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Betriebsbedingte Kündigung wegen Wegfalls einer Hierarchieebene
16.02.2018. Von betriebsbedingten Kündigungen sind typischerweise viele Arbeitnehmer betroffen, d.h. die betriebsbedingte Kündigung im Einzelfall ist eine Ausnahme.
Trotzdem kann der Arbeitgeber auch eine einzelne Stelle streichen, und auf der Grundlage einer solchen unternehmerischen Entscheidung ist es im Prinzip zulässig, den Stelleninhaber betriebsbedingt kündigen.
In solchen Fällen muss der Arbeitgeber aber vor Gericht genauer als bei normalen betriebsbedingten Kündigungen erklären, aus welchen Gründen er eigentlich die Stelle gestrichen hat, d.h. welche Vorteile damit verbunden sein sollen und wie genau diese Vorteile auf Dauer verwirklicht werden sollen.
Bleiben hier Fragen offen, ist die Kündigung unwirksam, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einer aktuellen Entscheidung: LAG Köln, Urteil vom 13.10.2017, 4 Sa 109/17.
- Kann eine betriebsbedingte Kündigung mit dem Wegfall einer Führungsposition bzw. einer Stufe der Betriebshierarchie begründet werden, auch wenn davon nur ein Arbeitnehmer betroffen ist?
- Im Streit: Messebaufirma streicht die Stelle des Leiters der betriebseigenen Schreinerei, in der 20 Mitarbeiter arbeiten
- LAG Köln: Bei Streichung einer bedeutsamen Führungsposition muss der Arbeitgeber unter Angabe von Wochenarbeitsstunden erklären, wer die Aufgaben künftig wie erledigen soll
Kann eine betriebsbedingte Kündigung mit dem Wegfall einer Führungsposition bzw. einer Stufe der Betriebshierarchie begründet werden, auch wenn davon nur ein Arbeitnehmer betroffen ist?
Wer länger als sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern arbeitet, hat allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). In diesem Fall braucht der Arbeitgeber auch für eine ordentliche Kündigung eine sachliche bzw. „soziale“ Rechtfertigung, wobei er sich auf die drei in § 1 KSchG genannten Kündigungsgründe stützen kann.
Ob die vom Arbeitgeber behaupteten Gründe, z.B. dringende betriebsbedingte Gründe, tatsächlich vorliegen und die Kündigung rechtfertigen, kann der Arbeitnehmer gerichtlich überprüfen lassen, indem er (rechtzeitig binnen drei Wochen nach Erhalt der Kündigung) Kündigungsschutzklage erhebt.
Bei betriebsbedingten Kündigungen stützen sich Arbeitgeber meist auf eine von ihnen (angeblich) getroffene unternehmerische Entscheidung, die z.B. den Inhalt haben kann, dass ein Betriebsteil, eine Abteilung oder eine Filiale geschlossen werden soll. Hat der Arbeitgeber mit der Umsetzung einer solchen Entscheidung begonnen, d.h. hat sie zum Zeitpunkt der Kündigung „greifbare Formen“ angenommen, ist das vor Gericht ein starkes Argument für den Arbeitgeber.
Denn seine Unternehmerentscheidungen werden von den Arbeitsgerichten nicht überprüft, d.h. sie können im Extremfall betriebswirtschaftlich unsinnig sein, sind aber trotzdem für die Gerichte bindend. Auch dann können die Gerichte nur prüfen, ob die Unternehmerentscheidung unvermeidlicher Weise zu einem dauerhaften Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten geführt hat. Hier kommt es dann auf anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten an und zuletzt natürlich auch auf eine korrekte Sozialauswahl.
In bestimmten Fällen überprüfen die Arbeitsgerichte allerdings die vom Arbeitgeber vorgebrachte Unternehmerentscheidung doch etwas genauer, d.h. sie lassen sich vom Arbeitgeber erklären, worin eigentlich ihr Nutzen bestehen soll und wie genau dieser Nutzen erreicht werden soll. Das sind Fälle, in denen sich die Unternehmerentscheidung auf einen einzelnen Arbeitsplatz, d.h. eine Stelle bzw. Hierarchieebene bezieht.
Denn wenn der Arbeitgeber z.B. entscheidet, die Stelle bzw. Betriebshierarchieebene des „Leiters Einkauf“ ersatzlos zu streichen, dann gibt es nur einen davon betroffenen Arbeitnehmer, der eine betriebsbedingte Kündigung erhalten wird, nämlich den aktuellen Inhaber dieser Stelle. Hier sind Organisationsentscheidung (= Stellenstreichung) und Kündigungsentscheidung (= Kündigung des Stelleninhabers) praktisch ein und dasselbe.
Würde man dem Arbeitgeber auch in solchen Fällen zugestehen, dass seine Organisationsentscheidung gerichtlich nicht auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft wird, hätte der betroffene Arbeitnehmer letztlich gar keinen Kündigungsschutz: Denn die Stellenstreichung bräuchte der Arbeitgeber nicht zu begründen, die Auswirkungen dieser Entscheidung auf den künftigen Bedarf an Arbeitsleistungen des Stelleninhabers sind offensichtlich, und eine Sozialauswahl ist meist auch nicht vorzunehmen, da viele Führungskräfte mit keinem anderen Kollegen „vergleichbar“ im Rahmen einer Sozialauswahl sind.
