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LAG Hamm, Ur­teil vom 17.07.2012, 10 Sa 890/12

   
Schlagworte: Änderungskündigung, Änderungskündigung: Verhältnismäßigkeit
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 10 Sa 890/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.07.2012
   
Leitsätze:

1. Für die Ausübung des pastoralen Berufes der Gemeindereferenten/innen ist eine kanonische Beauftragung durch den zuständigen (Erz-)Bischof erforderlich.

2. Der Entzug der kanonischen Beauftragung stellt eine innerkirchliche Maßnahme dar, die von den staatlichen Gerichten nicht auf ihre Rechtmäßigkeit, sondern allen-falls auf ihre Wirksamkeit, d. h. darauf hin überprüft werden kann, ob sie gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstößt, wie sie in dem allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie in dem Begriff der guten Sitten (§ 138 BGB) und dem des ordre public (Art. 6 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben.

3. Der Entzug der kanonischen Beauftragung ist wegen der daraus resultierenden Unmöglichkeit der Leistungserbringung an sich geeignet, eine personenbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 23.11.2011, 2 Ca 561/11
Nachfolgend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2014, 2 AZR 812/12
   

Te­nor:

Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 23.11.2011 – 2 Ca 561/11 – teil­wei­se ab­geändert und wie folgt ge­fasst:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS vom 02.12.2010 noch durch die wei­te­re außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS vom 22.12.2010 auf­gelöst wor­den ist, son­dern bis zum 30.06.2011 fort­be­stan­den hat.

2. Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 1.323,46 € brut­to abzüglich 2.694,15 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank gemäß § 247 BGB seit dem 02.12.2010 zu zah­len.

3. Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 4.947,75 € brut­to abzüglich 2.266,29 € net­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank gemäß § 247 BGB zu zah­len.

4. Im Übri­gen wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

5. Die wei­ter­ge­hen­de Be­ru­fung der Kläge­rin wird zurück­ge­wie­sen.

6. Von den Kos­ten des ers­ten Rechts­zu­ges tra­gen die Kläge­rin 61,5 % und das be­klag­te ERZ­BIS­TUM 38,5 %. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens trägt die Kläge­rin.

7. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz noch über die Wirk­sam­keit ei­ner or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung, über Vergütungs­ansprüche un­ter dem Ge­sichts­punkt des An­nah­me­ver­zu­ges, ei­nen An­spruch auf Weih­nachts­zu­wen­dung so­wie über ei­nen hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung.

Die am 6. Ja­nu­ar 1972 ge­bo­re­ne, ver­hei­ra­te­te und ge­genüber drei Kin­dern un­ter­halts­pflich­ti­ge Kläge­rin war nach ei­nem er­folg­reich ab­ge­schlos­se­nen Stu­di­um im Fach­be­reich Theo­lo­gie an der Ka­tho­li­schen Fach­hoch­schu­le P1 und ei­nem sich an­sch­ließen­den, be­rufs­prak­ti­schen Jahr seit dem 01.02.1998 beim be­klag­ten ERZ­BIS­TUM beschäftigt. Die Beschäfti­gung er­folg­te zunächst im Rah­men ei­nes auf 2 Jah­re be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges als Ge­mein­de­as­sis­ten­tin. Anläss­lich ih­rer Ein­stel­lung als Ge­mein­de­as­sis­ten­tin un­ter­zeich­ne­te die Kläge­rin am 21.01.1998 die fol­gen­de Erklärung:

"Mit mei­ner Tätig­keit als Ge­mein­de­as­sis­tent/in bzw. Ge­mein­de­re­fe­rent/in neh­me ich in be­son­de­rer Wei­se am Sen­dungs­auf­trag der Kir­che teil. Ich ver­pflich­te mich, mei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten (in be­son­de­rem Maße) loy­al zu erfüllen und bei der Ausübung mei­nes Diens­tes die kirch­li­chen Vor­schrif­ten zu be­ach­ten und zu wah­ren.

Fer­ner neh­me ich zur Kennt­nis, dass die An­la­ge 20 zur KA­VO so­wie das Diöze­sa­ne Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 vom 11.09.1995 (KA 1996 Stück 3 Nr. 30) nebst An­la­gen in den je­wei­li­gen Fas­sun­gen Be­stand­teil des An­stel­lungs­ver­tra­ges sind."

Mit Ar­beits­ver­trag vom 06.01.2000 (Bl. 11 – 13 d. A.) wur­de die Kläge­rin dann mit Wir­kung zum 01.02.2000 auf un­be­stimm­te Zeit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ein­ge­stellt. Nach § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges ist die Kirch­li­che Ar­beits- und Vergütungs­ord­nung (KA­VO) in ih­rer je­wei­li­gen Fas­sung ein­sch­ließlich der An­la­gen Be­stand­teil des Ver­tra­ges.

Am 05.02.2000 wur­de der Kläge­rin im Rah­men ei­ner lit­ur­gi­schen Fei­er die Be­auf­tra­gung zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin im ERZ­BIS­TUM P1 er­teilt und ihr zu­gleich die Mis­si­on ca­no­ni­ca zur Er­tei­lung des ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts an Grund-, Haupt-, Son­der-, Re­al- und Ge­samt­schu­len (Klas­se 5 – 10) ver­lie­hen. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf die vom ERZ­BISCHOF von P1 aus­ge­stell­te Ur­kun­de (Bl. 14 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Die Kläge­rin war zu­letzt in die Ent­gelt­grup­pe 10, Stu­fe 5 mit ei­nem Brut­to­mo­nats­ge­halt von 3.923,32 € ein­grup­piert.

Nach­dem die Kläge­rin zunächst im Pas­to­ral­ver­bund S1-S2 tätig war, wur­de sie auf ih­ren Wunsch ab dem 01.05.2007 im Pas­to­ral­ver­bund P1- Nord-Ost ein­ge­setzt. In die­sem Zu­sam­men­hang strit­ten die Par­tei­en darüber, ob die Kläge­rin ver­pflich­tet ist, ih­ren Wohn­sitz in­ner­halb der Ein­satz­ge­mein­de zu neh­men. Mit Ur­teil vom 13.08.2009 (Az.: 16 Sa 1045/08) hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm dar­auf er­kannt, dass die Kläge­rin ei­ner Re­si­denz­pflicht un­ter­liegt.

Die von der Kläge­rin beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­leg­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de (Az.: 3 AZN 824/09) blieb oh­ne Er­folg.

Mit Schrei­ben vom 25.01.2010 be­an­trag­te die Kläge­rin, die vom 28.01.2009 bis zum 28.02.2010 ar­beits­unfähig er­krankt war, ei­ne in­ner­be­trieb­li­che Um­set­zung in den Pas­to­ral­ver­bund S1 oder in den Pas­to­ral­ver­bund H2-G2-L1. Die Kläge­rin wur­de dar­auf­hin zu ei­nem Ein­satz­pla­nungs­gespräch ein­ge­la­den. In die­sem Gespräch wur­de der Kläge­rin eröff­net, dass ihr die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ent­zo­gen wer­den sol­le. Gleich­zei­tig wur­de ihr ein auf den 11.02.2010 da­tier­tes Anhörungs­schrei­ben (Bl. 15 – 16 d. A.) zum be­ab­sich­tig­ten Ent­zug der Be­auf­tra­gung über­ge­ben.

Mit De­kret vom 16.03.2010 (Bl. 20 - 23 d. A.) ent­zog das be­klag­te ERZ­BIS­TUM der Kläge­rin die Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Zur Be­gründung wur­de im We­sent­li­chen aus­geführt:

Nach dem Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 vom 01.12.2006 so­wie Nr. 3 der An­la­ge 20 zur KA­VO für die (Erz-) Bistümer A1, E2, K1, M1 (nord­rhein­westfäli­scher Teil) und P1 würden Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten zu ih­rem pas­to­ra­len Dienst durch den Diöze­s­an­bi­schof be­auf­tragt. Die pas­to­ra­le Be­auf­tra­gung durch den Diöze­s­an­bi­schof stel­le ei­nen in­ner­kirch­li­chen Rechts­akt dar, der zurück­ge­nom­men wer­den könne und müsse, wenn das für ei­ne pas­to­ra­le Tätig­keit im Auf­trag des Diöze­s­an­bi­schofs er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis dau­er­haft und ir­re­pa­ra­bel geschädigt sei. Das er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis sei vor­lie­gend nicht mehr ge­ge­ben. Die Kläge­rin ha­be während des Ver­fah­rens um die Fra­ge ih­rer Re­si­denz­pflicht wie­der­holt un­wah­re und ehr­ver­let­zen­de Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen zum Nach­teil des ERZ­BIS­TUMS, des ERZ­BISCHOFS so­wie von Mit­ar­bei­tern des ERZ­BIS­TUMS getätigt bzw. der­ar­ti­ge Be­haup­tun­gen durch ih­ren Ehe­mann ge­dul­det und die­se ehr­ver­let­zen­den Be­haup­tun­gen durch ge­ziel­ten Ein­satz der Pres­se auch in die brei­te Öffent­lich­keit ge­tra­gen. Die­se Be­haup­tun­gen sei­en in ho­hem Maße ge­eig­net, die Kir­che im An­se­hen Drit­ter her­ab­zuwürdi­gen und ihr Ver­trau­ens­verhält­nis zum ERZ­BISCHOF zu beschädi­gen. Darüber hin­aus las­se das bis­he­ri­ge Ver­hal­ten der Kläge­rin nur den Schluss zu, dass sie die Re­si­denz­pflicht in ih­rer fun­da­men­ta­len Be­deu­tung für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin nicht an­er­ken­ne.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf das De­kret vom 16.03.2010 Be­zug ge­nom­men.

Anträge der Kläge­rin auf Aus­set­zung des Voll­zugs und auf Rück­nah­me des De­krets blie­ben eben­so er­folg­los wie die von der Kläge­rin ein­ge­reich­te hier­ar­chi­sche Be­schwer­de zum apos­to­li­schen Stuhl. Mit De­kret der Con­gre­ga­tio Pro Cle­ri­cis vom 16.10.2010 (Bl. 27 d. A.) wur­de die Be­schwer­de we­gen sach­li­cher und recht­li­cher Un­be­gründet­heit zurück­ge­wie­sen.

Nach dem Ent­zug der Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin wies das be­klag­te Erz­bis­tum der Kläge­rin mit Wir­kung zum 13.04.2010 ei­ne Tätig­keit im au­dio­vi­su­el­len Ar­chiv des In­sti­tuts für Re­li­gi­onspädago­gik und Me­di­en­ar­beit in P1 (IRUM) zu. Die­se Tätig­keit übte die Kläge­rin für ei­ni­ge Ta­ge aus; im Übri­gen war sie be­ur­laubt oder ar­beits­unfähig er­krankt. Mit Schrei­ben vom 13.07.2010 kündig­te die Kläge­rin an, ab dem 26.07.2010 ein Zurück­be­hal­tungs­recht an ih­rer Ar­beits­leis­tung we­gen nicht ver­trags­gemäßer Beschäfti­gung aus­zuüben. In ei­nem Per­so­nal­gespräch vom 26.07.2010 wur­de der Kläge­rin dann an­ge­bo­ten, ei­ne an­de­re Tätig­keit aus­zuüben, nämlich die Er­stel­lung ei­ner Ar­beits­hil­fe für den "Ma­te­ri­al­kof­fer zum Chris­ten­tum" für den Ein­satz in der Grund­schu­le. Da­bei wur­de der Kläge­rin mit­ge­teilt, dass die Po­si­ti­on in der Ent­gelt­grup­pe 9 – 10 ein­grup­piert sei, re­li­gi­onspädago­gi­sche Auf­ga­ben be­tref­fe und in der Wer­tig­keit in vol­lem Um­fang ih­rer Aus­bil­dung ent­spre­che. Die Vergütung sol­le da­her un­verändert blei­ben. Die Kläge­rin lehn­te die an­ge­bo­te­ne Beschäfti­gung ab und leg­te die Ar­beit – wie an­gekündigt – nie­der. Das be­klag­te Erz­bis­tum stell­te dar­auf­hin die Zah­lung des Ar­beits­ent­gelts an die Kläge­rin für den Zeit­raum ab dem 26.07.2010 ein.

Die Kläge­rin er­hob so­dann Kla­ge auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin so­wie auf Zah­lung der ver­trag­li­chen Vergütung für den Zeit­raum vom 26.07.2010 bis 30.09.2010.

