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Fristlose Kündigung wegen illegaler Downloads
21.07.2015. Wer während der Arbeitszeit auf seinem PC illegale Raubkopien herstellt, riskiert eine fristlose Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen.
Lässt sich dieser Tatvorwurf hieb- und stichfest beweisen, z.B. durch ein Geständnis des Arbeitnehmers, wird eine verhaltensbedingte „Tatkündigung“ ausgesprochen. Den Arbeitgeber treffen dann keine weiteren Nachforschungspflichten, wie z.B. eine Anhörung des Arbeitnehmers.
Ist der Tatvorwurf nicht hundertprozentig beweisbar, kann auch der dringende Verdacht kriminellen Verhaltens für eine fristlose Kündigung ausreichen. Vor einer solchen Verdachtskündigung muss der betroffene Arbeitnehmer allerdings zu den Verdachtsmomenten angehört werden.
In einem Urteil von letzter Woche hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass eine fristlose Tatkündigung auch dann möglich ist, wenn sich die konkreten Tatbeiträge des gekündigten Arbeitnehmers nicht eindeutig feststellen lassen: BAG, Urteil vom 16.07.2015, 2 AZR 85/15 (Pressemeldung des Gerichts).
- Wie konkretisiert muss der Tatvorwurf bei einer "Tatkündigung" sein?
- Der Streitfall: Illegale Raubkopien hinter Gerichtsmauern
- BAG: Fristlose Kündigung ist auch dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer ein konkreter Tatbeitrag nicht zugeordnet werden kann
Wie konkretisiert muss der Tatvorwurf bei einer "Tatkündigung" sein?
Die Liste der Gründe, die eine fristlose Kündigung auf der Grundlage von § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) rechtfertigen können, ist lang.
Eine Straftat des Arbeitnehmers kann einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs.1 BGB darstellen, wenn der Arbeitnehmer durch die Straftat auch arbeitsvertragliche Pflichten erheblich verletzt und dem Arbeitgeber deshalb die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wird.
Auch nicht strafbare Pflichtverletzungen können einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs.1 BGB bilden. Die Arbeitsgerichte hatten in der Vergangenheit immer wieder Fälle zu entscheiden, in denen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit die betrieblichen Arbeitsmittel für den privaten Gebrauch verwendeten. Ein Beispiel ist das private „Surfen“ am Arbeitsplatz. Dies kann, muss aber nicht unbedingt ein strafbarer „Arbeitszeitbetrug“ sein. Aber ob strafbar oder nicht: Ein massives Vorenthalten der Arbeitsleistung infolge privater Aktivitäten während der Arbeitszeit kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen.
Fraglich ist in solchen Fällen, wie konkret der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die privaten Internetzugriffe nachweisen muss, damit die Kündigung als „Tatkündigung“ wirksam ist. Anders gesagt: Wann ist ein Tatvorwurf ausreichend konkret und wann ist er „hieb- und stichfest“ bewiesen? Muss sich der Tatvorwurf des Arbeitgebers auf einen bestimmten Tag und/oder eine bestimmte Uhrzeit erstrecken? Was muss der Arbeitgeber wie genau herausbekommen, z.B. durch eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Ausspruch der Kündigung?
Der Streitfall: Illegale Raubkopien hinter Gerichtsmauern
Der außerordentlich und fristlos gekündigte Arbeitnehmer war seit 1992 als „IT-Verantwortlicher“ am Oberlandesgericht (OLG) Naumburg beschäftigt. Dort soll er über mehrere Jahre hinweg auf seinem Dienstcomputer über 1.000 DVDs für sich und seine Kolleginnen und Kollegen hergestellt haben. In dieser Zeit verschwanden etwa gleich viele DVD-Rohlinge, die auf Kosten des Gerichts angeschafft worden waren.
Auf den vom Arbeitnehmer genutzten Festplatten wurden mehr als 34.000 (!) illegale Audiodateien und zahlreiche E-Book-, Bild- und Videodateien gefunden. Der Arbeitnehmer gab zu, alles „gemacht“ zu haben, was auf seinem Rechner an privatem DVDs gefunden worden war. Er habe für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“. Dieses Geständnis nahm er kurz wieder zurück. Am 18.04.2013 erhielt er die fristlose Kündigung, einige Wochen später schob der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung nach - "hilfsweise" für den Fall, dass die fristlose Kündigung unwirksam sein sollte.
Sowohl vor dem Arbeitsgericht Halle (Urteil vom 04.12.2013, 3 Ca 1303/13 NMB) als auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt (LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.12.2014, 4 Sa 10/14) hatte die Kündigungsschutzklage Erfolg. Beide Instanzen beriefen sich auf den angeblich mangelhaften Beweis der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber.
Kein einzelner Vorgang, so das LAG, sei unzweideutig auf den IT-Verantwortlichen zurückzuführen. Stattdessen seien nachweislich auch in Zeiten, in denen der Arbeitnehmer krankheits- oder urlaubsbedingt nicht am Arbeitsplatz war, Raubkopien erstellt worden. Es bestand der Verdacht, dass weitere Kollegen an dem Erstellen der Raubkopien beteiligt waren. Der konkrete Tatbeitrag des IT-Verantwortlichen sei daher nicht ermittelbar.
BAG: Fristlose Kündigung ist auch dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer ein konkreter Tatbeitrag nicht zugeordnet werden kann
Das BAG hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies den Fall zurück an das LAG.
Anders als das LAG meinten die Erfurter Richter nämlich, der Arbeitgeber habe die gesetzliche Zweiwochenfrist (§ 626 Abs.2 BGB) zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung eingehalten und auch den Personalrat vor der Kündigung korrekt angehört. Vor allem war das BAG im Unterschied zum LAG der Ansicht, dass es auf die (hier nicht gegebenen) Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung gar nicht ankam, da der Arbeitgeber eine Tatkündigung aussprechen konnte.
Denn, so das BAG: Eine fristlose Kündigung wegen einer schweren Pflichtverletzung ("Tatkündigung") ist in Streitfällen wie dem vorliegenden bereits dann möglich, wenn der gekündigte Arbeitnehmer nicht alle einzelnen Downloads selbst vorgenommen hat, sondern dabei mit Kollegen zusammengewirkt oder das Herstellen von Raubkopien durch Kollegen "bewusst ermöglicht hat".
In der Konsequenz heißt das: Hat ein Arbeitnehmer zusammen mit Kollegen über einen längeren Zeitraum wiederholt sehr schwere Pflichtverletzungen begangen, ist eine Ermittlung der konkreten Tatbeiträge der einzelnen Arbeitnehmer nicht immer notwendig. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein IT-Verantwortlicher über Jahre hinweg daran beteiligt ist, unter Verwendung betrieblicher Einrichtungen über 1.000 DVDs und mehr als 30.000 Audiodateien für sich und/oder für Arbeitskollegen zu kopieren und zu bearbeiten.
In einem solchen Fall muss der Arbeitgeber nicht unbedingt in der Lage sein, die genaue Verantwortlichkeit der einzelnen „Mittäter“ und die genauen Tatbeiträge mit zeitlicher Datierung zu benennen.
Fazit: Der Arbeitgeber wäre hier besser gefahren, wenn er sich nicht allein darauf verlassen hätte, mit der von ihm ausgesprochenen Tatkündigung vor Gericht durchzukommen, sondern wenn er den Arbeitnehmer offiziell angehört und dann (zusammen mit der Tatkündigung) eine hilfsweise Verdachtskündigung ausgesprochen hätte. Und der Arbeitnehmer wäre besser gefahren, wenn er sich für sein Fehlverhalten entschuldigt und Besserung gelobt hätte, anstatt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit der flapsigen Bemerkung zu quittieren, er habe ja seinen Kollegen mit den illegalen Downloads "helfen wollen".
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.07.2015, 2 AZR 85/15 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.07.2015, 2 AZR 85/15
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.12.2014, 4 Sa 10/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Anhörung des Betriebsrats
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Außerordentliche Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Fristlose Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verdachtskündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Arbeitsrecht aktuell: 16/014 Fristlose Kündigung wegen schwerer Pflichtverletzung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/256 Außerordentliche Kündigung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/182 Fristlose Kündigung wegen Diebstahls von Brötchen?
- Arbeitsrecht aktuell: 10/151 Privater E-Mail-Verkehr am Arbeitsplatz als Kündigungsgrund
- Arbeitsrecht aktuell: 10/063 Fristlose Kündigung wegen Bagatelldiebstahls?
- Arbeitsrecht aktuell: 07/16 Bundesarbeitsgericht urteilt zu Kündigung wegen Internetnutzung
- Arbeitsrecht aktuell: 05/06 Fristlose Kündigung bei privater Internetnutzung
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 29. Mai 2017
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