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Fremdvergabe oder Leiharbeit?
29.06.2013. Wenn ein Hotel oder ein Krankenhaus seinen bisher in Eigenregie geführten Küchenbetrieb "outsourct", d.h. eine Fremdfirma mit den Küchenleistungen beauftragt, müssen sich die Küchenmitarbeiter auf eine betriebsbedingte Kündigung einstellen.
Denn wenn die Fremdfirma mit ihren eigenen Leuten den Küchenbetrieb führt, braucht das Hotel bzw. das Krankenhaus keine eigenen Küchenmitarbeiter mehr.
Aber kann man auch zielgerichtet die Funktion der Küchenleitung an eine Fremdfirma vergeben, das übrige Küchenpersonal aber behalten? Mit einem solchen Fall befasst sich ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.03.2013, 12 Sa 1624/12.
- Kann man auch einzelne Leitungsaufgaben auf eine Fremdfirma übertragen?
- Der Streitfall: Seniorenwohnheim kündigt der Küchenleiterin und überträgt deren Funktion auf eine Fremdfirma, behält aber die anderen Küchenkräfte
- LAG Berlin-Brandenburg: Fremdvergabe einer Leitungsfunktion liegt nicht vor, wenn der Fremdfirmenmitarbeiter wie ein eigener Mitarbeiter in die Organisation des Arbeitgebers eingebunden ist
Kann man auch einzelne Leitungsaufgaben auf eine Fremdfirma übertragen?
Erhält ein Arbeitnehmer, der durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) abgesichert ist, eine betriebsbedingte Kündigung und reicht daraufhin Kündigungsschutzklage ein, muss der Arbeitgeber rudern: Er muss darlegen, dass er eine unternehmerische Organisationsentscheidung getroffen hat, die den Bedarf für die Arbeitsleistung des gekündigten Arbeitnehmers dauerhaft entfallen lässt.
Eine Unternehmerentscheidung, die sich vor Gericht meist "gut verkaufen" lässt, ist die Fremdvergabe von Arbeiten, die der gekündigte Arbeitnehmer bisher mit seinen Kollegen im Betrieb verrichtet hat. Wenn diese Arbeiten wie z.B. Werbung, Küche, Lagerhaltung, Reinigung, Versand usw. künftig komplett von einem anderen Unternehmen durchgeführt werden sollen (= Unternehmerentscheidung), besteht infolge dieser Entscheidung kein Bedarf mehr an eigenen Arbeitskräften.
Eine solche Fremdvergabe setzt aber voraus, dass die bislang betriebsintern erbrachten Leistungen wirklich einer anderen Firma zur selbständigen Durchführung übertragen werden. Das bedeutet, dass der kündigende Arbeitgeber künftig keinen Einfluss mehr auf den Personaleinsatz durch die beauftragte Fremdfirma hat, d.h. er hat kein Weisungsrecht gegenüber den Fremdfirmenkräften. Behält er sich ein solches Recht vor oder übt es faktisch aus, führt das nicht zum Wegfall des bisherigen Arbeitsbedarfs. Dann liegt eine Austauschkündigung vor, und die ist rechtlich unwirksam.
Denn bei einer Austauschkündigung besteht der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung der gekündigten Arbeitnehmer weiter fort. Daher ist die vom Arbeitgeber ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung unwirksam.
Fraglich ist allerdings, ob eine Austauschkündigung auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer der Fremdfirma gar keine Weisungen erteilt, weil dieser seinerseits Leitungsaufgaben verrichten soll - allerdings mit dem Hut der Fremdfirma auf dem Kopf.
Arbeitet die von der Fremdfirma gestellte Kraft unter solchen Umständen wie ein betriebsangehöriger eigener Arbeitnehmer (= unwirksame Austauschkündigung infolge einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung) oder gehört sie wirklich zu den Leuten der Fremdfirma (= wirksame betriebsbedingte Kündigung infolge echter Fremdvergabe)?
Der Streitfall: Seniorenwohnheim kündigt der Küchenleiterin und überträgt deren Funktion auf eine Fremdfirma, behält aber die anderen Küchenkräfte
Im Streitfall hatte der Betreiber eines Seniorenwohmheims eine langjährig beschäftigte Küchenleiterin aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, und zwar mit der Begründung, er habe die Funktion der Küchenleitung an eine Fremdfirma vergeben. Seltsamerweise wollte er aber die anderen Küchenmitarbeiter nicht entlassen, und daher hatte die Fremdfirma auch nicht die Aufgabe, die kompletten Küchenleistungen des Wohnheims zu erbringen.