Nach­dem die Kla­ge erst­in­stanz­lich über­wie­gend Er­folg hat­te, hörte das be­klag­te ERZ­BIS­TUM mit Schrei­ben vom 25.11.2010 die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung zu ei­ner be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung, ei­ner hilfs­wei­sen or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung so­wie zu ei­ner Ver­set­zung der Kläge­rin an. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf das Anhörungs­schrei­ben nebst An­la­gen (Bl. 69 – 77 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Mit Schrei­ben vom 02.12.2010, wel­ches vom Lei­ter der Haupt­ab­tei­lung Per­so­nal und Ver­wal­tung un­ter­zeich­net war und der Kläge­rin am sel­ben Tag zu­ging, sprach das be­klag­te ERZ­BIS­TUM ge­genüber der Kläge­rin ei­ne außer­or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung aus und bot ihr zu­gleich die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu geänder­ten Be­din­gun­gen ab dem 03.12.2010 als Se­kretärin mit ei­ner Vergütung gemäß der Ent­gelt­grup­pe 5, Stu­fe 5 KA­VO an. Ei­nen ent­spre­chen­den Ar­beits­ver­trag fügte es der Kündi­gung bei. Mit Schrei­ben ih­res Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 07.12.2010 wies die Kläge­rin die Kündi­gung man­gels Voll­macht­nach­wei­ses und Schrift­form zurück.

Nach er­neu­ter Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung mit Schrei­ben vom 15.12.2010 (Bl. 78 - 86 d. A.) erklärte das be­klag­te ERZ­BIS­TUM mit Schrei­ben vom 22.12.2010 ge­genüber der Kläge­rin er­neut ei­ne außer­or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung, wel­che vom Ge­ne­ral­vi­kar des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS un­ter­zeich­net wur­de.

Am 29.12.2010 sprach das be­klag­te ERZ­BIS­TUM schließlich nach er­neu­ter Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung (Bl. 137 - 146 d. A.) ge­genüber der Kläge­rin hilfs­wei­se ei­ne or­dent­li­che Ände­rungskündi­gung zum 30.06.2011 aus.

Die Kläge­rin lehn­te das Ände­rungs­an­ge­bot ab.

Mit Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 09.09.2011 (Az.:18 Sa 2241/10) wur­de die erst­in­stanz­lich noch über­wie­gend er­folg­rei­che Kla­ge der Kläge­rin auf Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin und auf Zah­lung der Vergütung für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 30.09.2010 ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung wur­de im We­sent­li­chen aus­geführt, es könne da­hin­ste­hen, ob dem Beschäfti­gungs­an­spruch be­reits der Ent­zug der Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ent­ge­gen ste­he. Ein Beschäfti­gungs­an­spruch sei je­den­falls auf­grund der aus­ge­spro­che­nen Ände­rungskündi­gun­gen ent­fal­len. Die­se sei­en nicht of­fen­sicht­lich un­wirk­sam. Ei­nem Vergütungs­an­spruch für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 30.09.2010 ste­he die Vor­schrift des § 615 Satz 2 BGB ent­ge­gen. In­dem die Kläge­rin das An­ge­bot des be­klag­ten ERZ­BIS­TUM, sie mit der Er­stel­lung ei­ner Ar­beits­hil­fe für den Un­ter­richt in der Grund­schu­le zu beschäfti­gen, ab­ge­lehnt ha­be, ha­be sie es böswil­lig un­ter­las­sen, Einkünf­te in glei­cher Höhe zu er­wer­ben.

Mit der vor­lie­gen­den Kla­ge wen­det sich die Kläge­rin so­wohl ge­gen die Wirk­sam­keit der bei­den außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gun­gen als auch ge­gen die Wirk­sam­keit der hilfs­wei­se erklärten or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung. Des Wei­te­ren be­gehrt sie für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 30.09.2010 auf­grund ei­ner zum 01.03.2010 er­folg­ten Vergütungs­erhöhung ei­ne Nach­zah­lung von 103,24 € brut­to, für die Zeit vom 01.10.2010 bis zum 02.12.2010 Ver­zugs­lohn­ansprüche in Höhe von ins­ge­samt 8.286,03 € brut­to und die Zah­lung der Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 in Höhe von 80 % ei­nes Brut­to­mo­nats­ge­hal­tes. Hilfs­wei­se hat sie ei­nen An­spruch auf Ab­gel­tung von 27 Ur­laubs­ta­gen mit 4.947,75 € brut­to gel­tend ge­macht.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gun­gen sei­en un­wirk­sam. Die Un­wirk­sam­keit der außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung vom 02.12.2010 er­ge­be sich be­reits aus § 174 BGB und aus § 623 BGB. Ein wich­ti­ger Grund für die außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gun­gen bzw. ein Grund zur so­zia­len Recht­fer­ti­gung der hilfs­wei­se frist­ge­rech­ten Ände­rungskündi­gung sei nicht ge­ge­ben. Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM könne sich in die­sem Zu­sam­men­hang nicht auf den Ent­zug der Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­ru­fen. An­de­ren­falls würde dies da­zu führen, dass sich das be­klag­te ERZ­BIS­TUM durch ei­nen in­ner­kirch­li­chen Akt ei­nen Kündi­gungs­grund qua­si "selbst bas­teln" könne. Dies gel­te ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund, dass sich das be­klag­te ERZ­BIS­TUM ar­beits­ver­trag­lich zur ih­rer Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ver­pflich­tet ha­be. So­weit sich das be­klag­te Erz­bis­tum hin­sicht­lich der Ent­zie­hung der Be­auf­tra­gung auf Vor­schrif­ten des Co­dex Iu­ris Ca­no­ni­ci (im Fol­gen­den: CIC) be­ru­fe, sei­en die­se im Ar­beits­ver­trag nicht in Be­zug ge­nom­men wor­den. Ei­ne Ent­zie­hung der Be­auf­tra­gung nach den Re­ge­lun­gen des CIC schei­de auch des­halb aus, weil sie als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin kein "Amt" be­klei­det ha­be. Viel­mehr sei sie le­dig­lich zum "Dienst" als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­auf­tragt wor­den. Die Be­auf­tra­gung zu die­sem "Dienst" stel­le je­doch kei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung dar. Ge­gen die An­nah­me ei­ner sol­chen ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung spre­che der Ver­gleich mit der Si­tua­ti­on der Ge­mein­de­as­sis­ten­ten. Die­se übten die­sel­ben Tätig­kei­ten wie Ge­mein­de­re­fe­ren­ten aus. Hierfür er­hiel­ten sie je­doch kei­ne be­fris­te­te ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung, son­dern le­dig­lich ei­ne be­fris­te­te Er­laub­nis zur Er­tei­lung des Re­li­gi­ons­un­ter­richts. Bei der Be­auf­tra­gung han­de­le es sich nicht um ei­ne zwin­gen­de Vor­aus­set­zung für die Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin, son­dern eher um ei­ne Art sym­bo­li­schen Akt. Dies zei­ge schon die Tat­sa­che, dass sie ih­re Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­reits am 01.02.2000 auf­ge­nom­men hat, während ih­re Be­auf­tra­gung erst am 05.02.2000 er­folg­te. In an­de­ren Fällen hätten so­gar noch länge­re Zeiträume zwi­schen Tätig­keits­auf­nah­me und Be­auf­tra­gung ge­le­gen. Ver­hal­tens­be­ding­te oder an­de­re Kündi­gungs­gründe sei­en nicht er­sicht­lich. Viel­mehr lie­ge ein Ver­s­toß ge­gen § 612 a BGB vor; ihr sei gekündigt wor­den, weil sie ih­re Rech­te in den vor­an­ge­gan­ge­nen Rechts­strei­ten ver­folgt ha­be. Hin­sicht­lich der außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen sei auch die zweiwöchi­ge Kündi­gungs­erklärungs­frist nicht ge­wahrt. Zu­dem wer­de die ord­nungs­gemäße Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung des be­klag­ten Erz­bis­tums be­strit­ten. Ins­be­son­de­re sei der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung in den Anhörungs­schrei­ben un­zu­tref­fend mit­ge­teilt wor­den, sie ha­be zu­mut­ba­re an­de­re Tätig­kei­ten ab­ge­lehnt, ob­wohl dies nicht den Tat­sa­chen ent­spre­che. Auch sei in der Anhörung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung nicht erwähnt wor­den, dass sie an­geb­lich ein Kir­chen­amt be­klei­de, für das ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung er­for­der­lich sei.

Sch­ließlich sei das Ände­rungs­an­ge­bot un­zu­mut­bar, da es unnötig weit in ih­re Rech­te ein­grei­fe. Die Stel­le als Se­kretärin in Voll­zeit mit der Ent­gelt­grup­pe 5 be­deu­te ei­ne Hal­bie­rung ih­rer Einkünf­te. Ei­ne Teil­zeit­stel­le mit 50 % der re­gelmäßigen Ar­beits­zeit und ei­ner Vergütung gemäß der Ent­gelt­grup­pe 10 wäre verhält­nismäßiger ge­we­sen. Das Ände­rungs­an­ge­bot sei auch des­halb un­verhält­nismäßig, da sie nach ih­rem bis­he­ri­gen Ar­beits­ver­trag ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 38,5 St­un­den ge­habt ha­be und in den Ände­rungs­verträgen nun­mehr von ei­ner Wo­chen­ar­beits­zeit von "zur­zeit 39 St­un­den" die Re­de sei. Auch die Re­ge­lung in § 8 Abs. 3 des Ar­beits­ver­tra­ges sei text­lich geändert wor­den, oh­ne dass hier­zu ei­ne Not­wen­dig­keit be­stan­den ha­be.

Von den gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­ansprüchen sei le­dig­lich ein zins­lo­ses Dar­le­hen der AR­GE in Höhe von 2.694,15 € net­to in Ab­zug zu brin­gen. Ein wei­te­rer An­spruchsüber­gang lie­ge nicht vor, da sie erst nach dem 12.12.2010 Ar­beits­lo­sen­geld er­hal­ten ha­be.

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS mit Schrei­ben vom 02.12.2010 nicht be­en­det wor­den ist;

2. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch die wei­te­re außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS mit Schrei­ben vom 22.12.2010 be­en­det wor­den ist;

3. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch die hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS mit Schrei­ben vom 29.12.2010 zum 30.06.2011 be­en­det wer­den wird;

4. das be­klag­te ERZ­BIS­TUM zu ver­ur­tei­len, an sie 11.565,58 Eu­ro brut­to abzüglich 2.694,15 Eu­ro net­to so­wie zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank

  • aus 9,10 Eu­ro seit dem 01.08.2010,
  • aus wei­te­ren 47,07 Eu­ro seit dem 01.09.2010
  • aus wei­te­ren 47,07 Eu­ro seit dem 01.10.2010
  • aus wei­te­ren 3.970,39 Eu­ro seit dem 01.11.2010
  • aus wei­te­ren 7.146,70 Eu­ro seit dem 01.12.2010
  • aus wei­te­ren 345,25 Eu­ro seit dem 01.01.2011;

5. hilfs­wei­se für den Fall des Un­ter­lie­gens mit den Anträgen zu den Zif­fern 1) bis 3) das be­klag­te ERZ­BIS­TUM zu ver­ur­tei­len, an sie 4.947,75 Eu­ro brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der Eu­ropäischen Zen­tral­bank seit dem 01.01.2011 zu zah­len.

Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM hat die An­sicht ver­tre­ten, der pas­to­ra­le Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten stel­le nach den Be­stim­mun­gen des CIC ein Kir­chen­amt dar, das oh­ne ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung nicht gültig er­langt wer­den könne. Die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung sei da­mit ei­ne
Vor­aus­set­zung für die Ausübung der Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Nach dem Ent­zug der Be­auf­tra­gung könne und dürfe die Kläge­rin nicht mehr als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ein­ge­setzt wer­den. Der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung stel­le ei­ne in­ner­kirch­li­che An­ge­le­gen­heit dar, die sich nach den cann. 184 ff CIC rich­te. Hier­bei sei für die Be­trof­fe­nen der in­ner­kirch­li­che Rechts­weg gemäß can. 1737 § 1 CIC eröff­net, den die Kläge­rin be­schrit­ten ha­be. Auf­grund des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts gem. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 1 und 3 WRV sei der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung von den staat­li­chen Ge­rich­ten nicht über­prüfbar. Auf­grund des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung sei ei­ne Beschäfti­gung der Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin nicht mehr möglich ge­we­sen. Die Kündi­gungs­erklärungs­frist nach § 626 Abs. 2 BGB sei ge­wahrt, da es sich um ei­nen Dau­er­tat­be­stand han­de­le. Die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung sei ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Aus dem bei­gefügten De­kret sei für die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung er­sicht­lich ge­we­sen, dass die Kläge­rin ein ka­no­ni­sches Kir­chen­amt be­klei­det ha­be. Das Ände­rungs­an­ge­bot sei auch zu­mut­bar ge­we­sen. An­de­re, we­ni­ger nach­tei­li­ge Stel­len, auf de­nen die Kläge­rin auf­grund ih­rer Aus­bil­dung und ih­ren Kennt­nis­sen hätte wei­ter­beschäftigt wer­den können, sei­en nicht vor­han­den ge­we­sen. Im Übri­gen er­rech­ne sich bei ei­ner Beschäfti­gung mit der bis­he­ri­gen Ent­gelt­grup­pe 10 auf ei­ner hal­ben Stel­le ei­ne ge­rin­ge­re Vergütung als bei der an­ge­bo­te­nen Stel­le. Die Dau­er der wöchent­li­chen Ar­beits­zeit sei nicht geändert wor­den, da die­se nach der KA­VO seit dem 01.10.2008 39 St­un­den be­tra­ge. Vergütungs­ansprüche für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 02.12.2010 bestünden nicht, da der Kläge­rin zum ei­nen die Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung unmöglich ge­we­sen sei und sie zum an­de­ren ei­ne zu­mut­ba­re Beschäfti­gung ab­ge­lehnt ha­be. Hin­sicht­lich der Weih­nachts­zu­wen­dung ste­he der Kläge­rin nach den Re­ge­lun­gen der KA­VO le­dig­lich ein an­tei­li­ger An­spruch von 5/12 = 1.323,46 € zu, da sie in den Mo­na­ten Ja­nu­ar und Fe­bru­ar so­wie Au­gust bis De­zem­ber 2010 kei­ne Bezüge er­hal­ten ha­be. Hin­sicht­lich des hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­ten Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruchs lie­ge ei­ne Über­lei­tungs­an­zei­ge der Bun­des­agen­tur für Ar­beit vor.

