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Auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner haben Anspruch auf Sonderurlaub
28.12.2013. Das europäische Recht verpflichtet die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) dazu, Diskriminierungen von Schwulen und Lesben im Arbeitsleben zu beseitigen.
Grundlage dieses Diskriminierungsschutzes ist die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, die in Deutschland durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgesetzt wurde. Die Richtlinie verbietet jede Diskriminierung von Homosexuellen beim Thema Lohn und Gehalt.
Vor zwei Wochen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass homosexuelle Arbeitnehmer, die eine eheähnliche rechtliche Gemeinschaft eingehen wie z.B. einen "zivilen Solidaritätspakt" nach französischem Recht (pacte civil de solidarité - PACS), dieselben Ansprüche auf tariflichen Sonderurlaub und eine Hochzeitsprämie haben wie heterosexuelle Arbeitnehmer: EuGH, Urteil vom 12.12.2013, C-267/12 (Hay gg. Crédit agricole).
- Wann können gleichgeschlechtliche Lebenspartner von Leistungen ausgenommen werden, die verheirateten Arbeitnehmern zustehen?
- Der Streitfall: Anspruch eines französischen Arbeitnehmers auf Hochzeitsleistungen (Sonderurlaub, Prämie) wegen Eingehung eines gleichgeschlechtlichen Solidaritätspaktes (pacte civil de solidarité - PACS)
- EuGH: Solange Mitgliedsstaaten Homosexuellen die Eheschließung nicht erlauben, aber eine rechtlich geregelte Lebenspartnerschaft vorsehen, sind Lebenspartner und Eheleute beim Bezug von Hochzeitsleistungen (Sonderurlaub, Prämie) vergleichbar
Wann können gleichgeschlechtliche Lebenspartner von Leistungen ausgenommen werden, die verheirateten Arbeitnehmern zustehen?
Mit seinem Urteil vom 01.04.2008 (Rs. C-267/06 -Tadao Maruko) hat der EuGH entschieden, dass die Art.1, Art.2 und Art.3 der Richtlinie 2000/78/EG die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht beim Bezug von Hinterbliebenenrenten verbietet, falls die Lebenspartnerschaft der Ehe beim Thema Rente "vergleichbar" ist (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 08/046 Europarecht verbietet Benachteiligungen von Homosexuellen beim Bezug von Hinterbliebenenrenten).
Diese Vergleichbarkeit von Ehe und Lebenspartnerschaft beim Thema Betriebsrente hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) für die Zeit ab dem 01.01.2005 bejaht (wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 09/018 Keine Hinterbliebenenrente für gleichgeschlechtliche Partner? und in Arbeitsrecht aktuell: 09/104 Hinterbliebenenrente für Lebenspartner bei Todesfällen ab dem 01.01.2005). Denn seit Anfang 2005 ist bei der Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein Versorgungsausgleich durchzuführen, d.h. eine gerichtliche Aufteilung der während der Dauer der Lebenspartnerschaft erworbenen Rentenanwartschaften. Und damit sind Ehe und Lebenspartnerschaft beim Thema Betriebsrente vergleichbar, so das BAG.
In vielen Mitgliedsstaaten der EU können Schwule und Lesben ihren gleichgeschlechtlichen Partner zwar immer noch nicht heiraten, haben aber seit einigen Jahren die Möglichkeit, eine der Ehe rechtlich angenäherte verbindliche Lebensgemeinschaft einzugehen. Und weil viele Gesetze, Tarifverträge und Arbeitsverträge traditionell nur verheirateten Arbeitnehmern bestimmte Vergünstigungen gewähren, stellt sich auf der Grundlage des Maruko-Urteils des EuGH die Frage, ob rechtlich geregelte Lebenspartnerschaften mit der Ehe in Bezug auf bestimmte Vergünstigungen vergleichbar sind oder nicht.
Diese Frage stellt sich auch beim "zivilen Solidaritätspakt" nach französischem Recht, dem PACS und führte zu einem arbeitsgerichtlichen Streit in Frankreich, zu dem der EuGH jetzt Stellung genommen hat.
Der Streitfall: Anspruch eines französischen Arbeitnehmers auf Hochzeitsleistungen (Sonderurlaub, Prämie) wegen Eingehung eines gleichgeschlechtlichen Solidaritätspaktes (pacte civil de solidarité - PACS)
Seit 1999 können Schwule, Lesben und heterosexuelle Paare in Frankreich einen PACS vereinbaren und eintragen lassen. Paare, die sich dafür entscheiden, haben nach französischem Recht die meisten Rechte und Pflichten, die auch für Eheleute gelten.
Seit Mitte Mai 2013 können Schwule und Lesben darüber hinaus auch eine Ehe eingehen, was in Frankreich zu massiven Protesten der politischen Rechten geführt hat.
Im Streitfall hatte ein französischer Bankangestellter, Herr Frédéric Hay, im Jahre 2007 mit seinem Lebenspartner einen PACS vereinbart und verlangte daraufhin von seinem Arbeitgeber, dem Crédit agricole, eine tarifliche Prämie, die heterosexuellen Arbeitnehmern bei ihrer Eheschließung zusteht. Außerdem wollte er zehn Tage Sonderurlaub, der nach dem Tarifvertrag ebenfalls nur für den Fall der Eheschließung vorgesehen war.
Da der Crédit agricole die Prämie und den Sonderurlaub verweigerte, klagte Herr Hay auf Zahlung der Prämie und auf Schadensersatz wegen des verweigerten Sonderurlaubs.
