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Privater E-Mail-Verkehr am Arbeitsplatz als Kündigungsgrund
Als Problem wird das Thema vom Arbeitgeber typischerweise erst dann wahrgenommen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Zugang so stark privat nutzt, dass seine Arbeitsleistung darunter leidet.
Statt hier z.B. durch eine Betriebsvereinbarung, Weisung, Ermahnung oder auch Abmahnung für klare Verhältnisse zu sorgen, wird nicht selten unmittelbar mit einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung reagiert. Dieses Vorgehen kann sich leicht als "Schuss nach hinten" herausstellen, denn nur in extremen Fällen darf sofort gekündigt werden. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen zeigt sehr schön, wie ein solcher Extremfall aussehen kann: LAG Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010, 12 Sa 875/09.
- private eMail- und Internetnutzung als vermeidbares betriebliches Problem
- Der Fall: 750 DIN-A4-Seiten E-Mails führen zu einer außerordentlichen Kündigung
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Bei einer so umfangreichen privaten Nutzung kann ohne Abmahnung gekündigt werden
private eMail- und Internetnutzung als vermeidbares betriebliches Problem
Idealerweise ist die private eMail- und Internetnutzung klar regelt. Grundsätzlich stehen dabei zwei einfache Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder die Privatnutzung ist erlaubt oder verboten.
Rechtlich gesehen ist das Verbot privater eMails, etc. der einfachere Weg, da viele schwierige datenschutzrechtliche Fragen nicht berücksichtigt werden müssen. Allerdings lässt sich ein solches ausnahmsloses Verbot in aller Regel Arbeitnehmern nicht vermitteln oder gar praktisch dauerhaft durchsetzen.
Die Alternative sind klare Bestimmungen darüber, wer, wann und welchem Umfang das Internet zu privaten Zwecken nutzen darf. Neben einer arbeitsvertraglichen Regelung oder einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat können diese Regeln je nach der betrieblichen Situation beispielsweise auch per Weisung festgelegt werden.
Die Praxis ist von diesen Idealzuständen weit entfernt. Sehr häufig wird die Privatnutzung des Internets als mögliches Problem nicht wahrgenommen oder schlicht unkontrolliert geduldet. Allerdings lässt sich im Einzelfall schwer sagen, ob lediglich kein ausdrückliches Verbot oder eine stillschweigende Duldung vorliegt.
Für Arbeitnehmer kann dies durchaus zu einem ernst zu nehmenden Problem werden, denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes gilt: Arbeitnehmer verletzten mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken ihre arbeitsvertraglichen Pflichten. Diese Pflichtverletzung kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein.
Ob eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen privater eMails ohne vorherige Abmahnung wirksam ist oder nicht hängt damit in erster Linie davon ab, in welchem Umfang privat Nachrichten ausgetauscht werden bzw. wie viel Arbeitszeit dafür aufgewendet wird. Eine feste Daumenregel gibt es hier leider nicht. Sicher ist nur, dass die private E-Mail-Nutzung "an sich" ein geeigneter Kündigungsgrund ist.
Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Niedersachsen ist daher durchaus bemerkenswert, denn er hier wurde über einen ungewöhnlich klaren Fall unzulässiger privater E-Mail-Nutzung entschieden (Urteil vom 31.05.2010, 12 Sa 875/09).
Der Fall: 750 DIN-A4-Seiten E-Mails führen zu einer außerordentlichen Kündigung
Der klagende Arbeitnehmer war bei der beklagten Gemeinde seit mehr als 30 Jahren beschäftigt, zuletzt in leitender Position als stellvertretender Leiter des Bauamtes. Eine ausdrückliche Regelung zur privaten Nutzung der E-Mail-Funktion der Büroarbeitsplätze gab es zwar nicht, doch wurde es in der Vergangenheit geduldet, dass E-Mails versandt wurden.
Der Kläger nutzte seinen dienstlichen Rechner zum Austausch mit vielen Gesprächspartnerinnen, die er über eine Internetseite für „Chat und Partnersuche“ kennengelernt hatte. Allein in der Zeit vom 12.03.2008 bis zum 02.05.2008 hatte der Kläger auf seinem Dienstrechner hunderte privater, intimer oder sogar pornographischer E-Mails und Bilder seiner Partnerinnen gespeichert, insgesamt mehr als 750 DIN-A4-Seiten Text. An einigen Tagen hatte der Kläger zwischen 110 und 180 Nachrichten erhalten. Seine eigenen E-Mails hatte der Kläger gelöscht.
