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Befristete Arbeitsverträge im Jobcenter
13.09.2013. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) erlaubt die Befristung eines Arbeitsvertrags auch über die Gesamtdauer von zwei Jahren hinaus, vorausgesetzt, es gibt dafür einen sachlichen Grund.
Zu den wichtigsten Sachgründen für eine Befristung gehört der nur vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG).
Die Rechtsprechung zu diesem Sachgrund ist aber streng. Ein vorübergehender Bedarf liegt nur vor, wenn bei Vertragsschluss mit hinreichender Sicherheit nach dem vereinbarten Vertragsende für eine weitere Beschäftigung kein Bedarf mehr besteht.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese harte Linie in einem vorgestern ergangenen Urteil bestätigt. Hier hatte sich eine Kommune als Träger eines Jobcenters ("Optionskommune") auf die politisch unsichere Zukunft der kommunalen Jobcenter im Jahre 2005 berufen. Damit hatte sie in Erfurt keinen Erfolg: BAG, Urteil vom 11.09.2013, 7 AZR 107/12.
- Können Kommunen als Träger von Jobcentern Zeitverträge mit der politisch unsicheren Zukunft der kommunalen Jobcenter im Jahre 2005 rechtfertigen?
- Der Streitfall: Landkreis Leer vereinbart 2005 mit einer Jobcenter-Mitarbeiterin einen Fünfjahresvertrag von Januar 2006 bis Ende 2010
- BAG: Optionskommunen können die Befristung von Arbeitsverträgen von Jobcentermitarbeitern nicht allein mit der Experimentierklausel des § 6a SGB II alte Fassung begründen
Können Kommunen als Träger von Jobcentern Zeitverträge mit der politisch unsicheren Zukunft der kommunalen Jobcenter im Jahre 2005 rechtfertigen?
Träger der Grundsicherung für Arbeitslose ("Hartz IV"), die von den Jobcentern erbracht werden, sind nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) entweder die Arbeitsagenturen (Regelfall) oder die kreisfreien Städte und Kreise (Ausnahme), vorausgesetzt, die Städte bzw. Kreise haben sich dafür entschieden, diesen Teil der Arbeitsverwaltung selbst zu übernehmen (§ 6a SGB II). Derzeit gibt es in Deutschland 109 solcher "Optionskommunen".
Im Jahre 2005 bestand diese - heute unbefristete - gesetzliche Möglichkeit kommunaler Jobcenter allerdings nur mit einer gesetzlichen Befristung bis zum 31.12.2010 (§ 6a SGB II alte Fassung). Denn die politische und rechtliche Zukunft der kommunalen Jobcenter war damals aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 (2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04) ungewiss (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 08/038 Was geschieht mit den Jobcentern?).
Daher hatten viele Optionskommunen mit ihre Jobcenter-Mitarbeitern befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, die zum 31.12.2010 ausliefen, d.h. zusammen mit dem Auslaufen des Experimentier-Paragraphen (§ 6a SGB II alte Fassung) enden sollten. Denn mit dem Auslaufen des Experimentier-Paragraphen zum 31.12.2010 war für die Optionskommunen klar, dass ihr Bedarf an der Arbeitsleistung von Jobcenter-Mitarbeiter eben nur bis zum 31.12.2010 bestehen würde.
Arbeitsrechtlich gesehen ist das aber gar nicht so klar. Denn dass einem öffentlichen Arbeitgeber sozialstaatliche Dauer-Aufgaben aufgrund einer befristet geltenden Gesetzesregelung nur zeitweise übertragen sind, heißt noch nicht unbedingt, dass sich der Arbeitgeber auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG berufen kann.
Der Streitfall: Landkreis Leer vereinbart 2005 mit einer Jobcenter-Mitarbeiterin einen Fünfjahresvertrag von Januar 2006 bis Ende 2010
Im Streitfall ging es um eine Arbeitnehmerin, die beim Jobcenter des Landkreises Leer, einer Optionskommune, als Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung befristet beschäftigt war. Den letzten befristeten Vertrag schlossen die Parteien im Oktober 2005. Er lief ab Januar 2006 und sollte Ende Dezember 2010 auslaufen.
