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Arbeitgericht Hamburg, Urteil vom 31.05.2012, 22 Ca 27/12
Schlagworte: | Kettenbefristung, Befristung: Kettenbefristung, Befristung: Missbrauch, Befristung: Verlängerung, Befristung: Anschlussverbot | |
Gericht: | Arbeitgericht Hamburg | |
Aktenzeichen: | 22 Ca 27/12 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 31.05.2012 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | ||
Arbeitsgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes
Geschäftszeichen:
22 Ca 27/12
Verkündet am:
31. Mai 2012
A.
Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
B. Sch.
- Kläger -
gegen
Freie und Hansestadt Hamburg
- Beklagte -
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erkennt das Arbeitsgericht Hamburg, 22. Kammer,
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2012
durch die Richterin Frau Jäger als Vorsitzende
die ehrenamtliche Richterin Frau R.
die ehrenamtliche Richterin Frau B.
für Recht:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 6.212,07 Euro.
Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Jäger
R.
B.
- 3 -
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.
Der 1959 geborene Kläger war vom 01. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2010 befristet bei der Bundesagentur für Arbeit als Fachassistent Integrationsmaßnahmen im Bereich SGB II beschäftigt. Mit Ablauf dieser Befristung verzichtete der Kläger auf die Erhebung einer Befristungskontrollklage, da ihm ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag mit der im vorliegenden Verfahren Beklagten angeboten wurde.
Mit Vertrag vom 29. November 2010 wurde er sodann erneut befristet bei der jetzigen Beklagten für den Zeitraum 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 angestellt und unverändert im team.arbeit.hamburg als Fachassistent Integrationsmaßnahmen eingesetzt. Seine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung betrug 2.070,69 Euro.
Auf den Arbeitsvertrag findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.
Unter § 1 des Arbeitsvertrags vom 25. November 1010 heißt es zum Befristungsgrund:
„Der Arbeitnehmer wird ab 01.01.2011 gemäß § 30 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Verbindung mit dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 in der jeweils geltenden Fassung aus folgendem Grund:
Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus Bundesmittel und ist nur für den Zeitraum der Befristung des Arbeitsverhältnisses gesichert.
[…] als Teilzeitbeschäftigter befristet eingestellt. […] Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum 31.12.2011.“
Für die weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf die Anlage K4 (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.
Ende des Jahres 2011 wurden bei der Beklagten 59 unbefristete freie Stellen ausgeschrieben, auf die sich der Kläger bewarb. Hierfür forderte er eine Anlassbeurteilung von der Beklagten, worauf diese ihm einen Entwurf zukommen
- 4 -
ließ. Da der Kläger mit dem Entwurf nicht einverstanden war, erhielt er auf Nachfrage im Folgenden eine wesentlich günstigere Beurteilung.
Am 25. November 2011 wurde mit dem Kläger ein Auswahlgespräch durchgeführt. Bei diesem Gespräch lag der Beklagten nur die frühere, schlechtere Bewertung des Klägers vor.
Der Kläger ist der Auffassung, die Befristung sei unwirksam. Der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sei nicht einschlägig, da die Stelle des Klägers dauerhaft bestehe und eine Haushaltsmittelbefristung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann möglich sei, wenn die Haushaltsmittel für eine nur vorübergehend anfallende Tätigkeit bereitgestellt würden. Eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG sei nicht zulässig, da es sich dabei um eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG handele. Schließlich deute einiges darauf hin, dass der befristete Arbeitsvertrag mit der Beklagten nur deshalb geschlossen wurde, weil es der Bundesagentur für Arbeit nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Haushaltsmittelbefristung verwehrt gewesen sei, weiter befristete Verträge mit dem Kläger abzuschließen. Mit dem Angebot des erneuten Arbeitsvertrages habe der Kläger zudem davon abgehalten werden sollen, eine Entfristungsklage gegen die Bundesagentur für Arbeit anzustrengen.
