § 626 Nr. 214).
b) Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt ferner das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt dann vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde zukünftig den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Aus diesem Grund setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung dient in diesem Zusammenhang der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann in der Regel davon ausgegangen werden, es werde auch künftig zu weiteren Vertragsverstößen kommen. Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei der Anwendung des Prognoseprinzips ( BAG 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 57). Sie ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Soweit ein steuerbares Verhalten betroffen ist, muss der Kündigung grundsätzlich eine erfolglose Abmahnung vorausgehen, es sei denn, sie ist nicht erfolgversprechend oder es handelt sich um eine schwere Pflichtverletzung, bei der dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Handelns ohne Weiteres ebenso erkennbar ist wie der Umstand, dass eine Hinnahme seines Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 17. Juni 2003 – 2 AZR 62/023 – EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59; BAG 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – aaO; BAG 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/07 – aaO; BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – EzA BGB 2002 § 626 Nr. 32 [„Emmely“]). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen im Bereich der auf verhaltensbedingte Gründe gestützten außerordentlichen Kündigung ( BAG 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – aaO; BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 190/07 – AP BGB § 626 Nr. 213).
c) Ferner kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen arbeitsvertraglichen Verfehlung einen wichtigen Grund zur
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außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. Eine Verdachtskündigung liegt hiernach vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines (nicht erwiesenen) strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer Vertragspflichtverletzung bzw. einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die Tat begangen hat. § 626 Abs. 1 BGB lässt darüber hinaus eine Verdachtskündigung zu, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Er muss sich aus Umständen ergeben, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft ( BAG 23. Juni 2009 – 2 AZR 474/07 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47; BAG 12. Mai 2010 – 2 AZR 587/08 – AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67; BAG 25. November 2010 – 2 AZR 801/09 – DB 2011, 880).
2. Die Beklagte hat hinreichend objektive Tatsachen dargelegt, die den schwerwiegenden Verdacht begründen, der Kläger habe das ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy vertragswidrig dazu genutzt, um im Dienstmodus im Internet zu surfen.
a) Unerlaubte Privatnutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses kann ua. dann an sich geeignet sein, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu bilden, wenn das Betriebsmittel unberechtigt in Anspruch genommen wird und hierdurch zusätzliche Kosten entstehen ( BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – aaO). Dieser Aspekt der unberechtigten und zusätzliche Kosten verursachenden Inanspruchnahme als solcher und nicht der einer etwaigen exzessiven Nutzung des Internetzugangs während der Arbeitszeit und der damit verbundenen Verletzung der Arbeitspflicht (zu den verschiedenen potentiellen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung bei privater Nutzung des Internets vgl. auch BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 200/06 – aaO) ist vorliegend einschlägig.
b) Privatnutzung des zur Verfügung gestellten Diensthandys, um damit im Internet zu surfen, ist von der Beklagten nicht gestattet. Der Kläger behauptet selbst keine konkrete Gestattung durch die Beklagte. Schon von daher bleibt es bei dem Grundsatz, dass private Internetnutzung des zu Dienstzwecken zur Verfügung gestellten Arbeitsmittels nicht gestattet ist. Bei einer fehlenden ausdrücklichen Gestattung oder Duldung des Arbeitgebers ist eine private Nutzung des Internets grundsätzlich nicht erlaubt ( BAG 07. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – aaO). Hinzu kommt der dem Kläger zumindest mit den Schreiben vom 04. März 2004 und Ende 2009 erteilte Hinweis, wonach die dienstliche Handy-Nr. nur für die dienstliche Verwendung vorgesehen und für private Gespräche eine private DuoBill Pin-Nr. zu verwenden sei. Damit war dem Kläger klar, dass auch die private Verwendung der dienstlichen Telefonnummer zur Internetnutzung nicht gestattet war.
c) Der dringende Verdacht, der Kläger habe dass ihm zur Verfügung gestellte Diensthandy im Februar 2010 zur privaten Internetnutzung verwendet und hierbei Kosten in Höhe von (netto) 2.287,37 € verursacht, ist von der Beklagten dargelegt und durch den Vortrag des Klägers im Rechtsstreit und durch seine Einlassung im Rahmen seiner Anhörung durch die Beklagte nicht erschüttert oder entkräftet. Der dringende Verdacht gründet sich auf die für die Kartennummer des Klägers erfolgte T-mobile-Rechnung vom 04. März 2010 für Februar 2010 mit Einzelverbindungsnachweis (Bl. 137 f d.A.). Der Kläger räumt ferner selbst ein, das Handy zur privaten Internetnutzung verwendet zu haben. Privatnutzung zu diesem Zweck ist somit dem Grunde nach ohnehin unstreitig. Er bestreitet lediglich den durch die Rechnung ausgewiesenen Umfang, ohne allerdings selbst seine private Internetnutzung in irgendeiner Form im vorliegenden Rechtsstreit oder aber vorprozessual im Rahmen seiner Anhörung zur Verdachtskündigung präzisiert zu haben.