Anlässlich einer (später gerichtlich für unwirksam erklärten) Kündigung, die der Kläger aus einem anderen Grund erhalten hatte, wurde sein PC vom Arbeitgeber zur Überprüfung von Arbeitsrückständen überprüft. Diese Überprüfung wurde dann auf den Umfang des privaten E-Mail-Verkehrs ausgeweitet.
Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Personalrates erklärte die Gemeinde dem - tariflich unkündbaren - Kläger die außerordentliche Kündigung mit einer Auslauffrist von gut einem halben Jahr. Seine dagegen erhobene Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht Nienburg erfolgreich (Urteil vom 26.02.2009, 3 Ca 311/08). Die Gemeinde legte Berufung ein.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen: Bei einer so umfangreichen privaten Nutzung kann ohne Abmahnung gekündigt werden
Das LAG Niedersachsen hielt die Kündigung für wirksam und gab der Gemeinde Recht.
Ausschlaggebend für diese Auffassung waren die vielen, vom Arbeitgeber vorgelegten E-Mails. Zwar hatte der Arbeitnehmer seine Nachrichten gelöscht. Die Antworten seiner Gesprächspartnerinnen waren aber Hinweis genug auf den Umfang seiner privaten Aktivitäten. Das Gericht hatte errechnet, dass vor lauter Nachrichtenaustausch an mindestens drei Tagen keine Zeit mehr zum Arbeiten geblieben sein konnte. Damit war ohne Weiteres ein Grund gegeben, der "an sich" für eine Kündigung geeignet war.
Auch die bei jeder außerordentlichen Kündigung durchzuführende Interessenabwägung ging zum Nachteil des Arbeitnehmers aus. Weder seine jahrzehntelange Betriebszugehörigkeit, sein fortgeschrittenes Alter, seine Unterhaltspflichten noch seine sozialrechtlich anerkannte Körperbehinderung konnte etwas an der "außerordentlichen Intensität" der Pflichtverletzung ändern. Erschwerend kam hinzu, dass der Arbeitnehmer seinen monatelangen privaten Nachrichtenaustausch durch das Löschen von Nachrichten vertuschen wollte.
Anders als bei einem einmaligen "Ausrutscher" kann dementsprechend die außerordentliche Kündigung eines langjährig beschäftigten Arbeitnehmers auch ohne vorangegangene einschlägige Abmahnung gerechtfertigt sein, wenn der Mitarbeiter über einen Zeitraum von mehr als 7 Wochen täglich mehrere Stunden, teilweise sogar den ganzen Tag, mit dem Schreiben und Beantworten privater E-Mails verbringt.
Fazit: Der hier entschiedene Fall ist eindeutig. Niemand kann guten Gewissens annehmen, dass er seine Arbeitszeit größtenteils nutzen darf, um über das dienstliche E-Mail-System private Kontakte anzubahnen. Abgesehen von solchen extremen Einzelfällen bleibt die Lage aber ohne klare Absprachen für alle Beteiligten unsicher. Jedem Unternehmen und jedem Betriebsrat kann daher nur ans Herz gelegt werden, beispielsweise das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs.1 Nr.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu nutzen und den zeitlichen Umfang der erlaubten Internetnutzung und E-Mail-Nutzung gemeinsam klarzustellen. So lassen sich viele Konflikte auch im digitalen Zeitalter von Anfang an verhindern.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 31.05.2010, 12 Sa 875/09
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Ermahnung
- Handbuch Arbeitsrecht: Abmahnung und Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - verhaltensbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - außerordentliche Kündigung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/014 Fristlose Kündigung wegen schwerer Pflichtverletzung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/256 Außerordentliche Kündigung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung
- Arbeitsrecht aktuell: 15/191 Fristlose Kündigung wegen illegaler Downloads
- Arbeitsrecht aktuell: 13/024 Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz
- Arbeitsrecht aktuell: 11/210 Arbeitnehmerdatenschutz: E-Mails können im Krankheitsfall gelesen werden
- Arbeitsrecht aktuell: 11/133 Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung mit Auslauffrist
Letzte Überarbeitung: 24. August 2016
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