Mit Ur­teil vom 23.11.2011 hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gun­gen vom 02.12.2010 und vom 22.12.2010 nicht auf­gelöst wor­den ist, son­dern bis zum 30.06.2011 fort­be­stan­den hat. Des Wei­te­ren hat es das be­klag­te ERZ­BIS­TUM ver­ur­teilt, an die Kläge­rin ei­ne an­tei­li­ge Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 in Höhe von 1.323,46 € ab­zgl. des Dar­le­hens der AR­GE zu zah­len. Im Übri­gen hat es die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt: Ob die Be­auf­tra­gung für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­rent/in ein "Amt" im kir­chen­recht­li­chen Sin­ne dar­stel­le, ob es sich hier­bei um ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung oder le­dig­lich ei­ne Art sym­bo­li­schen Akt han­de­le, können of­fen blei­ben. We­gen der Seel­sor­ger- und Verkündungstätig­keit der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten gehöre es je­den­falls zum Selbst­be­stim­mungs­recht der ka­tho­li­schen Kir­che, zusätz­lich zum ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trag als Vor­aus­set­zung für die Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­rent/in ei­ne ge­son­dert er­teil­te kirch­li­che Be­auf­tra­gung zu for­dern. Der Ent­zug der Be­auf­tra­gung stel­le ei­nen in­ner­kirch­li­chen Akt dar. Da nach Art. 140 GG i. v. m. Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV nicht nur die Ämter­ver­ga­be, son­dern all­ge­mein die Ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes al­lein durch die Kir­che oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes er­fol­ge, sei der Ent­zug der Be­auf­tra­gung der voll­umfäng­li­chen Über­prüfung durch die Ar­beits­ge­rich­te nicht zugäng­lich. Hin­rei­chen­de An­halts­punk­te dafür, dass die Ent­zie­hung der Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ge­gen fun­da­men­ta­le Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung wie dem all­ge­mei­nen Willkürver­bot, dem Be­griff der gu­ten Sit­ten oder dem od­re pu­blic ver­s­toße, bestünden nicht. Da die Kläge­rin auf­grund des Ent­zugs der Be­auf­tra­gung nicht mehr die Vor­aus­set­zun­gen für ih­re ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung auf­wei­se, lie­ge an sich ein wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vor. Un­ter Berück­sich­ti­gung der Umstände des Ein­zel­fal­les und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le er­ge­be sich je­doch, dass dem Be­klag­ten ERZ­BIS­TUM die Ein­hal­tung der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist zu­mut­bar ge­we­sen sei. Das Ar­beits­verhält­nis sei aber durch die hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung be­en­det wor­den. Der Ent­zug der Be­auf­tra­gung stel­le ei­nen per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grund dar. Das Ände­rungs­an­ge­bot des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS sei auch zu­mut­bar ge­we­sen.

Die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung sei ord­nungs­gemäß an­gehört wor­den. Die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung ha­be zu­min­dest aus den bei­gefügten Un­ter­la­gen und De­kre­ten ent­neh­men können, dass die Kläge­rin ein Kir­chen­amt be­klei­de bzw. ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung der Kläge­rin vor­lie­ge. Wel­che Tätig­kei­ten von der Kläge­rin ab­ge­lehnt wur­den ha­be die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung der eben­falls bei­gefügten Auf­stel­lung ent­neh­men können.

Sch­ließlich ver­s­toße die Kündi­gung auch nicht ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot des § 612 a BGB.

Vergütungs­ansprüche stünden der Kläge­rin für den Zeit­raum vom 26.07.2010 bis zum 02.12.2010 nicht zu. Da­bei könne of­fen blei­ben, ob An­nah­me­ver­zugs­lohn­ansprüche schon des­halb aus­schei­den, weil der Kläge­rin we­gen des Ent­zugs der Be­auf­tra­gung die Fähig­keit zur Er­brin­gung der ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung fehl­te. Ei­nem Zah­lungs­an­spruch ste­he je­den­falls die Re­ge­lung des § 615 S. 2 BGB ent­ge­gen; in­so­weit wer­de auf die Ausführun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm im Ver­fah­ren 18 Sa 2241/10 Be­zug ge­nom­men.

Ein An­spruch auf die Weih­nachts­vergütung sei nur in Höhe von 1.323,46 € ge­ge­ben, da die Kläge­rin in den Mo­na­ten Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2010 oh­ne Ent­gelt­fort­zah­lung ar­beits­unfähig er­krankt war und für die Zeit ab dem 26.07.2010 kei­ne Vergütungs­ansprüche ha­be. Nach § 2 Abs. 2 der An­la­ge 14 zur KA­VO sei die Zu­wen­dung aber um ein Zwölf­tel für je­den Ka­len­der­mo­nat zu kürzen, in dem der Mit­ar­bei­ter kei­ne Bezüge er­hal­ten hat.

Der hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung sei un­be­gründet, da nicht fest­stell­bar sei, in wel­cher Höhe die Kläge­rin ak­tiv­le­gi­ti­miert ist. Nach § 143 Abs. 2, 3 SGB III ru­he der An­spruch auf Ar­beits­lo­sen­geld während des Be­zugs von Ur­laubs­ab­gel­tung. Sei auch für die­sen Zeit­raum Ar­beits­lo­sen­geld gewährt wor­den, ge­he der An­spruch in Höhe des gewähr­ten Ar­beits­lo­sen­gel­des auf die Bun­des­agen­tur für Ar­beit über. Vor­lie­gend ha­be die Kläge­rin nicht dar­ge­legt, in wel­cher Höhe sie Ar­beits­lo­sen­geld be­zo­gen ha­be.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils wird auf Bl. 330 bis 359 d. A. ver­wie­sen.

Mit ih­rer recht­zei­tig ein­ge­leg­ten und be­gründe­ten Be­ru­fung wen­det sich die Kläge­rin un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens ge­gen den Stand­punkt des ar­beits­ge­richt­li­chen Ur­teils zur Wirk­sam­keit der hilfs­wei­se erklärten or­dent­li­chen Ände­rungskündi­gung, zur Fra­ge der An­nah­me­ver­zugs­lohn­ansprüche, zum Um­fang des An­spruchs auf die Weih­nachts­zu­wen­dung so­wie zur Ur­laubs­ab­gel­tung.

Sie ist der An­sicht, das Ar­beits­ge­richt ha­be nicht die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gung, son­dern die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner ver­hal­tens­be­ding­ten Kündi­gung prüfen müssen. An­lass für den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung sei un­strei­tig ein Ver­hal­ten im Rah­men der Aus­ein­an­der­set­zung der Par­tei­en über die Re­si­denz­pflicht ge­we­sen. Die­ses Ver­hal­ten könne kei­ne or­dent­li­che ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung recht­fer­ti­gen. Dies ha­be das be­klag­te ERZ­BIS­TUM of­fen­bar von vorn­her­ein selbst er­kannt; denn an­sons­ten hätte es der Schaf­fung ei­nes künst­li­chen Kündi­gungs­grun­des durch den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nicht be­durft. Woll­te man der An­sicht des Ar­beits­ge­richts fol­gen, könn­te das ERZ­BIS­TUM im­mer dann, wenn sich ein "be­auf­trag­ter" Mit­ar­bei­ter nicht wie gewünscht verhält, oh­ne ge­richt­li­che Über­prüfbar­keit die Be­auf­tra­gung ent­zie­hen, um das Ar­beits­verhält­nis dann per­so­nen­be­dingt zu kündi­gen. Nach Art. 137 Abs. 3 WRV könn­ten die Re­li­gi­ons­ge­mein­schaf­ten ih­re An­ge­le­gen­hei­ten aber nur in­ner­halb der Schran­ke des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes selbständig ord­nen und ver­wal­ten. Vor­lie­gend wol­le sich das be­klag­te ERZ­BIS­TUM, das sich zum Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges der Pri­vat­au­to­no­mie be­dient ha­be, nun durch Schaf­fung ei­nes ab­so­lu­ten und von welt­li­chen Ge­rich­ten nicht über­prüfba­ren Kündi­gungs­grun­des außer­halb der Rechts­ord­nung be­we­gen. In ih­rer Sphäre lie­gen­de Gründe für ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung sei­en je­den­falls nicht ge­ge­ben. Sie sei nach wie vor in der La­ge, die ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­te Leis­tung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin zu er­brin­gen. Ins­be­son­de­re sei die Er­tei­lung der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nicht Vor­aus­set­zung für die Leis­tungs­er­brin­gung. Zum Zeit­punkt des Zu­gangs der Kündi­gung ha­be es im ge­sam­ten Kir­chen­recht kei­ne Re­ge­lung ge­ge­ben, die die Er­tei­lung der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung als Vor­aus­set­zung für die Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ge­re­gelt ha­be. Die Wirk­sam­keit der Kündi­gung schei­te­re auch an der nicht ord­nungs­gemäßen Be­tei­li­gung der MAV nach § 30 MA­VO. Dem Anhörungs­schrei­ben nebst An­la­gen sei nicht zu ent­neh­men, dass das be­klag­te ERZ­BIS­TUM von ei­nem Kir­chen­amt aus­ge­he, wel­ches nach den ent­spre­chen­den kir­chen­recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­zo­gen wer­den könne. Die gel­tend ge­mach­ten An­nah­me­ver­zugs­lohn­ansprüche ha­be das Ar­beits­ge­richt nicht mit der Be­gründung ab­wei­sen dürfen, sie müsse sich nach § 615 S. 2 BGB an­rech­nen las­sen, was sie böswil­lig zu ver­die­nen un­ter­las­sen ha­be. Da die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung der Zu­wei­sung des neu­en Ar­beits­plat­zes nicht zu­ge­stimmt ha­be, hätte ihr be­reits des­halb ein Zurück­be­hal­tungs­recht zu­ge­stan­den. Im Übri­gen hätte das be­klag­te ERZ­BIS­TUM sie auch oh­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin beschäfti­gen können. Hin­sicht­lich der Kürzung der Weih­nachts­zu­wen­dung bestünden Zwei­fel an der Wirk­sam­keit der Kürzungs­re­ge­lung in § 2 Abs. 2 der An­la­ge 14 zur KA­VO. Die Re­ge­lung dif­fe­ren­zie­re nicht da­nach, ob der Ar­beit­neh­mer in Fol­ge ei­nes dem Ar­beit­ge­ber zu­zu­rech­nen­den Um­stan­des – zum Bei­spiel ei­nes Ar­beits­un­fal­les – länger­fris­tig kei­ne Vergütung er­hal­ten hat, oder aus ei­nem sons­ti­gen nicht dem Ar­beit­ge­ber zu­zu­ord­nen­den Grund. Hin­sicht­lich des An­spruchs auf Ur­laubs­ab­gel­tung hat die Kläge­rin den Ar­beits­lo­sen­geld­be­scheid zur Ak­te ge­reicht und be­zo­ge­nes Ar­beits­lo­sen­geld in Höhe von 2.266,29 € net­to in Ab­zug ge­bracht.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 23.11.2011 – 2 Ca 561/11 – teil­wei­se ab­zuändern und

1. fest­zu­stel­len, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch die hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung des Be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS vom 29.12.2010 mit Ab­lauf des 30.06.2011 ge­en­det hat;

2. das be­klag­te ERZ­BIS­TUM zu ver­ur­tei­len, an sie wei­te­re 10.242,12 € brut­to zzgl. Zin­sen in 50 Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz der EZB

  • aus 9,10 € seit dem 01.08.2010,
  • aus wei­te­ren 47,07 € seit dem 01.09.2010,
  • aus wei­te­ren 47,07 € seit dem 01.10.2010,
  • aus wei­te­ren 3.970,39 € seit dem 01.11.2010,
  • aus wei­te­ren 5.823,24 € seit dem 01.12.2010,
  • aus wei­te­ren 345,25 € seit dem 01.01.2011

zu zah­len;

3. hilfs­wei­se für den Fall des Un­ter­lie­gens mit dem An­trag zu Zif­fer 1,

das be­klag­te ERZ­BIS­TUM zu ver­ur­tei­len, an sie 4.947,75 € brut­to abzüglich 2.266,29 54 € net­to so­wie zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­sat EZB seit dem 01.07.2011 zu zah­len.

Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM be­tont, dass es sich um ei­ne per­so­nen­be­ding­te und nicht um ei­ne ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung han­de­le. Das Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­che und da­mit die Ver­fas­sung ver­bie­te es, dass das Ar­beits­ge­richt ei­nen Sach­ver­halt, der in der kirch­li­chen Ge­richts­bar­keit ab­sch­ließend ge­prüft wur­de, ei­ner ei­ge­nen Prüfung un­ter­zieht. Es sei auch nicht Sa­che der Kläge­rin fest­zu­stel­len, ob ih­re Be­auf­tra­gung ei­nes ka­no­ni­schen Ak­tes be­darf oder nicht. Dies sei durch den Spruch der Kon­gre­ga­ti­on für den Kle­rus für al­le Be­tei­lig­ten
ein­sch­ließlich der Ar­beits­ge­richts­bar­keit ab­sch­ließend und ver­bind­lich fest­ge­stellt. Zah­lungs­ansprüche der Kläge­rin für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 30.09.2010 sei­en nicht ge­ge­ben. Für den Zeit­raum bis zum 30.09.2010 ste­he be­reits die rechts­kräfti­ge Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 09.09.2011 – 18 Sa 2241/10 – ei­ner Nach­for­de­rung ent­ge­gen. Im Übri­gen sei die Kläge­rin über­haupt nicht leis­tungsfähig im Sin­ne von § 297 BGB ge­we­sen. Der Ur­laubs­an­spruch wer­de grundsätz­lich nicht be­strit­ten. Ob ein Ab­gel­tungs­an­spruch be­ste­he, hänge aber da­von ab, ob das Ar­beits­verhält­nis zum 30.06.2011 ge­en­det hat. So­lan­ge dies nicht rechts­kräftig fest­ste­he, hänge der An­spruch von ei­nem zukünf­ti­gen Er­eig­nis ab; ei­ne Kla­ge auf künf­ti­ge Leis­tung sei vor­lie­gend aber nicht zulässig.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die Sit­zungs­pro­to­kol­le ergänzend Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die an sich statt­haf­te und form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Pa­der­born vom 23.11.2011 hat nur in ge­rin­gem Um­fang Er­folg. So­weit das Ar­beits­ge­richt den hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung ab­ge­wie­sen hat, ist die Be­ru­fung teil­wei­se be­gründet. Im Übri­gen ist sie un­be­gründet.

A) Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat durch die Ände­rungskündi­gung vom 29.12.2010 mit Ab­lauf des 30.06.2011 ge­en­det. Die Ände­rungskündi­gung ist so­zi­al ge­recht­fer­tigt im Sin­ne der §§ 2, 1 Abs. 2 S. 1 KSchG und auch nicht aus an­de­ren Gründen un­wirk­sam. Da die Kläge­rin das Ände­rungs­an­ge­bot auch nicht un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­men hat, hat das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en da­her mit Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 30.06.2011 sein En­de ge­fun­den.

I. Ei­ne Ände­rungskündi­gung ist nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts wirk­sam, wenn sich der Ar­beit­ge­ber bei ei­nem an sich an­er­ken­nens­wer­ten An­lass dar­auf be­schränkt hat, le­dig­lich sol­che Ände­run­gen vor­zu­schla­gen, die der Ar­beit­neh­mer bil­li­ger­wei­se hin­neh­men muss. Die Ände­run­gen müssen ge­eig­net und er­for­der­lich sein, um den In­halt des Ar­beits­ver­trags den geänder­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an­zu­pas­sen. Die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen dürfen sich nicht wei­ter vom In­halt des bis­he­ri­gen Ar­beits­verhält­nis­ses ent­fer­nen, als zur Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Zie­les er­for­der­lich ist (BAG, Ur­teil vom 22.04.2004 – 2 AZR 385/03 -; BAG, Ur­teil vom 23.11.2000 – 2 AZR 617/99 -; BAG, Ur­teil vom 18.11.1999 – 2 AZR 77/99 -).

Die­ser Maßstab gilt un­abhängig da­von, ob der Ar­beit­neh­mer das Ände­rungs­an­ge­bot ab­ge­lehnt oder un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­men hat (BAG, Ur­teil vom 19.05.1993 – 2 AZR 584/92 -).

Aus der Berück­sich­ti­gung des Ände­rungs­an­ge­bo­tes bei der Prüfung der So­zi­al­wid­rig­keit er­gibt sich ein zwei­stu­fi­ges Prüfungs­ver­fah­ren. Zunächst ist zu prüfen, ob Gründe in der Per­son oder im Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers oder drin­gen­de be­trieb­li­che Er­for­der­nis­se ei­ne Ver­tragsände­rung be­din­gen. So­dann ist zu prüfen, ober der Ar­beit­ge­ber sich dar­auf be­schränkt hat, nur sol­che Ände­run­gen vor­zu­schla­gen, die der Ar­beit­neh­mer bil­li­ger­wei­se hin­neh­men muss. Die­se Fra­ge wie­der­um ist an Hand des Verhält­nismäßig­keits­grund­sat­zes zu be­ur­tei­len. Das be­deu­tet, dass die geänder­ten Ar­beits­be­din­gun­gen im Hin­blick auf den Kündi­gungs­grund ge­eig­net so­wie er­for­der­lich sein müssen und sich nicht wei­ter vom bis­he­ri­gen In­halt des Ar­beits­verhält­nis­ses ent­fer­nen dürfen, als dies zur Er­rei­chung des mit der Ände­rungskündi­gung an­ge­streb­ten Zie­les er­for­der­lich ist.

II. Ge­mes­sen an die­sen Grundsätzen ist die streit­ge­genständ­li­che Ände­rungskündi­gung nicht so­zi­al­wid­rig.

1. Die vom be­klag­ten ERZ­BIS­TUM an­ge­streb­ten Ver­tragsände­run­gen sind durch Gründe in der Per­son der Kläge­rin be­dingt.

a) Ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung kann ins­be­son­de­re so­zi­al ge­recht­fer­tigt sein, wenn der Ar­beit­neh­mer aus Gründen, die in sei­ner Sphäre lie­gen, je­doch nicht von ihm ver­schul­det sein müssen, zu der nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ar­beits­leis­tung ganz oder teil­wei­se nicht mehr in der La­ge ist. In die­sen Fällen liegt in der Re­gel ei­ne schwe­re und dau­er­haf­te Störung des ver­trag­li­chen Aus­tausch­verhält­nis­ses vor, der der Ar­beit­ge­ber mit ei­ner Ände­rungskündi­gung, oder wenn kei­ne an­de­re Beschäfti­gung mehr möglich ist, mit ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung be­geg­nen kann (BAG, Ur­teil vom 11.12.2003 – 2 AZR 667/02 -; BAG, Ur­teil vom 24.02.2005 – 2 AZR 211/04 -).

So ist in der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes an­er­kannt, dass bei­spiels­wei­se der Ent­zug der Ermäch­ti­gung zum Um­gang mit Ver­schluss­sa­chen (VS-Ermäch­ti­gung) eben­so wie der Ent­zug ei­ner schul­auf­sicht­li­chen Ge­neh­mi­gung oder der Ent­zug ei­ner Fahr­er­laub­nis bei ei­nem Kraft­fah­rer we­gen des sich hier­aus er­ge­ben­den Beschäfti­gungs­ver­bo­tes an sich ge­eig­net ist, ei­nen per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grund im Sin­ne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ab­zu­ge­ben ( vgl. BAG, Ur­teil vom 26.11.2009 – 2 AZR 272/08 -; BAG, Ur­teil vom 11.12.1987 – 7 AZR 709/85 -).

b) Vor­lie­gend stützt das be­klag­te ERZ­BIS­TUM die Kündi­gung dar­auf, dass der Kläge­rin durch den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung die kir­chen­recht­lich er­for­der­li­che Be­fug­nis bzw. Er­laub­nis für ei­ne Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin feh­le. Oh­ne die­se Be­fug­nis könne und dürfe
die Kläge­rin ih­re ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin nicht mehr er­brin­gen. Durch den Ver­lust der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung sei ihr die Er­brin­gung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung we­gen des sich hier­aus er­ge­ben­den, kir­chen­recht­li­chen
Beschäfti­gungs­ver­bo­tes unmöglich ge­wor­den.

Die Kläge­rin ver­tritt dem­ge­genüber die An­sicht, die Er­tei­lung ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung sei nicht Vor­aus­set­zung der Leis­tungs­er­brin­gung. Zum Zeit­punkt des Zu­gangs der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung ha­be es im ge­sam­ten Kir­chen­recht kei­ne Re­ge­lung ge­ge­ben, nach der ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung für die Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin er­for­der­lich sei.

Bei der zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­gen Fra­ge, ob der kirch­li­che Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung vor­aus­setzt, han­delt es sich um ei­ne rein kir­chen­recht­li­che Fra­ge. Gleich­wohl ist die Kam­mer vor­lie­gend be­fugt, die zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­ge Fra­ge, ob der kirch­li­che Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen nach dem kirch­li­chen Recht ei­ne ka­no­ni­sche Sen­dung vor­aus­setzt, zu über­prüfen.

Die Ver­fas­sungs­ga­ran­tie des kirch­li­chen Selbst­be­stim­mungs­rechts gewähr­leis­tet den Kir­chen darüber zu be­fin­den, wel­che Diens­te es in ih­ren Ein­rich­tun­gen ge­ben soll und in wel­chen Rechts­for­men sie wahr­zu­neh­men sind. Die Kir­chen können sich da­bei der staat­li­chen Pri­vat­au­to­no­mie be­die­nen, um ein Ar­beits­verhält­nis zu be­gründen und zu re­geln (BverfG, Be­schluss vom 04.06.1985 – 2 BvR 1718/83 -). Be­die­nen sich die Kir­chen wie je­der­mann der Pri­vat­au­to­no­mie, so fin­det auf die­se das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. In­so­weit er­folgt ei­ne Ver­bin­dung zwi­schen kirch­li­chem und welt­li­chem Recht, wo­bei in­ner­kirch­li­che Re­ge­lun­gen oder Ent­schei­dun­gen mögli­cher­wei­se von präju­di­zi­el­ler Be­deu­tung für die Be­ur­tei­lung des streit­ge­genständ­li­chen Rechts­verhält­nis­ses sind. Hängt hier­nach die Ent­schei­dung der Rechts­strei­tig­keit von der An­wen­dung und Prüfung kirch­li­chen Rechts als Vor­fra­ge ab, wird ei­ne In­zi­dent­kon­trol­le all­ge­mein als zulässig an­ge­se­hen (vgl. Ri­char­di, Ar­beits­recht in der Kir­che, 5. Auf­la­ge, § 21 Rz. 2 m.w.N.; BAG, Ur­teil vom 21.05.1992 – 2 AZR 49/92 – m.w.N.). Durch die­se In­zi­dent­kon­trol­le wird nicht in un­zulässi­ger Wei­se in die nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV ga­ran­tier­te Ämter­ho­heit der Kir­che, wo­nach die­se ih­re Ämter oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes oder der bürger­li­chen Ge­mein­de ver­leiht, al­so selbst be­stimmt, wel­che Ämter sie ein­rich­tet, wel­che Ämter ei­ner ka­no­ni­schen Amtsüber­tra­gung bedürfen und wem ein Amt über­tra­gen wird, ein­ge­grif­fen. Bei der vor­lie­gend vor­zu­neh­men­den In­zi­dent­kon­trol­le geht es viel­mehr nur um die Fra­ge, wie die Kir­che von ih­rem Selbst­be­stim­mungs­recht Ge­brauch ge­macht hat, al­so um die Fra­ge, wel­che Ämter sie ein­ge­rich­tet hat und wel­che Ämter ei­ne ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung er­for­dern.

c) Die An­wen­dung des kirch­li­chen Rechts er­gibt vor­lie­gend, dass die Ausübung des kirch­li­chen Be­ru­fes der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung durch den zuständi­gen (Erz-) Bi­schof er­for­dert. Oh­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung kann und darf der Be­ruf nach den kir­chen­recht­li­chen Re­ge­lun­gen nicht aus­geübt wer­den.

Das Er­for­der­nis ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung er­gibt sich so­wohl aus dem Co­dex Iu­ris Ca­no­ni­ci, der in­so­weit Rah­men­recht enthält, das durch teil­kirch­li­ches diöze­sa­nes Recht aus­gefüllt wird, als auch aus dem diöze­sa­nen Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 vom 01.12.2006.

aa) Nach can. 146 CIC kann ein Kir­chen­amt oh­ne ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung nicht gültig er­langt wer­den kann. Dar­aus folgt, dass der Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges für sich al­lein die kir­chen­recht­li­che Über­tra­gung des kirch­li­chen Am­tes nicht be­wir­ken kann. Zur Er­lan­gung des Kir­chen­am­tes be­darf es viel­mehr ei­nes ka­no­ni­schen Rechts­ak­tes.