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aa) Seine Einwände gegen den durch Vorlage der Rechnung hinreichend dargelegten dringenden Verdacht beschränken sich darauf, die Rechnung könne falsch sein. Konkrete Anhaltspunkte hierfür sind aber nicht dargelegt oder sonst ersichtlich. Konkrete Angaben zu seinem Nutzungsverhalten im Februar 2010 macht der Kläger nicht. Von daher kann die Rechnung auch nicht gegenüber konkretem Vortrag abgeglichen werden. Dass Rechnungen der Deutschen Telekom AG bzw. der T-mobile im Einzelfall falsch sein können, ist zutreffend. Richtig ist aber auch, dass nach wie vor die Anzahl der sachlich und inhaltlich richtigen Rechnungen ganz deutlich überwiegt. Sonst könnte auf die Rechnung ohnehin kein entsprechender Verdacht begründet werden. Warum gerade die den Kläger betreffende Rechnung für Februar 2010 falsch sein sollte, erschließt sich nicht. Dann ist der auf ihr beruhende Verdacht auch nicht erschüttert.
bb) Der Hinweis auf fehlerhafte Abrechnungen gegenüber den Mitarbeitern F und G überzeugt nicht. Beim Arbeitnehmer G wurden Kosten deshalb verursacht, weil bei Kündigung der Twin-Bill-Funktion eine auf dem Privatmodus hinterlegte Rufumleitung nicht erkannt und berücksichtigt wurde. Beim Mitarbeiter F wurde ganz allgemein die Twin-Bill-Karte eines anderen Mitarbeiters abgerechnet. Diese Umstände sprechen nicht dafür, beim Kläger, der über keine Twin-Bill-Funktion verfügt, seien bei der Abrechnung des Dienstmodus überhaupt nicht existente Leistungen abgerechnet worden.
cc) Der Streit der Parteien, ob der Kläger am 07. Februar 2010 arbeitsunfähig erkrankt oder von 4.47 Uhr bis 13.42 Uhr im Dienst und erst danach arbeitsunfähig erkrankt war, kann ebenfalls auf sich beruhen. Selbst wenn die Rechnung für Februar 2010 insoweit falsch sein sollte, als die Daten bezüglich des internen Intranets fehlerhaft sind, der Kläger also nicht erst ab 08. Februar 2010, sondern bereits ab 07. Februar 2010 arbeitsunfähig war, die Arbeitsunfähigkeit auch nicht etwa erst nach seiner Schicht eingetreten war und er sich schließlich auch nicht von zuhause aus in das interne Intranet/NewOPSS einwählte, würde dies nicht den Schluss nahelegen, dann müssten auch die damit in keinem Zusammenhang stehenden Daten zur Internetnutzung unzutreffend sein.
II. Eine Abmahnung war entbehrlich, da die – und sei es auch nur erstmalige – Hinnahme einer Pflichtverletzung der vorliegenden Art durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen ist. Die hiergegen vom Kläger vorgebrachten Argumente überzeugen nicht.
1. Der Kläger konnte aufgrund des Verhaltens der Beklagten nicht davon ausgehen, diese dulde oder dulde „in gewissem Umfang“ Privatnutzung des Diensthandys im Dienstmodus zum Surfen im Internet. Das Verhalten der Beklagten in der Vergangenheit gibt hierfür keinen Anlass.
a) Ob das Verhalten der Beklagten Anlass für die Annahme bot, die Verwendung des Diensthandys zum Versenden privater SMS werde geduldet, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Auch wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätte die Beklagte damit nicht zu erkennen gegeben, die Diensthandys könnten zu jedweder Privatnutzung, ggf. auch Kosten verursachender Privatnutzung verwendet werden. Das Gegenteil ergibt sich schon aus den mit Übergabe der Handys erteilten Hinweisen vom 04. März 2004 und Jahresende 2009. Im Gegensatz zur SMS-Versendung dient die Internetnutzung auch nach Vorbringen des Klägers ohnehin nicht der innerbetrieblichen Kommunikation. Von daher bestand kein Anlass zur Annahme, die Beklagte werde den Arbeitnehmern ein Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, dessen Internetfunktion zur Arbeitsleistung eines Hubwagenfahrers von vornherein überhaupt nicht benötigt und/oder genutzt wird, zum Privatgebrauch aber von ihm auf Kosten des Arbeitgebers genutzt werden dürfe. Von Kostenverursachung musste der Kläger wiederum ausgehen. Denn er ist nicht in der Lage, konkrete Umstände darzulegen, aufgrund derer er davon hätte ausgehen können, private Internetnutzung erfolge kostenneutral. Sein Vortrag hierzu beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dies sei in irgendeiner Form unter Kollegen im Betrieb so kommuniziert worden. Konkrete Erklärungen oder Verhaltensweisen der Beklagten werden nicht genannt. Insbesondere kann ein entsprechender Schluss nicht daraus gezogen werden, in der Vergangenheit seinen Reaktionen der Beklagten oder Beanstandungen unterblieben. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer auch davon ausging oder ausgehen konnte, das entsprechende Verhalten sei auch tatsächlich bemerkt worden; erforderlich ist eine bewusste Duldung ( LAG Hamm 28. Mai 2001 – 8 Sa 1293/00 – zitiert nach juris). Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, die Beklagte habe im Betrieb E in der
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Vergangenheit Kosten verursachende private Internetnutzung mit Diensthandys im Dienstmodus zur Kenntnis genommen und dies nicht beanstandet oder aber den Eindruck vermittelt, private Internetnutzung sei aufgrund vereinbarter Flatrate kostenneutral. Soweit der Kläger vorbringt, sein Eindruck sei auch durch das Verhalten von Vorgesetzten erweckt worden, die sich in seinem Beisein mit ihren Diensthandys in das Internet eingewählt hätten, ist der Vortrag zum Einen unsubstantiiert, zum Anderen ohnehin ungeeignet. Unsubstantiiert ist der Vortrag, denn er lässt nicht erkennen, wann welcher Vorgesetzte in welcher Form sein Diensthandy zur Internetnutzung verwendet hätte. Ungeeignet ist der Vortrag darüber hinaus, als der Kläger selbst nicht vorbringt, der nicht näher genannte Vorgesetzte habe hierbei den Dienstmodus und nicht etwa im Rahmen einer Twin-Bill-Funktion den Privatmodus verwendet. Von daher ist dann auch nicht erkennbar, warum hierdurch der Eindruck von Kostenneutralität entstanden sein könnte.
b) Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang auf eine behauptete Ermahnung des Arbeitnehmers H wegen umfangreicher SMS-Versendung oder darauf verweist, andere Arbeitnehmer seien von der Beklagten zur Erstattung der infolge Privatnutzung entstandenen Kosten aufgefordert worden, zeigt dies zunächst nur, dass dann in Einzelfällen Privatnutzung aufgefallen ist. Dies zeigt dann aber auch, dass die Beklagte Privatnutzung auf ihre Kosten gerade nicht duldet.
c) Die Beklagte duldet auch nicht dadurch, dass sie gegenüber einzelnen Arbeitnehmern eine Abmahnung und keine Kündigung ausgesprochen hat. Sie duldet auch nicht dadurch, dass sie Überprüfungen erst dann vorgenommen hat, wenn monatliche Telefonrechnungen über 50,00 € lagen. Schon gar nicht gibt sie damit zu erkennen, bis zu einer gewissen Größenordnung Privatnutzung zu tolerieren. Dass Gegenteil ergibt sich daraus, dass sie überprüft und auf Verstöße reagiert, ebenso aus dem Rundschreiben vom 03. März 2010 (Bl. 382 d.A.).
d) Ob vom Kläger und anderen Hubwagenfahrern erwartet oder verlangt wurde, das Diensthandy immer mit nach Hause und auch mit in den Urlaub zu nehmen, um immer erreichbar zu sein, kann dahinstehen. Damit wäre nicht zu erkennen gegeben, das Handy dürfe auf Kosten der Arbeitgeberin im Dienstmodus zur Privatnutzung verwendet werden. Im Übrigen ist die Mitnahme des Handys nach Hause oder in den Urlaub bei den Arbeitnehmern, die über eine Twin-Bill-Funktion verfügen, ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Zu diesem Zweck besteht gerade die über die Twin-Bill-Funktion eröffnete Privatnutzungsmöglichkeit. Damit ist keine Aussage darüber verbunden, die Privatnutzung dürfe über den Dienstmodus und auf Kosten der Beklagten erfolgen.
e) Liegt damit keine Duldung der Privatnutzung zum Surfen im Internet vor, ist auch der Ansatz unzutreffend, die Beklagte habe die Grenzen nicht transparent kommuniziert, innerhalb derer eine Privatnutzung noch geduldet werde. Zutreffend ist, dass in einer derartigen Situation eine Abmahnung nicht entbehrlich wäre ( BAG 27. November 2003 – 2 AZR 692/02 – AP ZPO § 319 Nr. 27). Die Beklagte hat aber nicht den Eindruck vermittelt, innerhalb bestimmter, jedoch nicht konkret mitgeteilter Grenzen private Internetnutzung über den Dienstmodus des Diensthandys noch zu dulden.
f) Unterbliebene Kontrolle allein führt nicht zum Abmahnungserfordernis. Die Beklagte verweist zutreffend darauf, dass jeder Arbeitnehmer sich so zu verhalten hat, dass es um seinetwillen einer Kontrolle nicht bedürfte ( BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – aaO).
2. Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte in anderen Fällen gegenüber Arbeitnehmern wegen unerlaubter Privatnutzung des Diensthandys eine Abmahnung
ausgesprochen hat. Weder liegt ein zur Unwirksamkeit der Kündigung führender Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor noch zeigt das Verhalten der Beklagten gegenüber anderen Arbeitnehmern, dass sie davon ausgeht, auch im Fall des Klägers liege eine Situation vor, in der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei. Dementsprechend kann auch ein Abmahnungserfordernis nicht über die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes abgeleitet werden.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, kann die Unwirksamkeit einer Kündigung nicht unmittelbar aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hergeleitet werden. Dem steht das Erfordernis entgegen, bei der Prüfung des wichtigen Grundes iSd. § 626 Abs. 1 BGB die Umstände des jeweiligen Einzelfalls umfassend abzuwägen. Dies schließt mittelbare Auswirkungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Interessenabwägung nicht aus, wenn der Arbeitgeber bei gleicher Ausgangslage im Sinne einer gleichartigen Pflichtverletzung nicht allen beteiligten Arbeitnehmern kündigt und daraus zu schließen ist, dass es für ihn zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis auch mit dem gekündigten Arbeitnehmer fortzusetzen ( BAG 14. Oktober 1965 – 2 AZR 466/64 – AP BetrVG 1952 § 66 Nr. 27; BAG 21. Oktober 1969 – 1 AZR 93/68 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 41; BAG 25. März 1976 – 2 AZR 163/75 – AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 6; BAG 22. Februar 1979 – 2 AZR 115/78 – EzA § 103 BetrVG Nr. 23; BAG 28. April 1982 – 7 AZR 1139/79 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 3). Im Ergebnis unterscheiden sich die Konsequenzen kaum von der Auffassung, die die unmittelbare Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes befürwortet (zum Meinungsstand vgl. KR-I, 9. Aufl., KSchG, § 1 Rdnr. 233 f; KR-J, 9. Aufl., KSchG, § 13 Rdnr. 380; KR-K, 9. Aufl., BGB, § 626 Rdnr. 307; L/M, 3. Aufl., Grundlagen J Rdnr. 48; jeweils mwN). Herausgreifende Kündigungen sind unzulässig; ungleiche Behandlung gleich gelagerter Sachverhalte kann im Einzelfall den Schluss zulassen, auch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem gekündigten Arbeitnehmer sei zumutbar (KR-I, aaO, Rdnr. 234), ggf. auch unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Selbstbindung des Arbeitgebers; dieser Aspekt kann ggf. auch dann von Bedeutung sein, wenn der Arbeitgeber auch in der Vergangenheit, also nicht nur zeitgleich mit einer im Streit stehenden Kündigung, auf vergleichbare Fälle nicht mit einer Kündigung reagiert hat (vgl. hierzu KR-K, aaO, Rdnr. 309). Voraussetzung ist jedenfalls, soweit es um den verhaltensbedingten Bereich geht, Einschlägigkeit im Sinne eines gleichgelagerten Sachverhalts, einer gleichartigen Pflichtverletzung. Erforderlich ist ein gleichgelagerter Kündigungssachverhalt in sachlicher und zeitlicher Hinsicht (L/M, aaO, Rdnr. 62), wobei allerdings der Aspekt der Selbstbindung wie dargelegt auch bei zeitlich folgenden Kündigungssachverhalten im Rahmen der Interessenabwägung von Bedeutung sein kann.
b) Es kann dahinstehen, ob die Kündigungssachverhalte deshalb in zeitlicher Hinsicht gleichgelagert sind, weil der gegenüber den verschiedenen Arbeitnehmern erhobene Verdacht der unerlaubten Privatnutzung der zur Verfügung gestellten Diensthandys sich zwar auf völlig unterschiedliche Zeiten innerhalb des überprüften Zeitraums von April 2008 bis Februar 2010 bezieht, er aber zeitlich einheitlich aufgrund einer Überprüfung zutage getreten ist. Jedenfalls liegt inhaltlich-sachlich keine Gleichartigkeit der erhobenen Vorwürfe vor. Es liegt zunächst kein einheitlicher Vorgang vor, an dem verschiedene Arbeitnehmer beteiligt waren bzw. der Verdacht der gemeinsamen Begehung besteht. Ebenso besteht kein Kollektivbezug des erhobenen Vorwurfs. Auch wenn man in diesem Zusammenhang für die Annahme eines gleichgelagerten Kündigungssachverhalts aber nicht Mittäterschaft bzw. den Verdacht der Mittäterschaft fordern wollte, beschränkt sich die Gleichartigkeit darauf, dass gegenüber mehreren Arbeitnehmern der Vorwurf bzw. der Verdacht erhoben wird, das zur Verfügung gestellten Diensthandy zu privaten Zwecken und auf Kosten der Beklagten genutzt zu haben. Ansonsten bestehen durchaus Unterschiede. Unterschiede bestehen darin, dass einige der betroffenen Arbeitnehmer sich für die Inanspruchnahme der Twin-Bill-Funktion entschieden haben, andere nicht. Unterschiede bestehen in den Zeitpunkten, in denen die unerlaubte Privatnutzung des Diensthandys stattgefunden hat bzw. der entsprechende Verdacht besteht. Unterschiede bestehen in der zeitlichen Intensität, Dauer und Umfang der vorgeworfenen Privatnutzung. Unterschiede bestehen darin, ob kontinuierliches Verhalten oder eher punktuelles Verhalten vorgeworfen wird. Deutliche Unterschiede bestehen in den von der Beklagten behaupteten durch die Privatnutzung entstandenen Kosten. Unterschiede bestehen insbesondere auch in der Art der vorgeworfenen Privatnutzung, (insb. Versenden von SMS, Surfen im Internet, Privattelefonate, insb. im Ausland, Entgegennahme von Anrufen im Ausland über den Dienstmodus und damit verbunden Verursachung von Roaming-Gebühren). Einheitlichkeit besteht lediglich darin, dass die verschiedenen Arbeitnehmer die Möglichkeiten, das jeweils zur Verfügung gestellte Diensthandy zu Privatzwecken zu nutzen, ergriffen haben und dies der Beklagten aufgrund einheitlicher Untersuchung aufgefallen ist. Liegt aber bereits kein gleichgelagerter Kündigungssachverhalt vor, liegt auch keine Situation vor, bei der überhaupt der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet wäre, selbst wenn man seine Anwendung im Kündigungsrecht befürworten wollte. Dementsprechend ist entscheidend die Interessenabwägung im Einzelfall, nicht jedoch, ob die Arbeitgeberin in der Lage ist, sachliche
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Gründe für eine Differenzierung vorzutragen und/oder ob diese vorgebrachten Gründe zu überzeugen vermögen.