Als Grund für die Befristung berief sich der Landkreis darauf, dass er als Optionskommune ein Jobcenter betreiben wolle, und zwar auf der Grundlage der damals bis Ende 2010 befristeten Experimentierklausel des § 6a SGB II alte Fassung.
Ende 2010 erhielten 107 der etwa 130 zunächst befristet eingestellten Jobcenter-Mitarbeiter unbefristete Arbeitsverhältnisse, einige aber nicht, unter ihnen die Arbeitsvermittlerin, deren Arbeitsvertrag am 31.12.2010 auslief.
Sie erhob Entfristungsklage und hatte damit zunächst vor dem Arbeitsgericht Emden Erfolg (Urteil vom 03.05.2011, 2 Ca 39/11), zog aber in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) den Kürzeren (LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.12.2011, 11 Sa 802/11). Denn das LAG meinte, der Bedarf an der Arbeitsleistung habe bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Oktober 2005 aufgrund der bis Ende 2010 befristeten Gesetzesregelung tatsächlich nur vorübergehend bestanden.
BAG: Optionskommunen können die Befristung von Arbeitsverträgen von Jobcentermitarbeitern nicht allein mit der Experimentierklausel des § 6a SGB II alte Fassung begründen
Vor dem BAG unterlag der Landkreis Leer. Das BAG hielt die Befristung für unwirksam.
Denn, so die Erfurter Richter: Eine Prognose des Arbeitgebers, dass der Arbeitsbedarf künftig wegfällt, ist nicht schon dadurch begründet, dass dem Arbeitgeber sozialstaatliche Dauer-Aufgaben nach einem Gesetz nur zeitweise übertragen sind.
Denn das bedeutet nur, dass die Aufgabe beim Arbeitgeber möglicherweise entfällt. Die zunächst bestehende Ungewissheit über die Fortführung des Optionsmodells rechtfertigt daher keine Befristung eines Arbeitsvertrages, so das BAG.
Fazit: Eine gesetzliche "Experimentierklausel" beruht auf der Überlegung, dass das Experiment im Nachhinein möglicherweise politisch positiv bewertet wird. In diesem Fall Fall wird die gesetzliche Regelung verlängert, d.h. für die Zukunft fortgeschrieben. Dass die Optionskommunen das im Oktober 2005 noch nicht sicher wissen konnten, ist ihr Risiko als Arbeitgeber. Öffentliche Arbeitgeber steht hier rechtlich nicht besser als private Unternehmen. Auch sie müssen das Risiko tragen, dass ein "Großauftrag" wie die Zuständigkeit für die Jobcenter nicht verlängert wird.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.09.2013, 7 AZR 107/12 (Pressemeldung)
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 06.12.2011, 11 Sa 802/11
- Wikipedia: Liste der Optionskommunen
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitslosengeld I
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Klage gegen Befristung (Befristungskontrollklage, Entfristungsklage)
- Mustervertrag: Mit Sachgrund befristeter Arbeitsvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 16/190 Kettenbefristung an Hochschulen
- Arbeitsrecht aktuell: 15/353 Sachgrundlose Befristung und Rechtsmissbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/298 Betriebsübergang bei der Arbeitsverwaltung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/200 Befristung nach Arbeitgeberwechsel als Missbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 14/135 Befristung von Arbeitsverträgen und Missbrauchskontrolle
- Arbeitsrecht aktuell: 12/263 Kettenbefristung kann Missbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 11/081 Zuweisung von Haushaltsmitteln als Befristungsgrund?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/061 Haushaltsbefristungen bei der Bundesagentur für Arbeit sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 10/251 Befristung wegen vorübergehenden Bedarfs - Prognose muss genau sein
- Arbeitsrecht aktuell: 08/038 Was geschieht mit den Jobcentern?
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 28. März 2018
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