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Schwarzarbeit soll besser bekämpft werden
29.08.2019. Der Deutsche Bundestag hat am 06.06.2019 mit den Stimmen der CDU/CSU, der SPD und der AFD dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch zugestimmt.
Durch die gesetzliche Neuregelung erhält die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung neue Befugnisse, um gegen Schwarzarbeit, Sozialleistungsmissbrauch und ausbeuterische Formen der Beschäftigung vorzugehen.
Das Gesetz vom 11.07.2019 ist am Tag nach seiner Verkündung am 18.07.2019 in Kraft getreten: Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, vom 11.07.2019, BGBl. I, S.1066.
- Erweiterung der Kontrollrechte der FKS in Bezug auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen
- Unzulässiges Anbieten und Nachfragen der Arbeitskraft im öffentlichen Raum
- Verschärfung von Bußgeldvorschriften, Schein- und Abdeckrechnungen
- Pro und Contra
- Fazit
Erweiterung der Kontrollrechte der FKS in Bezug auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen
Schon nach bisherigem Recht hatte die FKS die Aufgabe und die Befugnis zu überprüfen, ob Arbeitgeber geltende Lohnuntergrenzen, vor allem des Mindestlohngesetzes, und (beim Einsatz von Leiharbeitnehmern) die Lohnuntergrenzen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) einhalten (§ 2 Abs.5 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG alte Fassung (a.F.)).
Hinzugekommen ist die Aufgabe der FKS zu überprüfen, ob Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen „zu ausbeuterischen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden oder wurden“ (§ 2 Abs.7 SchwarzArbG neue Fassung (n.F.)).
Dadurch soll die FKS in die Lage versetzt werden, mögliche Opfer von Menschenhandel im Zusammenhang mit Beschäftigung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft besser identifizieren zu können, so die Gesetzesbegründung (Entwurf eines Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 25.03.2019, S.45). Aufgedeckt und bekämpft werden sollen damit insbesondere auch Strukturen und Praktiken des illegalen Menschenhandels.
Unzulässiges Anbieten und Nachfragen der Arbeitskraft im öffentlichen Raum
Nach einer neu in das SchwarzArbG eingefügten Vorschrift (§ 5a SchwarzArbG) ist es verboten, seine Arbeitskraft als Tagelöhner im öffentlichen Raum „aus einer Gruppe heraus“ anzubieten, und zwar in einer Weise, die geeignet ist, Schwarzarbeit zu ermöglichen. Dementsprechend ist auch das Nachfragen solcher Angebote auf einer solchen Tagelöhnerbörse („Arbeiterstrich“) verboten. Die FKS hat nach der neuen Gesetzesfassung die Befugnis, Platzverweise auszusprechen. Die Neuregelung in § 5a SchwarzArbG lautet:
„(1) Es ist einer Person verboten, ihre Arbeitskraft als Tagelöhner im öffentlichen Raum aus einer Gruppe heraus in einer Weise anzubieten, die geeignet ist, Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung zu ermöglichen. Ebenso ist es einer Person verboten, ein unzulässiges Anbieten der Arbeitskraft dadurch nachzufragen, dass sie ein solches Angebot einholt oder annimmt.
(2) Die Behörden der Zollverwaltung können eine Person, die gegen das Verbot des unzulässigen Anbietens und Nachfragens der Arbeitskraft verstößt, vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten.“
Entsprechend dieser Regelung hat die FKS auch eine auf dieses Verbot zugeschnittene, neu in das Gesetz eingefügte Prüfungsbefugnis (§ 2 Abs.8 SchwarzArbG n.F.). Zu den Regelungsabsichten, die hinter dieser Neuregelung stehen, heißt es in der Gesetzesbegründung (Entwurf eines Gesetzes pp., vom 25.03.2019, S.49):
„Bietet der Tagelöhner aus einer Gruppe heraus seine Arbeitskraft an, liegt regelmäßig eine Tagelöhnerbörse vor. Dabei handelt es sich oftmals um bekannte Straßen oder Plätzen in Ballungsräumen, auf denen Tagelöhner ihre Arbeitskraft für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigungsverhältnisse anbieten bzw. diese Arbeitskraft nachgefragt wird. Die Anbahnung von Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Raum im Rahmen von Tagelöhnerbörsen ist geprägt durch mangelnde Dokumentation des Vertragsverhältnisses, Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Meldepflichten und die fehlende Kenntnis der Identität der Beteiligten. Darüber hinaus ist das Ausbeutungsrisiko für Arbeitsuchende hier besonders hoch, insbesondere wenn zugleich ein illegaler Aufenthalt vorliegt. Damit ist die Tagelöhnerbörse besonders geeignet, Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung zu ermöglichen.“
Verschärfung von Bußgeldvorschriften, Schein- und Abdeckrechnungen
Wer vorsätzlich Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag einbehält, aber nicht an die Einzugsstellen (Krankenkassen) abführt, macht sich strafbar gemäß § 266a Abs.1 Strafgesetzbuch (StGB). Strafbar ist auch die vorsätzliche Falsch- oder Nicht-Information der Einzugsstellen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Abgabe von sozialversicherungsrechtlichen Meldungen und Beitragsmeldungen (§ 266a Abs.2 StGB).