Was un­ter ei­nem Kir­chen­amt zu ver­ste­hen ist, ist in can. 145 CIC de­fi­niert. Da­nach ist Kir­chen­amt jed­we­der Dienst, der durch gött­li­che oder kirch­li­che An­ord­nung auf Dau­er ein­ge­rich­tet ist und der Wahr­neh­mung ei­nes geist­li­chen Zwe­ckes dient. Der CIC hat da­mit im An­schluss an das II. Va­ti­ka­ni­sche Kon­zil für das ka­no­ni­sche Recht ei­nen wei­ten Amts­be­griff über­nom­men und die gemäß dem CIC/1917 be­ste­hen­de be­griff­li­che Ver­bin­dung des ka­no­ni­schen Amts­be­griffs mit der Kir­chen­ge­walt auf­ge­ge­ben. Kir­chen­recht­lich ist da­mit der Be­griff des Kir­chen­am­tes auch nicht mehr auf die Ämter ein­ge­schränkt, die das Sa­kra­ment der Wei­he vor­aus­set­zen.

Die kirch­li­chen Be­ru­fe der Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten erfüllen die in can. 145 CIC ge­nann­ten Kri­te­ri­en. Zum ei­nen sind sie sind in den Teil­kir­chen auf kirch­li­che An­ord­nung dau­er­haft ein­ge­rich­tet wor­den. Zum an­de­ren die­nen sie dem geist­li­chen Zweck der Seel­sor­ge. Wer ei­nen der bei­den Be­ru­fe ausübt, wirkt nach Maßga­be des teil­kirch­li­chen, diöze­sa­nen Rechts so­wohl im Be­reich der Verkündi­gung des Glau­bens als auch im Be­reich der Lit­ur­gie und Dia­ko­nie mit.

Die Aus­wei­tung des kir­chen­recht­li­chen Amts­be­griffs hat des Wei­te­ren zur Fol­ge, dass auch Lai­en Träger ei­nes Kir­chen­am­tes sein können, wie sich aus can. 228 CIC er­gibt. Da­nach sind Lai­en, die als ge­eig­net be­fun­den wer­den, befähigt, von den geist­li­chen Hir­ten für je­ne kirch­li­chen Ämter und Auf­ga­ben her­an­ge­zo­gen zu wer­den, die sie gemäß den Rechts­vor­schrif­ten wahr­zu­neh­men vermögen. Nach den hier maßgeb­li­chen diöze­sa­nen Rechts­vor­schrif­ten, nämlich dem Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1, han­delt es sich bei dem Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen um ein Amt, für das Lai­en her­an­ge­zo­gen wer­den können. Dies er­gibt sich oh­ne wei­te­res aus Art. 1 § 1 des Sta­tu­tes. Da­nach sind von der je­dem Chris­ten un­mit­tel­bar durch Tau­fe und Fir­mung ge­ge­be­nen Sen­dung die pas­to­ra­len Diens­te im en­ge­ren Sinn zu un­ter­schei­den. In die­sen pas­to­ra­len Diens­ten neh­men Lai­en, von den Bischöfen aus­drück­lich be­auf­tragt, in be­stimm­ten Sach­be­rei­chen am amt­li­chen Auf­trag der Kir­che teil.

bb) Dem Er­geb­nis, dass die Be­ru­fe der Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen nach dem CIC Ämter im kir­chen­recht­li­chen Sinn dar­stel­len, de­ren Ausübung kir­chen­recht­lich ei­ne ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung vor­aus­setzt, steht nicht der Um­stand ent­ge­gen, dass so­wohl im Rah­men­sta­tut für Ge­mein­de- und Pas­to­ral­re­fe­ren­ten/in­nen der Deut­schen Bi­schofs­kon­fe­renz vom 10.03.1987, in dem der­zeit gülti­gen Rah­men­sta­tut aus dem Jah­re 2011 als auch im Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 vom 01.12.2006 die kirch­li­chen Be­ru­fe der Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen re­gelmäßig nicht als "Amt" son­dern als (pas­to­ra­ler) "Dienst" be­zeich­net wer­den. Zum ei­nen de­fi­niert can. 145 CIC das Kir­chen­amt selbst als "Dienst", der durch gött­li­che oder kirch­li­che An­ord­nung auf Dau­er ein­ge­rich­tet ist und der Wahr­neh­mung ei­nes geist­li­chen Zwe­ckes dient. Zum an­de­ren ist zu berück­sich­ti­gen, dass der Be­griff des Kir­chen­am­tes im theo­lo­gi­schen – dog­ma­ti­schen Sinn viel­fach auf Ämter ein­ge­schränkt wird, die das Sa­kra­ment der Wei­he vor­aus­set­zen. In­so­fern wird in der theo­lo­gi­schen Dog­ma­tik ein an­de­rer Amts­be­griff ver­wen­det als im Kir­chen­recht, wo­bei man in den Sta­tu­ten of­fen­bar den dog­ma­ti­schen Amts­be­griff zu­min­dest teil­wei­se bei­be­hal­ten hat. Dies ändert aber nichts an dem Er­geb­nis, dass es sich bei dem pas­to­ra­len Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen kir­chen­recht­lich um ein Amt han­delt, für des­sen Ausübung die bischöfli­che Be­auf­tra­gung kon­sti­tu­ti­ve Vor­aus­set­zung ist.

cc) Das Er­for­der­nis ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung er­gibt sich da­ne­ben auch hin­rei­chend deut­lich aus dem teil­kirch­li­chen, diöze­sa­nen Sta­tut für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1. Be­reits in Ar­ti­kel 1 § 1 des Sta­tu­tes ist fest­ge­hal­ten, dass in den pas­to­ra­len Diens­ten Lai­en, "von den Bischöfen aus­drück­lich be­auf­tragt", in be­stimm­ten Sach­be­rei­chen am amt­li­chen Auf­trag der Kir­che teil­neh­men. In Ar­ti­kel 1 § 2 Abs. 2 des Sta­tu­tes ist wie­der­um fest­ge­hal­ten, dass der ERZ­BISCHOF die Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten zu ih­rem Dienst als Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger "be­auf­tragt". Aus Ar­ti­kel 5 § 4 des Sta­tu­tes er­gibt sich schließlich, dass die er­for­der­li­che Be­auf­tra­gung nicht be­reits in dem Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges als Ge­mein­de­re­fe­rent/in ent­hal­ten ist, son­dern zusätz­lich zum Ar­beits­ver­trag er­for­der­lich ist. Nach Ar­ti­kel 5 § 4 des Sta­tu­tes ent­schei­det nach er­folg­rei­chem Ab­schluss der zwei­ten Dienst­prüfung der Ge­ne­ral­vi­kar über die un­be­fris­te­te An­stel­lung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin oder Ge­mein­de­re­fe­rent. Die da­ne­ben er­for­der­li­che Be­auf­tra­gung zum pas­to­ra­len Dienst er­folgt dem­ge­genüber durch den ERZ­BISCHOF im Rah­men ei­ner lit­ur­gi­schen Fei­er, wo­bei zu­gleich die "Mis­sio ca­no­ni­ca" für den schu­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt er­teilt wird.

dd) Dass die kirch­li­chen Be­ru­fe der Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen zu ih­rer Ausübung ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung des zuständi­gen Bi­schofs ver­lan­gen, wird, so­weit er­sicht­lich, aus­sch­ließlich von der Kläge­rin im Rah­men des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens in Fra­ge ge­stellt. So hat die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung der Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 in sei­ner Stel­lung­nah­me zu der streit­ge­genständ­li­chen Kündi­gung das Er­for­der­nis ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nicht in Zwei­fel ge­zo­gen, son­dern nur be­an­stan­det, dass die Über­prüfung der ursächli­chen Gründe für den Ent­zug der Be­auf­tra­gung den staat­li­chen Ge­rich­ten ent­zo­gen und aus­sch­ließlich in die Be­wer­tung kirch­li­cher Ge­rich­te ge­stellt wer­de, was un­zulässig sei. Auch der Theo­lo­gi­sche Bei­rat der Be­rufs­grup­pe der Pas­to­ral­re­fe­ren­ten/in­nen geht in sei­ner im Ja­nu­ar 2010 ver­fass­ten Stel­lung­nah­me zur da­mals ge­plan­ten und mitt­ler­wei­le ver­ab­schie­de­ten Neu­fas­sung des Rah­men­sta­tuts für Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen da­von aus, dass die bei­den kirch­li­chen Be­ru­fe der Pas­to­ral- und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen zu ih­rer Ausübung ei­ne kir­chen­amt­li­che Sen­dung des zuständi­gen Bi­schofs ver­lan­gen. In der von ihm vor­ge­schla­ge­nen Glie­de­rung für die Neu­fas­sung des Rah­men­sta­tuts ist dann un­ter Ziff. 3.4 aus­drück­lich der Glie­de­rungs­punkt "Ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung (c.146)" auf­ge­nom­men wor­den. So­weit er­sicht­lich wird auch in der kir­chen­recht­li­chen Li­te­ra­tur das Er­for­der­nis ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nicht in Zwei­fel ge­zo­gen (vgl. Sa­bi­ne De­mel, Hand­buch
Kir­chen­recht, S. 434). Sch­ließlich hat auch die Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on in dem De­kret vom 16.10.2010 aus­drück­lich fest­ge­stellt, dass die Kläge­rin gem. can. 228 CIC zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­auf­tragt und ihr ei­nem Kir­chen­amt gemäß can. 145 CIC über­tra­gen wor­den ist.

ee) Die von der Kläge­rin ge­gen das Er­for­der­nis ei­ner ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­te über­zeu­gen dem­ge­genüber nicht.

So­weit die Kläge­rin dar­auf hin­weist, dass ihr die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung erst am 05.02.2000 er­teilt wor­den sei, ob­wohl sie ih­re Tätig­keit be­reits am 01.02.2000 auf­ge­nom­men ha­be, hat das be­klag­te ERZ­BIS­TUM in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung un­wi­der­spro­chen dar­ge­legt, dass die Ur­kun­de über die Be­auf­tra­gung zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­reits An­fang Ja­nu­ar 2000 vom ERZ­BISCHOF un­ter­zeich­net wor­den ist.

Auch der wei­te­re Hin­weis der Kläge­rin, Ge­mein­de­as­sis­ten­ten/in­nen würden oh­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung tätig, ver­mag nicht zu über­zeu­gen. Wie sich aus Ar­ti­kel 3 des Sta­tu­tes für Ge­mein­de­re­fe­ren­tin­nen und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten im ERZ­BIS­TUM P1 er­gibt, ist die Tätig­keit der Ge­mein­de­as­sis­ten­ten/in­nen ei­ne Aus­bil­dungs­stu­fe auf dem Weg zur Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­rent/in. Die Tätig­keit der Ge­mein­de­as­sis­ten­ten/in­nen ist da­mit mit der Tätig­keit der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen nicht ver­gleich­bar.

Sch­ließlich über­zeugt auch der Hin­weis der Kläge­rin, in ei­nem an­de­ren Bis­tum ha­be ein Ge­mein­de­re­fe­rent erst mehr als ein hal­bes Jahr nach Auf­nah­me sei­ner Tätig­keit die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung er­hal­ten und sei bis da­hin oh­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung in der Seel­sor­ge und Verkündung tätig ge­we­sen, nicht. Dies mag zwar kir­chen­rechts­wid­rig ge­we­sen sein, führt aber nicht da­zu, dass die maßgeb­li­chen kir­chen­recht­li­chen Vor­schrif­ten außer Kraft ge­setzt würden.

d) Der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung kann von der Kam­mer vor­lie­gend nicht auf sei­ne Rechtmäßig­keit über­prüft wer­den, da es sich um ei­ne in­ner­kirch­li­che Maßnah­me han­delt, die kei­ner, bzw. nur ei­ner ein­ge­schränk­ten Kon­trol­le durch staat­li­che Ge­rich­te un­ter­liegt. Während bei der Prüfung der Vor­fra­ge, ob der pas­to­ra­le Be­ruf der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen ein Kir­chen­amt ist, das der ka­no­ni­schen Amtsüber­tra­gung be­darf, nicht in die Ämter­ho­heit der Kir­che ein­ge­grif­fen, son­dern nur ge­prüft wur­de, wie die Kir­che ihr Selbst­be­stim­mungs­recht aus­geübt hat, würde durch ei­ne Über­prüfung der Rechtmäßig­keit des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung in un­zulässi­ger Wei­se in die Ämter­ho­heit der Kir­che, wo­nach die­se ih­re Ämter oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes oder der bürger­li­chen Ge­mein­de ver­leiht und ent­zieht, ein­ge­grif­fen.

aa) Nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV ord­nen und ver­wal­ten die Kir­chen und Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten ih­re An­ge­le­gen­hei­ten selbständig in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes. Sie ver­lei­hen ih­re Ämter oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes oder der bürger­li­chen Ge­mein­de. Hier­durch wird den Kir­chen das Recht zur ei­genständi­gen Ord­nung und Ge­stal­tung ih­rer in­ne­ren An­ge­le­gen­hei­ten ver­fas­sungs­recht­lich gewähr­leis­tet. Die­ses Selbst­be­stim­mungs­recht ist ne­ben der Re­li­gi­ons­frei­heit (Art 4 Abs. 1 und 2 GG) und der Tren­nung von Staat und Kir­che (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 1 WRV) ein we­sent­li­ches Grund­prin­zip der staats­kir­chen­recht­li­chen Ord­nung des Grund­ge­set­zes. In­ner­kirch­li­che Re­ge­lun­gen oder Maßnah­men, die im staat­li­chen Zuständig­keits­be­reich kei­ne un­mit­tel­ba­ren Rechts­wir­kun­gen ent­fal­ten, dürfen staat­li­che Ge­rich­te da­her nicht auf ih­re Rechtmäßig­keit prüfen, da an­sons­ten die von der Ver­fas­sung gewähr­leis­te­te Ei­genständig­keit und Un­abhängig­keit kirch­li­cher Ge­walt ge­schmälert würde.