Da die gekündigte Küchenleiterin dem KSchG unterfiel und die ganze Geschichte ziemlich merkwürdig klang, erhob sie Kündigungsschutzklage. Vor Gericht stellte sich heraus, dass die an die Fremdfirma vergebenen Aufgaben u.a. im Leiten und Führen der Köche, Küchenhilfskräfte und Praktikanten, in der Qualitätskontrolle sowie in der Organisation der Arbeitsabläufe bestanden.
Das Arbeitsgericht bewertete die Kündigung daraufhin als rechtsmissbräuchliche Austauschkündigung, d.h. als unwirksam (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 15.06.2012, 5 Ca 10537/11).
LAG Berlin-Brandenburg: Fremdvergabe einer Leitungsfunktion liegt nicht vor, wenn der Fremdfirmenmitarbeiter wie ein eigener Mitarbeiter in die Organisation des Arbeitgebers eingebunden ist
Die hiergegen beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegte Berufung des Arbeitgebers hatte keinen Erfolg, denn auch das LAG hielt die Kündigung für unwirksam. Zur Begründung heißt es:
Wenn der Arbeitgeber Leitungsaufgaben an eine Fremdfirma vergibt, ist das Weisungsrecht "kein typisches Merkmal der Arbeitnehmerstellung", so das LAG. Dann muss man sich genauer anschauen, ob und wie Leitungskraft der Fremdfirma in den Betrieb eingegliedert ist, d.h. es kommt auf die Art und Organisation der angeblich "outgesourcten" Aufgaben an und auf deren Einbindung in die Betriebsstruktur.
Im vorliegenden Fall (Kündigung der Küchenleiterin und Fremdvergabe der Küchenleitung bei voll beibehaltenem eigenem Küchenbetrieb) meinte das LAG, dass die von der Fremdfirma gestellte Küchenleitung in vollem Umfang in den Betrieb des Seniorenheims eingegliedert werden musste, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Die meisten geschuldeten Leistungen der von der Fremdfirma gestellten Küchenleitung konnten nämlich nur in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern des Wohnheims in dessen Räumen und zu den dort üblichen Betriebszeiten erbracht werden.
Fazit: Arbeitgeber können eine betriebsbedingte Kündigung nicht damit begründen, dass sie zielgerichtet einzelne Leitungspositionen an eine Fremdfirma vergeben, wenn sie die der Leitung zugwiesenen Mitarbeiter gleichzeitig behalten und die von der Fremdfirma gestellte Leitungskraft daher in alle vorhandenen betrieblichen Arbeitsabläufe eng eingebunden ist.
Denn unter solchen Umständen ist die scheinbare Fremdfirmenkraft in Wahrheit nicht in die Arbeitsorganisation der Fremdfirma eingebunden, sondern in die des Arbeitgebers. Daher liegt keine wirkliche Fremdvergabe, sondern verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vor. Mit solchen Tricksereien kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht gerechtfertigt werden.
Für den von der Fremdfirma eingesetzten Arbeitnehmer heißt das, das er als Scheinselbständiger in Wahrheit Arbeitnehmer des Seniorenwohmheims war. Er könnte sich daher "einklagen", d.h. gegen das Seniorenwohmheim auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses klagen. Denn weil die angebliche Fremdvergabe in Wahrheit eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung war, besteht nach dem Gesetz ein Arbeitsverhältnis zwischen Seniorenwohnheim und (angebllicher) Fremdfirmenkraft. Diese Rechtsfolge ergibt sich zum einen aus § 10 Abs.1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), falls die Fremdfirma keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat, zum anderen daraus, dass der Scheinselbständige in Wahrheit aufgrund der faktischen Eingliederung in die Organisation des Seniorenwohnheims dessen Arbeitnehmer ist.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.03.2013, 12 Sa 1624/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmer
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Scheinselbständigkeit
- Handbuch Arbeitsrecht: Weisungsrecht
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Letzte Überarbeitung: 2. September 2019
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