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ARBEITSRECHT AKTUELL // 15/112

Ar­beit­neh­mer­sta­tus vor dem Ar­beits­ge­richt

Der Vor­trag zur Wei­sungs­ab­hän­gig­keit ei­nes Klä­gers muss An­ga­ben da­zu ent­hal­ten, wel­che Per­so­nen wel­che kon­kre­ten Wei­sun­gen er­teilt ha­ben sol­len: Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 18.12.2014, 15 Ta 582/14
Geschäftsführer hinter Schreibtisch mit Bauarbeitern

05.05.2015. Wer nicht si­cher weiß, ob er Ar­beit­neh­mer oder Selb­stän­di­ger ist, ist in ei­ner schwie­ri­gen La­ge, wenn er rück­stän­di­ge Ver­gü­tung ein­kla­gen möch­te.

Denn dann fragt sich, ob er sei­ne Kla­ge bei ei­nem "or­dent­li­chen" Ge­richt ein­rei­chen soll, d.h. bei ei­nem Amts­ge­richt oder Land­ge­richt, oder aber bei ei­nem Ar­beits­ge­richt.

Ent­schei­det er sich für den Gang zum Ar­beits­ge­richt, muss er kon­kre­te Tat­sa­chen vor­tra­gen, aus de­nen sei­ne Wei­sungs­ab­hän­gig­keit folgt, denn nur so hat er sei­nen Ar­beit­neh­mer­sta­tus "schlüs­sig" vor­ge­bracht: Lan­des­ar­beits­ge­richt Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 18.12.2014, 15 Ta 582/14.

Wel­che An­ga­ben muss ei­ne Lohn­kla­ge vor dem Ar­beits­ge­richt ent­hal­ten, wenn der Ar­beit­neh­mer­sta­tus des Klägers un­klar ist?

Bei den meis­ten Lohn­kla­gen be­steht kein Zwei­fel dar­an, dass der Kläger Ar­beit­neh­mer ist und so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig beschäftigt wird: Er kann ei­nen Ar­beits­ver­trag und Ge­halts­ab­rech­nun­gen vor­le­gen, und der be­klag­te Ar­beit­ge­ber käme nicht auf die Idee, den Ar­beit­neh­mer­sta­tus zu be­strei­ten.

Manch­mal wer­den Ar­beit­neh­mer aber un­ter dem fal­schen Schein der Selbständig­keit beschäftigt, d.h. sie sind Schein­selbständi­ge. Ih­re Vergütungs­kla­gen gehören auch vor die Ar­beits­ge­rich­te, nur dass sie hier nicht so freund­lich emp­fan­gen wer­den wie "nor­ma­le" Ar­beit­neh­mer. Denn die be­klag­te Par­tei be­strei­tet, dass ein Ar­beits­verhält­nis vor­liegt bzw. vor­lag, und das Ge­richt ver­langt dann zu die­ser Fra­ge vom Kläger nähe­re An­ga­ben.

Grund­la­ge die­ser Dis­kus­sio­nen ist § 2 Abs.1 Nr.3 a) Ar­beits­ge­richts­ge­setz (ArbGG), wo­nach die Ar­beits­ge­rich­te zuständig sind für Kla­gen "aus dem Ar­beits­verhält­nis". Hier gibt es zwei Fall­kon­stel­la­tio­nen:

In man­chen Fällen kann ei­ne Kla­ge nur Er­folg ha­ben, wenn der Kläger Ar­beit­neh­mer ist, so z.B. bei ei­ner Kla­ge auf Zah­lung von Ur­laubs­ab­gel­tung. Denn Ur­laubs­ab­gel­tung steht nur Ar­beit­neh­mern zu, und da­her muss das Ge­richt den Ar­beit­neh­mer­sta­tus klären, wenn es der Kla­ge statt­ge­ben oder sie als un­be­gründet ab­wei­sen will. In die­sen Fällen genügt es für die Zuständig­keit der Ar­beits­ge­rich­te, wenn der Kläger ein­fach be­haup­tet, Ar­beit­neh­mer zu sein (denn die Be­rech­ti­gung die­ser Be­haup­tung muss das Ge­richt ja so oder so bei der Sach­ent­schei­dung klären).

In an­de­ren Fällen hängt der Er­folg ei­ner (Zah­lungs-)Kla­ge nicht vom Ar­beit­neh­mer­sta­tus des Klägers ab, so z.B. bei ei­ner Kla­ge auf Vergütung für ge­leis­te­te Diens­te. Denn ei­nen Vergütungs­an­spruch hat man nicht nur als Ar­beit­neh­mer, son­dern auch als selbständi­ger Dienst­leis­ter. In die­sen Fällen kann sich der Kläger, wenn er vor das Ar­beits­ge­richt zieht, nicht auf die bloße Be­haup­tung be­schränken, er sei Ar­beit­neh­mer, son­dern er muss die­se Be­haup­tung mit Tat­sa­chen un­terfüttern.