Die nach Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV ga­ran­tier­te Au­to­no­mie, die Ämter im Be­reich der Seel­sor­ge oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes zu ver­lei­hen und zu ent­zie­hen, trifft die Kir­che in ih­rer ur­ei­ge­nen Funk­ti­on, den Glau­ben zu verkünden, Seel­sor­ge zu be­trei­ben und ka­ri­ta­tiv tätig zu wer­den und gehört da­mit zum Kern­be­reich der in­ner­kirch­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten. Der Grund­satz der Ämter­au­to­no­mie be­inhal­tet nicht nur, dass die Kir­chen frei be­stim­men dürfen, wel­che An­for­de­run­gen an die Amts­in­ha­ber zu stel­len sind und wel­che Rech­te und Pflich­ten die­se im Ein­zel­fall ha­ben. Das Selbst­be­stim­mungs­recht enthält im Be­reich des Rechts der Kir­chenämter viel­mehr ei­ne all­ge­mei­ne Re­ge­lungs­kom­pe­tenz, die ins­be­son­de­re die Frei­heit zum Or­ga­ni­sa­ti­ons­akt und zur Per­so­nal­ent­schei­dung im Ein­zel­fall um­fasst und die kei­ner Kon­trol­le durch staat­li­che Ge­rich­te un­ter­liegt (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 09.12.2008 – 2 BvR 717/08 -; Be­schluss vom 27.01.2004 – 2 BvR 496/01 -; VG Düssel­dorf, Ur­teil vom 16.07.2010 – 1 K 714/08 -).

bb) Der Grund­satz der Ämter­au­to­no­mie ist auch dann zu be­ach­ten, wenn sich die Kir­che wie vor­lie­gend bei den Be­ru­fen der Ge­mein­de- und Pas­to­ral­re­fe­ren­ten/in­nen der Pri­vat­au­to­no­mie be­dient, um ein Ar­beits­verhält­nis zu be­gründen. Wie oben dar­ge­legt, ist zwi­schen dem Kir­chen­amt, das nur durch ka­no­ni­sche Amtsüber­tra­gung er­langt wer­den kann und der recht­li­chen Grund­la­ge als äußere Vor­aus­set­zung für die Ausübung des Am­tes, dem zu­grun­de lie­gen­den Dienst- oder Ar­beits­verhält­nis zu un­ter­schei­den. So­fern die Kir­chen kein kir­chen­recht­li­ches Dienst­verhält­nis be­gründen, son­dern sich der Pri­vat­au­to­no­mie zur Be­gründung von Ar­beits­verhält­nis­sen be­die­nen, fin­det auf die­se das staat­li­che Ar­beits­recht An­wen­dung. Die Ein­be­zie­hung der kirch­li­chen Ar­beits­verhält­nis­se in das staat­li­che Ar­beits­recht hebt in­des­sen die durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV ga­ran­tier­te Au­to­no­mie, die Ämter im Be­reich der Seel­sor­ge oh­ne Mit­wir­kung des Staa­tes zu ver­lei­hen und zu ent­zie­hen, nicht auf. Die Ver­lei­hung und Ent­zie­hung des Kir­chen­am­tes bleibt viel­mehr ei­ne ei­ge­ne, von dem zu Grun­de lie­gen­den Ar­beits­verhält­nis zu tren­nen­de und von den staat­li­chen Ge­rich­ten nicht über­prüfba­re An­ge­le­gen­heit der Kir­che.

cc) Dar­an ändert letzt­lich auch nichts der Um­stand, dass der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung mit­tel­ba­re Rechts­wir­kun­gen im staat­li­chen Kündi­gungs­schutz­recht hat. Der Ent­zug der bischöfli­chen Be­auf­tra­gung führt zwar nicht un­mit­tel­bar zu ei­ner Be­en­di­gung oder in­halt­li­chen Ände­rung des Ar­beits­ver­tra­ges. Da die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung aber kon­sti­tu­ti­ve Vor­aus­set­zung für die Ausübung des pas­to­ra­len Diens­tes ist, ist der – ge­richt­lich nicht über­prüfba­re – Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung ge­eig­net, ei­nen per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grund zu schaf­fen. Da­bei be­steht durch­aus die Möglich­keit, dass der kirch­li­che Ar­beit­ge­ber ein Fehl­ver­hal­ten des im Be­reich der Seel­sor­ge täti­gen Mit­ar­bei­ters, wel­ches ei­ne Kündi­gung aus ver­hal­tens­be­ding­ten Gründen nicht recht­fer­ti­gen könn­te, zum An­lass für den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung nimmt, und so ei­nen per­so­nen­be­ding­ten Kündi­gungs­grund schafft. Hier­bei han­delt es sich aber nur um ei­ne mit­tel­ba­re Wir­kung der in­ner­kirch­li­chen Maßnah­me, die nicht da­zu führt, die in­ner­kirch­li­che An­ge­le­gen­heit selbst dem staat­li­chen Be­reich und da­mit den staat­li­chen Ge­rich­ten zu­zu­ord­nen. Ei­ne Re­ge­lung, die kei­ne un­mit­tel­ba­ren Rechts­wir­kun­gen in den staat­li­chen Zuständig­keits­be­reich hat, bleibt auch dann ei­ne in­ner­kirch­li­che An­ge­le­gen­heit, wenn sie dort­hin mit­tel­ba­re Aus­wir­kun­gen hat (vgl. Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, Be­schluss vom 21.09.1976 – 2 BvR 350/75; BVerwG, Ur­teil vom 30.10.2002 – 2 C 23/01 -; BGH, Ur­teil vom 11.02.2000 – V ZR 271/99 -; VG Düssel­dorf, Ur­teil vom 16.07.2010 – 1 K 714/08 -)

dd) Die­sem Er­geb­nis steht auch nicht der Schran­ken­vor­be­halt in Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV ent­ge­gen. Die For­mel "in­ner­halb der Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes" kann nicht im Sin­ne ei­nes all­ge­mei­nen Ge­set­zes­vor­be­halts oder im Sin­ne der For­mel "im Rah­men der Ge­set­ze" ver­stan­den wer­den. Ge­set­ze, die für al­le und da­mit auch für die Re­li­gi­ons­ge­sell­schaf­ten bei der Ord­nung ih­rer ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten gel­ten, sind nur sol­che Rechts­nor­men, die für die Kir­che die­sel­be Be­deu­tung ha­ben wie für je­der­mann. Trifft das Ge­setz die Kir­che in ih­rer Be­son­der­heit als Kir­che, weil nämlich ihr Selbst­verständ­nis, ins­be­son­de­re ih­ren geist­lich – re­li­giösen Auf­trag be­schränkend, und da­mit an­ders als den nor­ma­len Adres­sa­ten, bil­det es in­so­weit kei­ne Schran­ke (BVerfG, Be­schluss vom 21.09.1976 – 2 BvR 350/75 -; BVerwG, Ur­teil vom 30.10.2002 – 2 C 23/01 -). Dies gilt auch für die durch Art. 137 Abs. 3 S. 2 WRV ga­ran­tier­te Au­to­no­mie, die Ämter im Be­reich der Seel­sor­ge zu ver­lei­hen und zu ent­zie­hen. Die Ämter­au­to­no­mie gehört zum Kern­be­reich der in­ner­ge­mein­schaft­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten der Kir­chen, weil nur die Kir­che selbst, oh­ne Bin­dung an den Schran­ken­vor­be­halt ent­schei­den kann, wel­che Diens­te nach ih­rem be­kennt­nismäßigen Verständ­nis ei­ne be­son­de­re kirch­li­che Be­vollmäch­ti­gung er­for­dern und wer für sie die persönli­chen Vor­aus­set­zun­gen erfüllt. (vgl. Ri­char­di, a.a.O., § 6 Rn. 22).

ee) Selbst wenn man mit ei­ner in der Recht­spre­chung und der Li­te­ra­tur teil­wei­se ver­tre­te­nen Auf­fas­sung in der von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV for­mu­lier­ten Schran­ke "des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes" ei­ne Bestäti­gung für die grundsätz­lich auch ge­genüber kirch­li­chen Maßnah­men be­ste­hen­de Pflicht zur Jus­tiz­gewährung durch staat­li­che Ge­rich­te sähe und ei­ne Be­schränkung le­dig­lich des In­halts und Um­fangs der Jus­tiz­gewährung annähme, blie­be es bei dem Er­geb­nis, dass der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung vor­lie­gend nicht auf sei­ne Rechtmäßig­keit über­prüft wer­den kann.

Nach die­ser als sog. Abwägungs­theo­rie be­zeich­ne­ten Auf­fas­sung gewährt das ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te Selbst­be­stim­mungs­recht der Kir­chen kei­ne Frei­stel­lung von staat­li­cher Jus­tiz­ho­heit. Es un­ter­lie­ge viel­mehr nach Art. 137 Abs. 3 WRV den Schran­ken des für al­le gel­ten­den Ge­set­zes. In­halt und Um­fang des staat­li­chen Rechts­schut­zes hängen nach die­ser Rechts­auf­fas­sung ma­te­ri­ell da­von ab, was der Na­tur der Sa­che oder Zweck­be­zie­hung nach auf­grund ei­ner Güter­abwägung zwi­schen re­li­gi­ons­recht­li­chem Schutz- und Frei­heits­bedürf­nis der Kir­che und all­ge­mei­nem Recht des Ein­zel­nen als ei­ge­ne An­ge­le­gen­heit der Kir­che an­zu­se­hen ist. Führt die Abwägung da­zu, dass es sich um ei­ne von der geist­li­chen Grund­ord­nung und ei­nem dar­auf ge­gründe­ten Selbst­verständ­nis der Kir­che ge­tra­ge­ne Maßnah­me nach au­to­no­men Kir­chen­recht han­delt, so kann sie durch staat­li­che Ge­rich­te nicht auf ih­re Rechtmäßig­keit, son­dern nur auf ih­re Wirk­sam­keit, d. h. dar­auf hin über­prüft wer­den, ob sie ge­gen Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung verstößt, wie sie in dem all­ge­mei­nen Willkürver­bot (Art. 3 Abs. 1 GG) so­wie in dem Be­griff der gu­ten Sit­ten (§ 138 BGB) und dem des ord­re pu­blic (Art. 6 EGBGB) ih­ren Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben (BGH, Ur­teil vom 28.03.2003 – V ZR 261/02 -).

Auch die Ver­tre­ter die­ser Rechts­auf­fas­sung ord­nen Maßnah­men im Be­reich der Ämter­ho­heit dem kirch­li­chen au­to­no­men Be­reich des Selbst­be­stim­mungs­rechts zu, so dass kei­ne um­fas­sen­de Rechtmäßig­keits­kon­trol­le, son­dern nur ei­ne Wirk­sam­keitsprüfung möglich ist (BGH, Ur­teil vom 28.03.2003 - V ZR 261/02 - ).

ff) Die­se Wirk­sam­keitsprüfung er­gibt vor­lie­gend, dass ein Ver­s­toß ge­gen die Grund­prin­zi­pi­en der Rechts­ord­nung nicht vor­liegt.

Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM hat den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung da­mit be­gründet, dass das er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis für ei­nen pas­to­ra­len Dienst nicht mehr ge­ge­ben sei, da die Kläge­rin während des Ver­fah­rens um die Fra­ge ih­rer Re­si­denz­pflicht wie­der­holt un­wah­re und ehr­ver­let­zen­de Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen zum Nach­teil des ERZ­BIS­TUMS, des ERZ­BISCHOFS so­wie von Mit­ar­bei­tern des ERZ­BIS­TUMS getätigt und durch den ge­ziel­ten Ein­satz der Pres­se auch in die brei­te Öffent­lich­keit ge­tra­gen ha­be. Die­se Be­haup­tun­gen sei­en in ho­hem Maße ge­eig­net ge­we­sen, die Kir­che im An­se­hen Drit­ter her­ab­zuwürdi­gen.