Schließlich ist der Kläger der Auffassung, sein Anspruch auf unbefristete Weiterbeschäftigung folge auch aus dem Rechtsgedanken der Bedingungsvereitelung. Er behauptet, dass er auf eine der 59 freien Stellen eingestellt worden wäre, wenn die günstigere Anlassbeurteilung bei dem Auswahlgespräch vorgelegen hätte.
Der Kläger hat mit Klage vom 20. Januar 2012, der Beklagten zugestellt am 27. Januar 2012, Befristungskontrollklage am Arbeitsgericht Hamburg erhoben.
Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.12.2011 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Befristung sei bereits deshalb wirksam, weil es eines Sachgrundes nicht bedurft habe. Das Arbeitsverhältnis zur Beklagten habe weniger als zwei Jahre bestanden, so dass eine Befristung auch gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG möglich sei. Die Vorbeschäftigung bei der Bundesagentur für Arbeit sei nicht auf die Beschäftigungszeit anzurechnen, da es sich nicht um denselben Vertragsarbeitgeber handele und die nahtlose befristete Weiterbeschäftigung sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich darstelle. Zudem sei aber auch der Sachgrund der Haushaltsmittelbefristung gegeben, da das Gesamtbudget im Rahmen der Kofinanzierung schwanke.
Entscheidungsgründe
I.
Die als Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG zulässige Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete auf Grund des Ablaufs der Befristung zum 31. Dezember 2011.
1.
Die Befristung gilt nicht schon als wirksam nach § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 Hs. 1 KSchG. Die dreiwöchige Klagefrist nach § 17 Satz 1 TzBfG wurde eingehalten.
2.
Die Befristung ist gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund wirksam.
a.
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Wird im Arbeitsvertrag ein Sachgrund für die Befristung angegeben, erweist sich dieser aber als nicht tragfähig, ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht daran gehindert, die Befristung auf einen anderen Sachgrund oder auf § 14 Abs. 2 TzBfG zu stützen (Arnold/Gräfl/Imping, TzBfG, 1. Auflage 2007, § 14 TzBfG Rn. 26 m.w.Nachw.).
Die Arbeitsvertragsparteien können ausdrücklich oder konkludent vereinbaren, dass die Befristung nur auf einen bestimmten Sachgrund gestützt und andere Rechtfertigungsgründe für die Befristung ausgeschlossen sein sollen. Ein solcher Ausschluss kann auch dann angenommen werden, wenn ein einschlägiger Tarifvertrag ein Zitiergebot des einschlägigen Sachgrundes fordert (BAG, Urteil vom 29.06.2011 – 7 AZR 774/09 – NZA 2011, 2484). Ein konkludenter Ausschluss der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeit kommt dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Erklärung des Arbeitgebers so verstehen darf, dass die Befristung ausschließlich auf einen bestimmten Sachgrund gestützt und von dessen Bestehen abhängen soll (Arnold/Gräfl/Imping, TzBfG, 1. Auflage 2007, § 14 TzBfG Rn. 28). Dazu reicht allein die Angabe eines Sachgrundes für die Befristung im Arbeitsvertrag nicht aus (BAG, Urteil vom 29.06.2011 – 7 AZR 774/09 – NZA 2011, 2484; Arnold/Gräfl/Imping, TzBfG, 1. Auflage 2007, § 14 TzBfG Rn. 28 m.w.Nachw.).
So verhält es sich hier. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich trotz der Angabe des Sachgrundes der Haushaltsmittelbefristung im Arbeitsvertrag vom 29. November 2010 auf die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG zu berufen. Es gibt keine weiteren Anhaltspunkte dafür, dass die Befristung mit diesem Sachgrund „stehen und fallen“ soll. Auch der zwischen den Parteien geltende Tarifvertrag (TV-L) enthält (insbesondere in § 30 TV-L) kein Zitiergebot des Sachgrundes im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der zu einer anderen Bewertung führen würde.
b.