Da man nur dann Ar­beit­neh­mer ist, wenn man

muss der Kläger bei Vergütungs­kla­gen zu die­sen bei­den Prüfpunk­ten Tat­sa­chen vor­tra­gen.

Der So­lin­ger Streit­fall: Zah­lungs­ansprüche ei­ner Mu­se­ums­kus­to­din

Ge­klagt hat­te ei­ne Mu­se­umshüte­rin (Kus­to­din) ge­gen den Ver­ein, der das Mu­se­um be­trieb. Die Kus­to­din war selbst Mit­glied die­ses Ver­eins und ver­lang­te auf der Grund­la­ge ei­nes mit dem Ver­ein ge­schlos­se­nen Ver­trags, der nicht als Ar­beits­ver­trag aus­ge­stal­tet war, vor dem Ar­beits­ge­richt So­lin­gen rückständi­ge Vergütung von knapp 50.000,00 EUR. Die Kläge­rin mein­te, sie sei Ar­beit­neh­me­rin.

Ne­ben dem Ver­trag, der Grund­la­ge der Kla­ge war, war die Kläge­rin auch auf­grund von Auf­trägen ih­rer Wer­be­agen­tur für den be­klag­ten Ver­ein tätig. Hin­zu ka­men ein Be­wirt­schaf­tungs­ver­trag und ein Miet­ver­trag über Wohn­raum und über ei­nen Werk­raum zur ge­werb­li­chen Nut­zung.

Das Ar­beits­ge­richt So­lin­gen ver­wies die Kla­ge per Be­schluss an das Land­ge­richt Wup­per­tal, da es sich für un­zuständig hielt (Ar­beits­ge­richt So­lin­gen, Be­schluss vom 30.09.2014, 1 Ca 379/14).

LAG Düssel­dorf: Der Kläger muss kon­kre­te An­ga­ben da­zu ma­chen, wer ihm wel­che Wei­sun­gen er­teilt ha­ben soll

Auch in der Be­schwer­de­instanz vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Düssel­dorf hat­te die Kläge­rin kei­nen Er­folg, d.h. es blieb da­bei, dass ih­re Kla­ge vor dem Land­ge­richt ver­han­delt wer­den muss­te. Zur Be­gründung heißt es in dem Be­schluss des LAG Düssel­dorf:

Die Kläge­rin hat­te nicht nur ei­nen, son­dern meh­re­re Verträge mit dem be­klag­ten Ver­ein. Wel­che Ar­bei­ten sie aber im Rah­men wel­cher die­ser ver­schie­de­nen Ver­trags­be­zie­hun­gen ver­rich­te­te, wur­de nicht deut­lich, so das LAG. Erst recht wur­de nicht klar, wel­che Per­so­nen der Kläge­rin wel­che Wei­sun­gen in Be­zug auf Ar­beits­in­hal­te und/oder Ar­beits­zei­ten ge­macht ha­ben soll­ten. Hier­zu hat­te die Kläge­rin kei­ne kon­kre­ten An­ga­ben ge­macht.

Ergänzend führt das LAG aus, dass die Kus­to­din nach dem Ver­trag, der Grund­la­ge der Kla­ge war, gar nicht persönlich zur Ar­beits­leis­tung ver­pflich­tet war, son­dern auch an­de­re Per­so­nen hätte ein­set­zen können, z.B. ih­ren Mann. Auch das sprach ge­gen ein Ar­beits­verhält­nis, denn ei­nen Ar­beits­ver­trag hat der Ar­beit­neh­mer nor­ma­ler­wei­se persönlich zu erfüllen (§ 613 Satz 1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch - BGB).

Fa­zit: Wer vor dem Ar­beits­ge­richt ei­ne Vergütungs­kla­ge er­hebt, de­ren Er­folg in der Sa­che nicht vom Ar­beit­neh­mer­sta­tus des Klägers abhängt, muss nach der Recht­spre­chung die­je­ni­gen Tat­sa­chen vor­tra­gen, aus de­nen sein Ar­beit­neh­mer­sta­tus "schlüssig" folgt. Hier sind schwam­mi­ge und über­wie­gend wer­ten­de Aus­sa­gen wie et­wa die, dass der Kläger "fes­te Ar­beits­zei­ten" oder "Vor­ga­ben" ein­hal­ten oder "fach­li­che Wei­sun­gen be­fol­gen" muss­te, nicht aus­rei­chend.

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Letzte Überarbeitung: 2. September 2019

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