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Sonderkündigungsschutz für Ersatzmitglieder eines Betriebsrates
Was an sich nach einer einfachen und nachvollziehbaren Regelung klingt, kann im Einzelfall viele schwierige Fragen aufwerfen: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2010, 16 Sa 59/10.
- Wann und wie wird ein Ersatzmitglied zum Mitglied des Betriebsrates?
- Der Fall: Ersatzmitglied erhält Kündigung, während er ein Betriebsratsmitglied vertreten soll
- LAG Düsseldorf: Das Ersatzmitglied hat Sonderkündigungsschutz
Wann und wie wird ein Ersatzmitglied zum Mitglied des Betriebsrates?
Der Betriebsrat ist ein Gremium, das aus Arbeitnehmern besteht, den Betriebsratsmitgliedern, die neben ihrer "normalen" Arbeit die Interessen ihrer Arbeitskollegen wahrnehmen müssen. Da ihre Tätigkeit zwangsläufig zu Konflikten mit dem Arbeitgeber führt, werden Betriebsratsmitglieder gesetzlich besonders geschützt. Neben einem strafbewehrten Verbot der Benachteiligung (§§ 78 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG in Verb. mit § 119 BetrVG) spielt der gesetzliche Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder dabei die wichtigste Rolle.
Dieser Sonderkündigungsschutz sieht vor (§ 15 Abs.1 S.1 Kündigungsschutzgesetz - KSchG), dass die ordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes im Allgemeinen unzulässig ist, es sei denn, dass der gesamte Betrieb geschlossen werden soll oder zumindest die Betriebsabteilung, in der das Betriebsratsmitglied gearbeitet hat (in diesem Fall muss aber weiterhin eine Umsetzung in eine andere Abteilung unmöglich sein).
Da ordentliche Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern daher praktisch kaum jemals "rechtlich darstellbar" sind, muss der Arbeitgeber in der Regel zur außerordentlichen ("fristlosen") Kündigung greifen. Eine solche Kündigung ist auch gegenüber Betriebsratsmitgliedern nicht ausgeschlossen, doch muss dafür ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegen. Und darüber hinaus muss der Betriebsrat als Gremium der geplanten außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder gemäß § 103 BetrVG ausdrücklich zustimmen. Dieser besondere Kündigungsschutz zugunsten von Betriebsratsmitgliedern wirkt ab dem Ende der Amtszeit ein Jahr lang nach und erschwert während dieser "Abkühlungsphase" ebenfalls eine fristlose Kündigung.
Ist ein Betriebsratsmitglied zeitweilig oder dauerhaft verhindert, dann tritt ein Ersatzmitglied an seine Stelle. Sein Name wird aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen das betroffene ordentliche Mitglied angehört (§ 25 BetrVG). Das Ersatzmitglied wird dann während der Dauer der Verhinderung des Mitglieds - ebenfalls - zum Betriebsratsmitglied und hat demzufolge den Sonderkündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern.
Auf den ersten Blick scheint das eine klare gesetzliche Regelung zu sein. Aber wann genau ist ein reguläres Betriebsratsmitglied "zeitweilig verhindert"? Sind gewährter Urlaub oder die Freistellung nach Kündigung Fälle einer solchen Verhinderung? Und wann genau und unter welchen Voraussetzungen tritt das Ersatzmitglied an die Stelle des verhinderten Mitglieds in den Betriebsrat ein? Von der Antwort auf solche unscheinbaren Detailfragen hängt oft die Entscheidung darüber ab, ob eine Kündigung wirksam ist oder nicht. Das zeigt ein aktueller Fall des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 26.04.2010, 16 Sa 59/10).
Der Fall: Ersatzmitglied erhält Kündigung, während er ein Betriebsratsmitglied vertreten soll
Der Kläger ist Kleininstandhalter und 1.Ersatzbetriebsratsmitglied bei dem beklagten Immobilienunternehmen, das ihm Spesenbetrug vorwarf. Anfang April 2009 wurde der Betriebsrat deshalb zu seiner fristlosen Kündigung angehört. Am 14.04.2009 beriet dieser über die Zustimmung. Alle ordentlichen Mitglieder nahmen an dieser Sitzung teil. Es wurde beschlossen, die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Klägers nicht zu erteilen.
Am gleichen Tag beantragte und erhielt eines der ordentlichen Betriebsratsmitglieder Urlaub für den 15.04.2009.