Die ersten zwei Instanzen wiesen seine Klage ab. Die in der dritten Instanz zuständige Cour de cassation setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, ob die hier maßgeblichen französischen Vorschriften möglicherweise eine mittelbare Diskriminierung homosexueller Arbeitnehmer im Sinne von Art.2 Abs.2 Buchstabe b) der Richtlinie 2000/78/EG sind.
EuGH: Solange Mitgliedsstaaten Homosexuellen die Eheschließung nicht erlauben, aber eine rechtlich geregelte Lebenspartnerschaft vorsehen, sind Lebenspartner und Eheleute beim Bezug von Hochzeitsleistungen (Sonderurlaub, Prämie) vergleichbar
Der EuGH stellt zunächst klar, dass die Richtlinie 2000/78/EG trotz des familienrechtlichen Hintergrunds auf den Streitfall anzuwenden ist, da die Parteien ja um tarifvertraglich festgelegte Ansprüche stritten, die ein für den Crédit agricole geltender Tarifvertrag Arbeitnehmern aus Anlass der Eheschließung zugesteht. Indem dieser Tarifvertrag einen bezahlten Sonderurlaub und eine Eheschließungsprämie vorsieht, legt er Regeln in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen fest, d.h. Arbeitsentgelt im Sinne von Art.3 Abs.1 Buchst. c) der Richtlinie 2000/78.
Sodann meint der EuGH, dass homosexuelle Partner, die einen PACS nach französischem Recht begründet haben, mit Eheleuten vergleichbar sind, wenn es um die hier streitigen tariflichen Sonderleistungen aus Anlass der Eheschließung bzw. der Begründung eines PACS geht. Denn auf rechtliche Unterschiede zwischen der Ehe und dem PACS beim Erbschafts- und beim Kindschaftsrecht kommt es hier nicht an, so der EuGH.
Da der Kläger des Ausgangsverfahrens im Jahre 2007 noch nicht die Möglichkeit hatte, seinen Partner zu heiraten, sondern mit ihm nur einen PACS eingehen konnte, stellen die hier maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen eine verbotene Diskriminierung wegen der sexuellen Identität dar, so der EuGH.
Bei dieser Diskriminierung handelt es sich im Übrigen nicht etwa "nur" um eine mittelbare Diskriminierung, sondern um eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von Art.2 Abs.2 Buchstabe a) der Richtlinie 2000/78/EG. Denn Herr Hay wurde unmittelbar wegen seiner Homosexualität schlechter gestellt als ein vergleichbarer heterosexueller Angestellter des Crédit agricole, weil er im Jahre 2007 mit seinem Partner keine Ehe eingehen konnte, so der EuGH.
Während der EuGH im Maruko-Urteil noch dem nationalen Gericht die Prüfung überlassen hatte, ob eine Vergleichbarkeit von Lebenspartnerschaft und Ehe beim Thema Rente vorliegt oder nicht, hat er nunmehr ohne viel Federlesen eine solche Vergleichbarkeit von schwulen Arbeitnehmern, die einen PACS eingehen, und Eheleuten festgestellt. Bemerkenswert ist außerdem, dass der Gerichtshof hier von einer unmittelbaren Diskriminierung ausgeht, denn das ist eine stärkere Form der Benachteiligung, die nur in sehr seltenen Fällen ausnahmsweise einmal gerechtfertigt sein kann.
Fazit: Homosexuelle Arbeitnehmer, die eine rechtlich verbindliche Lebenspartnerschaft eingegangen sind, dürfen von keinen Vergünstigungen mehr ausgenommen werden, die Eheleuten zustehen, denn eine solche Schlechterstellung wäre eine verbotene unmittelbare Diskriminierung wegen der sexuellen Identität.
Da Schwule und Lesben in Deutschland nicht heiraten können, sondern lediglich eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründen können, ist das Hay-Urteil des EuGH auch in Deutschland von Bedeutung.
Ob es um Gratifikationen oder einen Sonderurlaub aus Anlass der Eheschließung, um betriebliche Hinterbliebenenrenten oder um die Nutzung eines Dienstwagens durch einen Ehegatten geht - in allen diesen und ähnlichen Fällen müssen angestellte Lebenspartner künftig eins zu eins dieselben Ansprüche haben wie Verheiratete. Es spielt dabei selbstverständlich auch keine Rolle, ob sich solche Ansprüche aus einem Tarifvertrag (wie hier in dem französischen Streitfall), aus einer Betriebsvereinbarung, aus einem Arbeitsvertrag oder aus einer betrieblichen Übung ergeben.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 12.12.2013, C-267/12 (Hay gg. Crédit agricole)
- Europäischer Gerichtshof, Pressemitteilung 159/13 vom 12.12.2013: Urteil in der Rechtssache C-267/12 (Hay gg. Crédit agricole)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 01.04.2008, C-267/06 (Tadao Maruko)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.01.2009, 3 AZR 20/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Altersversorgung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Übung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Sexuelle Identität
- Handbuch Arbeitsrecht: Gleichbehandlungsgrundsatz
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- Handbuch Arbeitsrecht: Sonderurlaub aus persönlichen Gründen
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Arbeitsrecht aktuell: 12/381 Hinterbliebenenrente auch für Lebenspartner von DO-Angestellten
- Arbeitsrecht aktuell: 09/104 Hinterbliebenenrente für Lebenspartner bei Todesfällen ab dem 01.01.2005
- Arbeitsrecht aktuell: 09/018 Keine Hinterbliebenenrente für gleichgeschlechtliche Partner?
- Arbeitsrecht aktuell: 08/046 Europarecht verbietet Benachteiligungen von Homosexuellen beim Bezug von Hinterbliebenenrenten
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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