Wenn das be­klag­te ERZ­BIS­TUM hier­von aus­ge­hend zu dem Er­geb­nis ge­langt ist, das für ei­ne pas­to­ra­le Tätig­keit er­for­der­li­che Ver­trau­ens­verhält­nis sei nicht mehr ge­ge­ben und die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung da­her zu ent­zie­hen, er­scheint dies we­der willkürlich noch sit­ten­wid­rig. Es wer­den viel­mehr sach­li­che Gründe gel­tend ge­macht, wo­bei ins­be­son­de­re zu berück­sich­ti­gen ist, dass die Kläge­rin als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin un­mit­tel­bar im Be­reich des geis­tig – re­li­giösen Auf­tra­ges der Kir­che tätig war, was ein ge­stei­ger­tes Ver­trau­ens- und Loya­litäts­verhält­nis er­for­dert. Da­bei ver­kennt die Kam­mer nicht, dass der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung für die Kläge­rin letzt­lich ein Be­rufs­ver­bot als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­inhal­tet und dass die Kläge­rin außer­halb der ka­tho­li­schen Kir­che kei­ne bzw. nur äußerst be­grenz­te Möglich­kei­ten hat, die durch ihr Stu­di­um und ih­re Aus­bil­dung er­lang­ten Fähig­kei­ten und Kennt­nis­se wei­ter zu ver­wen­den und ei­ne ent­spre­chen­de neue Ar­beit zu fin­den. Gleich­wohl ist zu berück­sich­ti­gen, dass die Pas­to­ral-und Ge­mein­de­re­fe­ren­ten/in­nen im Rah­men des ur­ei­ge­nen Verkündungs­auf­trags der Kir­che tätig sind. Auf­grund der ver­fas­sungs-recht­lich gewähr­leis­te­ten Ämter­au­to­no­mie können die staat­li­chen Ge­rich­te der Kir­che aber nicht vor­schrei­ben, wen sie für die Verkündung des Glau­bens ein­setzt und wen nicht. Eben­so we­nig können die staat­li­chen Ge­rich­te der Kir­che vor­schrei­ben, wer für die Verkündung des Glau­bens ge­eig­net ist und wer nicht. Ein Ver­s­toß ge­gen den ord­re pu­blic ist aus die­sen Gründen eben­falls nicht er­sicht­lich. Ob et­was an­de­res dann zu gel­ten hätte, wenn die Kläge­rin nach dem in­ner­kirch­li­chen Recht kei­ne Möglich­keit ge­habt hätte, sich ge­gen den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung zu­min­dest im Ver­wal­tungs­we­ge zu ver­tei­di­gen, be­darf vor­lie­gend kei­ner Ent­schei­dung, da die­se Möglich­keit be­stand und von der Kläge­rin auch ge­nutzt wur­de.

e) Auf­grund des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung fehl­te der Kläge­rin da­mit ei­ne nach den kir­chen­recht­li­chen Re­ge­lun­gen kon­sti­tu­ti­ve Vor­aus­set­zung für die Ausübung des pas­to­ra­len Diens­tes als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Durch den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung war die Er­brin­gung der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­leis­tung unmöglich ge­wor­den, so dass ei­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu den bis­he­ri­gen Be­din­gun­gen nicht mehr möglich war. Die dau­er­haf­te Unfähig­keit, die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung zu er­brin­gen, ist aber an sich ge­eig­net, ei­ne per­so­nen­be­ding­te Ände­rungskündi­gung, oder falls kei­ne an­de­ren Wei­ter­beschäfti­gungsmöglich­kei­ten be­ste­hen, ei­ne per­so­nen­be­ding­te Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen.

2. Die vom Be­klag­ten ERZ­BIS­TUM an­ge­bo­te­nen Ver­tragsände­run­gen wa­ren er­for­der­lich, ge­eig­net und auch zu­mut­bar, um den In­halt des Ar­beits­ver­tra­ges den geänder­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an­zu­pas­sen.

a) Die vom ERZ­BIS­TUM an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen wa­ren er­for­der­lich, da ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung der Kläge­rin in ih­rer bis­he­ri­gen Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin auf­grund des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung dau­er­haft unmöglich ge­wor­den war. Die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen wa­ren auch da­zu ge­eig­net, den In­halt des Ar­beits­ver­tra­ges den geänder­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an­zu­pas­sen, da die Tätig­keit als Se­kretärin im Ge­gen­satz zur Tätig­keit als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin kei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung vor­aus­setzt. Die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen wa­ren schließlich auch zu­mut­bar. Die Zu­mut­bar­keit der an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen be­ur­teilt sich nach dem Verhält­nismäßig­keits­grund­satz, der für die Ände­rungskündi­gung in glei­cher Wei­se gilt, wie für die Be­en­di­gungskündi­gung. Da­nach dürfen sich die an­ge­bo­te­nen Ände­run­gen nicht wei­ter vom In­halt des bis­he­ri­gen Ar­beits­verhält­nis­ses ent­fer­nen, als zur Er­rei­chung des an­ge­streb­ten Zie­les un­ter Berück­sich­ti­gung des In­halts­schutz­in­ter­es­ses des Ar­beit­neh­mers un­be­dingt er­for­der­lich ist. Der Ar­beit­ge­ber muss von meh­re­ren frei­en Ar­beitsplätzen den­je­ni­gen an­bie­ten, der dem bis­he­ri­gen Ar­beits­platz in ei­ner Ge­samt­schau der Ar­beits­be­din­gun­gen am nächs­ten kommt.

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend erfüllt. Das be­klag­te ERZ­BIS­TUM hat im Ein­zel­nen dar­ge­legt, wel­che Stel­len zum Zeit­punkt des Aus­spruchs der Kündi­gung frei wa­ren, wel­che Stel­len auf­grund der Qua­li­fi­ka­ti­on der Kläge­rin für ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung in Be­tracht ka­men und dass die an­ge­bo­te­ne Stel­le für die Kläge­rin im Hin­blick auf die bis­he­ri­ge Stel­le die am we­nigs­ten nach­tei­li­ge war. Den dies­bezügli­chen Dar­le­gun­gen des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS ist die Kläge­rin nicht sub­stan­ti­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten. Sie hat le­dig­lich gel­tend ge­macht, dass es we­ni­ger nach­tei­lig ge­we­sen wäre, ihr ei­ne hal­be Stel­le der Ent­gelt­grup­pe 10 an­zu­bie­ten, oh­ne aber zu be­haup­ten, dass ei­ne sol­che Stel­le über­haupt zur Verfügung ge­stan­den hätte. Un­abhängig da­von hat das be­klag­te ERZ­BIS­TUM, von der Kläge­rin nicht wei­ter be­strit­ten, dar­ge­legt, dass ei­ne hal­be Stel­le der Ent­gelt­grup­pe 10 zu höhe­ren Ein­kom­mens­ver­lus­ten geführt hätte, als ei­ne vol­le Stel­le nach der Ent­gelt­grup­pe 5.

b) Die wei­te­ren von der Kläge­rin be­an­stan­de­ten "Ände­run­gen" des an­ge­bo­te­nen Ar­beits­ver­tra­ges im Ver­gleich zu ih­rem bis­he­ri­gen Ar­beits­ver­trag stel­len tatsächlich kei­ne Ände­run­gen dar, da sie sich aus­sch­ließlich aus der be­reits im Ur­sprungs­ver­trag in Be­zug ge­nom­men KA­VO er­ge­ben und da­her oh­ne­hin für das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin gal­ten.

III. Die Wirk­sam­keit der Kündi­gung schei­tert auch nicht an ei­ner feh­ler­haf­ten Be­tei­li­gung der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung nach § 30 MA­VO.
Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass das be­klag­te ERZ­BIS­TUM die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung mit 104 Schrei­ben vom 16.12.2010 zu der be­ab­sich­tig­ten Ände­rungskündi­gung an­gehört hat. In dem Anhörungs­schrei­ben hat das be­klag­te ERZ­BIS­TUM der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung die er­for­der­li­chen An­ga­ben zur Per­son der Kläge­rin, zur Kündi­gung, zu den für ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung in Be­tracht kom­men­den frei­en Ar­beitsplätzen und zu den be­ab­sich­tig­ten Ver­tragsände­run­gen de­tail­liert mit­ge­teilt. Auch dies wird von der Kläge­rin nicht in Zwei­fel ge­zo­gen.

Ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin konn­te die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung dem Anhörungs­schrei­ben nebst An­la­gen auch ent­neh­men, dass es sich bei der Tätig­keit der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten nach An­sicht des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS um ein Kir­chen­amt han­delt, für des­sen Ausübung die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Vor­aus­set­zung ist. Die be­ab­sich­tig­te Kündi­gung wur­de vom be­klag­ten ERZ­BIS­TUM im Anhörungs­schrei­ben ge­ra­de und aus­sch­ließlich mit dem Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung zum Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin be­gründet. Hier­zu wur­de der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung im Ein­zel­nen dar­ge­legt, dass der Kläge­rin mit De­kret vom 16.03.2010 die ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung ent­zo­gen wur­de. Des Wei­te­ren wur­de dar­ge­legt, dass die hier­ar­chi­sche Be­schwer­de der Kläge­rin mit De­kret der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on vom 16.10.2000 zurück­ge­wie­sen wur­de. So­dann wur­de aus­geführt, dass der Kläge­rin durch den rechts­wirk­sam bestätig­ten Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung endgültig die Befähi­gung zur Ausübung ih­rer ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin feh­le und sie da­her im Rah­men ih­rer bis­he­ri­gen Ver­trags­be­din­gun­gen nicht mehr beschäftigt wer­den könne und dürfe. Die­sen Ausführun­gen konn­te die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung hin­rei­chend deut­lich ent­neh­men, dass der Dienst der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten nach An­sicht des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS ei­ne ka­no­ni­sche Be­auf­tra­gung er­for­dert, oh­ne die ei­ne Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­rent nicht möglich ist. So­weit der Be­griff "Kir­chen­amt" nicht aus­drück­lich ver­wandt wur­de, scha­det dies nicht. In­so­weit kann zum ei­nen auf die obi­gen Ausführun­gen zum Be­griff des Kir­chen­am­tes als "Dienst", der auf Dau­er ein­ge­rich­tet ist und der Wahr­neh­mung ei­nes geist­li­chen Zwe­ckes dient, ver­wie­sen wer­den. Zum an­de­ren konn­te die Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung dem bei­gefügten De­kret der Kle­rus­kon­gre­ga­ti­on vom 16.10.2010 oh­ne wei­te­res ent­neh­men, dass der Dienst der Ge­mein­de­re­fe­ren­ten als Kir­chen­amt gem. can. 145 CIC an­ge­se­hen wird.

IV. Die Ände­rungskündi­gung verstößt ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin nicht ge­gen das Maßre­ge­lungs­ver­bot nach § 612 a BGB.

Die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung wur­de nicht aus­ge­spro­chen, weil die Kläge­rin in zulässi­ger Wei­se ih­re Rech­te aus­geübt hat, son­dern weil ihr durch den Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Vor­aus­set­zung für den Dienst als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin fehl­te und ei­ne Wei­ter­beschäfti­gung zu den bis­he­ri­gen Ver­trags­be­din­gun­gen da­her nicht möglich war. Nach­dem die Kläge­rin an­de­re Tätig­kei­ten ab­ge­lehnt hat­te und ei­ne ein­ver­nehm­li­che Ände­rung des Ver­tra­ges nicht er­zielt wer­den konn­te, blieb dem be­klag­ten ERZ­BIS­TUM letzt­lich nur die Möglich­keit der Ände­rungskündi­gung, um die an­ge­streb­te Ver­tragsände­rung um­zu­set­zen. Wenn über­haupt, hätte al­len­falls der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung ei­ne Maßnah­me im Sin­ne von § 612 a BGB, der ei­nen Son­der­fall der Sit­ten­wid­rig­keit er­fasst, dar­stel­len können. In­so­weit ist aber be­reits oben dar­ge­legt wor­den, dass der Ent­zug der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung we­der willkürlich noch sit­ten­wid­rig war.

Nach al­le­dem ist die vom be­klag­ten ERZ­BIS­TUM aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung we­der so­zi­al­wid­rig noch aus an­de­ren Gründen un­wirk­sam. Da die Kläge­rin das Ände­rungs­an­ge­bot auch nicht un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­men hat, hat das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mit Ab­lauf der Kündi­gungs­frist am 30.06.2011 ge­en­det.

B) Der Kläge­rin steht kein An­spruch auf Ent­gelt­zah­lung für den Zeit­raum vom 26.07.2010 bis zum 02.12.2010 zu.

