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Kurz vor dem Abschluss stehendes Studium als Stellenanforderung
08.05.2018. Vor zwei Jahren berichteten wir über ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), mit dem das Gericht seine bisherige Rechtsprechung zur Bewerberdiskriminierung zugunsten der Bewerber und damit zulasten der Arbeitgeberseite geändert hat (Arbeitsrecht aktuell: 16/358 Diskriminierung und Eignung des Bewerbers).
Die Kernaussage dieser Entscheidung lautet, dass weder die objektive Eignung des Bewerbers noch die subjektive Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch sind.
Damit haben Diskriminierungsklagen aber noch keine Erfolgsgarantie, wie ein aktuelles BAG-Urteil zeigt: BAG, Urteil vom 23.11.2017, 8 AZR 372/16.
- Was können Arbeitgeber gegen Diskriminierungsklagen ungeeigneter Bewerber einwenden?
- Wieder einmal vor Gericht: 1961 geborene Informatikerin russischer Herkunft fühlt sich im Bewerbungsverfahren diskriminiert
- BAG: Richtet sich eine Stellenanzeige unter anderem an Studenten kurz vor dem Abschluss und verlangt sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters bzw. der Herkunft
Was können Arbeitgeber gegen Diskriminierungsklagen ungeeigneter Bewerber einwenden?
Diskriminierungen von Bewerbern bei der Stellenbesetzung sind nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten. Genauer gesagt sind sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligungen verboten, also z.B. eine weniger günstige Behandlung wegen des (jugendlichen oder fortgeschrittenen) Alters, wegen des Geschlechts oder wegen anderer persönlicher Merkmale wie z.B. der ethnischen Herkunft, (§ 1 AGG in Verb. mit § 2 Abs.1 Nr.1, § 6 Abs.1 Satz 2 und § 7 Abs.1 AGG).
Um Bewerber im Prozess der Stellenbesetzung möglichst frühzeitig vor Diskriminierungen zu schützen enthält § 11 AGG ein spezielles, für Stellenausschreibungen geltendes Diskriminierungsverbot. Danach dürfen Arbeitsplätze nicht so ausgeschrieben werden, dass mögliche Interessenten abgeschreckt werden, weil in der Stellenausschreibung z.B. nach einem "Kraftfahrer", einer "Sekretärin" oder einer "jungen" Verkaufskraft gesucht wird. Denn solche Formulierungen grenzen mögliche Bewerber wegen ihres Geschlechts oder ihres Alters aus, und das ist ein Verstoß gegen § 11 AGG in Verb. mit § 1 AGG.
Enthält eine Stellenausschreibung Hinweise darauf, dass sich der Arbeitgeber besonders über Bewerbungen von Männern, jungen Leuten und/oder Menschen deutscher Herkunft freuen würde (was eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, des Alters oder der ethnischen Herkunft wäre), und wird dann ein Bewerber bzw. eine Bewerberin mit dem "falschen" Geschlecht, Alter usw. abgelehnt, ist die diskriminierende Stellenausschreibung ein Indiz dafür, dass die unterbliebene Einstellung auf einer verbotenen Diskriminierung beruht. Eine solche Vermutung muss der Arbeitgeber dann im Prozess über eine Diskriminierungsentschädigung widerlegen (§ 22 AGG).
Da das BAG seit 2016 wie oben erwähnt jede Person, die sich um eine Stelle bewirbt, unabhängig von ihrer Eignung und der Ernsthaftigkeit der Bewerbung als mögliches Diskriminierungsopfer ansieht (BAG, Urteil vom 19.05.2016, 8 AZR 470/14), können auch ungeeignete (Schein-)Bewerber gemäß § 15 Abs.2 AGG eine Diskriminierungsentschädigung verlangen, wenn der Arbeitgeber bei der Stellenausschreibung gepatzt hat. Die Änderungen der BAG-Rechtsprechung zu dieser Frage hat daher zur Folge, dass der diskriminierende oder diskriminierungsfreie Charakter von Stellenausschreibungen noch genauer als zuvor geprüft werden muss.
An dieser Stelle fragt sich, ob Stellenausschreibungen ältere Interessenten benachteiligen, wenn sie sich an Akademiker und (daneben auch) an Bewerber richtet, die erst kurz vor ihrem Studienabschluss stehen, denn das werden häufiger junge als ältere Menschen sein. Fraglich ist auch, wie die Forderung nach sehr guten Deutschkenntnissen in Wort und Schrift zu bewerten ist, wenn zugleich "gute Englischkenntnisse" verlangt werden: Werden hier vor allem Deutsche angesprochen, d.h. liegt hier vielleicht eine (mittelbare) Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft vor?
