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Sachgrundlose Befristung und Rechtsmissbrauch
14.12.2015. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) kann die nahtlose Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen nicht nur bei langer Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses rechtsmissbräuchlich sein, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer befristete Vertragsverlängerungen mit jeweils anderen Vertragsarbeitgebern abschließen muss.
Allerdings trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitgeberaustausch auf eine rechtsmissbräuchliche Umgehung der gesetzlichen Befristungsschranken abzielt.
Mit einer aktuellen Entscheidung hat das BAG es betroffenen Arbeitnehmern leichter gemacht, diesen Missbrauchsnachweis vor Gericht zu führen: BAG, Urteil vom 24.06.2015, 7 AZR 452/13.
- Kettenbefristung durch Arbeitgeberaustausch und Missbrauchskontrolle
- Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung wird zunächst von der Bundesagentur für Arbeit und danach von der Kommune beschäftigt - jeweils befristet
- BAG: Zum Nachweis einer missbräuchlichen Befristung unter Einschaltung verschiedener Vertragsarbeitgeber kann der Arbeitnehmer Indizien vortragen, die der Arbeitgeber dann entkräften muss
Kettenbefristung durch Arbeitgeberaustausch und Missbrauchskontrolle
Gemäß § 14 Abs.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsvertrags im Allgemeinen nur zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt. Denn befristete Verträge beseitigen den Kündigungsschutz, und dafür sollte es triftige Gründe geben.
Von dieser Regel macht § 14 Abs.2 Satz 1 und 2 TzBfG eine Ausnahme. Diese Vorschrift betrifft die sachgrundlose Befristung bei Neueinstellungen. Sie lautet:
"Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat."
Eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags setzt daher im Allgemeinen voraus:
- Die Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung beträgt höchstens zwei Jahre.
- Der Arbeitnehmer hatte nicht schon in der Vergangenheit "mit demselben Arbeitgeber" ein Arbeitsverhältnis (sog. Anschlussverbot oder Vorbeschäftigungsverbot).
Um dem abgesprochenen Arbeitgeberaustausch bzw. Arbeitgeberkarussell einen Riegel vorzuschieben, könnte man "Arbeitgeber" im Sinne von § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG betriebsbezogen oder arbeitsplatzbezogen verstehen, nach dem Motto: Ist ein Arbeitnehmer in demselben Betrieb oder auf demselben Arbeitsplatz länger als zwei Jahre beschäftigt, ist eine weitere sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich - egal, welche Firma ihren Stempel auf den Arbeitsvertrag setzt.
Dieser Auslegung von § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG hat das BAG allerdings im Jahre 2014 eine Absage erteilt."Arbeitgeber" im Sinne von § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG ist laut BAG allein der Vertragsarbeitgeber, d.h. das Anschlussverbot gilt immer nur in Bezug auf eine bestimmte Person (X-GmbH, Y-AG usw.), die als Arbeitgeber auftritt (BAG, Urteil vom 22.01.2014, 7 AZR 243/12, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle, und BAG, Urteil vom 19.03.2014, 7 AZR 527/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/200 Befristung nach Arbeitgeberwechsel als Missbrauch).
Immerhin hat das BAG in diesen Urteilen im Prinzip anerkannt, dass hintereinander geschaltete befristete Verträge mit jeweils anderen Vertragsarbeitgebern missbräuchlich sein können. Allerdings liegt ein Missbrauch nicht schon darin, dass mehrere Arbeitgeber einen gemeinsamen Betrieb führen und abwechselnd in die Rolle des Vertragsarbeitgebers schlüpfen. Um von Missbrauch reden zu können, muss der Austausch des Vertragsarbeitgebers ausschließlich dem Ziel dienen, die rechtlichen Befristungsschranken auszuhebeln, so das BAG.
Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob dem auf Entfristung klagenden Arbeitnehmer nicht wenigstens bestimmte Beweiserleichterungen zugestanden werden müssten, um ein faires Verfahren sicherzustellen.
Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung wird zunächst von der Bundesagentur für Arbeit und danach von der Kommune beschäftigt - jeweils befristet
Ein Angestellter der Arbeitsverwaltung war befristet von Anfang Oktober 2008 bis Ende Dezember 2010 als Fachassistent für Integrationsmaßnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) beschäftigt. Die zuletzt vereinbarte Befristung wurde auf § 14 Abs.1 Nr.7 TzBfG gestützt, d.h. es war eine sog Haushaltsmittelbefristung vereinbart.
Wie das BAG im März 2011 klarstellte, sind Sachgrundbefristungen in Form einer Haushaltsmittelbefristung bei der BA unwirksam (BAG, Urteil vom 09.03.2011, 7 AZR 728/09, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 11/061 Haushaltsbefristungen bei der Bundesagentur für Arbeit sind unwirksam).
