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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/210

Ar­beit­neh­mer­da­ten­schutz: E-Mails kön­nen im Krank­heits­fall ge­le­sen wer­den

Ar­beit­ge­ber dür­fen im Krank­heits­fall auf das elek­tro­ni­sche Post­fach ih­rer Ar­beit­neh­mer zu­grei­fen: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 16.02.2011, 4 Sa 2132/10
Steckverbindung an PC-Rückwand E-Mail-Check im Krank­heits­fall steht dem Ar­beitgber zu
28.10.2011. Dienst­li­che E-Mail-Ac­counts dür­fen oft auch pri­vat ge­nutzt wer­den. Mit ei­ner sol­chen Er­laub­nis han­deln sich Ar­beit­ge­ber al­ler­dings er­heb­li­che da­ten­schutz­recht­li­che Pro­ble­me ein.

Ist z.B. den Ar­beit­neh­mern er­laubt, den dienst­li­chen E-Mail-Ac­count auch pri­vat zu nut­zen, stellt sich die Fra­ge, wie pri­va­te E-Mails von dienst­li­chen E-Mails ge­trennt wer­den kön­nen. Und es fragt sich, was im Krank­heits­fall ge­sche­hen soll: Wer darf auf die Emails des er­krank­ten Ar­beit­neh­mers zu­grei­fen? Für Ar­beit­ge­ber ist es gar nicht leicht, sich hier recht­lich kor­rekt zu ver­hal­ten, wie ein ak­tu­el­les Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg zeigt (Ur­teil vom 16.02.2011, 4 Sa 2132/10).

Darf der Ar­beit­ge­ber auf den dienst­li­chen E-Mail-Ac­count ei­nes Ar­beit­neh­mers zu­grei­fen, wenn dort auch pri­va­te E-Mails ge­spei­chert sind?

Pri­va­te E-Mails des Ar­beit­neh­mers sind für den Ar­beit­ge­ber ta­bu. Ver­schafft sich der Ar­beit­ge­ber un­be­fugt Zu­gang zu ei­nem auch pri­vat ge­nutz­ten und pass­wort­geschütz­ten E-Mail-Ac­count ei­nes Ar­beit­neh­mers, kann sich we­gen „Aus­spähen von Da­ten“ straf­bar ma­chen, § 202a Straf­ge­setz­buch (StGB). Ist der Ar­beit­ge­ber zu­gleich ein An­bie­ter von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­ten, kommt auch ei­ne Ver­let­zung des Post- oder Fern­mel­de­ge­heim­nis­ses in Be­tracht (§ 206 StGB).

In je­dem Fall ver­letzt er auch sei­ne ver­trag­li­che Ne­ben­pflich­ten (§ 241 Abs.2 Bürger­li­ches Ge­setz­buch - BGB) und setzt sich da­her Scha­dens­er­satz- und Un­ter­las­sungs­ansprüchen aus (§§ 823, 1004 BGB). Ein ak­tu­el­les Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg zeigt, was Ar­beit­ge­ber tun soll­ten, um auf Num­mer si­cher zu ge­hen (Ur­teil vom 16.02.2011, 4 Sa 2132/10).

LAG Ber­lin-Bran­den­burg: Ar­beit­ge­ber hat im Krank­heits­fall Zu­griff auf den dienst­li­chen E-Mail-Ac­count sei­ner Ar­beit­neh­mer

Ei­ne Ar­beit­neh­me­rin durf­te auf­grund ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung ih­ren dienst­li­chen E-Mail-Zu­gang auch pri­vat nut­zen. Pri­va­te Emails soll­ten mit „pri­vat“ in der Be­treff­zei­le mar­kiert wer­den, was die Ar­beit­neh­me­rin auch tat.

Als sie er­krank­te, konn­te ihr Stell­ver­tre­ter nicht auf ih­ren pass­wort­geschütz­ten Zu­gang zu­grei­fen, da ei­ne Stell­ver­tre­ter­re­ge­lung de­ak­ti­viert war. Der Ar­beit­ge­ber ver­such­te ver­geb­lich, die Ar­beit­neh­me­rin zu er­rei­chen. Nach über ei­nem Mo­nat schal­te­te er den Be­triebs­rat und den be­trieb­li­chen Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten ein. Das E-Mail-Post­fach wur­de geöff­net und die nicht mit „pri­vat“ mar­kier­ten E-Mails aus­ge­druckt.

Dar­auf­hin ver­klag­te die Ar­beit­neh­me­rin ih­ren Ar­beit­ge­ber, ei­nen Kol­le­gen und ih­ren Vor­ge­setz­ten mit dem Ziel, ih­nen durch Ur­teil den Zu­griff auf ihr elek­tro­ni­sches Post­fach un­ter­sa­gen zu las­sen.

Das Ar­beits­ge­richt Ber­lin wies ih­re Kla­ge ab (Ur­teil vom 17.08.2010, 36 Ca 235/10), und so ent­schied auch das LAG. Kei­ner der Be­klag­ten ist „Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienst­leis­ter“ im Sin­ne des § 206 StGB. Und da die ab­ge­ru­fe­nen E-Mails für den Ar­beit­ge­ber be­stimmt wa­ren, gab es auch kei­nen un­be­fug­ten Zu­griff auf die Ar­beit­neh­mer­da­ten. Außer­dem hat­te der Ar­beit­ge­ber al­les ge­tan, um die Pri­vat­sphäre der Ver­kaufs­be­ra­te­rin zu schützen.

Fa­zit: Der Ar­beit­ge­ber hat sich hier kor­rekt ver­hal­ten. Im Er­geb­nis meint das LAG, dass es Ar­beit­ge­bern möglich sein muss, dienst­li­che E-Mails im Krank­heits­fall zu le­sen und zu be­ar­bei­ten. Da die Recht­spre­chung der Ar­beits­ge­rich­te in die­sen Fra­gen aber un­klar ist und kon­kre­te ge­setz­li­che Re­ge­lun­gen feh­len, ste­hen Ar­beit­ge­ber nach wie vor nur dann auf der si­che­ren Sei­te, wenn sie die Pri­vat­nut­zung dienst­li­cher E-Mail-Ac­counts kom­plett un­ter­sa­gen.

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Letzte Überarbeitung: 8. Juni 2014

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