Die Voraussetzungen der sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG liegen vor. Die höchstzulässige Dauer der Befristung von zwei Jahren gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist vorliegend nicht überschritten, das Arbeitsverhältnis ist auch nicht mehr als dreimal verlängert worden. Das hier im Streit stehende
- 7 -
Arbeitsverhältnis bestand vom 01. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011, mithin ein Kalenderjahr.
Auch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG steht einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegen. Danach ist eine sachgrundlose Befristung auch dann nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dabei ist grundsätzlich auf dieselbe natürliche oder juristische Person abzustellen (vgl. Müller-Glöge in: ErfK, 11. Auflage 2011, § 14 TzBfG Rn. 93). Auf den Beschäftigungsbetrieb bzw. den Arbeitsplatz kommt es nicht an (BAG, Urteil vom 16. Juli 2008 – 7 AZR 278/07 – NJW 2009, 107; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. November 2011 – 6 Sa 311/11, juris). Vorliegend handelt es sich bei der Bundesagentur für Arbeit und der im hiesigen Verfahren Beklagten unstreitig um zwei verschiedene juristische Personen.
c.
Die sachgrundlose Befristung des Klägers für das Jahr 2011 bei der Beklagten stellt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht als rechtsmissbräuchlich dar.
Die Beklagte hat die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit zum Abschluss von sachgrundlos befristeten Verträgen nicht entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben umgangen.
Ein Vertragspartner darf eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung nicht in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwenden, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, etwa wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deshalb schließen, um auf diese Weise über die nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgesehenen Befristungsmöglichkeiten hinaus sachgrundlose Befristungen aneinanderreihen zu können (BAG, Urteil vom 09. März 2011 - 7 AZR 657/09 - juris).
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Bei der Beurteilung eines etwaigen Rechtsmissbrauchs haben die nationalen Gerichte dabei auch unionsrechtliche Vorgaben, insbesondere die der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 (Befristungsrichtlinie) zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18.03.1999 (Rahmenvereinbarung) zu beachten (BAG, Urteil vom 09. März 2011 - 7 AZR 657/09 - juris).
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat sich die Beklagte nach Auffassung der Kammer durch den Abschluss des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages mit dem Kläger keine Vorteile verschafft, die mit dem Zweck der Norm nicht mehr vereinbar sind. Selbst wenn davon auszugehen ist, der Vertrag mit der Beklagten sei nur wegen des Ziels abgeschlossen worden, dem Kläger wieder im team.arbeit.hamburg mit demselben Tätigkeitsbereich zu betrauen, ist nicht hinreichend ersichtlich, dass der Wechsel des Vertragsarbeitgebers ausschließlich deshalb erfolgte, um das Zuvorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zu umgehen.
Die Bildung der ARGE und des team.arbeit.hamburgs diente nicht dazu, das Befristungsrecht zu umgehen. Die Beklagte und die Bundesagentur für Arbeit haben diese Einrichtung nicht gegründet, um auf diese Art und Weise die zeitlichen Höchstgrenzen für eine erleichterte Befristung auszudehnen. Die Gründung der ARGE beruht auf einer gesetzlichen Vorgabe, die eine Beteiligung verschiedener Rechtsträger vorsieht. Die sich daraus ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf den Abschluss befristeter Arbeitsverträge hat die Beklagte im Interesse der Flexibilität genutzt. Sie hat sich jedoch noch innerhalb des Normzwecks bewegt (im Ergebnis so auch: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 2 Sa 91/11 – juris; LAG Köln, Urteil vom 02. Dezember 2011 – 10 Sa 1229/10, juris).