Der Angestellte hatte auch anscheinend bereits eine Entfristungsklage in Betracht gezogen, ließ sich dann aber stattdessen auf einen weiteren befristeten Vertrag ein. Dieser dauerte von Anfang Januar 2011 bis Ende Dezember 2011. Vertragsarbeitgeber war nicht mehr die BA, sondern eine kommunale Einrichtung, die zusammen mit der BA ein Jobcenter betrieb. Am Arbeitsplatz und an den Arbeitsaufgaben änderte sich für den Angestellten nichts.
Da es keine weitere Vertragsverlängerung gab, klagte der Angestellte gegen die letzte, mit der kommunalen Einrichtung vereinbarte Befristung. Das Arbeitsgericht Hamburg wies die Entfristungsklage ab (Urteil vom 31.03.2012, 22 Ca 27/12), und auch die dagegen beim Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg (LAG Hamburg, Urteil vom 07.03.2013, 7 Sa 57/12).
BAG: Zum Nachweis einer missbräuchlichen Befristung unter Einschaltung verschiedener Vertragsarbeitgeber kann der Arbeitnehmer Indizien vortragen, die der Arbeitgeber dann entkräften muss
Das BAG hob das LAG-Urteil auf und verwies den Fall zurück zum LAG. Denn das LAG hatte nicht alle Indizien, die im Streitfall für einen Missbrauch der Befristungsmöglichkeit sprachen, ausreichend zugunsten des klagenden Arbeitnehmers bewertet.
Dabei stellt das BAG zunächst klar, dass die Vorbeschäftigung des Angestellten bei der BA keine Beschäftigung bei "demselben Arbeitgeber" im Sinne von § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG darstellt, da BA (erster Arbeitgeber) und kommunale Einrichtung (zweiter Arbeitgeber) verschiedene Personen sind. Und allein darauf kommt es beim Anschlussverbot des § 14 Abs.2 Satz 2 TzBfG an, so das BAG.
Allerdings räumt das BAG dem klagenden Arbeitnehmer eine Beweiserleichterung bei der Frage ein, ob die hintereinander geschalteten Befristungen unter Beteiligung verschiedener Vertragsarbeitgeber missbräuchlich sind oder nicht. Der Arbeitnehmer kann sich im Prozess, so das BAG, erst einmal darauf beschränken, Indizien für einen Rechtsmissbrauch vorzutragen, die der Arbeitgeber dann durch Gegenvortrag entkräften muss.
Indizien für ein missbräuchliches Arbeitgeberkarussell können sein:
- die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit der beteiligten Arbeitgeber
- die ununterbrochene Fortsetzung der befristeten Beschäftigung des Arbeitnehmers beim alten und neuen Vertragsarbeitgeber
- die ununterbrochene Beschäftigung des Arbeitnehmers auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich
- die Aufrechterhaltung der bisherigen Arbeitsbedingungen
- die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen Vertragsarbeitgeber oder eine gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen und den neuen Vertragsarbeitgeber
- die Umstände des Vertragsschlusses, insbesondere die „Vermittlung“ des Arbeitnehmers an den letzten Vertragsarbeitgeber durch den vorherigen Arbeitgeber
- ein erkennbar systematisches Zusammenwirken von bisherigem und neuem Arbeitgeber
Legt der Arbeitnehmer solche Indizien für einen missbräuchlichen Einsatz der Befristungsmöglichkeit dar, muss der Arbeitgeber diesen Vortrag bestreiten oder andere Tatsachen anführen, die den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Fazit: Ein Arbeitgeber-Karussell kann, obwohl es im Prinzip nicht gegen das Anschlussverbot verstößt, im Einzelfall rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein. Ein Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn miteinander verbundene Vertragsarbeitgeber aufeinander folgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer nur deshalb schließen, um über die gesetzlichen (zeitlichen) Schranken der sachgrundlosen Befristung (§ 14 Abs.2 TzBfG) auszuhebeln.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2015, 7 AZR 452/13
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 07.03.2013, 7 Sa 57/12
- Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 31.03.2012, 22 Ca 27/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.03.2014, 7 AZR 527/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2014, 7 AZR 243/12
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.03.2011, 7 AZR 728/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Mustervertrag: Sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 20/083 Befristeter Arbeitsvertrag für zeitlich begrenzte Projekte
- Arbeitsrecht aktuell: 17/138 Wann sind Sachgrundbefristungen missbräuchlich?
- Arbeitsrecht aktuell: 17/020 Verlängerung von befristeten Verträgen bei der Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 15/090 Befristungskette als Rechtsmissbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/298 Betriebsübergang bei der Arbeitsverwaltung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/200 Befristung nach Arbeitgeberwechsel als Missbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle
- Arbeitsrecht aktuell: 13/268 Befristete Arbeitsverträge im Jobcenter
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 11/061 Haushaltsbefristungen bei der Bundesagentur für Arbeit sind unwirksam
Letzte Überarbeitung: 9. Oktober 2020
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