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Diskriminierung bei der Bewerbung
17.01.2012. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet ungerechtfertigte Schlechterstellungen im Erwerbsleben wegen bestimmter Merkmale. Verboten sind z.B. Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, oder wegen des Alters (§§ 7 Abs.1, 1 AGG). Das gilt auch bei der Stellenbesetzung, angefangen bei der Ausschreibung bis hin zur Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern.
Der Nachweis einer Diskriminierung bei der Bewerbung fällt Betroffenen normalerweise schwer, da sie ja keinen Einblick in die Entscheidungsprozesse beim Arbeitgeber haben. Daher sieht § 22 AGG vor, dass es genügt, wenn ein Benachteiligter Indizien ("Vermutungstatsachen") beweisen kann, die einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vermuten lassen. Der Arbeitgeber muss eine solche Vermutung dann widerlegen, d.h. beweisen, dass die Stellenbesetzung diskriminierungsfrei war.
Aber können abgelehnte Stellenbewerber "einfach so", d.h. ohne konkrete Indizien für eine Diskriminierung, vom Arbeitgeber Informationen über dessen Maßstäbe und über die Bewerberauswahl verlangen? Diese Frage hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor knapp zwei Jahren zur Vorabentscheidung vorgelegt (BAG, Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A) - wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 10/115 Auskunftsanspruch für abgelehnte Stellenbewerber?). Denn auch Art.8 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29.06.2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft sieht eine Beweiserleichterung vor, und diese Regelung steht hinter § 22 AGG.
In dem Fall ging es um eine knapp fünfzigjährige in Russland geborene Softwareentwicklerin, Frau Galina Meister, die sich ohne Erfolg um eine Stelle beworben hatte und daher neben einer Geldentschädigung von dem Unternehmen Einsicht in die Bewerbungsunterlagen ihres erfolgreichen Konkurrenten verlangte, um ihre Qualifikationen mit denen ihres Konkurrenten vergleichen zu können. Damit hatte sie weder vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 11.04.2007, 12 Ca 512/06) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg Erfolgt (LAG Hamburg, Urteil vom 09.11.2007, H 3 Sa 102/07), und auch das BAG würde die Klage wohl abweisen, falls ihm nicht der EuGH eine andere Linie vorgeben sollte.
Gestern veröffentlichte der an dem Verfahren vor dem EuGH beteiligte EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi seine Entscheidungsvorschläge (Schlussanträge des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 12.01.2012, Rs. C-415/10 - Meister). Seine Antworten auf die Vorlagefragen des BAG lauten:
"1. Weder Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft noch Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf noch Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sind dahin auszulegen, dass einem Stellenbewerber im Fall seiner Nichtberücksichtigung ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft eingeräumt werden muss, ob und aufgrund welcher Kriterien er einen anderen Bewerber eingestellt hat, auch wenn der betreffende Bewerber darlegt, dass er die Voraussetzungen für die vom Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle erfüllt.
2. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43, Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54 muss das vorlegende Gericht das Verhalten eines Arbeitgebers, das in der Weigerung liegt, die von einem abgelehnten Stellenbewerber erbetenen Auskünfte über das Ergebnis der Einstellung und über die vom Arbeitgeber bei der Einstellung befolgten Kriterien zu erteilen, beurteilen, indem es nicht nur allein das Fehlen einer Antwort des Arbeitgebers berücksichtigt, sondern dieses vielmehr in seinen weiteren tatsächlichen Zusammenhang stellt. Insoweit kann das vorlegende Gericht Gesichtspunkte heranziehen wie die offensichtliche Entsprechung von Bewerberqualifikation und Arbeitsstelle, die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch und das eventuelle erneute Unterbleiben einer Einladung desselben Bewerbers seitens des Arbeitgebers zu einem Vorstellungsgespräch, wenn der Arbeitgeber eine zweite Bewerberauswahl für dieselbe Stelle durchgeführt hat."
Fazit: Arbeitgeber sind an sich nicht verpflichtet, abgelehnten Bewerbern Auskünfte über das Ergebnis des Bewerbungsverfahrens und über die Person und Qualifikationen des erfolgreichen Bewerbers zu geben. Wenn sie sich aber in Schweigen hüllen, muss das für die Gerichte Anlass dafür sein, sehr genau hinzuschauen und zu prüfen, ob die (an sich legale!) "Weigerung" der Erteilung von Auskünften vielleicht im Zusammenhang mit anderen Verhaltensweisen des Arbeitgebers steht, die als eine Art Gesamtbild letztlich doch eine Diskriminierung vermuten lassen. Solche Verhaltensweisen waren hier im Streitfall nach Ansicht des Generalanwalts u.a. die Tatsache, dass das Unternehmen vor Gericht nicht bestritten hat, dass die Qualifikation der Klägerin den Anforderungen der Arbeitsstelle entsprochen hat, und dass sie "trotzdem" nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.
Mit diesen Entscheidungsvorschlägen versucht der Generalanwalt, die Linie weiterzuverfolgen, die der EuGH bereits in dem Urteil in der Rechtssache Kelly vorgegeben hat (EuGH, Urteil vom 21.07.2011, C-104/10 - Kelly, wir berichteten in: Arbeitsrecht aktuell: 11/199 Diskriminierung bei der Bewerbung: Kein Anspruch auf Auskunft über Mitbewerber bei Ablehnung einer Bewerbung). Auch in seinem Kelly-Urteil meinte der EuGH einerseits, der Arbeitgeber müsse keine Auskünfte über den Ausgang des Bewerbungsverfahrens und die Auswahlkriterien geben, war aber andererseits der Ansicht, diese "Weigerung" könne zusammen mit anderen Umständen des Einzelfalls letztlich doch eine Diskriminierung vermuten lassen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Schlussanträge des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 12.01.2012, Rs. C-415/10 - Meister
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A)
- Pressemitteilung Nr.40/10: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.05.2010, 8 AZR 287/08 (A)
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 09.11.2007, H 3 Sa 102/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Allgemein
- Handbuch Arbeitsrecht: Diskriminierung - Rechte Betroffener
- Arbeitsrecht aktuell: 19/087 Keine Bewerber-Diskriminierung bei Rechtsmissbrauch
- Arbeitsrecht aktuell: 18/112 Kurz vor dem Abschluss stehendes Studium als Stellenanforderung
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/153 AGG-Entschädigungsklage kann Rechtsmissbrauch sein
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- Arbeitsrecht aktuell: 13/119 Beweislast für Diskriminierung bei der Einstellung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/244 Frist zur Geltendmachung von Schadensersatz bei Diskriminierung
- Arbeitsrecht aktuell: 12/160 Auskunftsanspruch des abgelehnten Stellenbewerbers?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/199 Diskriminierung bei der Bewerbung: Kein Anspruch auf Auskunft über Mitbewerber bei Ablehnung einer Bewerbung
- Arbeitsrecht aktuell: 10/115 Auskunftsanspruch für abgelehnte Stellenbewerber?
- Arbeitsrecht aktuell: 11/132 Keine Diskriminierung bei Onlinebewerbung durch Abfrage von Geschlecht und Geburtsdatum
- Arbeitsrecht aktuell: 11/076 Diskriminierung durch falsche Anrede in Bewerbungsabsage?
Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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