Daher muss der Arbeitgeber in solchen Fällen dem Gericht verdeutlichen, dass und wie seine Unternehmerentscheidung organisatorisch durchführbar sein soll und aus welchen Gründen sie auch längerfristig funktionieren wird, d.h. „nachhaltig“ sein wird. Hier muss der Arbeitgeber die bisherigen Tätigkeiten des gekündigten Arbeitnehmers mit konkreten Wochenstunden unterlegen und erklären,
- dass bestimmte Tätigkeiten künftig gar nicht mehr verrichtet werden sollen und
- dass andere Tätigkeiten vom verbliebenen Personal übernommen werden sollen, und zwar ohne zeitliche Überlastung.
In dem hier besprochenen Fall des LAG Köln ist es dem Arbeitgeber nicht gelungen, diese Nachweise zu führen.
Im Streit: Messebaufirma streicht die Stelle des Leiters der betriebseigenen Schreinerei, in der 20 Mitarbeiter arbeiten
Eine Messebaufirma mit bundesweit etwa 200 Arbeitnehmern kündigte im Juli 2016 eine langjährig beschäftigte Vollzeit-Führungskraft, nämlich den Leiter der in Kerpen befindlichen betriebseigenen Schreinerei.
Der gekündigte Schreinereileiter war zuständig für die Materialbestellung, die Verwaltung der im Fundus vorhandenen Teile, die Steuerung des Maschinenparks, die Arbeitseinteilung sowie die Urlaubs- und Abwesenheitsplanung nebst Leitung des ihm unterstellten Teams aus 20 Mitarbeitern.
Im Kündigungsschutzverfahren erläuterte der Arbeitgeber seine Stellenstreichung im Wesentlichen so: Von den Leitungsaufgaben sollen die Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung künftig die Materialbeschaffung, die Verwaltung der Teile etc. miterledigen. Dafür seien freie Kapazitäten vorhanden. Die verbleibenden anderen Führungsaufgaben solle in Zukunft eine andere Führungskraft, der sog. Plant Manager, mit übernehmen.
Das Arbeitsgericht Köln gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung (Urteil vom 24.11.2016, 11 Ca 5658/16).
LAG Köln: Bei Streichung einer bedeutsamen Führungsposition muss der Arbeitgeber unter Angabe von Wochenarbeitsstunden erklären, wer die Aufgaben künftig wie erledigen soll
Das LAG Köln wies die Berufung des Arbeitgebers zurück und ließ die Revision nicht zu. Zur Begründung heißt es:
Besteht die Unternehmerentscheidung in der Streichung einer einzelnen Stelle und in der Umverteilung der vom Stelleninhaber zuletzt erledigten Arbeiten, muss der Arbeitgeber die Stellenstreichung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Das muss er ziemlich konkret machen, d.h. unter (ungefährer) Angabe der Wochenstunden, die der gekündigte Stelleninhaber für seine Arbeitsaufgaben zuletzt aufgewendet hat.
Im vorliegenden Fall waren die o.g. Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers im Kern unstreitig, angefangen von der Materialbestellung über die Teile-Verwaltung bis hin zur Leitung eines Teams von 20 Mitarbeitern.
Hier hatte der Arbeitgeber bereits nicht vorgetragen, so das LAG, welchen Anteil an der 40-Stundenwoche des Arbeitnehmers diese einzelnen Tätigkeiten jeweils hatten. Infolgedessen hingen die Behauptungen des Arbeitgebers zu ihrer angeblich geplanten Umverteilung auf andere Mitarbeiter von vornherein in der Luft. Auf dieser Grundlage konnte das Gericht nicht überprüfen, ob die behauptete Unternehmerentscheidung organisatorisch durchführbar und zeitlich nachhaltig ist oder nicht.
Fazit: Betriebsbedingt gekündigte Führungskräfte bzw. ihre Anwälte sind gut beraten, wenn sie die zuletzt von der Führungskraft erledigten Aufgaben möglichst detailliert beschreiben, und zwar unter Nennung von Zeugen, d.h. unter Beweisantritt. Denn solche Schilderungen kann der Arbeitgeber nur bestreiten, wenn er seinerseits konkret wird.
Im Ergebnis wird damit meist unstreitig, dass der Arbeitnehmer eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben erledigt hat, die man nur in seltenen Fällen künftig einfach unerledigt lassen kann. Und dann muss der Arbeitgeber dem Gericht recht genau, d.h. unter Angabe von Wochenstundenzahlen erklären, wer künftig welche Aufgaben übernehmen soll.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 13.10.2017, 4 Sa 109/17
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung des Arbeitsvertrags (Überblick)
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialauswahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Weiterbeschäftigung
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Letzte Überarbeitung: 30. August 2019
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