c) Dasselbe gilt im Hinblick auf das Abmahnungserfordernis. Es geht nicht darum, dass aufgrund mittelbarer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Beklagte verpflichtet wäre, Differenzierungskriterien darzulegen, um den Willkürvorwurf zu entkräften. Es geht vielmehr darum, dass keine Situation dargelegt ist, aufgrund derer der wenn auch nur mittelbare Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes eröffnet wäre. Der Umstand dass über einen Zeitraum von 22 oder auch 23 Monaten mehr als 50 Arbeitnehmer unabhängig voneinander in unterschiedlicher Art und Weise, zu unterschiedlichen Zeiten, in unterschiedlicher Dauer und Intensität und mit unterschiedlicher Kostenverursachung das ihnen jeweils zur Verfügung gestellte Diensthandy vertragswidrig privat nutzten, wobei sich die Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Anhörung auch unterschiedlich einließen, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines gleichgelagerten Kündigungssachverhalts. Dementsprechend impliziert unterschiedliche Reaktion allein, also beispielsweise Erteilung einer Abmahnung oder Ausspruch einer Kündigung, auch noch nicht Willkür. Es mag zutreffen, dass der Arbeitgeber dann, wenn er bei gleicher Ausgangslage nach einer selbst gesetzten Regel verfährt, darzulegen hat, warum er im Einzelfall hiervon abweicht ( LAG Hessen 10. September 2008 – 6 Sa 384/08 – BB 2009, 605, zitiert nach juris). Abgesehen davon, dass aufgrund unterschiedlicher Pflichtverstöße bereits keine gleiche Ausgangslage vorliegt, besteht aber auch keine selbst gesetzte Regel, von der die Beklagte vorliegend zu Lasten des Klägers abgewichen wäre. Die Beklagte stellt eine derartige Regel in Abrede. Eine derartige Regel wird vom Kläger auch nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Fehlen einer derartigen Regel allein begründet angesichts der unterschiedlichen Vorwürfe auch noch nicht den Missbrauchsvorwurf.
3. Im Rahmen der Interessenabwägung überwiegen die berechtigten Interessen der Beklagten an sofortiger Vertragsbeendigung.
a) Zugunsten des Klägers sprechen seine Sozialdaten. Zu seinen Gunsten ist auch zu berücksichtigen, dass das langjährige Arbeitsverhältnis zumindest im Wesentlichen beanstandungsfrei und erfolgreich verlief. Zu seinen Gunsten spricht die relativ geringe Chance, einen vergleichbaren Arbeitsplatz zu vergleichbaren Bedingungen zu finden. Zu seinen Lasten spricht die Schwere des Verschuldens der Vertragsverletzung. Verbotsirrtum liegt nicht vor. Der Kläger wusste, dass private Internetnutzung mit dem Diensthandy nicht gestattet war. Er ist nicht in der Lage, plausible Gründe dafür zu nennen, warum er hätte davon ausgehen können, sein Verhalten werde von der Beklagten geduldet. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass das Unrechtsbewusstsein des Klägers verringert gewesen sein könnte. Der Umstand allein, dass offensichtlich auch weitere Hubwagenfahrer im Betrieb der Beklagten die ihnen zur Verfügung gestellten Handys in unterschiedlicher Form und in unterschiedlicher Intensität vertragswidrig zu privaten Zwecken nutzten, mindert das Verschulden des Klägers nicht. Insbesondere hat die Beklagte keine Ursache gesetzt, die den vertragswidrigen Gebrauch des Diensthandys erleichterte. Die Missbrauchsmöglichkeit geht vielmehr bereits mit der dienstlich veranlassten Überlassung der Handys als solcher einher. Unterbliebene Kontrolle erleichtert nicht den Missbrauch, sondern führt allenfalls dazu, dass bereits erfolgter Missbrauch nicht oder nicht sofort auffällt. Unterbliebene Kontrolle in der Vergangenheit ermöglicht lediglich eine Einschätzung des Entdeckungsrisikos. Dies ist kein zugunsten des Klägers zu berücksichtigender Umstand, da vorsätzliche Vertragspflichtverletzungen erfahrungsgemäß in der Erwartung begangen werden, nicht entdeckt zu werden.