Bei dem Beklagten war am 15.04.2009 wie jeden Tag eine Kernarbeitszeit von 09:00 Uhr bis 15:00 Uhr angeordnet. Ab 06:00 Uhr konnten bereits Arbeitszeiten erfasst werden. Der Kläger wurde an diesem Tag nicht zu Betriebsratstätigkeit herangezogen und nahm daher regulär seine Arbeit auf. Gegen 08:00 Uhr wurde von dem beklagten Arbeitgeber eine fristlose Kündigung und sofortige Freistellung losgeschickt, die den Kläger gegen 10:00 erreichte. Zwischen 10:55 Uhr und 13:00 Uhr rief die Betriebsratsvorsitzende das beurlaubte Betriebsratsmitglied an und bat um Teilnahme an einem Besprechungstermin um 16:00 Uhr. Um 13:30 Uhr gab es eine Sitzung anlässlich der außerordentlichen Kündung des Klägers. Er nahm an ihr nicht Teil, weil er als betroffener Arbeitnehmer ausgeschlossen war.
Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage und berief sich auf den Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder. Das Arbeitsgericht Wuppertal gab seiner Klage statt (Urteil vom 24.11.2009, 7 Ca 1658/09). Der beklagte Arbeitgeber legte Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf ein.
LAG Düsseldorf: Das Ersatzmitglied hat Sonderkündigungsschutz
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied wie seine Vorinstanz. Die Kündigung sei unwirksam, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung als Betriebsratsmitglied Sonderkündigungsschutz gehabt habe.
Im Ausgangspunkt teilt es die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), dass die Gewährung von Erholungsurlaub einen Fall der zeitweiligen Verhinderung sei. Eine Verhinderung liege, so meint das Gericht, erst dann nicht mehr vor, wenn das beurlaubte Betriebsratsmitglied dem Betriebsratsvorsitzenden vor dem Tag des Erholungsurlaubs Bescheid gegeben hat, dass es trotz Urlaub sein Amt ausüben möchte.
Mit dem Sonderkündigungsschutz soll ein stets einsatzbereiter, vollzähliger Betriebsrat sichergestellt werden. Deshalb ging das LAG davon aus, dass es auf die Dauer der Verhinderung des ordentlichen Mitgliedes nicht ankommt und das Ersatzmitglied im Urlaubsfall ohne Weiteres zu Beginn des Arbeitstages nachrückt. Aus dem gleichen Grund ist dabei der Beginn der Arbeitszeit der frühest mögliche Zeitpunkt, zu dem gearbeitet werden darf. Das war hier 06:00 Uhr morgens.
Anders als das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 25.11.2005, 10 Sa 922/05) meinte das LAG Düsseldorf, die Freistellung des Klägers durch den beklagten Arbeitgeber führe nicht zu dessen zeitweiliger Verhinderung. Anders als Urlaub, der sowohl die Verpflichtung zur Arbeitsleistung und zur Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben zeitweilig aufhebe, betreffe die einseitige Freistellung nur die Arbeitsleistung.
Zudem meinte das Gericht, der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs.1 Satz 1 KSchG schütze das Betriebsratsamt unabhängig von der konkreten Amtstätigkeit. Es sei deshalb nicht erforderlich sei, dass das Ersatzbetriebsratsmitglied zu konkreter Betriebsratstätigkeit herangezogen wird.
Fazit: Die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei erholungsbedingter Abwesenheit eines Betriebsratsmitgliedes für ein nachrückendes Ersatzmitglied Kündigungsschutz nach § 15 Abs.1 Satz 1 KSchG eintritt, ist nach wie vor nicht höchstrichterlich entschieden und zwischen den Landesarbeitsgerichten umstritten. Einige damit verbundenen Rechtsfragen könnten bald durch das BAG beantwortet werden, denn zwischenzeitlich wurde die vom LAG zugelassene Revision beim BAG unter dem Aktenzeichen 2 AZR 388/10 eingelegt.
Anmerkung: Inzwischen hat das BAG die Revision zurückgewiesen: BAG, Urteil vom 08.09.2011, 2 AZR 388/10
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2010, 16 Sa 59/10
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, 2 AZR 388/10
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 25.11.2005, 10 Sa 922/05
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Letzte Überarbeitung: 14. Dezember 2020
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