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Befristete Beschäftigung im Rentenalter
13.02.2015. Wer das Rentenalter erreicht, scheidet damit nicht automatisch aus dem Arbeitsverhältnis aus, sondern vielmehr nur dann, wenn eine Rentenaltersklausel dies vorsieht.
Ist auf das Arbeitsverhältnis weder eine arbeits- noch eine tarifvertragliche Rentenaltersklausel anzuwenden, besteht das Arbeitsverhältnis trotz der Rentenberechtigung weiter fort und kann dann per Aufhebungsvertrag beendet oder per Befristungsvereinbarung befristet werden. Allerdings ist für eine Befristungsvereinbarung ein Sachgrund erforderlich.
Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgestern entschieden hat, sind weder Rentenberechtigung noch Rentenbezug sachliche Gründe für Befristungsvereinbarung: BAG, Urteil vom 11.02.2015, 7 AZR 17/13.
- Können Arbeitsverträge befristet werden, nachdem der Arbeitnehmer das Regelrentenalter erreicht hat?
- Im Streit: Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitnehmer im Rentenalter
- BAG: Das Erreichen des Rentenalters allein rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem rentenberechtigten Arbeitnehmer
Können Arbeitsverträge befristet werden, nachdem der Arbeitnehmer das Regelrentenalter erreicht hat?
Arbeitnehmer dürfen wegen ihres wegen ihres Alters nicht diskriminiert werden, d.h. sie dürfen nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare andere Arbeitnehmer, es sei denn, es gibt dafür triftige sachliche Gründe. Dieses Prinzip ist im Europarecht festgeschrieben (Richtlinie 2000/78/EG) und auch im deutschen Arbeitsrecht verankert, nämlich im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG im wesentlichen wörtlich übernimmt.
Obwohl der Verlust von Anstellung und Arbeitseinkommen aufgrund von Rentenaltersklauseln als altersbedingte Schlechterstellung der "zwangspensionierten" Arbeitnehmer angesehen werden kann, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) tarifvertragliche und arbeitsvertragliche Rentenaltersklauseln als sachlich gerechtfertigt und damit als europarechtlich zulässig abgesegnet (Urteil vom 12.10.2010, C-45/09 - Rosenbladt, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 10/217 EuGH erklärt in Tarifverträgen enthaltene Rentenaltersklauseln für rechtens).
Seitdem bezweifeln auch die deutschen Arbeitsgerichte nicht mehr, dass die Befristung von Arbeitsverträgen auf den Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer das Rentenalter erreicht, rechtens bzw. wirksam ist. Das entspricht auch der Gesetzeslage, denn nach § 10 Satz 3 Nr.5 AGG liegt keine Diskriminierung vor im Falle einer
„Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann“.
Demzufolge ist eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, der zufolge das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters enden soll, als sachlich gerechtfertigte Befristung gemäß § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.6 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) anzusehen.
Fraglich ist allerdings, ob aus diesen Gründen auch eine arbeitsvertragliche Befristungsvereinbarung wirksam ist, mit der ein zuvor bestehendes Arbeitsverhältnis nachträglich befristet wird, d.h. nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze in der Rentenversicherung erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente hat. Ohne eine solche Befristung würde das Arbeitsverhältnis in solchen Fällen weiter fortbestehen, so dass die Befristung hier auf den ersten Blick einem Aufhebungsvertrag recht ähnlich sieht.
Für die Wirksamkeit einer solchen Befristung spricht, dass die vom EuGH akzeptierten Sachgründe für eine Rentenaltersklausel (Absicherung durch Rentenansprüche, Nachrücken jüngerer Arbeitnehmer auf freiwerdenden Arbeitsplätzen) im Prinzip auch hier bestehen. Dagegen spricht allerdings, dass das endgültige Ausscheiden mit dem Rentenalter und die (immer erneut?) befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Rentenalters verschiedene Dinge sind.
Diese Streitfrage hat das BAG vorgestern entschieden.
Im Streit: Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitnehmer im Rentenalter
Geklagt hatte ein am 21.01.1945 geborener Arbeitnehmer, der seit Vollendung seines 65. Lebensjahres am 21.01.2010 Altersrente bezog. Er war bei dem beklagten Arbeitgeber langjährig beschäftigt, und zwar auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, der keine Klausel über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters enthielt.
Am 22.01.2010 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis am 31.12.2010 enden sollte. Dieser Vertrag wurde zweimal verlängert. Nachdem der Arbeitnehmer um eine Weiterbeschäftigung gebeten hatte, vereinbarten die Parteien zuletzt am 29.07.2011, dass der Arbeitsvertrag ab dem 01.08.2011 mit veränderten Konditionen weitergeführt werde und am 31.12.2011 enden sollte. Im Vertrag war vereinbart, dass der Arbeitnehmer eine (noch einzustellende) Ersatzkraft einarbeiten sollte.
Nachdem der Arbeitgeber zu einer weiteren Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr bereit war, erhob der Arbeitnehmer Entfristungsklage, d.h. er klagte auf die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch die Befristung am 31.12.2011 geendet hat. Das Arbeitsgericht Berlin wies die Klage ab (Urteil vom 22.06.2012, 18 Ca 738/12) und auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg meinte, die Befristung sei wirksam (Urteil vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12).