Zwar liegen mit der Beklagten und Bundesagentur für Arbeit mehrere rechtlich und tatsächlich durch § 44 b SGB II verbundene Arbeitgeber vor. Auch spricht die Ausgestaltung und die Organisation der ARGE durch die Träger gemäß § 44 b Abs. 2 SGB II für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bei der gegenüber dem Kläger getroffenen Personalentscheidung. Jedoch liegen ausreichende Indizien, die gegen eine solche ausschließliche Umgehungsabsicht sprechen, vor. Für den Kläger war klar erkennbar, dass ihm auf Arbeitgeberseite ein anderer Vertragspartner zugeordnet wurde. Hinzu kommt, dass es sich bei dem Tätigkeitsbereich innerhalb
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der ARGE nicht um einen eigenen Beschäftigungsbereich der Beklagten handelt, sondern diese lediglich neben der Bundesagentur für Arbeit als Träger der ARGE beteiligt ist. Mit der weiteren befristeten Anstellung des Klägers sollte daher kein eigener Beschäftigungsbedarf der Beklagten gedeckt werden wie etwa bei dem Einsatz von befristet weiterbeschäftigten Leiharbeitnehmern beim Beschäftigungsarbeitsgeber. Daher ist vorliegend schon unter diesem Gesichtspunkt nicht von der Konstellation auszugehen, in der der bisherige Arbeitgeber trotz bestehenden eigenen Beschäftigungsbedarfs sich eines Dritten bedient, um das Anschlussbefristungsverbot nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu umgehen (im Ergebnis so auch: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 2 Sa 91/11 – juris; LAG Köln, Urteil vom 02. Dezember 2011 – 10 Sa 1229/10, juris).
Der Gesetzgeber hat die zulässige Befristungshöchstdauer nicht in der Person des Arbeitnehmers, sondern in der Person des Arbeitgebers begrenzt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, nach einer gewissen Beschäftigungszeit in befristeten Arbeitsverhältnissen nunmehr unbefristet beschäftigt zu werden. Er muss damit rechnen, dass sich nach einer bis zu zweijährigen befristeten Beschäftigung ohne Sachgrund eine weitere sachgrundlose Befristung bei einem anderen Arbeitgeber oder eine Befristung mit Sachgrund bei dem bisherigen Arbeitgeber anschließt (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Oktober 2011 – 2 Sa 91/11 – juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Vorgaben des EuGH in dem vom Kläger zitierten Urteil in Sachen Kücük (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2012 – Rs. C-586/10 – NZA 2012, 135). Danach gibt der EuGH den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten auf, eine Missbrauchskontrolle durchzuführen und „stets alle Umstände des Einzelfalls zu prüfen und dabei namentlich die Zahl der mit derselben Person oder zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge oder -verhältnisse zurückgreifen, mögen diese auch augenscheinlich zur Deckung eines Vertretungsbedarfs geschlossen worden sein“ (EuGH, Urteil vom 26. Januar 2012 – Rs. C-586/10 Rn. 40 – NZA 2012, 135 ).
Wie oben dargelegt, bestehen vorliegend besondere Umstände des Einzelfalls, die für die Kammer darauf hindeuten, dass die hier gewählte erneute Befristung gerade
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nicht mit dem Zweck erfolgte, sich missbräuchlich eine weitergehende Befristungsmöglichkeit zu schaffen.
d.
Da die Befristung, wie oben dargelegt, gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG sachgrundlos wirksam ist, kann dahinstehen, ob der im Arbeitsvertrag angegebene Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 TzBfG vorliegend Bestand gehabt hätte.
e.
Insbesondere steht im vorliegenden Rechtsstreit auch nicht der bis zum 31. Dezember 2010 befristete, mit der Bundesagentur für Arbeit geschlossene Arbeitsvertrag zur Entscheidung durch die Kammer. Eine etwaige Unwirksamkeit des Befristungsgrundes des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG hätte innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 17 TzBfG nach Auslauf der Befristung beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden müssen. Insofern sich auch hier aus Gesichtspunkten von Treu und Glauben gegebenenfalls etwas anderes ergeben sollte, ist die im vorliegenden Verfahren Beklagte als von der Bundesagentur für Arbeit als Vertragspartei abweichende juristische Person jedenfalls nicht passivlegitimiert.