Wieder einmal vor Gericht: 1961 geborene Informatikerin russischer Herkunft fühlt sich im Bewerbungsverfahren diskriminiert
Im Streitfall hatte eine kleine EDV-Firma eine Teilzeitstelle als Softwareentwickler/in zu vergeben. In der Stellenausschreibung hieß es unter anderem:
"Für die Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen. Wir erwarten gute Kenntnisse in Javascript, PHP und SQL. Der Umgang mit Windows und LINUX ist Ihnen vertraut. Außerdem besitzen sie fundierte Kenntnisse in einer objektorientierten Programmiersprache (C++/JAVA/C#). (...) Sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift setzen wir voraus. (...) Es handelt sich um eine Teilzeitstelle (20 Stunden pro Woche)."
Nachdem sich die Informatikerin ohne Erfolg beworben hatte, klagte sie auf Zahlung einer Geldentschädigung von 5.000,00 EUR. Das Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 07.05.2014, 4 Ca 250/13) und das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg wiesen die Klage ab (LAG Hamburg, Urteil vom 18.03.2015, 6 Sa 39/14).
Dabei begründete das LAG seine Entscheidung damit, dass die Klägerin für die Stelle objektiv nicht geeignet sei und daher mit den anderen Bewerbern nicht vergleichbar. Die mangelnde Eignung machte das LAG daran fest, dass die Klägerin nach ihren eigenen Angaben mit den Programmiersprachen Javascript und PHP nicht vertraut war, so dass es auf die weiteren, in der Stellenausschreibung enthaltenen Formulierungen nicht ankam.
BAG: Richtet sich eine Stellenanzeige unter anderem an Studenten kurz vor dem Abschluss und verlangt sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters bzw. der Herkunft
Das BAG war im Ergebnis mit dem LAG-Urteil einverstanden, nicht aber mit der Begründung. Denn das LAG Hamburg hatte bei seinem Urteil noch die alte BAG-Rechtsprechung zugrunde gelegt und dementsprechend entscheidend darauf abgestellt, dass die Klägerin für die ausgeschriebene Stelle objektiv ungeeignet war.
Diese Begründung ließ das BAG unter Verweis auf seine geänderte Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 19.05.2016, 8 AZR 470/14) nicht gelten, gab aber trotzdem dem verklagten Arbeitgeber recht. Denn die Klägerin hatte keine Indizien dafür präsentiert, dass ihre Ablehnung auf einer Diskriminierung beruhte, so die Erfurter Richter.
Die Ausweitung der Suche auf Bewerber, die kurz vor dem Studienabschluss stehen, bevorzugt nach Ansicht des BAG keine jungen Interessenten, da ja ebenfalls Bewerber mit einem bereits vorhandenen Abschluss angesprochen werden.
Und auch die Forderung nach sehr guten Deutschkenntnissen ist keine (mittelbare) Bevorzugung von deutschen Bewerbern, da Sprachkenntnisse nicht notwendig an eine bestimmte Nationalität oder Herkunft gebunden sind. Außerdem sprach hier für den Arbeitgeber, dass die Stellenanzeige sehr gute bzw. gute Sprachkenntnisse nicht nur im Deutschen, sondern auch im Englischen verlangte, was es unwahrscheinlich macht, dass die geforderten sprachlichen Fähigkeiten mit einer bestimmten ethnischen Herkunft verbunden waren.
Fazit: Suchen Arbeitgeber gezielt nach Studienabsolventen oder Akademikern mit kurzer Berufserfahrung, lässt dies eine mittelbare Benachteiligung älterer Bewerber vermuten. Anders ist es, wenn die Suche auf jüngere Interessenten lediglich ausweitet wird, d.h. wenn Studenten mit einbezogen werden. Und auch die Forderung nach sehr guten Deutschkenntnissen ist im Allgemeinen kein Diskriminierungsindiz, jedenfalls dann nicht, wenn daneben auch Kenntnisse anderer Sprachen verlangt werden.
Nähere Informationen finden sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2017, 8 AZR 372/16
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 18.03.2015, 6 Sa 39/14
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2016, 8 AZR 470/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Anwendungsbereich des gesetzlichen Schutzes
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Erlaubte Benachteiligungen
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Alter
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Ethnische Herkunft
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierungsverbote - Geschlecht
- Arbeitsrecht aktuell: 19/087 Keine Bewerber-Diskriminierung bei Rechtsmissbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 16/358 Diskriminierung und Eignung des Bewerbers
- Arbeitsrecht aktuell: 16/243 Keine Entschädigung für Scheinbewerber
- Arbeitsrecht aktuell: 16/170 Schadensersatz bei geschlechtsbezogener Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 14/279 Stellenausschreibung für Berufsanfänger
- Arbeitsrecht aktuell: 14/153 AGG-Entschädigungsklage kann Rechtsmissbrauch sein
- Arbeitsrecht aktuell: 14/059 Altersdiskriminierung durch Suche nach Berufseinsteigern
- Arbeitsrecht aktuell: 13/119 Beweislast für Diskriminierung bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 13/017 Stellenausschreibung für "Hochschulabsolventen / Young Professionals" diskriminiert ältere Bewerber
- Arbeitsrecht aktuell: 12/290 Diskriminierung bei der Bewerbung wegen des Alters
- Arbeitsrecht aktuell: 12/024 Diskriminierung bei der Bewerbung
Letzte Überarbeitung: 28. April 2019
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