Ein Aufhebungsvertrag lag hier nach Ansicht des LAG nicht vor, da die Befristungsvereinbarungen mehrfach hintereinander geschaltet waren und der Schwerpunkt dieser Vereinbarungen in der Gestaltung bzw. Fortführung und nicht in der (einmaligen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand. Hier gab es aber wegen des bereits erreichten Rentenalters, so das LAG, einen Sachgrund für die Befristung, der "in der Person des Arbeitnehmers" lag (§ 14 Abs.1 Nr.6 TzBfG).
BAG: Das Erreichen des Rentenalters allein rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem rentenberechtigten Arbeitnehmer
Das BAG entschied den Fall im Prinzip zugunsten des klagenden Rentners, verwies den Rechtsstreit aber zurück an das LAG, da noch nicht klar war, ob es möglicherweise sachliche Gründe für die streitige Befristung gab oder nicht. Den Rentenbezug als solchen bewertete das BAG als nicht ausreichenden Sachgrund für eine Befristung. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es:
Der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein rechtfertigt die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (§ 14 Abs.1 Satz 2 Nr.6 TzBfG) nicht. Erforderlich ist in diesem Fall vielmehr zusätzlich, so die Erfurter Richter, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung der Beklagten diente. Hierzu hatte das LAG bislang keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, so dass der Fall vor dem LAG weiter verhandelt werden muss.
Dem BAG ist zuzustimmen, denn die bloße Tatsache, dass ein langjährig unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer zum Rentenbezug berechtigt ist, gibt dem Arbeitgeber keinen Freibrief zur nachträglichen Befristung des Arbeitsverhältnisses. Es ist nicht nachvollziehbar, warum in einem solchen Fall ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Sachgrund im Sinne von § 14 Abs.1 Satz 2 Nr.6 TzBfG vorliegen sollte. Denn wenn der Arbeitgeber mit der weiteren Beschäftigung eines in das Rentenalter gekommenen Arbeitnehmers einverstanden ist, sollte er ihn auch ebenso behandeln wie jeden anderen bzw. wie jüngere Arbeitnehmer.
Daran ändert auch die seit Juli 2014 geltende Regelung des § 41 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nichts. Diese Vorschrift enthält zwar einen gesetzlichen Sachgrund für die befristete Fortsetzung von Arbeitsverhältnissen mit Rentnern, gilt allerdings nur für den Fall, dass der Arbeitsvertrag oder ein anwendbarer Tarifvertrag eine Rentenaltersklausel enthält. Gilt dagegen wie hier im Streitfall keine solche Rentenaltersklausel, greift auch § 41 Satz 3 SGB VI nicht ein. Diese Vorschrift lautet:
"Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben."
Fazit: Weder Rentenbezug noch Rentenberechtigung eines langjährig unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers geben dem Arbeitgeber einen Freibrief für Befristungsvereinbarungen, die dem Arbeitsverhältnis des Rentenberechtigten den rechtlichen Bestandsschutz nehmen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.02.2015, 7 AZR 17/13 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.02.2015, 7 AZR 17/13
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 12.10.2010, C-45/09 - Rosenbladt gg. Oellerking
- Handbuch Arbeitsrecht: Aufhebungsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 18/312 Altersbefristung bei Arbeitsverträgen mit Rentnern rechtens
- Arbeitsrecht aktuell: 18/072 Weiterbeschäftigung nach Renteneintrittsalter
- Arbeitsrecht aktuell: 17/180 EuGH bestätigt Altersgrenze von 65 Jahren für Verkehrspiloten
- Arbeitsrecht aktuell: 17/177 Sozialauswahl und Altersrente
- Arbeitsrecht aktuell: 17/143 Hinausschieben der Altersgrenze gemäß § 41 Satz 3 SGB VI
- Arbeitsrecht aktuell: 16/119 Altersgrenze 65 für Piloten
- Arbeitsrecht aktuell: 15/204 Kündigung wegen Rente durch den Arbeitgeber
- Arbeitsrecht aktuell: 13/314 Altersdiskriminierung beim Übergang in den Ruhestand
- Arbeitsrecht aktuell: 13/055 Entlassung mit 65 aufgrund Betriebsvereinbarung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/212 Altersgrenze bei der Polizei: Beim SEK ist mit 42 Jahren Schluss
- Arbeitsrecht aktuell: 11/198 Altersgrenze für hessische Beamte ist keine Altersdiskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 11/178 EuGH kippt Altersgrenze 60 für Lufthansa-Piloten
- Arbeitsrecht aktuell: 11/072 EuGH: Altersgrenze 68 bei Professoren rechtens
- Arbeitsrecht aktuell: 11/066 Tarifliche Rentenaltersklausel in der Regel zulässig
- Arbeitsrecht aktuell: 10/217 EuGH erklärt in Tarifverträgen enthaltene Rentenaltersklauseln für rechtens
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 31. Dezember 2018
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