Demgegenüber war nach bisheriger Rechtslage die leichtfertige Falsch- oder Nicht-Information der Einzugsstellen weder strafbar noch mit einem Bußgeld bedroht. Aufgrund der gesetzlichen Neuregelung gilt hier eine Bußgeldvorschrift (§ 8 Abs.3 SchwarzArbG n.F.). Sie lautet:
„Ordnungswidrig handelt, wer als Arbeitgeber eine in § 266a Absatz 2 Nummer 1 oder 2 des Strafgesetzbuches bezeichnete Handlung leichtfertig begeht und dadurch der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung oder vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, leichtfertig vorenthält.“
Eine weitere Neuregelung im Bereich der Bußgeldvorschriften bezieht sich auf die verbreitete Praxis, durch Schein- oder Abdeckrechnungen inhaltlich falsche Buchhaltungsbelege zu erstellen, damit die Empfänger dieser „Rechnungen“ sie im Rahmen Ihrer Buchhaltung dazu nutzen können, Schwarzlohnzahlungen an Arbeitnehmer zu verschleiern. Laut Gesetzesbegründung gibt es deutschlandweit agierende kriminelle Unternehmen, die ausschließlich dazu gegründet bzw. betrieben werden, um derartige Schein- bzw. Abdeckrechnungen zu erstellen und zu verkaufen (Entwurf eines Gesetzes pp., vom 25.03.2019, S.54 f.).
Die im Zusammenhang mit solchen betrügerischen Scheinrechnungen entstandenen Sozialversicherungsschäden werden in der Gesetzesbegründung mit 590 Mio. EUR (2016) bzw. mit 715 Mio. EUR (2017) beziffert (Entwurf eines Gesetzes pp., vom 25.03.2019, S.55). Bislang konnten die Firmen bzw. deren Hintermänner, die derartige Rechnungen ausstellen, nur mit hohem Aufwand und mäßigem Erfolg strafrechtlich belangt werden. Daher wurde in § 8 Abs.4 SchwarzArbG folgende neue Bußgeldvorschrift eingefügt:
„(4) Ordnungswidrig handelt, wer
1. einen Beleg ausstellt, der in tatsächlicher Hinsicht nicht richtig ist und das Erbringen oder Ausführenlassen einer Dienst- oder Werkleistung vorspiegelt, oder
2. einen in Nummer 1 genannten Beleg in den Verkehr bringt
und dadurch Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Absatz 2 oder illegale Beschäftigung im Sinne des § 1 Absatz 3 ermöglicht.“
Die Ordnungswidrigkeit nach dieser Vorschrift kann mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 EUR bestraft werden (§ 8 Abs.6 SchwarzArbG n.F.).
Pro und Contra
Die Fraktionen der FDP und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich bei der Abstimmung am 06.06.2019 enthalten, die Fraktion der LINKEN hat gegen das Gesetz gestimmt.
Ein wesentlicher Streitpunkt war dabei ein Teil des Gesetzespaketes, der nicht die Schwarzarbeit betrifft, sondern die missbräuchliche Inanspruchnahme von Kindergeld durch EU-Ausländer. Hier gingen (und gehen) die Meinungen auseinander, ob das Kindergeld denjenigen EU-Ausländern vorübergehend vorenthalten werden kann, die sich lediglich zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten (gemäß § 2 Abs.2 Nr.1a Freizügigkeitsgesetz/EU), oder ob eine solche Beschränkung politisch verfehlt und/oder europarechtswidrig ist.
In Bezug auf die schwarzarbeitsrechtlichen Inhalte des Gesetzespakets waren sich, mit Ausnahme der LINKEN, im Grundsatz alle Bundestagsfraktionen darin einig, dass eine stärkere bzw. effektivere Bekämpfung von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung und Lohndumping richtig ist.
Die FDP-Fraktion begründete ihre Stimmenthaltung damit, dass zu wenig für eine stärkere Digitalisierung der Zollverwaltung getan werde, sowie mit rechtsstaatlichen Bedenken gegenüber den Grundrechtseingriffen, die mit der Neuregelung verbunden sind. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollte dem Gesetz nicht zustimmen, weil sie die Kindergeld-Neuregelung für europarechtswidrig und die Befugnisse der FKS zum Datenaustausch für zu weitgehend hielt.
Fazit
Der oben beschriebene Teil der Neuregelungen, der die Schwarzarbeit betrifft, geht in die richtige Richtung. Die Erscheinungsformen der Schwarzarbeit ändern sich im Laufe der Jahre. Hier muss der Staat mithalten und auch einmal "Flagge zeigen", so z.B. bei der Überwachung von Tagelöhnerbörsen.
Wie effektiv die neuen Rechte der FKS in der Praxis sein werden, hängt allerdings im Wesentlichen davon ab, ob die von der Bundesregierung versprochene personelle Aufstockung der Behörde in die Tat umgesetzt wird. Unabhängig von der gesetzlichen Neuregelung war bereits geplant, die FKS in den nächsten Jahren von derzeit etwa 7.900 Mitarbeitern auf 10.000 Mitarbeiter personell zu vergrößern. Zudem sollen nunmehr weitere 3.500 Stellen geschaffen werden. Ob dies gelingt, ist angesichts des überall herrschenden Arbeitskräfte- und Nachwuchsmangels nicht sicher.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, vom 11.07.2019, BGBl. I, S.1066
- Entwurf eines Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 25.03.2019, Bundestag Drucks. 19/8691
- Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, vom 05.06.2019, zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25.03.2019 pp., Bundestag Drucks. 19/10683
- Deutscher Bundestag, 19 Wahlperiode, 104. Sitzung, 06.06.2019, Plenarprotokoll, S.12690
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitslosenversicherungspflicht
- Handbuch Arbeitsrecht: Beschäftigung, Beschäftigungsverhältnis
- Handbuch Arbeitsrecht: Scheinselbständigkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialversicherungsmeldungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialversicherungspflicht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/133 Honorarärzte im Krankenhaus sind sozialversicherungspflichtig
- Arbeitsrecht aktuell: 18/069 LAG Frankfurt entscheidet zum Arbeitnehmerbegriff
- Arbeitsrecht aktuell: 17/305 Übertragung von Urlaub ohne Limit
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Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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