b) Zugunsten der Beklagten sprechen der erhebliche Vertrauensverlust, die Höhe der durch Privatnutzung hervorgerufenen Kosten und der Umstand, dass das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen in die Integrität des Klägers zerstört ist. Hinzu kommt, dass bei Besitzüberlassung eines Diensthandys nur noch eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten, insbesondere im privaten Bereich des Arbeitnehmers, bestehen und aus diesem Grund ein erhöhtes Vertrauensbedürfnis anzuerkennen ist. Für das Beendigungsinteresse der Beklagten spricht auch, dass sie aus Gründen der Betriebsdisziplin in konsequenter Weise der Kosten verursachenden privaten Nutzung der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel entgegenwirken und dokumentieren will, dass derartiger Missbrauch nicht geduldet wird. Auch derartige Gesichtspunkte der Betriebsdisziplin
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stellen zulässige Kriterien innerhalb der Interessenabwägung dar ( BAG 04. Juni 1997 – 2 AZR 526/96 – AP BGB § 626 Nr. 137), ebenso generalpräventive Gesichtspunkte (vgl. BAG 11. Dezember 2003 – 2 AZR 36/03 – AP BGB § 626 Nr. 179). Im Rahmen der Interessenabwägung ist damit auch zu berücksichtigen, wie es sich in einem Betrieb wie dem der Beklagten auswirken könnte, wenn sie die vertragswidrige Verwendung der zur Verfügung gestellten Diensthandys zur privaten Internetnutzung ohne größere Sanktionen zuließe. Aufschluss hierüber gibt die Argumentation des Klägers und anderer Arbeitnehmer, wonach ein derartiges Verhalten als Dulden anzusehen sei. Im berechtigten Interessen der Beklagten liegt es damit auch, einer Nachahmungsgefahr entgegenzuwirken ( LAG Nürnberg 16. Oktober 2007 – 7 Sa 182/07 – LAGE BGB 2002 § 626 Nr. 4 ). Die Beklagte hat nach ihrem Vortrag bei anderen Arbeitnehmern zu deren Gunsten berücksichtigt, dass diese nach Erhalt ihres neuen Handys dieses ausprobierten und im Internet surften, so beispielsweise bei dem Arbeitnehmer Kalogiannis. Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage der Gleichbehandlung gibt die Beklagte damit jedenfalls zu erkennen, dass dieser Gesichtspunkt nach ihrer Einschätzung geeignet ist, den Pflichtverstoß in einem milderen Licht zu sehen, eine positive Prognose zu begründen oder die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als zumutbar erscheinen zu lassen. Dieser Gesichtspunkt ist allerdings nicht auch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen. Unabhängig von der deutlich höheren Kostenverursachung durch den Kläger trägt er selbst überhaupt nicht vor, im Februar 2010 (noch) im Internet gesurft zu haben, um sein neues Diensthandy auszuprobieren.
III. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger nicht auf ihr Kündigungsrecht verzichtet.
1. Ein solcher Verzicht folgt nicht aus der auf den 04. März 2010 datierten Abmahnung, die dem Kläger erst am 31. März 2010 zuging.
a) Zutreffend ist, dass im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen liegen kann und regelmäßig liegt ( BAG 26. November 2009 – 2 AZR 751/08 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61). Der Arbeitgeber kann sowohl bei einer außerordentlichen als auch bei einer ordentlichen Kündigung auf ein auf bestimmte Gründe gestütztes und konkret bestehendes Kündigungsrecht verzichten, wobei der Verzicht ausdrücklich oder konkludent durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Kündigungsberechtigten erfolgen kann, vor Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ein derartiger Verzicht aber nur dann anzunehmen ist, wenn der Kündigungsberechtigte eindeutig seine Bereitschaft zu erkennen gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Hiernach erlischt das Kündigungsrecht durch Verzicht insgesamt, wenn der Arbeitgeber wegen des ihm bekannten Kündigungssachverhalts eine Abmahnung ausspricht und sich die für die Kündigung maßgebenden Umstände nicht später geändert haben ( BAG 10. November 1988 – 2 AZR 215/88 – AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3; BAG 06. März 2003 – 2 AZR 128/02 – AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 30). Ein Verzicht kann allerdings nur dann angenommen werden, wenn die Vertragsrüge deutlich und unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass der Arbeitgeber den Pflichtverstoß hiermit als ausreichend sanktioniert und die Sache als „erledigt“ ansieht ( BAG 06. März 2003 – 2 AZR 128/02 – aaO; BAG 02. Februar 2006 – 2 AZR 222/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 52). Dass der Arbeitgeber die Sache noch nicht als „erledigt“ ansieht, muss sich hierbei nicht aus der Vertragsrüge selbst, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben ( BAG 13. Dezember 2007 – 6 AZR 145/07 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 83). Maßgebend ist der objektive Empfängerhorizont ( BAG 26. November 2009 – 2 AZR 751/08 – aaO).
b) Mit der auf den 04. März 2010 datierten Abmahnung hat die Beklagte nicht auf eine Kündigung wegen des Verdachts des Missbrauchs des Diensthandys zur Privatnutzung im Monat Februar 2010 verzichtet.
aa) Die schriftliche auf den 04. März 2010 datierte Abmahnung bezieht sich nicht auf diesen Vorwurf, sondern auf den Zeitraum April 2008 bis Januar 2010. Dies zeigt bereits ihr Wortlaut.
bb) Allein aufgrund des Umstands, dass die Abmahnung dem Kläger erst am 31. März 2010 zuging und offensichtlich auch nicht zeitnah zum 04. März 2010 abgesendet wurde, konnte der Kläger nicht
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annehmen, auch wegen des Vorwurfs des Fehlverhaltens im Februar 2010 werde auf den Ausspruch einer Kündigung verzichtet. Wegen des mit Schreiben vom 04. März 2010 abgemahnten Vorgangs war bereits am 04. März 2010 eine mündliche Abmahnung erfolgt, wobei dem Kläger bei dieser Gelegenheit mitgeteilt worden war, es werde auch noch eine schriftliche Abmahnung folgen. Damit war dem Kläger zunächst erkennbar, dass das Abmahnungsschreiben vom 04. März 2010 sich unabhängig von seinem Zugangszeitpunkt auf die Vorwürfe bezieht, die bereits Gegenstand der mündlichen Abmahnung waren. Die mündliche Abmahnung vom 04. März 2010 bezog sich aber unzweifelhaft nicht auf etwaige zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht bekannte Pflichtverstöße aus dem Februar 2010. Hinzu kommt, dass dem Kläger bekannt war, dass ihm die Beklagte nach der mündlichen Abmahnung vom 04. März 2010 ein weiteres Fehlverhalten vorwarf, nämlich private Nutzung des Handys zum Surfen im Internet im Februar 2010. Hierzu wurde er erneut angehört, und zwar nach Ausspruch der mündlichen Abmahnung vom 04. März 2010. Wegen dieses Vorwurfs erfolgte auch eine weitere neue Suspendierung am 09. März 2010. Hierüber enthält das auf den 04. März 2010 datierte Abmahnungsschreiben keine Angaben. Insbesondere enthält es aber auch nicht etwa eine Aufhebung der Suspendierung, die bekanntermaßen wegen eines anderen als des abgemahnten Vorwurfs erfolgte. Schon von daher konnte der Kläger das Schreiben nicht dahin interpretieren, alle bis zu seinem Zugang eingetretenen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Diensthandy würden mit der Folge eines Kündigungsverzichts abgemahnt, sondern nur so, wie es auch formuliert war, nämlich als Abmahnung lediglich der von April 2008 bis Januar 2010 erfolgten Pflichtverstöße, dies mit der Folge, dass ein Kündigungsverzicht sich auch nur auf diese Pflichtverstöße bezog. Insbesondere gab die Beklagte mit der Erteilung der schriftlichen Abmahnung auch nicht zu erkennen, sie werde jedenfalls und unabhängig von den inzwischen erhobenen weiteren Vorwürfen das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortsetzen. Dass die neuen Vorwürfe noch nicht „erledigt“ sein sollten, konnte der Kläger bereits dadurch feststellen, dass die Suspendierung nicht aufgehoben wurde. Im Übrigen ist es auch nicht widersprüchlich, wegen der Vorwürfe aus der Zeit von April 2008 bis Januar 2010 eine Abmahnung auszusprechen, obwohl man wegen eines Vorwurfs aus dem Februar 2010 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt, insbesondere dann, wenn vor Bekanntgabe des Ergebnisses der Betriebsratswahl und ggf. bei Versendung der Abmahnung noch nicht absehbar ist, ob und ggf. wann wegen Sonderkündigungsschutzes nach § 103 BetrVG eine Kündigung ausgesprochen werden kann bzw. ob eine Kündigung angegriffen werden und ggf. der gerichtlichen Kontrolle standhalten wird. Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte nicht gehindert, wegen des Vorwurfs der privaten Nutzung des Handys im Monat Februar 2010 eine Kündigung auszusprechen, obwohl dieser Vorwurf im Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Abmahnung bereits bekannt war.
2. Die Beklagte hat auch nicht durch eine Erklärung des Abteilungsleiters C vom 03. März 2010 auf den Ausspruch einer Kündigung verzichtet. Ob die behauptete Erklärung Cs abgegeben wurde, kann dahinstehen. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen C kündigungsberechtigt und damit auch bevollmächtigt sein könnte, im Namen der Beklagten einen Kündigungsverzicht zu erklären, würde sich eine etwaige Erklärung vom 03. März 2010 schon erkennbar nur auf zu diesem Zeitpunkt bereits bekannte Kündigungssachverhalte beziehen, nicht jedoch auf unbekannte und schon gar nicht auf zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht erkennbare Kündigungssachverhalte. Die T-mobile-Rechnung für Februar 2010 datiert aber bereits erst auf den 04. März 2010 und kann bereits deshalb im Zeitpunkt einer Erklärung des Abteilungsleiters C überhaupt noch nicht bekannt gewesen sein.