3.
Der Anspruch des Klägers auf eine unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten folgt auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Bedingungsvereitelung gemäß § 162 BGB. Danach gilt eine Bedingung dann als eingetreten, wenn deren Eintritt von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert wird.
Der Kläger hat nach Auffassung der Kammer nicht ausreichend dargelegt, dass der Kläger unter Zugrundelegung der besseren Anlassbeurteilung tatsächlich auf eine der 59 freien Stellen eingestellt worden wäre.
§ 162 Abs. 1 BGB fingiert einen tatsächlich unterbliebenen Bedingungseintritt, der treuwidrig verhindert wurde. Eine treuwidrig verursachte Verhinderung ist dann wie
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ein Eintreten der Bedingung zu behandeln. Bei der Vorschrift handelt es sich nicht um eine Strafe für treuwidriges Verhalten, sondern lediglich um die Durchsetzung des im bedingten Geschäft ausgedrückten Regelungswillens der Parteien (LAG Hamm, 24.11.2004 – 3 Sa 1325/04 – AuA 2005, 236). Daraus folgt, dass es im Rahmen des § 162 BGB nicht ausreicht zu behaupten, dass der Kläger aufgrund der besseren Beurteilung eingestellt worden wäre. Der Kläger ist vielmehr darlegungsbelastet für die Kausalität zwischen der besseren Beurteilung und der Einstellung durch die Beklagte. Er hätte der Kammer folglich konkret darlegen müssen, dass die dem Kläger zugesagte bessere Beurteilung dazu geführt hätte, dass er unter den besten 59 Bewerbern angesiedelt gewesen wäre und folglich – da die Beklagte als öffentlicher Arbeitgeber dem Prinzip der Bestenauslese unterliegt – zu einer sicheren Einstellung des Klägers geführt hätte. Insofern dem Kläger hierfür die notwendigen Erkenntnisse aus dem Bereich der Beklagten gefehlt hätten, etwa die Beurteilung der Mitbewerber, hätten diese Informationen gegebenenfalls mittels eines Auskunftsanspruchs von der Beklagten beschafft werden können.
II.
Der Kläger hat gem. §§ 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der gemäß § 61 ArbGG festgesetzte Wert des Streitgegenstandes beträgt gem. §§ 42 Abs. 3 Satz 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 ArbGG drei Bruttomonatsgehälter à 2.070,69 Euro, insgesamt damit 6.212,07 Euro.
Gründe für eine gesonderte Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG liegen nicht vor. Die Möglichkeit Berufung gemäß § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG einzulegen, bleibt davon unberührt.
Jäger
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann der Kläger beim Landesarbeitsgericht Hamburg Berufung einlegen. Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
- 12 -
Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Innerhalb dieser Frist muss die Berufungsschrift beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss das Urteil bezeichnen, gegen das die Berufung gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Die Berufung ist zu begründen. Die Frist für die Begründung der Berufung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Innerhalb dieser Frist muss die Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangen sein. Die Berufungsbegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge) sowie die bestimmte Bezeichnung der im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) und der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden. Die Begründungsfrist kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Landesarbeitsgerichts einmal verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. Diese Gründe sind glaubhaft zu machen.
Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung müssen unterschrieben sein
a) von einem Rechtsanwalt, der bei einem deutschen Gericht zugelassen ist, oder
b) von einer Gewerkschaft, einer Vereinigung von Arbeitgebern oder einem Zusammenschluss solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder. Dies gilt entsprechend für juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Anschrift und Sitz des Berufungsgerichts lauten:
Landesarbeitsgericht Hamburg, Osterbekstraße 96, 22083 Hamburg
Jäger
Hinweis: Das Landesarbeitsgericht Hamburg bittet, ggf. die Berufungsschrift, die Berufungsbegründungsschrift und sonstige wechselseitige Schriftsätze 5-fach einzureichen.
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |