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Betriebsübung unter erleichterten Voraussetzungen
02.09.2015. Im Mai dieses Jahres hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine Rechtsprechung zum Entstehen von Rechtsansprüchen aus einer betrieblichen Übung zugunsten der Arbeitnehmer geändert.
Führte die "gleichförmige" Gewährung von Sonderzahlungen bisher nur dann zu einem Rechtsanspruch aus Betriebsübung, wenn die Höhe der Zahlung oder ihre Berechnungsweise mindestens dreimal hintereinander exakt gleich blieb, fällt diese Voraussetzung künftig weg.
Arbeitnehmer haben in solchen Fällen künftig einen Anspruch auf Sonderzahlung dem Grunde nach, d.h. Arbeitgeber müssen über die Höhe der Zahlung nach Ermessen entscheiden: BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 266/14.
- Können Ansprüche aus betrieblicher Übung auch entstehen, wenn Höhe und Berechnung einer Vergünstigung schwanken?
- Der Streitfall: Arbeitgeber zahlt im Jahr 2007 einem seiner Arbeitnehmer 10.000,00 EUR und in den beiden Folgejahren jeweils 12.500,00 EUR
- BAG: Auch bei unterschiedlicher Höhe von Sonderzahlungen ist eine betriebliche Übung möglich
Können Ansprüche aus betrieblicher Übung auch entstehen, wenn Höhe und Berechnung einer Vergünstigung schwanken?
Sonderzahlungen gibt es oft ohne ausdrückliche Vereinbarungen, d.h. der Arbeitgeber zahlt ein Weihnachtsgeld, ein Urlaubsgeld, einen Bonus oder eine Tantieme, obwohl weder im Arbeitsvertrag noch in einem einschlägigen Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ausdrückliche Regelungen dazu enthalten sind.
Und nicht nur faktische Vergünstigungen, sondern auch einen rechtlichen Anspruch darauf können Arbeitnehmer haben, ohne dass es eine solche klare schriftliche Rechtsgrundlage für die Sonderzahlungen gibt: Nämlich dann, wenn diese gemäß einer betrieblichen Übung gewährt wurden.
Unter einer Betriebsübung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter gleichförmiger Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aufgrund deren die Arbeitnehmer darauf vertrauen können, dass ihnen eine bestimmte Vergünstigung auf Dauer gewährt werden soll.
Gewährt der Arbeitgeber also z.B. mehrfach hintereinander allen Arbeitnehmern im November ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatsgehaltes, entsteht eine Betriebsübung und die Arbeitnehmer können die Zahlung künftig beanspruchen. Voraussetzung ist nur, dass das Geld ohne Vorbehalt, mindestens dreimal hintereinander und in "gleichförmiger" Weise gezahlt wurde.
Hier fragt sich, unter welchen Voraussetzungen die Vergünstigungen durch den Arbeitgeber "gleichförmig" sind. Klar ist, dass die Höhe der Zahlungen schwanken kann, solange der Berechnungsweg gleich bleibt, wenn also z.B. 40 oder 60 Prozent des Grundgehalts als Weihnachtsgeld gezahlt wurden.
Demgegenüber haben die Arbeitsgerichte eine betriebliche Übung und damit einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers bisher verneint, wenn die vom Arbeitgeber gewährten Sonderzahlungen sowohl in ihrer effektiven Höhe als auch in ihrer Berechnung voneinander abweichen (vgl. BAG, Urteil vom 28.02.1996, 10 AZR 516/95). Denn dann liegt nach bisheriger Rechtsprechung keine "gleichförmige" begünstigende Verhaltensweise des Arbeitgebers vor, und ohne eine solche Gleichförmigkeit von Vergünstigen gab es bisher keine Betriebsübung.
Man kann sich aber fragen, ob das richtig ist, denn es gibt nach allgemeinem Zivil- und Arbeitsrecht Zahlungsansprüche, über deren Höhe der Zahlungspflichtige nach seinem Ermessen entscheiden muss. Immerhin haben Sonderzahlungen auch bei schwankender Höhe und Berechnung einen "gleichförmigen" rechtlichen Kern, nämlich den, dass es überhaupt eine Zahlung geben muss.
Der Streitfall: Arbeitgeber zahlt im Jahr 2007 einem seiner Arbeitnehmer 10.000,00 EUR und in den beiden Folgejahren jeweils 12.500,00 EUR
Ein Bauleiter hatte sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen eine fristlose Kündigung gewehrt, die sein Arbeitgeber im November 2010 wegen des Vorwurfs ausgesprochen hatte, der Bauleiter hätte auf eigene Rechnung gearbeitet, und zwar unter Einsatz von Betriebsmitteln und Mitarbeitern des Arbeitgebers.
Da er sowieso vor Gericht stand, klagte der Bauleiter weiterhin eine Sonderzahlung von 12.500,00 EUR brutto für das Jahr 2010 ein, die im Januar 2011 fällig gewesen wäre. Eine schriftliche Vereinbarung über die Sonderzahlung gab es zwar nicht, aber der Bauleiter hatte für die drei vorangegangenen Jahre jeweils 10.000,00 EUR (für 2007) bzw. 12.500,00 EUR (für 2008 und für 2009) bekommen. Nur für 2010 war er leer ausgegangen.
Der Arbeitgeber verweigerte die Sonderzahlung mit dem Argument, der Anspruch bestünde nur, wenn das Arbeitsverhältnis noch am Jahresende besteht, hier also am 31.12.2010. Das war aber nicht der Fall, da der Bauleiter zum 19.11.2010 fristlos gekündigt worden war, und zwar wirksam, denn die Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg, Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt. Urteil vom 15.10.2013, 6 Sa 134/12. Und da das LAG der Argumentation des Arbeitgebers auch beim Streitpunkt der Sonderzahlung folgten, wies es auch den Zahlungsantrag ab.
BAG: Auch bei unterschiedlicher Höhe von Sonderzahlungen ist eine betriebliche Übung möglich
Anders als das LAG sprach das BAG dem Bauleiter den Anspruch auf die Sonderzahlung im Prinzip zu, verwies den Prozess aber zu einer abschließenden Entscheidung an das LAG zurück, um die Höhe des Anspruchs klären zu lassen.
Dabei leitete das BAG den Zahlungsanspruch nicht aus betrieblicher Übung her, da nur ein Arbeitnehmer (nämlich der klagende Bauleiter) die streitige Sonderzahlung erhalten hatte und diese daher keinen "kollektiven" Charakter hatte. Anspruchsgrundlage war nach Ansicht des BAG eine stillschweigende Vereinbarung eines Zahlungsanspruchs, wobei der Arbeitgeber das Angebot einer entsprechenden Vertragsergänzung durch seine wiederholten Zahlungen unterbreitet hatte und eine ausdrückliche Annahmeerklärung des Bauleiters gemäß § 151 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) überflüssig war.
Obwohl das BAG daher keinen Grund gehabt hätte, sich zu den Voraussetzungen einer betrieblichen Übung zu äußern, stellt es zu diesem Thema fest:
"Soweit der Senat - allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Übung - (...) vertreten hat, bei der Leistung einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe fehle es bereits an einer regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen und es komme darin lediglich der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu >nach Gutdünken< über die Zuwendung zu entscheiden, hält er daran nicht fest."
Auf eine solche, d.h. je nach Wirtschaftslage des Unternehmens von Jahr zu Jahr schwankende Berechnung hatte sich der Arbeitgeber berufen, und damit hatte er in Erfurt keinen Erfolg. Denn viele Sonderzahlungen hängen von der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers ab, so dass der Anspruch keinen von vornherein bezifferten Inhalt hat, sondern dem Arbeitgeber eine Ermessensentscheidung über die Höhe der Zahlung abverlangt. Diese Entscheidung kann nicht willkürlich bzw. völlig einseitig getroffen werden, und demgemäß kann durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden (§ 315 Abs.3 BGB).
Fazit: Infolge dieser Grundsatzentscheidung des BAG ist es für Arbeitnehmer leichter als bisher, Ansprüche auf Sonderzahlungen mit dem Bestehen einer Betriebsübung zu begründen und notfalls gerichtlich durchzusetzen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 266/14
- Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15.10.2013, 6 Sa 134/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebliche Übung
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Letzte Überarbeitung: 7. Juni 2018
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