I. Der Zah­lungs­an­trag ist, auch so­weit die Kläge­rin für die Zeit vom 26.07.2010 bis zum 110 30.09.2010 die Nach­zah­lung ei­ner Vergütungs­erhöhung von ins­ge­samt 103,24 € brut­to gel­tend macht, zulässig. Dem steht die Rechts­kraft des Ur­teils des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 09.09.2011 – 18 Sa 2241/10 -, mit dem über Vergütungs­ansprüche der Kläge­rin für die­sen Zeit­raum ent­schie­den wur­de, nicht ent­ge­gen. Die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft ei­nes Ur­teils reicht gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nur so­weit, wie über den durch die Kla­ge­er­he­bung gel­tend ge­mach­ten An­spruch ent­schie­den wor­den ist. Wur­de nur über ei­nen, wenn auch ver­deck­ten, Teil­an­spruch rechts­kräftig ent­schie­den, kann der rest­li­che An­spruch mit ei­ner er­neu­ten Kla­ge anhängig ge­macht wer­den. Ei­ne Aus­deh­nung der Rechts­kraft auf den nicht gel­tend ge­mach­ten Teil des An­spruchs ist nicht ge­recht­fer­tigt (str.; vgl. Zöller/Voll­kom­mer, ZPO, 24. Aufl., vor § 322 Rn. 47 ff m. w. N. zum Streit­stand).

II. Der An­trag ist je­doch un­be­gründet.

1. Ein Vergütungs­an­spruch für die Zeit vom 27.07.2010 bis zum 02.12.2010 er­gibt sich nicht aus dem Ar­beits­ver­trag in Ver­bin­dung mit § 611 Abs. 1 BGB, da die Kläge­rin in die­sem Zeit­raum ei­ne Ar­beits­leis­tung nicht er­bracht hat.

2. Ein Zah­lungs­an­spruch folgt auch nicht aus § 615 Satz 1 BGB, da sich das be­klag­te ERZ­BIS­TUM mit der An­nah­me der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin nicht in An­nah­me­ver­zug be­fun­den hat.

Auf­grund des Ent­zugs der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung mit Wir­kung zum 16.03.2010 fehl­te der Kläge­rin die Befähi­gung zur Ausübung ih­rer ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin. Sie konn­te da­her von der Be­klag­ten auch bei Fort­be­ste­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses we­der ih­re tatsächli­che Beschäfti­gung als Ge­mein­de­re­fe­ren­tin ver­lan­gen noch die Be­klag­te in An­nah­me­ver­zug set­zen. Denn we­gen des Feh­lens der ka­no­ni­schen Be­auf­tra­gung war die Kläge­rin außer­stan­de, die ver­ein­bar­te Leis­tung zu be­wir­ken (§§ 615 Satz 1, 297 BGB). Unmöglich­keit der Leis­tung und An­nah­me­ver­zug des Gläubi­gers schließen sich aber ge­gen­sei­tig aus (vgl. BAG, Ur­teil vom 25.05.1988 – 7 AZR 506/87 – zur Unmöglich­keit der Leis­tung beim Ent­zug der "mis­sio ca­no­ni­ca"; BAG, Ur­tei­le vom 26.03.1986 –7 AZR 592/84 - und vom 11.12.1987 – 7 AZR 709/85 – zur Unmöglich­keit der Leis­tung beim Ent­zug der schul­auf­sicht­li­chen Ge­neh­mi­gung).

C) Die Be­ru­fung ist eben­falls un­be­gründet, so­weit die Kläge­rin über die erst­in­stanz­lich zu­er­kann­ten 5/12 der Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 hin­aus die Zah­lung der vol­len Weih­nachts­zu­wen­dung be­gehrt.

Nach § 2 Abs. 2 der An­la­ge 14 zur KA­VO ver­rin­gert sich der An­spruch auf die Weih­nachts­zu­wen­dung für je­den Ka­len­der­mo­nat, in dem der Mit­ar­bei­ter kei­ne Bezüge er­hal­ten hat, um ein Zwölf­tel. Hier­von aus­ge­hend ste­hen der Kläge­rin le­dig­lich 5/12 der Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 zu.

I. Auf­grund der lang­an­hal­ten­den Er­kran­kung der Kläge­rin vom 28.01.2009 bis 28.02.2010 hat die Kläge­rin, wie zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig ist, für die Mo­na­te Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2010 kei­ne Bezüge er­hal­ten, so dass die Weih­nachts­zu­wen­dung um 2/12 zu kürzen ist. Die von der Kläge­rin in­so­weit geäußer­ten Be­den­ken ge­gen die Kürzungs­re­ge­lung sind un­be­gründet. Ab­ge­se­hen da­von, dass vor­lie­gend nicht er­sicht­lich ist, dass die Kläge­rin auf­grund ei­nes Ar­beits­un­fal­les ar­beits­unfähig er­krankt war, muss die Kürzungs­re­ge­lung auch nicht da­nach dif­fe­ren­zie­ren, ob die länger­fris­ti­ge Ar­beits­unfähig­keit auf ei­nen Ar­beits­un­fall zurück­zuführen ist oder nicht. Nach § 4a EFZG ist ei­ne Ver­ein­ba­rung über die Kürzung von Leis­tun­gen, die der Ar­beit­ge­ber zusätz­lich zum lau­fen­den Ar­beits­ent­gelt er­bringt (Son­der­vergütun­gen) auch für die Zei­ten der Ar­beits­unfähig­keit in­fol­ge Krank­heit zulässig. § 4 a EFZG enthält da­bei kei­ne Ein­schränkung da­hin­ge­hend, dass krank­heits­be­ding­te Ar­beits­unfähig­keit, die in­fol­ge ei­nes Ar­beits­un­fal­les ein­ge­tre­ten ist, die Kürzungsmöglich­keit bei Son­der­vergütun­gen aus­sch­ließt. Die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Ge­set­zes zeigt viel­mehr, dass nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers ei­ne Kürzung von Son­der­vergütun­gen bei krank­heits­be­ding­ten Fehl­zei­ten des Ar­beit­neh­mers grundsätz­lich zulässig sein soll, oh­ne dass es auf die Ur­sa­chen der Er­kran­kung an­kommt (BAG, Ur­teil vom 15.12.1999 – 10 AZR 626/98 -). An­halts­punk­te dafür, dass die Kürzungs­re­ge­lung in § 2 Abs. 2 der An­la­ge 14 zur KA­VO die in § 4 a Satz 2 EFZG nor­mier­te Gren­ze der Kürzungsmöglich­keit über­schrei­tet, sind nicht er­sicht­lich und wur­den auch von der Kläge­rin nicht gel­tend ge­macht.

II. Der An­spruch der Kläge­rin auf die Weih­nachts­zu­wen­dung für das Jahr 2010 ist um wei­te­re 118 5/12 zu kürzen, da sich das be­klag­te ERZ­BIS­TUM nach den obi­gen Dar­le­gun­gen mit der An­nah­me der Ar­beits­leis­tung der Kläge­rin nicht in An­nah­me­ver­zug be­fun­den hat und die Kläge­rin da­her zu Recht für die Mo­na­te Au­gust bis De­zem­ber 2010 kei­ne Bezüge er­hal­ten hat.

D) Die Be­ru­fung der Kläge­rin ist teil­wei­se be­gründet, so­weit sie hilfs­wei­se die Ab­gel­tung von 27 Ur­laubs­ta­gen be­gehrt.

I. Der Kla­ge­an­trag ist, ent­ge­gen der An­sicht des be­klag­ten ERZ­BIS­TUMS, zulässig. Bei dem An­trag der Kläge­rin han­delt es sich nicht um ei­ne un­zulässi­ge Kla­ge auf zukünf­ti­ge Leis­tung.

Ei­ne Kla­ge auf zukünf­ti­ge Leis­tung liegt nur dann vor, wenn der gel­tend ge­mach­te Kla­ge­an­spruch noch nicht fällig ist. Der An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung ist je­doch zum Zeit­punkt der recht­li­chen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses fällig. Das ist vor­lie­gend der 30.06.2011. Al­lein der Um­stand, dass über die Wirk­sam­keit der Kündi­gung noch nicht rechts­kräftig ent­schie­den ist, führt nicht da­zu, dass die vom Aus­gang des
Kündi­gungs­rechts­streits abhängi­gen Ansprüche erst nach rechts­kräfti­gem Ab­schluss des Kündi­gungs­rechts­streits fällig wer­den. Nicht die Fällig­keit, son­dern die Be­gründet­heit des von der Kläge­rin gel­tend ge­mach­ten An­spruchs auf Ur­laubs­ab­gel­tung hängt von der in­ner­pro­zes­sua­len Fra­ge ab, ob das Ar­beits­verhält­nis durch die streit­ge­genständ­li­che Kündi­gung zum 30.06.2011 be­en­det wor­den ist. Die Fällig­keit des An­spruchs wird da­durch nicht hin­aus­ge­scho­ben.

II. Der An­spruch der Kläge­rin er­gibt sich aus § 39 KA­VO. Ist der Ur­laubs­an­spruch im Zeit­punkt der Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses noch nicht erfüllt, ist der Ur­laub nach § 39 Abs. 1 S. 1 KA­VO grundsätz­lich während der Kündi­gungs­frist zu gewähren und zu neh­men. So­weit der Ur­laub nicht gewährt wer­den kann oder die Kündi­gungs­frist nicht aus­reicht, ist der Ur­laub nach § 39 Abs. 1 S. 2 KA­VO ab­zu­gel­ten.

Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass der Kläge­rin zum Zeit­punkt des Zu­gangs der außer­or­dent­li­chen Kündi­gung vom 02.12.2010 noch ein Ur­laubs­an­spruch von 27 Ta­gen zu­stand, der auf­grund der außer­or­dent­li­chen, frist­lo­sen Kündi­gung nicht gewährt und ge­nom­men wur­de.

Dem Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch steht nicht ent­ge­gen, dass die Kläge­rin die­sen erst mit Schrift­satz vom 18.02.2011 gel­tend ge­macht hat. Zwar war der Ur­laubs­an­spruch der Kläge­rin zu die­sem Zeit­punkt ver­fal­len. Nach § 36 Abs. 8 Satz 1 KA­VO ist der Ur­laub grundsätz­lich bis zum En­de des Ur­laubs­jah­res an­zu­tre­ten. Ur­laub, der nicht in­ner­halb die­ser Frist an­ge­tre­ten ist, verfällt, so­fern kei­ne in § 36 Abs. 8 KA­VO ge­nann­ter Über­tra­gungs­gründe vor­lie­gen. Nach­dem das Bun­des­ar­beits­ge­richt nicht mehr an der Sur­ro­gats­theo­rie festhält, un­ter­liegt der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch als rei­ner Geld­an­spruch aber nicht dem Fris­ten­re­gime für den Ur­laubs­an­spruch (BAG, Ur­teil vom 19.06.2012 – 9 AZR 652/10 -). Die Kläge­rin muss­te da­her die Ab­gel­tung ih­res Ur­laubs nicht in­ner­halb der Fris­ten des § 36 Abs. 8 KA­VO ver­lan­gen.

Die Höhe der für die­se Ta­ge zu zah­len­den Ur­laubs­ab­gel­tung er­gibt sich aus § 39 Abs. 2 KA­VO.

Da­nach ist je­der Ur­laubs­tag mit 3/65 der der Brut­to­mo­nats­vergütung ab­zu­rech­nen. Aus­ge­hend von ei­ner Brut­to­mo­nats­vergütung von 3.970,39 € er­rech­net sich ein Be­trag von 183,25 € brut­to pro Ur­laubs­tag. Die­ser Be­trag mul­ti­pli­ziert mit 27 ab­zu­gel­ten­den Ur­laubs­ta­gen er­gibt die von der Kläge­rin gel­tend ge­mach­te For­de­rung in Höhe von 4.947,75 € brut­to.

Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass der An­spruch auf Ar­beits­lo­sen­geld nach § 157 Abs. 2 S. 1 SGB III (bis­he­ri­ger § 143 Abs. 2 S. 1 SGB III) für die Zeit des ab­ge­gol­te­nen Ur­laubs ruht. Wur­de gleich­wohl auch für die­sen Zeit­raum Ar­beits­lo­sen­geld ge­leis­tet, so geht der An­spruch in die­ser Höhe auf die Bun­des­agen­tur für Ar­beit über, so dass die Kläge­rin in­so­weit nicht ak­tiv le­gi­ti­miert ist. Nach­dem die Kläge­rin zweit­in­stanz­lich den Ar­beits­lo­sen­geld­be­scheid zur Ak­te ge­reicht hat und das für den Zeit­raum von 27 Ur­laubs­ta­gen er­hal­te­ne Ar­beits­lo­sen­geld von der Kla­ge­for­de­rung in Ab­zug bringt, be­ste­hen ge­gen den gel­tend ge­mach­ten An­spruch auch in­so­weit kei­ne Be­den­ken.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 2 ZPO. Da­nach wa­ren der Kläge­rin die Kos­ten des Rechts­mit­tel­ver­fah­rens ganz auf­zu­er­le­gen, ob­wohl die Be­ru­fung der Kläge­rin teil­wei­se er­folg­reich war. Der Er­folg be­ruht aber auf ei­nem neu­en Vor­brin­gen der Kläge­rin, das sie be­reits im ers­ten Rechts­zug gel­tend zu ma­chen im­stan­de war.

Die Kam­mer hat we­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der zu ent­schei­den­den Rechts­fra­gen die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen.

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