IV. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist gewahrt. Die Beklagte hat den Kläger innerhalb einer Woche nach Kenntnis von der T-mobile-Rechnung für Februar 2010 zu den sich hieraus ergebenden Verdachtsmomenten angehört, innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB den bei ihr gebildeten Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers als Wahlbewerber gebeten und nach Zustimmungsverweigerung ebenfalls innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Der Antragseingang beim Arbeitsgericht wahrt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ( BAG 08. Juni 2000 – 2 AZR 375/99 – AP BGB § 626 Nr. 164 mwN). Für den Fall, dass während des eingeleiteten Zustimmungsersetzungsverfahrens der besondere Kündigungsschutz als Amtsträger endet, ist nicht etwa eine erneute Betriebsratsanhörung durchzuführen, sondern in entsprechender Anwendung von – jetzt – § 91 Abs. 5 SGB IX unverzüglich die Kündigung zu erklären (vgl. BAG 08. Juni 2000 – 2
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AZN 276/00 – AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 41). Dies ist am 01. April 2010, dem Tag nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Betriebsratswahl, geschehen.
V. Die Kündigung vom 01. April 2010 ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den bei ihr gebildeten Betriebsrat ordnungsgemäß zu der Kündigung des Klägers angehört. Ausweislich des Anhörungsschreibens vom 16. März 2010 und den beigefügten Anlagen hat sie dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitgeteilt, auf die sie die Kündigung auch im vorliegenden Rechtsstreit stützt und entsprechend dem Grundsatz der subjektiven Determinierung (vgl. hierzu BAG 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 mwN) den aus ihrer Sicht maßgeblichen Kündigungssachverhalt mitgeteilt. Die Beanstandungen des Klägers überzeugen nicht und befassen sich zum Teil auch mit der Betriebsratsanhörung vom 24. Februar 2010 zu einer beabsichtigten, dann aber nicht ausgesprochenen Kündigung wegen der Vorgänge von April 2008 bis Januar 2010. Diese betrifft zunächst nicht den Kündigungssachverhalt der hier im Streit stehenden Kündigung. Dementsprechend kann fehlerhafte Betriebsratsanhörung zu einer auf den Verdacht privater Internetnutzung gestützten Kündigung nicht mit vermeintlich fehlerhaften oder unzureichenden Informationen zum Komplex „Versendung von SMS“ begründet werden. Dasselbe gilt hinsichtlich vermeintlich fehlerhafter Angaben zu Auslandstelefonaten. Fehlerhafte Unterrichtung des Betriebsrats über den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem hier relevanten Kündigungssachverhalt kann bereits deshalb nicht vorliegen, weil die Rechnung für Februar 2010 überhaupt erst vom 04. März 2010 datiert und nach nicht substantiiert bestrittenem Vortrag der Beklagten ihr erst am 08. März 2010 bekannt wurde. Der Umstand, dass Vortrag der Beklagten wie beispielsweise die von ihr behauptete Schadenshöhe im Streit steht, führt nicht zur Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung. Die Beklagte hat dem Betriebsrat die Schadenshöhe mitgeteilt, die sie auch im Rechtsstreit behauptet. Für bewusst unwahre Unterrichtung des Betriebsrats besteht kein Anhaltspunkt. Durch die Formulierung, derartige Fehlverhaltensweise würden in keinem Fall geduldet, wird auch nicht suggeriert, dass in allen Fällen einer derartigen Pflichtverletzung Kündigungen ausgesprochen werden, sondern dass die Beklagte nicht bereit ist, derartiges Verhalten zu dulden. Eine Aussage, wie im Einzelfall auf entsprechende Pflichtverstöße reagiert wird, ist hiermit nicht verbunden. Die Prämisse, aus der der Kläger insoweit eine fehlerhafte Betriebsratsanhörung ableitet, ist damit bereits unzutreffend. Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte dem Betriebsrat auch die Umstände genannt, aus denen sie den dringenden Verdacht einer Pflichtverletzung ableitet. Zur Betriebsratsanhörung gehört in diesem Zusammenhang nicht auch noch die Angabe, welche weiteren Aufklärungsmaßnahmen unterblieben sind, warum sie unterblieben ist und warum die Klägerin meint, die durchgeführten Aufklärungsmaßnahmen seien ausreichend. Ebenso wenig führt es zur fehlerhaften Betriebsratsanhörung, wenn die Beklagte dem Betriebsrat nicht mitteilte, aus welchen Gründen sie in anderen Fällen der Privatnutzung des Diensthandys keine Kündigung ausgesprochen hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend der Gleichbehandlungsgrundsatz auch nicht mittelbar Anwendung findet, die Beklagte gerade keine feste selbst gesetzte Regel anwendet und sie für sich in Anspruch nimmt, jeweils aufgrund einer Abwägung des Einzelfalls entschieden zu haben, ob eine Kündigung ausgesprochen werden soll oder nicht.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO .
Für die Zulassung der Revision besteht kein Grund iSd. § 72 Abs. 2 ArbGG .
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